Sozialgericht Detmold Urteil, 27. Sept. 2016 - S 7 AS 2145/13
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2013 die Kosten des Instrumentalunterrichts der Klasse 5 und 6 für das Kind N F ab September 2013 in monatlichen Raten von 30 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Übernahme von Kosten für Instrumentalunterricht für die 2002 geborene Tochter N F.
3Die 5 köpfige Bedarfsgemeinschaft der Kläger bezieht Wohngeld von der Stadt I. Daneben beziehen die Kläger einen Kinderzuschlag nach § 6 a Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Ausweislich des Bewilligungsbescheides wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass sie grundsätzlich Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 6 b BKGG haben.
4Mit dem klägerischen Antrag vom 20.9.2013 beantragten diese Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die in der Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter N F. Zum Zeitpunkt der Antragstellung besuchte diese die 5. Klasse des Gymnasiums I. Dort meldete sich die Tochter zur Teilnahme an einer sogenannten "Bläserklasse" ab September 2013 an. Diese "Bläserklasse" besuchte die Tochter bis einschließlich der 6. Klasse.
5Als Teilnahmegebühr wurde ein Betrag von monatlich 30 Euro erhoben.
6Mit Bescheid vom 27.9.2013 lehnte die Beklagte die Übernahme der anfallenden Kosten mit der Begründung ab, dass es sich bei der Teilnahme an der Bläserklasse um eine schulische Veranstaltung handelt. Deshalb stelle die Teilnahme keine förderfähige Leistung zur Bildung und Teilhabe gem. § 28 Abs. 7 SGB II (2. Buch Sozialgesetzbuch) dar. Übernommen werden könnten allein außerschulische Aktivitäten. Dass es sich um eine schulische Veranstaltung handele ergebe sich aus der Erteilung des Instrumentalunterrichts während der Musikunterrichtsstunden. Zudem werde der Unterricht ergänzend durch den Musiklehrer erteilt.
7Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Widerspruch ein. Sie verwiesen darauf, dass es sich bei dem Instrumentalunterricht gerade nicht um eine schulische Veranstaltung handele, sondern vielmehr um einen in den Nachmittagsstunden in Kooperation mit dem Förderverein, der Kreismusikschule und sonstigen Sponsoren abgehaltenen Unterricht handele. Die anfallenden Kosten für den Unterricht, die geliehenen Musikinstrumente und die Versicherung und Wartung der Instrumente würden im Wesentlichen durch die genannten Kooperationspartner getragen. Lediglich ein Restbeitrag in Höhe von 30 Euro müsse durch die Eltern getragen werden.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verblieb bei ihrer Rechtsauffassung, dass es sich um eine schulische Veranstaltung handele. Zwar hätten die Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach dem SGB II aber das ausgewertete Infomaterial der Schule ergebe, das die Bläserklasse Teil des schulischen Musikunterrichts sei. Leistungen nach dem SGB II könnten jedoch nur für außerschulische Aktivitäten beantragt werden. Wesentlich sei, die Kinder würden bei einem wöchentlichen Musikunterricht von 3 Stunden in 2 Schulstunden den Umgang mit dem Instrument erlernen. Die anfallenden Kosten im Umgang mit den Instrumenten dienten der Teilnahme am regulären Musikunterricht. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II.
9Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage vom 04.12.2013.
10Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der Teilnahme an der "Bläserklasse" um eine außerschulische Veranstaltung handele, die lediglich in den Räumen der Schule durchgeführt werde. Die Eltern hätten daher auch verbindlich einen eigenen Kostenbeitrag in Höhe von 30 Euro monatlich zu erbringen. Diesen Kostenbeitrag könnten die Eltern aber gerade nicht selber erbringen. Daher habe die Beklagte dies aus Mitteln der Geldleistungen für Bildung und Teilhabe zu tragen.
11Der Kläger-Bevollmächtigte beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2013 zu verurteilen, ab September 2013 die Kosten für die Teilnahme am Instrumentalunterricht der Altersgruppe der Klasse 5 und 6 für das Kind N F zu übernehmen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in Höhe von mindestens 30,00 Euro monatlich.
13Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und darauf das für den schulischen Unterricht keine Teilhabeleistungen nach 3 28 Abs. 7 SGB II (2. Buch Sozialgesetzbuch) zu erbringen seien. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts B 4 AS 12/13 R. Bei der Bläserklasse des Gymnasiums I handele es sich aufgrund der Struktur und Einbindung des Unterrichts in den Schulablauf, um einen schulischen Unterricht. Dies ergebe sich aus der Informationsbroschüre des Gymnasiums ebenfalls, die im Verwaltungsverfahren vorgelegen habe.
16Das Gericht hat zur Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen eine ausführliche Auskunft des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.5.2015 eingeholt. Ausweislich dieser Antwort heißt es: " das Schulgesetz enthält keine Aussagen zum Fach Musik". Im Weiteren verweist die erteilte Auskunft darauf, dass auch der Kernlehrplan Musik keine Auskunft zu Musikklassen enthalte. Die Anmeldung in den sogenannten "Musikklassen" sei aber optional und freiwillig. Nach Anmeldung aber verbindlich. Weder bestehe ein Rechtsanspruch auf Aufnahme, noch dürfe aus der Nichtteilnahme ein Nachteil entstehen. Der Auskunft beigefügt war ein Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf zu der konzeptionellen Einbindung der Musikklassen in den regulären Musikunterricht. In einer vom Ministerium zuvor eingeholten fachlichen Auskunft der Bezirksregierung Münster, verwies diese auf die Einrichtung der Musikklassen als "besonderes Gestaltungsformat" des Musikunterrichts. Darüber hinaus hat die Kammer die öffentlich zugänglichen Gebührenordnungen der städtischen Musikschulen der Städte C und M berücksichtigt.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes im Übrigen wird verwiesen auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben Anspruch auf Übernahme der durch die Teilnahme der Tochter der Kläger, N F, entstandenen Kosten für die Teilnahme an der sogenannten " Bläserklasse". Dieser Anspruch besteht auch in Höhe der angefallenen monatlichen Beiträge in Höhe von 30 Euro. Der Bescheid vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2013 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz).
201. Zutreffend haben die Eltern des minderjährigen Kindes N F als Erziehungsberechtigte den Anspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht, denn sie sind die gesetzlichen Vertreter minderjährigen Tochter. Zutreffend hat die Beklagte daher auch die ablehnende Verwaltungsentscheidung auch den Eltern als Erziehungsberechtigten gegenüber bekannt gegeben.
212. Der Anspruch der Kläger (als gesetzliche Vertreter) folgt aus der teleologischen Extension der Vorschrift des § 28 Abs. 7 Nr.2 SGB II. Diese Vorschrift führt bei einer reinen wortlautgemäßen Anwendung zu einem derart weitgehenden Ausschluss der Leistungsberechtigten von Leistungen auf Bildung und Teilhabe, dass die Vorschrift bei wortgenauer Anwendung praktisch " ins Leere" laufen würde und damit zu einem faktischen Bildungsausschluss von dem Grunde nach Leistungsberechtigten führt. Nach § 28 Abs. 7 Nr. 2 SGB II (2. Buch Sozialgesetzbuch) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für
221. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. Die Teilnahme an Freizeiten.
23Die gesetzlich normierte Pauschalierung auf den Höchstbetrag von 10 Euro monatlich bewirkt einen faktischen Ausschluss eines erheblichen Teils der Bevölkerung von Angeboten der musischen und künstlerischen Bildung der offensichtlich vom Gesetzgeber nicht bezweckt worden ist.
242.1 Nach den Feststellungen der Kammer handelt es sich bei der von der minderjährigen Tochter der Kläger besuchten sogenannten" Bläserklasse" um ein außerschulisches kulturelles Bildungsangebot.
25Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit dem Bundessozialgericht (Urteil vom 10.09.2013; AZ: B 4 AS 12/13 R) den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 28 Abs. 7 SGB II auf rein außerschulische Bedarfe beschränkt. Schulische Angebote sind von dieser Vorschrift nicht erfasst. Bei der besuchten " Bläserklasse" handelt es sich für die Kammer aber zweifelsfrei um einen außerschulischen Bedarf. Dies ergibt sich aus der Auskunft des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.05.2015 (erteilt unter Einbeziehung von Fachverwaltungen wie z.B. Bezirksregierung Münster). Dass es sich nicht um eine schulische Veranstaltung handelt, zeigt zum einen die Nichtaufnahme der "Bläserklasse/Musikklasse" im Schulgesetz des Landes NRW und zum anderen erwähnt auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I diese nicht. Für die Kammer wesentlich ist aber auch, dass sogar der Kernlehrplan für die Sekundarstufe I des Gymnasiums die "Musikklasse" nicht aufführt. Soweit die landesweite Rundverfügung der Bezirksregierung Düsseldorf regelt, dass auch Musikklassen in den lehrplanmäßigen Unterricht einzubeziehen sind, ist dies für die Kammer selbstverständlich und entspricht nach ihrem Verständnis auch der üblichen Einbeziehung von außerschulischen Veranstaltung in den Unterricht, ohne dass diese dadurch Unterrichtsbestandteil würden. Würde die Musikklasse gerade schulische Veranstaltung und damit verbindlicher Bestandteil des Musikunterrichts sein, wäre dies auch Verwaltungs- und rechtstechnisch in den Schulvorschriften eindeutig geregelt. Aus dem Schweigen der entsprechenden Vorschriften entnimmt die Kammer, dass die "Musikklassen" nicht schulische Veranstaltung sind, sondern lediglich die dort erworbenen Kenntnisse gewinnbringend in den Musikunterricht einbezogen werden sollen. Die Kammer sieht auch in der Stellungnahme der Fachaufsicht vom 28.04.2015, das die Anmeldung zur "Musikklasse" "optional und freiwillig" ist eine Bestätigung ihrer Auffassung. Immerhin weist die Bezirksregierung Münster in ihrer internen Stellungnahme für das Ministerium darauf hin, dass " aus der Nichtteilnahme an einer Bläserklasse kein Nachteil für die Schülerinnen und Schüler abgeleitet werden" kann. Demgegenüber zeichnen sich Unterrichtsinhalte gerade durch ihre absolute Verbindlichkeit aus. Die Kammer hat sich davon überzeugen können, dass dies für die Bläserklassen nicht gilt.
262.2 Der grundsätzlich den Klägern zustehende Anspruch auf Übernahme der Kosten der Bläserklasse kann aber nicht auf eine Pauschalregelung begrenzt werden. Denn die gesetzlich gewährte Pauschale von 10 Euro monatlich ist nicht ausreichend um Leistungsberechtigten eine Teilhabe an Bildung und Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Nach den Ermittlungen der Kammer ist von der Pauschale auch bei sparsamstem Einsatz z.B. ein musischer Unterricht nicht zu finanzieren. Hierbei hat die Kammer nicht nur die an der Schule eingerichtete " Musikklasse " mit dem Monatsbeitrag von 30 Euro berücksichtigt, sondern die weiteren Ermittlungen haben ergeben, dass zumindest im Regierungsbezirk Detmold entsprechender Musikunterricht nicht für monatlich 10 Euro zu finanzieren ist. Während im Rahmen der " Musikklasse" Sponsoren durch Förderung die Kosten auf 30 Euro monatlich reduzieren, liegt ein marktüblicher Preis für entsprechenden Unterricht oft bei mehr als 30 Euro monatlich.So bietet z.B. die städtische Kunst – und Musikschule C in der günstigsten Variante solchen Unterricht für 20 Euro monatlich an (Großgruppe ab 6 Teilnehmern) , Leihgebühren und Versicherung für Instrumente würden noch zusätzlich hinzukommen. Aber auch die von der Kammer ausgewertete Gebührenordnung der Musikschule M führte bei einer vergleichbaren Großgruppe einen monatlichen Beitrag von 12,80 Euro zzgl. 8,90 Euro Instrumentalmiete auf. Diese Beispiele zeigen, dass für die gesetzliche Pauschale ein Musikunterricht faktisch nicht zu finanzieren ist.
273.3 Die Vorschrift des § 28 Abs. 7 Nr. 2 SGB II ist teleologisch dahingehend zu erweitern, dass die Bedarfe der Kläger auf Bildungsteilhabe im künstlerischen Bereich durch Anhebung der Pauschale auf 30 Euro monatlich gedeckt werden um einen verfassungswidrigen Ausschluss von kultureller Teilhabe für Leistungsempfänger zu vermeiden. Hierzu ist, da die reine Wortlautauslegung, zu einer ungewollten Rechtsbeschränkung und Engstellung führt, die Vorschrift teleologisch zu erweitern.
283.3.1. Für die Kammer ergibt sich die durch die Pauschale ungewollte Engstellung der Vorschrift aus den Gesetzesmotiven. Der Gesetzgeber hatte vor, durch die Pauschalierung einen Regelwert zu bestimmen, der zum einen eine gleichmäßige Handhabung sichert und dem Kriterium der Zumutbarkeit angemessen und ausreichend Rechnung trägt. (s. Bundestagsdrucksache 17/12036 zu Buchstabe a , B. Besonderer Teil). Argumentativ wird ausdrücklich auf Mitgliedschaften in Sportvereinen Bezug genommen (Bundestagsdrucksache 17/12036 zu Nummer 5). Offensichtlich ist ungewollt im Gesetzgebungsverfahren nicht erkannt worden, dass die musische/ kulturelle Teilhabe einen höheren finanziellen Aufwand erfordert, als die bloße Mitgliedschaft in Sportvereinen. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die musisch Lehrenden zum absolut überwiegenden Teil fachlich fundiert ausgebildet sind – sehr häufig durch Studium. Der Gesetzgeber hatte keinesfalls vor große Teile der Bevölkerung von Bildung und künstlerischer/musischer Teilhabe auszuschließen. Davon ist die Kammer nach Prüfung der Gesetzemotive überzeugt. Dass sich aus den Gesetzesmotiven kein der teleologischen Erweiterung entgegenstehender Willen des Gesetzgebers ergibt zeigen auch die hilfsweise von der Kammer zur Auslegung herangezogenen sonstigen gesetzlichen Vorschriften. So ergibt sich ein solches Recht auf Bildung aus der für Deutschland rechtswirksam übertragenen " Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" der Vereinten Nationen. Dort ist in Art. 26 das Recht auf Bildung verankert. Der UN- Sozialpakt bestimmt in Art. 27, dass jeder das Recht hat am kulturellen Leben in der Gemeinschaft frei teilzunehmen. Hierzu gehört nach Auffassung der Kammer auch der Erwerb solcher kulturellen Fähigkeiten, wie im Musikunterricht vermittelt. Auch die Rechte des Grundgesetzes regeln zwar nicht ausdrücklich aber doch mittelbar ein Recht auf Bildung und damit auch ein Recht auf Teilhabe an Bildung. So folgt für die Kammer aus der Menschenwürde das Verbot, Menschen Bildungschancen willkürlich vorzuenthalten. Die Gleichberechtigung fordert, dass auch die Teile der Bevölkerung die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, beim Erwerb von Bildung nicht benachteiligt werden dürfen. Genau dies würde bei einer rein pauschalen und auf 10 Euro monatlich begrenzten Förderung kultureller Teilhabe geschehen. Die Kammer hat sich daher genötigt gesehen den Gesetzeswortlaut teleologisch zu erweitern. 3.3.2 Die Kammer sieht sich methodisch genötigt durch teleologische Extension die Vorschrift des § 28 Abs. 7 Nr. 2 SGB II dahingehend zu erweitern, dass die Pauschale in Höhe von 10 Euro auf 30 Euro angehoben wird. Denn wie oben gezeigt kann es nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, durch Pauschalierung einen weitestgehenden Ausschluss von der Teilhabe an kultureller Bildung zu bewirken. Zudem ist durch die methodisch erweiternde Auslegung die Vorschrift dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers angepasst worden. Einen verfassungsrechtlichen Verstoß der zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zwingt, sieht die Kammer gleichfalls nicht. Durch die gebotene Auslegung ist die Norm in ihrem Kerngehalt erhalten und zugleich den Zielen des Gesetzgebers angepasst worden.
294. Die Kläger können von der Beklagten auch nicht auf den Regelsatz verwiesen werden. Dieser ist nach der Regelsatzverordnung so gefasst gewesen (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht vom 09.02.2010; 1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09) das vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts relevante Anteile für kulturelle Teilhabe gar nicht erfasst waren. Durch die in § 28 Abs. 7 Nr. 2 SGB II erfolgte Neuregelung hat aber der Gesetzgeber nur unvollkommen auf die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts reagiert, so dass die Kammer die Pauschale anheben musste. Offen bleiben kann, ob über den Einzelfall hinaus, ein über 30 Euro monatlich hinausgehender Anspruch auf kulturelle und musische Bildung bestehen kann. Dies wird in jedem Einzelfall unter Prüfung der durchschnittlich für den jeweiligen Bedarf anfallenden Kosten zu prüfen sein.
30Die Berufung war nach § 144 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).
(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.
(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.
(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.
(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für
- 1.
Schülerinnen und Schüler und - 2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.
(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen
- 1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder - 2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.
(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.
(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils
- 1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4, - 2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr, - 3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder - 4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).
(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.
(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.
(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.
(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für
- 1.
Schülerinnen und Schüler und - 2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.