Sozialgericht Detmold Beschluss, 13. Sept. 2016 - S 10 AY 32/16 ER
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2Die Antragsteller begehren im Wege einer einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Leistungen zum Lebensunterhalt sowie für Unterkunft und Heizung).
3Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet.
4Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Erforderlich ist in beiden Fällen, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zusteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86 b RdNr. 27 ff). Dies ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Bei dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass diese lediglich der Sicherung, nicht aber bereits der Befriedigung von Rechten dient. Sie darf eine Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Deshalb dient sie nicht dazu, einem Hilfesuchenden schneller, als es in dem Hauptsacheverfahren möglich ist, zu seinem vermeintlichen Recht zu helfen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Unzulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nur dann, wenn es zur Vermeidung unzumutbarer Folgen und eines nicht wieder gut zu machenden Schadens für den Antragsteller notwendig ist, dass seinem Begehren sofort entsprochen wird (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG- Kommentar, 10. Auflage, § 86b Rn. 29 ff). Außerdem muss der Antragsteller vor der Inanspruchnahme von Leistungen im einstweiligen Rechtsschutz selbst alles Erforderliche getan haben, um Leistungen zu erhalten.
5Vorliegend kann dahinstehen, ob die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.
6Jedenfalls besteht kein Anordnungsgrund auf Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG im einstweiligen Rechtsschutz.
7Dies würde im Ergebnis die Hauptsache vorweggenommen. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn es zur Vermeidung unzumutbarer Folgen und eines nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Antragsteller notwendig ist, dass ihrem Begehren sofort entsprochen wird und keine anderen Möglichkeiten der vorübergehenden Abhilfe bestehen.
8Die Antragsteller haben hier jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, alle in ihrer Macht stehenden Möglichkeiten zur Leistungsinanspruchnahme genutzt zu haben.
9Bei den Antragstellern handelt es sich um Yeziden aus dem Irak, die im Jahre 2015 im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland zu ihrem damals minderjährigen Sohn gekommen sind. Sie waren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz für Eltern eines minderjährigen Kindes. Mit Vollendung des 18. Lebensjahres des Sohnes am 00.00.2016 endete die Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Aufenthaltsgesetz. Bis einschließlich Juli 2016 haben die Antragsteller (noch aufgrund des vorherigen ausländerrechtlichen Status) Leistungen nach dem SGB II erhalten.
10Nachdem die Antragsteller zunächst erklärt hatten, keinen Asylantrag stellen zu wollen, haben sie dann am 27.06.2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen schriftlichen Asylantrag gestellt.
11Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hat die Antragsgegnerin bei einer Vorsprache am 15.08.2016 mündlich abgelehnt, da der Aufenthaltsstatus der Antragsteller ungeklärt sei. Der Asylantrag sei nicht rechtswirksam, da er schriftlich gestellt worden sei. Im Übrigen seien die Antragsteller vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darauf hingewiesen worden, dass sie innerhalb von drei Arbeitstagen die Ausstellung der Aufenthaltsgestattung bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragen sollten. Dies sei bislang nicht geschehen. Im Übrigen hätten die Antragsteller es in der Hand, durch eine Vorsprache in der ZAB C als Erstaufnahmestellte für Asylsuchende kurzfristig Leistungen (zu Lasten des Landes Nordrhein-Westfalen) zu erhalten.
12Entgegen des Vortrages der Antragsteller ist nicht glaubhaft gemacht, dass diese bereits mehrfach in der ZAB C als Erstaufnahmestelle vorgesprochen haben. Nach Mitteilung des Ausländeramtes C sind die Antragsteller bereits mehrfach zur Vorsprache und Asylantragstellung bei der ZAB C aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sind die Antragsteller nicht nachgekommen, insbesondere ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass am 27.06.2016 eine persönliche Vorsprache stattgefunden hat. Die vorgelegte Kopie der Niederschrift zu einem Asylantrag (Teil 1) vom 27.06.2016 ist zum Beweis der persönlichen Vorsprache nicht geeignet. Der Asylantrag vom 27.06.2016 ist schriftlich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt worden. Bei der Niederschrift handelt es sich offenbar um eine Anlage zu dem Schreiben des Bundesamtes vom 02.08.2016. Der angebotene Beweis, der Sohn der Antragsteller könne eidesstattlich versichern, dass er am 27.06.2016 bei Herrn E von der Ausländerbehörde vorgesprochen habe, ist ebenfalls nicht geeignet, eine persönliche Vorsprache der Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung zu beweisen. Herr E arbeitet in der Abteilung Ausländerangelegenheiten bei der Antragsgegnerin und nicht in der Zentralen Ausländerbehörde, in deren Erstaufnahmestelle die Antragsteller vorsprechen sollen. Auch ist ausweislich der beigezogenen Ausländerakte der Asylantrag am 27.06.2016 schriftlich und nicht von den Antragstellern persönlich gestellt worden.
13Die Antragsteller haben es hier selbst in der Hand, durch eine persönliche Vorsprache bei der ZAB C als Erstaufnahmestelle kurzfristig Leistungen zum Lebensunterhalt zu bekommen. Nach § 47 Abs. 1 Asylgesetz sind Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben, zunächst verpflichtet, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. In diesen Unterbringungseinrichtungen werden Leistungen nach dem AsylbLG bis zu einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Bezirksregierung zu Lasten des Landes, überwiegend durch Sachleistungen und Taschengeld nach § 3 AsylbLG als Barleistung, erbracht. Die Antragsteller haben somit selbst die Möglichkeit, ihre geltend gemachte Notlage durch die Vorsprache in der ZAB C als Erstaufnahmestelle für Asylsuchende zu beenden. Diese sind offensichtlich nicht bereit, sich entsprechend der Verpflichtung nach § 47 Abs. 1 Asylgesetz in eine Erstaufnahmeeinrichtung zu begeben. Da sie es jedoch selbst in der Hand haben, dort kurzfristig Leistungen in Anspruch nehmen zu können, besteht keine Notwendigkeit, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Leistungsgewährung zu verpflichten.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
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Referenzen - Gesetze
(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).
(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.
(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.
(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.
(6) (weggefallen)
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.