Sozialgericht Detmold Beschluss, 04. März 2015 - S 18 SF 199/14 E
Gericht
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Streitig ist die Höhe der durch den Erinnerungsgegner an den Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten für ein abgeschlossenes Klageverfahren, insbesondere der Anfall einer Einigungs-/Erledigungsgebühr
4Dem Ausgangsverfahren lag ein Rechtsstreit über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Zuschuss im Hinblick auf die Frage des Vorliegens von verwertbaren Vermögen zugrunde.
5Am 05.07.2012 beantragte der Erinnerungsführer Leistungen nach dem SGB II. Er ist zu ½ Miteigentümer eines bebauten Grundstückes, welches von ihm und seiner Mutter zu Wohnzwecken genutzt wird.
6Mit Bescheid vom 26.07.2012 lehnte der Erinnerungsgegner die Gewährung von Arbeitslosengeld II ab. Dies begründete er damit, dass aufgrund des Vermögens in Form des Grundstückes kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestünde.
7Hiergegen hat der Erinnerungsführer nach erfolglosem Widerspruch am 29.11.2012 Klage erhoben. Auf einen Ende Oktober 2012 gestellten Antrag auf die Gewährung von darlehnsweisen Leistungen hin bewilligte der Erinnerungsgegner mit Bewilligungsbescheid vom 26.11.2012 Arbeitslosengeld II als Darlehn ab dem 01.10.2012. Ab 30.11.2012 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf. Den ersten Lohn erhielt er im Dezember 2012.
8Nach Durchführung eines vorherigen Erörterungstermins schlossen die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.04.2014 einen Teil-Unterwerfungsvergleich dahingehend, dass der Erinnerungsgegner sich verpflichtet hat, seinen Bescheid für die Monate Oktober, November und Dezember nach rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens neu zu überprüfen und hierbei das Ergebnis des Klageverfahrens zu berücksichtigen. Weiter haben sich die Beteiligten darüber geeinigt, dass im Klageverfahren nach Abschluss des Unterwerfungsvergleiches nur noch die Monate Juli, August und September 2012 streitig sein sollen.
9Mit Urteil vom 17.04.2014 hat das Sozialgericht den Erinnerungsgegner verurteilt, dem Erinnerungsführer Leistungen nach dem SGB II für Juli 2012 bis einschließlich September 2012 als Zuschuss zu gewähren. Der Erinnerungsgegner wurde weiterhin zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsführers verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.
10Der Erinnerungsführer beantragte am 02.05.2014 die Kostenfestsetzung gegen den Erinnerungsgegner in Höhe von insgesamt 1.133,71 EUR. Im Einzelnen: • Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR • Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 300,00 EUR • Einigungs- /Erledigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV RVG 190,00 EUR • Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR • Fahrtkosten für 94 Km Nr. 7003 VV RVG 28,20 EUR • Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR • Fahrtkosten für 94 Km Nr. 7003 VV RVG 28,20 EUR • Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR • 19 % Umsatzsteuer von 952,70 EUR (= 181,01 EUR). Aufgrund der Dauer des Verfahrens und von zwei Terminen sei jeweils eine leicht über der Mittelgebühr liegende Gebühr angemessen. Der Zeitraum der vom Unterwerfungsvergleich betroffen war sei auch Gegenstand des Klageverfahrens gewesen.
11Der Erinnerungsgegner nahm hierzu Stellung und sah die beanspruchte Erledigungsgebühr als nicht angefallen an. Der Teilunterwerfungsvergleich sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens gewesen. Eine eigene Kostenentscheidung enthalte er nicht. Ein Kostenerstattungsanspruch könne lediglich aufgrund der Kostenentscheidung des Urteils bestehen. Die übrigen Gebühren und Auslagen sah er als im Ergebnis rechnerisch richtig an.
12Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.09.2014 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die durch den Erinnerungsgegner an den Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten in Höhe von 907,61 EUR zzgl. eines Zinsanspruches von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus § 247 BGB ab dem 02.05.2014 fest. Die geltend gemachten Kosten und Auslagen wurden bis auf die Einigungs-/Erledigungsgebühr wie beantragt festgesetzt. Eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Das Verfahren habe durch Urteil und nicht ohne förmliche Entscheidung geendet.
13Gegen die Festsetzung hat der Erinnerungsführer am 18.09.2014 Erinnerung eingelegt. Er ist der Ansicht, dass die beantragte Einigungs-/Erledigungsgebühr angefallen sei. Es sei ein eindeutiger Teilvergleich geschlossen worden.
14Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Beschluss vom 23.09.2014).
15Der Erinnerungsgegner hält die Erinnerung für unbegründet. Er verweist hierzu auf seine bisherigen Ausführungen und den Kostenfestsetzungsbeschluss.
16Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte S 18 AS 2103/12 und die Schriftsätze im Erinnerungsverfahren ergänzend Bezug genommen.
17II.
18Die nach § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Erinnerung hat keinen Erfolg.
19Die vom Erinnerungsgegner an den Erinnerungsführer zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind zutreffend auf nicht mehr als 907,61 EUR festgesetzt worden. Hierbei finden die Regelungen des RVG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung Anwendung (§ 60 Abs. 1 RVG).
20Ein Anspruch des Erinnerungsführers auf die Berücksichtigung eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1005, 1006 VV RVG besteht nicht.
21Die Gebühr ist jedoch nicht bereits wegen einer fehlenden Kostengrundentscheidung nicht entstanden. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll geschlossene Teil-Unterwerfungsvergleich ist ein Prozessvergleich. Da durch ihn das Klageverfahren nicht vollständig erledigt wurde, handelte es sich jedoch um einen Teilvergleich auf den § 195 SGG nicht anzuwenden ist, sondern die Kostenentscheidung mit der abschließenden gerichtlichen Entscheidung einheitlich ergeht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. A. 2014, § 195 Rn. 2).
22Eine Erledigungsgebühr ist vorliegend nicht angefallen, da keine Erledigung im Sinn von Nr. 1002, 1006 VV RVG vorliegt. Eine Erledigung in diesem Sinn erfordert, dass sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakt oder Erlass des bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt hat. Eine Erledigung im Sinne von Nr. 1002 VV liegt vor, wenn eine abschließende streitige Entscheidung in der Hauptsache ganz oder auch nur teilweise nicht mehr notwendig ist. Es muss sich aber um eine ohne streitige Entscheidung erzielte Erledigung handeln (so Mayer/Kroiß, RVG, 6. A. 2013, RVG Nr. 1002 VV, Rn. 12). Hieran fehlt es, denn durch den Teil-Unterwerfungsvergleich hat sich der Erinnerungsgegner nicht zum Erlass des bisher abgelehnten Verwaltungsaktes verpflichtet, sondern dazu, nach rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens den Anspruch des Klägers für die Monate Oktober, November und Dezember neu zu überprüfen und hierbei das Ergebnis des Klageverfahrens zu berücksichtigen. Die aufschiebend bedingte Verpflichtung, dem ursprünglichen Antrag des Erinnerungsführers zu entsprechen und damit den angefochtenen Verwaltungsakt durch einen für ihn positiven zu ersetzen, stellt keine Erledigung im Sinn der Nr. 1002, 1006 VV RVG dar (so auch LG Braunschweig JurBüro 1985, 398 f.). Auch liegt keine Einigung im Sinn einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1006 VV RVG vor. Eine Einigungsgebühr erfordert, dass der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Dies ist durch den Teil-Unterwerfungsvergleich nicht erfolgt. Denn die bloße Verpflichtung des Erinnerungsgegners zur erneuten Prüfung des Leistungsanspruches des Erinnerungsführers für drei Monate unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Klageverfahrens stellt keine Beseitigung des Streits zwischen den Beteiligten dar. Die tatsächliche Streitbeseitigung erfolgte vielmehr erst durch die nach dem Urteil noch erforderliche erneute Entscheidung über den Leistungsanspruch des Erinnerungsführers unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Klageverfahrens.
23Die übrigen Gebühren und Auslagen sind wie vom Erinnerungsführer beantragt festgesetzt worden. So ergibt sich der von der Urkundsbeamtin festgesetzte Betrag von insgesamt 907,61 EUR.
24Die Entscheidung ist endgültig (§ 197 Abs. 2 Hs. 2 SGG).
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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.
(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.
(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.
(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.
Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, so trägt jeder Beteiligte seine Kosten.