Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 06. Aug. 2014 - S 2 KA 549/12

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Streitig sind Honorarkürzungen wegen fehlender Fortbildungsnachweise.
3Die Klägerinnen sind in Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) als hausärztlich tätige Fachärztin für Innere Medizin (Frau S) und Fachärztin für Allgemeinmedizin (Frau I) in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
4Unter Hinweis auf § 95 d SGB V kürzte die Beklagte das Honorar von Frau S mit Abrechnungsbescheiden vom 26.01.2010 (3/2009) um 4.871,50 EUR (10 %), 27.04.2010 (4/2009) um 4.619,99 EUR (10 %), 27.07.2010 (1/2010) um 4.765,30 EUR (10 %), 26.10.2010 (2/2010) um 5.246,49 EUR (10 %), 25.01.2011 (3/2010) um 13.185,71 EUR (25 %), 26.04.2011 (4/2010) um 14.406,83 EUR (25 %) und 26.07.2011 (1/2011) um 15.515,36 EUR (25 %). In Bezug auf Frau I kürzte die Beklagte mit den genannten Bescheiden für das Quartal 2/2010 das Honorar um 1.323,71 EUR, für das Quartal 3/2010 um 1.283,87 EUR, für das Quartal 4/2010 um 1.438,98 EUR und für das Quartal 1/2011 um 1.508,29 EUR (jeweils 10 %). Hiergegen unter dem 15.09.2011 eingelegte Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2012 wegen Verfristung als unzulässig zurück. Eine dagegen erhobene Klage zum Aktenzeichen S 2 KA 37/12 haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 05.03.2014 zurückgenommen.
5Mit Abrechnungsbescheid für das Quartal 2/2011 kürzte die Beklagte das Honorar von Frau S um 13.311,17 EUR und das Honorar von Frau I um 5.295,53 EUR (jeweils 25 %). Einem hiergegen eingelegten Widerspruch gab sie mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2012 im Sinne einer Einzelfallentscheidung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht statt.
6Unter dem 15.02.2012 stellten die Klägerinnen bei der Beklagten einen Antrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auf Rücknahme der Honorarkürzungen für die Quartale 3/2009 bis 1/2011. Zu den maßgeblichen Stichtagen hätten beide Ärztinnen die Fortbildung im erforderlichen Umfang erfüllt bzw. übererfüllt und gegenüber der Ärztekammer Nordrhein nachgewiesen. Bedauerlicherweise habe diese die notwendigen Informationen nicht an die im selben Hause befindliche Beklagte weitergeleitet. Der Irrtum bei den Klägerinnen, die Fortbildungen an die "richtige Stelle" gemeldet zu haben, könne die Honorarkürzungen in dieser exorbitanten Höhe nicht rechtfertigen. Ziel von Sanktionen sei es nicht, diejenigen Ärzte zu bestrafen, die lediglich formal den Nachweis nur bei der Ärztekammer vorgelegt hätten, sondern diejenigen Ärzte zu sanktionieren, deren vertragsärztliche Leistungen durch mangelnde Fortbildung eine schlechtere Qualität aufwiesen.
7Mit Bescheid vom 22.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Honorarbescheide seien rechtmäßig ergangen. Der Umstand, dass die Klägerinnen in den maßgeblichen Zeiträumen die Fortbildungspunkte korrekt erreicht hätten, sei der Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses der Honorarbescheide nicht bekannt gewesen, da der Nachweis erst am 16.09.2011 bzw. 13.09.2011 geführt worden sei.
8Hiergegen richtet sich die am 25.10.2012 erhobene Klage.
9Die Klägerinnen beantragen,
10den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Honorarkürzungen nach § 95 d SGB V in den Bescheiden vom 26.01.2010, 27.04.2010, 27.07.2010, 26.10.2010, 25.01.2011, 26.04.2011 und 26.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2012 nach § 44 SGB X zurückzunehmen und den Klägerinnen den Kürzungsbetrag in Höhe von insgesamt 68.166,03 EUR auszuzahlen,
11hilfsweise,
12die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung ihrer Honorarbescheide vom 26.01.2010, 27.04.2010, 27.07.2010, 26.10.2010, 25.01.2011, 26.04.2011 und 26.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2012 erneut über den Widerspruch der Klägerinnen gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2012 über die Rücknahme nach § 44 SGB X der erfolgten Honorarkürzungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden ,
13weiter hilfsweise,
14dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 des Grundgesetzes die Frage vorzulegen, ob § 95 d SGB V mit dem rechtsstaatlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist, wenn er Sanktionen in dem hier streitigen Umfang vorsieht, obwohl die Fortbildung in hinreichendem Umfang erbracht und auch gegenüber der Ärztekammer nachgewiesen wurde, nicht jedoch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig.
18Bereits die Grundvoraussetzung des § 44 Abs. 2 SGB X, nämlich die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 bis 1/2010, sei nicht erfüllt. Der Nachweiszeitraum habe für die Klägerinnen am 30.06.2009 (Frau S) bzw. 01.01.2010 (Frau I) geendet. Die Nachweise seien jedoch erst im September 2011 erbracht worden. Die Honorarkürzungen begründeten sich nicht mit den nicht rechtzeitig erlangten Fortbildungspunkten, sondern ausschließlich damit, dass die notwendigen Nachweise nicht rechtzeitig geführt worden seien.
19Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte S 2 KA 37/12 sowie der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerinnen sind durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese rechtmäßig sind.
22Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 SGB X kann ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur Ermessensausübung insofern BSG, Urteil vom 17.09.2008 - B 6 KA 28/07 R -). Soweit die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 bis 1/2011 Honorarkürzungen wegen fehlender Fortbildungsnachweise aussprechen, handelt es sich um nicht begünstigende (belastende) Verwaltungsakte. Die Beklagte hat jedoch rechtsfehlerfrei die Aufhebung dieser Kürzungen abgelehnt, da diese nicht rechtswidrig sind.
23Rechtsgrundlage für die Honorarkürzungen ist § 95 d Abs. 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).
24Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Vertragsärzte, die am 30. Juni 2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V). Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht spätestens 2 Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums, soll die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen (§ 95d Abs. 3 Satz 7 SGB V).
25Nach diesen Vorschriften war Frau S verpflichtet, den Fortbildungsnachweis bis zum 30.06.2009 zu erbringen. Für Frau I endete der Nachweiszeitraum am 01.01.2010. Bis zu diesem Zeitpunkt haben beide Ärztinnen den durch Fortbildungszertifikat der Ärztekammer Nordrhein zu erbringenden Fortbildungsnachweis gegenüber der Beklagten nicht erbracht.
26Zwar mögen beide Ärztinnen bis zu den Stichtagen die nötigen Fortbildungen im erforderlichen Umfang von 250 Punkten absolviert oder sogar übererfüllt haben. Auch das Gericht hatte insofern Bedenken, ob die Antwort der Ärztekammer Nordrhein vom 28.03.2014 auf die vom Gericht gestellten Fragen in allen Punkten zutrifft. Es bestand jedoch keine Veranlassung, insofern durch ergänzende Rückfragen weiteren Beweis zu erheben. Denn entscheidungserheblich ist nach § 95 d Abs. 3 SGB V allein der Nachweis der Fortbildung gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung.
27Die gesetzliche Regelung stellt nicht auf den Erwerb, sondern auf den Nachweis der Fortbildungspunkte ab. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung "den Nachweis zu erbringen hat", dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist (§ 95d Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Der "Nachweis", nicht lediglich die Erfüllung der Fortbildungspflicht, ist erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Konsequent knüpft das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis. Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung besteht dann, wenn ein Vertragsarzt den "Fortbildungsnachweis" nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des "vollständigen Fortbildungsnachweises" (§ 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Die Möglichkeit zur Zulassungsentziehung knüpft ebenfalls an den fehlenden "Fortbildungsnachweis" an (§ 95d Abs. 3 Satz 7 und 8 SGB V). Entsprechend stellen auch die Regelungen für angestellte Ärzte auf den "Fortbildungsnachweis" ab (§ 95d Abs. 5 Satz 2 und 6 SGB V).
28Unverhältnismäßig ist die an den fehlenden Fortbildungsnachweis geknüpfte Honorarkürzung nicht (SG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2013 - S 2 KA 476/11 - m.w.N.; SG Marburg, Urteil vom 17.01.2014 - S 12 KA 2/13 - m.w.N.; SG Hamburg, Urteil vom 15.02.2012 - S 3 KA 158/10 -). Letztlich handelt es sich um eine bloße Fristenregelung. Die Fortbildung und der Nachweis darüber liegen allein in der Sphäre des Vertragsarztes. Er allein weiß, welche Fortbildungen er absolviert hat und wer ihm hierüber einen Nachweis ausstellen kann. Mit der Stichtagsregelung nach einem Zeitraum von fünf Jahren weiß der Vertragsarzt, wann der Nachweis erbracht sein muss. Hat er die Fortbildung absolviert, so ist es kein wesentlich erhöhter Aufwand, die Nachweise rechtzeitig einzureichen.
29Hierbei gewinnt zum Schutz des Vertragsarztes vor allem Bedeutung, dass die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erlassenen Regelungen eine Hinweispflicht beinhalten. Nach § 95 d Abs. 6 Satz 2 und 4 SGB V regelt die KBV das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Die Regelungen sind für die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich. Nach § 4 Satz 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Regelung der KBV zur Fortbildungsverpflichtung für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95 d SGB V vom 16.09.2004 (Dt. Ärztebl. 2005, A 306 f.) sind Vertragsärzte mindestens drei Monate vor Ablauf der für sie geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung darauf hinzuweisen, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung gemäß § 95 d Abs. 3 Satz 4 SGB V verbunden ist.
30Dahingehende Hinweise haben die Klägerinnen auch erhalten. In ihrem Schreiben vom 17.09.2011 an die Beklagte im Zusammenhang mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens weist Frau S ausdrücklich darauf hin, dass ihr völlig bewusst sei, dass die Beklagte sie mehrfach informiert und aufgefordert habe, die entsprechenden Nachweise vorzulegen, und dass dies von ihr bisher unterblieben sei.
31Unabhängig von diesen individuell ergangenen Hinweisen waren die gesetzlich angeordnete Fortbildungspflicht, der zu erbringende Nachweis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und die bei Verletzung der Pflicht eintretenden Sanktionen auch in allen den Ärzten übersandten Publikationsorganen mehrfach bekannt gegeben worden.
32Das Deutsche Ärzteblatt hatte in seiner Ausgabe vom 17.04.2009 (Dt. Ärztebl. 2009, A-736) berichtet, dass Vertragsärzte, die seit dem 30. Juni 2004 zugelassen seien, bis Ende Juni 2009 gegenüber ihren Kassenärztlichen Vereinigungen nachweisen müssten, dass sie sich ausreichend fortgebildet hätten. Dieser Nachweis erfolge über das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern. Vor allem denjenigen Ärztinnen und Ärzte, die noch nicht die erforderlichen 250 Fortbildungspunkte erreicht hätten, biete das Deutsche Ärzteblatt zusätzlich mit zwei Extrabeilagen an, über das interaktive Fortbildungsangebot cme.aerzteblatt die Punkte zu erwerben. Pro Beilage würden elf Fortbildungstexte online gestellt und für die korrekte Beantwortung der Fragen zur Lernerfolgskontrolle je Beitrag 3 Fortbildungspunkte vergeben. In einem weiteren Artikel vom 24.04.2009 (Dt. Ärztebl. 2009, A-801) hatte das Deutsche Ärzteblatt unter der Überschrift "Fortbildung: Nachweisfrist endet am 30. Juni" noch einmal umfangreich darauf hingewiesen, dass Vertragsärzte, die zum 30. Juni 2004 zugelassen gewesen seien, schon bald gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen müssten, dass sie sich in dem vorgeschriebenen Umfang fortgebildet hätten.
33Im Rheinischen Ärzteblatt 2/2009, S. 18/19, vom Februar 2009 wurde unter der Überschrift "´meine ÄkNo´ - Online-Portal sorgt für mehr Service und weniger Papier" auf die Serviceleistungen der Ärztekammer Nordrhein hingewiesen und hierbei u.a. die Möglichkeit benannt, das eigene Fortbildungspunktekonto einzusehen und das Fortbildungszertifikat zu beantragen. Im Rhein. Ärztebl. 3/2009 (März 2009), S. 7, wurde berichtet, dass das Portal "meine ÄkNo" großen Zuspruch erfahren habe. Auch hier wurde noch einmal die Möglichkeit aufgezeigt, das eigene Fortbildungspunktekonto einzusehen und das Fortbildungszertifikat zu beantragen. Schließlich wies das Rhein. Ärztebl. 5/2009 (Mai 2009), S. 7, unter der Überschrift "Nordrheinische Ärzte auf gutem Weg bei Fortbildungsnachweisen" noch einmal ausdrücklich auf die Fortbildungsverpflichtung und den gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung durch Fortbildungszertifikat zu erbringenden Nachweis dieser Pflicht hin.
34Auch die KVNo aktuell 3/2009 (März 2009), S. 20, beschäftigte sich unter der Überschrift "Fortbildungsnachweis - Endspurt für 1.700 Ärzte - Stichtag ist der 30. Juni 2009. Dann müssen Ärzte und Psychotherapeuten ihr Fortbildungszertifikat in der Tasche haben." eingehend mit der Sammlung von 250 Punkten bei anerkannten Fortbildungen und dem Nachweis durch Fortbildungszertifikat gegenüber der Beklagten.
35Angesichts dieser individuellen und mannigfaltigen allgemeinen Hinweise auf den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung gegenüber der Beklagten war es den Klägerinnen möglich und hätte ihnen oblegen, sich rechtzeitig um die Ausstellung eines Fortbildungszertifikates zu bemühen und eventuelle Lücken in ihrem Fortbildungspunktekonto mit der Ärztekammer Nordrhein abzuklären.
36Auch die Höhe des gekürzten Honorars ist nicht unverhältnismäßig. Die Kammer verkennt nicht, dass der insgesamt einbehaltene Betrag von 68.166,03 EUR eine beträchtliche Größenordnung darstellt. Dieser Betrag setzt sich jedoch aus einzelnen Teilbeträgen zusammen, nämlich aus Kürzungen um 10 % für die ersten vier Quartale und - in Bezug auf Frau S - weiteren Kürzungen um 25 % für die folgenden drei Quartale. Das Gesetz sieht insofern einen stufenweisen, zunächst schonenden, sich dann verschärfenden Aufbau der Sanktionen vor, um den Vertragsarzt nachdrücklich zur Einhaltung seiner Fortbildungsverpflichtung anzuhalten (vgl. BT-Drucks. 15/1525, S. 110) und diesen Nachweis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringen. Hinzu kommt, dass die Honorarkürzung nach Ablauf des Quartals endet, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95 d Abs. 3 Satz 5 SGB V). Wenn die Klägerinnen insofern die erste Belastung ihres Quartalskontos im Abrechnungsbescheid 3/2009 vom 26.01.2010 (Buchungstext: "Kürzung § 95d SGB V") zum Anlass genommen hätten, sich nunmehr zeitnah um die Ausstellung ihrer Fortbildungszertifikate zu bemühen und diese bei der Beklagten einzureichen, wären ab dem Quartal 2/2010 keine Honorarkürzungen mehr erfolgt.
37Die Kammer hielt daher die Sanktionsregelung des § 95 d Abs. 3 SGB V nicht für unverhältnismäßig, so dass eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht in Betracht kamen.
38Ein Ermessensspielraum der Beklagten hinsichtlich des Ob der Kürzung, des Kürzungsumfangs oder der Dauer der Kürzungen besteht nicht. Es handelt sich um gebundene Verwaltung (Pawlita, juris-PK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 95 d, Rdnr. 35). Rechenfehler oder Fehler in der Dauer der Kürzungen weisen die streitbefangenen Abrechnungsbescheide nicht auf. Die Honorarkürzungen sind damit insgesamt rechtmäßig.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Die Fortbildungsinhalte müssen dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin oder Psychotherapie entsprechen. Sie müssen frei von wirtschaftlichen Interessen sein.
(2) Der Nachweis über die Fortbildung kann durch Fortbildungszertifikate der Kammern der Ärzte, der Zahnärzte sowie der Psychotherapeuten erbracht werden. Andere Fortbildungszertifikate müssen den Kriterien entsprechen, die die jeweilige Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene aufgestellt hat. In Ausnahmefällen kann die Übereinstimmung der Fortbildung mit den Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 auch durch sonstige Nachweise erbracht werden; die Einzelheiten werden von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen nach Absatz 6 Satz 2 geregelt.
(3) Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums, soll die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen. Wird die Zulassungsentziehung abgelehnt, endet die Honorarkürzung nach Ablauf des Quartals, in dem der Vertragsarzt den vollständigen Fortbildungsnachweis des folgenden Fünfjahreszeitraums erbringt.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für ermächtigte Ärzte entsprechend.
(5) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für angestellte Ärzte eines medizinischen Versorgungszentrums, eines Vertragsarztes oder einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2, Absatz 5 oder nach § 119b. Den Fortbildungsnachweis nach Absatz 3 für die von ihm angestellten Ärzte führt das medizinische Versorgungszentrum oder der Vertragsarzt; für die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 5 oder nach § 119b angestellten Ärzte wird der Fortbildungsnachweis nach Absatz 3 von der Einrichtung geführt. Übt ein angestellter Arzt die Beschäftigung länger als drei Monate nicht aus, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern. Absatz 3 Satz 2 bis 5 und 7 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Honorar des medizinischen Versorgungszentrums, des Vertragsarztes oder der Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2, Absatz 5 oder nach § 119b gekürzt wird. Die Honorarkürzung endet auch dann, wenn der Kassenärztlichen Vereinigung die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nachgewiesen wird, nach Ablauf des Quartals, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet. Besteht das Beschäftigungsverhältnis fort und wird nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums für einen angestellten Arzt der Fortbildungsnachweis gemäß Satz 2 erbracht, soll die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Widerruf der Genehmigung der Anstellung stellen.
(6) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen regeln im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen regeln das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Es ist insbesondere festzulegen, in welchen Fällen Vertragsärzte bereits vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums Anspruch auf eine schriftliche oder elektronische Anerkennung abgeleisteter Fortbildung haben. Die Regelungen sind für die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.