Sozialgericht Dessau-Roßlau Urteil, 17. Feb. 2017 - S 10 SO 41/13

ECLI:ECLI:DE:SGDESSA:2017:0217.S10SO41.13.00
bei uns veröffentlicht am17.02.2017

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 29.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2013 weitere Leistungen in Höhe von insgesamt 861,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Übernahme weiterer Fahrkosten als Eingliederungsleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch für eine im Juni 2012 durchgeführte Gemeinschaftsreise nach H ...

2

Die Kläger wohnen überwiegend in der Außenwohngruppe "A. Pf." in G., welche von der Prozessbevollmächtigten der Kläger betrieben wird. Drei Kläger leben in einem Wohnheim in D.

3

Die 1963 geborene Klägerin zu 1) ist geistig behindert mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen "G", "H" und "RF". Der 1958 geborene Kläger zu 2) hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 70 vom Hundert. Der 1958 geborene Kläger zu 3) ist geistig behindert mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen "G" und "H". Die 1983 geborene Klägerin zu 4) ist geistig eingeschränkt. Für sie wurde ein Grad der Behinderung von 80 mit dem Merkzeichen "G" anerkannt. Der 1957 geborene Kläger zu 5) ist geistig behindert. Er hat einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G" und "H". Für die 1968 geborene Klägerin zu 6) wurde ein Grad der Behinderung von 80 sowie das Merkzeichen "G" anerkannt. Die 1961 geborene Klägerin zu 7) ist geistig behindert mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen "H" und "G". Der 1974 geborene Kläger zu 8) ist geistig behindert und hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 80 und das Merkzeichen "G". Für alle Kläger bis auf den Kläger zu 2) ist die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen und ein "B" im Schwerbehindertenausweis eingetragen.

4

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger schloss in ihrer Funktion als Trägerin des Wohnheims "A. Pf." am 11.6.2013 mit dem Beklagten eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch mit einer Leistungsbeschreibung vom 12.4.2013. Über die Vergütungsverhandlungen vom 14.8.2012 wurde ein Protokoll verfasst. Die Unterlagen liegen dem Gericht vor. Die Leistungsvereinbarungen wurden rückwirkend zum Januar 2012 geschlossen.

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In dem Protokoll über die Vergütungsverhandlungen zwischen der Prozessbevollmächtigten als Trägerin der Einrichtung und dem Beklagten vom 14.8.2012 ist unter Punkt (3) "Treib- und Schmierstoffe" festgehalten: " [Einrichtungsträger] beantragt insgesamt 6.500,00 Euro, der Wohnverbund hält insgesamt drei VW-Busse und drei PkW vor, die auch von allen Leistungstypen genutzt werden und die Kosten verursachungsgerecht zugeordnet wurden; Das H. ist kaum durch öffentliche Verkehrsmittel (wenn, dann nicht barrierefrei) erreichbar. Praktisch jeglicher Transport ist daher mit Dienstfahrzeugen zu bewältigen. Entsprechend wird auch die Mehrzahl der Treib- und Schmierstoffe verursachungsgerecht dem H. zugerechnet ".

6

Mit Datum vom 4.6.2012 erließ der Beklagte eine Arbeitshinweis AH 05/2012 (Durchführung von Gemeinschaftsreisen für behinderte Menschen in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe), der den vorherigen Arbeitshinweis "Rundschreiben Nr. 10/97 (Gemeinschaftsreisen für Behinderte in Heimen)" ersetzen soll. Entsprechend der in dem Arbeitshinweis 05/2012 enthaltenen Randziffer 16 heißt es: " Das Reiseziel der Gemeinschaftsreise soll grundsätzlich so gewählt werden, dass es mit einer unentgeltlichen Bahnfahrt erreicht werden kann." Weiter heißt es: " Folgende Ausnahmen können bei der Bewilligung von Fahrtkosten unter Beachtung von RZ 14 [kostenfreie Beförderung schwerbehinderter Menschen durch die Deutsche Bahn]: häufiges Umsteigen mit langen Zwischenwartezeiten, die für behinderte Menschen unzumutbar sind; Gruppenreise mit überwiegend schwerstbehinderten Menschen, denen auf Grund der Schwere ihrer Behinderung eine (längere) Bahnfahrt nicht zuzumuten ist ". Der Arbeitshinweis ist mit seiner Bekanntgabe in Kraft getreten.

7

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragte am 7.5.2012 beim örtlich zuständigen Landkreis A. die Kostenübernahme für die Durchführung einer Gemeinschaftsreise mit acht Menschen mit Behinderung und zwei Betreuern nach H. für den Zeitraum vom 18.6.2012 bis zum 25.6.2012. Die Bevollmächtigte der Kläger erbat die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Kosten für die Gepäckbeförderung und die Übernahme der Fahrkosten für die Hin- und Rückreise. Dabei seien Fahrkosten für die Reise mit der Deutschen Bahn in Höhe von 492,40 Euro für acht Erwachsene und die Gepäckkosten in Höhe von 268,80 Euro zu berücksichtigen. Alternativ seien für die Inanspruchnahme eines Busses laut Kostenvoranschlag des Verkehrsunternehmens "D. E." 1.100,00 Euro, der Firma "V." über netto 1.050,00 Euro oder der "H." in Höhe von netto 1.020,00 Euro zu veranschlagen.

8

Mit Bescheid vom 29.5.2012 gewährte der Landkreis A. als örtlicher Träger der Prozessbevollmächtigte den Klägern für die geplante Gemeinschaftsreise mit den acht Klägern und zwei Begleitpersonen Kosten in Höhe von insgesamt 1.426,60 Euro. Darin enthalten sind die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von insgesamt 1.073,00 Euro sowie Gepäck- und Fahrkosten in Höhe von insgesamt 352,80 Euro. Dabei wurden Fahrkosten für den Kläger zu 2) in Höhe von 84,00 Euro berücksichtigt, da das Versorgungsamt für ihn keine Merkzeichen anerkannte, die ihn zu einer kostenfreien Nutzung der Züge der Deutschen Bahn AG berechtigten.

9

Dagegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 12.6.2012 Widerspruch mit der Begründung, die Reise sei mit einem Bus durchzuführen gewesen. Wegen drei Umsteigen auf der Strecke nach H. sei eine Bahnfahrt nicht zumutbar. Ein Teilnehmer leide an Panikattacken. Eine andere Leistungsberechtigte leide an Diabetes, zwei Leistungsberechtigte seien auf psychosoziale Hilfen angewiesen.

10

Die Kläger führten die Reise mit einem Bus der Firma "H." durch. Die Fahrkosten für diese Reise betragen ausweislich der Rechnung vom 21.6.2012 netto insgesamt 1.020,00 Euro. Das Gepäck der Kläger wurde mit dem Reisebus transportiert.

11

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.5.2013 mit der Begründung zurück, Reisekosten werden nur in Ausnahmefällen bewilligt. Vorwiegend seien die Züge der Deutschen Bahn AG zu nutzen, da Schwerbehinderte hier kostenfrei reisen dürften. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hätte bei der Planung das Reiseziel so auswählen müssen, dass eine Fahrt mit der Bahn möglich gewesen wäre. Belastungen wie mehrfaches Umsteigen und Wartezeiten sowie die Reisedauer führten nicht dazu, dass solche Reisen für behinderte Menschen unmöglich seien. " Gerade die öffentlichen Verkehrsgesellschaften haben sich auf behinderte Menschen derart eingestellt, dass Reisen möglichst hindernisfrei durchgeführt werden. Bei entsprechender Reiseplanung und vorheriger Anmeldung besteht auch die Möglichkeit, Hilfe beim Umsteigen auf den Bahnhöfen zu erhalten. Darüber wird die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel der Kontakt zu nichtbehinderten Menschen gefördert ". Die Nutzung eines Busses stehe den Klägern dennoch frei. Die Übernahme dieser Kosten sei jedoch nicht gerechtfertigt.

12

Die Kläger haben Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben.

13

Sie sind der Auffassung, der Beklagte habe den noch offenen Betrag in Höhe von 936,00 Euro zu tragen. Die Reise hätte ohne Nutzung des hauseigenen Busses nicht durchgeführt werden können. Die Kläger leiden an unterschiedlichen Einschränkungen und Behinderungen, so dass ihnen eine Reise mit der Bahn in dieser Reisegruppenzusammensetzung nicht zuzumuten gewesen sei. Die Klägerin zu 1) sei eine sehr ängstliche und sensible Frau. Sie brauche Zuspruch der Mitarbeiter, wenn sie sich außerhalb ihres gewohnten Umfelds bewegen soll. Ihr fehlt das Gefühl von Sicherheit, das die Mitarbeiter ihr geben müssen. Der Kläger zu 2) sei alkoholkrank. Er sei kein trockener Alkoholiker. In den Bahnhöfen bestehe die Gefahr, dass er sich Alkohol beschafft. Er sei nur teilorientiert. Probleme habe er insbesondere in großen Bahnhöfen, wie Berlin. Er benötige stets Begleitung und Hilfestellung. Der Kläger zu 3) sei neben seiner geistigen Behinderung auch seelisch beeinträchtigt. Er leide unter anderem an Stimmungsschwankungen. Er sei mitunter auch schwer zu motivieren. Dies sei in Stresssituationen, beispielsweise beim Umsteigen, besonders ausgeprägt. Der Kläger zu 3) habe schizophrene Züge. Der Kläger zu 5) sei zeitlich und örtlich nicht orientiert. Hinzu komme, dass er sehr langsam gehe und zwischenzeitlich einfach stehen bleibe oder sich hinsetze. Zudem hat er einen starken Harndrang, dem er unmittelbar nachkommen müsse. Dies würde sich bei einer Bahnreise als sehr schwierig gestalten. Die Klägerin zu 6) leide an einer schweren Diabetes, die ständig überwacht werden müsse. In Stresssituationen könne sich der Zustand verschlimmern. Insbesondere sei sie in Stresssituationen nicht in der Lage, rational zu handeln. Sie werde dann sehr unruhig und sei sehr schnell reizbar. Die Klägerin zu 7) sei zwar in gewohnter Umgebung orientiert; nicht aber in fremder Umgebung. Sie benötige Unterstützung bei den Toilettengängen. Das würde sie auf der Reise nicht alleine schaffen. Im Risikoplan ist insbesondere vermerkt, dass sie Unterstützung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel benötige.

14

Die Kläger beantragen,

15

den Beklagten unter entsprechender Änderung des Ablehnungsbescheides des Landkreises A. vom 29.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 13.5.2013 zu verurteilen, den Klägern weitere Kosten für eine Gemeinschaftsreise für behinderte Menschen in Höhe von 936,00 Euro zuzüglich vier Prozent Zinsen zu zahlen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Der Beklagte hält an seiner Auffassung im Widerspruchsbescheid fest. Die Kläger seien in der Lage gewesen, die Reise mit der Bahn durchzuführen. Dafür waren den Klägern zwei Begleitpersonen zur Seite gestellt. Die Bahnhöfe auf der Reisestrecke seien behindertengerecht ausgebaut. Bei rechtzeitiger Abstimmung könne auf die Hilfen der Bahnhofsmissionen zurückgegriffen werden.

19

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

1. Die Klage ist zulässig und begründet.

21

Streitgegenständlich ist die Kostenübernahme für die Durchführung einer Gemeinschaftsreise, welche mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2012 nicht in voller Höhe erfolgte. Die Kläger sind aktivlegitimiert. Sie sind wirksam vertreten durch die Prozessbevollmächtigte. Die jeweiligen gesetzlichen Betreuer haben ihre Zustimmung zur Durchführung dieses Rechtsstreits erteilt. Die subjektive Klagehäufung ist zulässig.

22

Die Kläger haben Anspruch auf höhere Leistungen der Eingliederung für die Durchführung einer Gemeinschaftsreise nach Heringsdorf. Der Bescheid vom 29.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2013 ist, soweit durch ihn zu geringe Leistungen gewährt wurden, rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

23

Der Anspruch der Kläger ergibt sich aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist ein Mensch behindert, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

24

Jeder der Kläger leidet unstreitig an einer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Die Kläger sind schwerbehindert, da ihr anerkannter Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt.

25

Zwar haben Menschen mit Behinderung keinen gesetzlichen Anspruch auf die Durchführung einer Ferienfahrt. Vielmehr liegt die Entscheidung im Ermessen des Leistungsträgers. Bei einer Ermessensentscheidung ist Rechtswidrigkeit gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechender Weise Gebrauch gemacht ist, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Dem Gericht obliegt dabei lediglich eine Überprüfung, ob Ermessensfehler (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung) vorliegen (Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Auflage 2012, § 54, Rz. 95; vgl. u. a. Bundessozialgericht, Urteil vom 19.8.2015 – B 14 AS 1/15 R). Zu differenzieren ist dabei zwischen dem Entschließungsermessen einerseits und dem Auswahlermessen andererseits. Während das Entschließungsermessen das "Ob" der Durchführung der beantragten Reise meint, bezieht sich das Auswahlermessen auf das "Wie", mithin der Wahl des richtigen Mittels zur Durchführung der Reise.

26

Das Entschließungsermessen hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die Eingliederungsleistungen als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX umfassen insbesondere auch die Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Zu diesen Hilfen gehören nach § 58 Nr. 2 SGB IX auch die Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen. Dazu gehören auch Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen, § 58 Nr. 1 SGB IX, mithin Ferienfahrten (vgl. Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.7.2016 – L 15 SO 73/16 B PKH; Thüringer LSG, Urteil vom 23.5.2012 – L 8 SO 640/09). Mit seiner Entscheidung vom 29.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2012 ging der Beklagte davon aus, dass die beantragte Reise diese Voraussetzungen erfüllt. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 29.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.5.2013 hat der Beklagte die Durchführung der Reise nach Heringsdorf dem Grunde nach genehmigt. Weder für die Beteiligten noch für das Gericht bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Ausübung des Entschließungsermessens.

27

Das Auswahlermessen war jedoch fehlerhaft.

28

Der Beklagte trägt zwar vor, die Reise hätte kostengünstiger ausfallen können, wenn die Kläger mit ihren zwei Begleitpersonen den öffentlichen Nahverkehr, sprich die Deutsche Bahn, genutzt hätten. Hierin liegt ein Ermessensfehler. Der Beklagte hat nicht umfassend alle Gegebenheiten beachtet und gegeneinander abgewogen. Zwar ist es durchaus richtig, Wirtschaftlichkeitserwägungen in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Nach §§ 2 und 9 Abs. 2 sowie § 10 Abs. 2 SGB XII muss der Sozialhilfeträger bei mehreren geeigneten Maßnahmen die kostengünstigere Leistung unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit auswählen (Hessisches LSG, a.a.O.). Insoweit ist die Entscheidung des Beklagten nachvollziehbar, wenn er den Klägern nahelegt, die (kostenfreie) Bahnfahrt zu wählen, statt mit einem (kostenverursachenden) Bus zu reisen. Die Entscheidung des Beklagten geht jedoch an einem entscheidenden Punkt fehl. Eine Auswahl des kostengünstigeren Mittels und damit ein Ermessen bestehen nur dann, wenn beide Mittel (Bus und Bahn) gleichermaßen geeignet sind.

29

Dies ist in dem hier vorliegenden Einzelfall nicht gegeben. Nach den vorliegenden Besonderheiten bei den körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen der Kläger ist die Bahn gerade kein geeignetes Mittel zur Durchführung der Reise nach H ... Dies hat der Beklagte in seiner Ermessensentscheidung fehlerhaft nicht berücksichtigt. Das Gericht folgt der Auffassung der Kläger.

30

Aufgrund ihrer Behinderungen wäre die Reise der Kläger nach H. mit der Bahn nicht durchführbar gewesen. Unter der Reisegruppe der Kläger waren mindestens zwei Teilnehmer, die nicht oder teilorientiert waren. Sie benötigen nach Überzeugung der Kammer Unterstützung außerhalb ihres Wohnumfeldes und auf großen Bahnhöfen. Dazu zählt auch Berlin, welcher als Umsteigeort auf der Reise mit der Bahn von G. nach H. hätte passiert werden müssen. Zudem hätten die zwei Betreuer einen nicht trockenen Alkoholiker intensiv betreuen müssen, um einen Alkoholkauf zu unterbinden; einen weiteren Reiseteilnehmer mit einem erhöhten Harndrang unterstützen müssen. Zudem hätten die Betreuer eine weitere Teilnehmerin im Blick behalten müssen, dass die für die Kammer nachvollziehbare Stresssituation aufgrund der Diabeteserkrankung nicht zu einer Über- bzw. Unterzuckerung führt. Der Kammer war es nicht vorstellbar, wie diese Reisegruppe mit zwei Betreuern die Umsteige, Ein- und Ausstiege bei einer Reise mit der Bahn unter normalen Gegebenheiten hätten bewältigen können. Erst recht wäre die Reise mit der Bahn nicht durchführbar gewesen, wenn weitere durchaus denkbare Umstände hinzutreten, wie beispielsweise ein defekter Aufzug am Bahnhof, eine defekte behindertengerechte Toilette in der Bahn oder am Bahnhof oder ein verspäteter Zug, der die Umsteigezeit reduziert. Auch in so einer Situation hätten nur zwei Begleiter zur Unterstützung bereit gestanden.

31

Ohne die Reise mit einem Bus wäre die Reise nicht durchführbar gewesen. Das getroffene Entschließungsermessen hinsichtlich des "Ob" zur Durchführung der Reise läuft ins Leere, wenn die Kläger auf eine Bahnreise verwiesen werden.

32

Der Beklagte kann dem nicht entgegenhalten, dass die Prozessbevollmächtigte der Kläger die Reisegruppe so zusammensetzen müssen, dass eine kostengünstigere Reise mit der Deutschen Bahn AG hätte durchgeführt werden können. Mit Bescheid vom 29.5.2012 genehmigte der Landkreis A. die Reise dem Grunde nach (verbindliches Entschließungsermessen), mithin auch die Gruppenzusammenstellung. Im Übrigen dürfte es eine grundrechtsrelevante Beeinträchtigung sein, wenn die Bewohner einer Einrichtung für behinderte Menschen nicht mehr selbst entscheiden dürften, mit wem sie im Urlaub verreisen.

33

Dem Anspruch der Kläger auf Kostenübernahme steht die Vereinbarung, die der Träger der Einrichtung mit dem Land Sachsen-Anhalt nach § 75 SGB XII geschlossen hat, nicht entgegen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergütungsvereinbarung und den Vergütungsverhandlungen am 14.8.2012 und am 12.4.2013 wurde die Reise bereits angetreten und durchgeführt. Das Argument, die Vereinbarungen seien in der Regel rückwirkend auf den Jahresanfang geschlossen worden, schlägt fehl, da bei der Planung der Gemeinschaftsreisen Kenntnis vom Inhalt der Vergütungsvereinbarungen mit dem Träger der Wohneinrichtung erlangt sein muss. Dieser Rechtsgedanke der Warn- und Schutzfunktion, der dem Sozialhilferecht nicht unbekannt ist, muss dem Beklagten hier vorgehalten werden. Offen bleiben konnte daher die Frage, ob der in der Vergütungsvereinbarung festgelegte Betrag in Höhe von 6.500,00 Euro für Treib- und Schmierstoffe auch für die Einrichtung in Großpaschleben gilt und ob dieser Betrag für Ferienfahrten der Bewohner einzusetzen ist.

34

Gleiches gilt für den aktualisierten Arbeitshinweis. Dieser ist als innere Verwaltungsvorschrift für eine gerichtliche Entscheidung zwar nicht bindend. Dennoch hat sich der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe an seine eigenen Vorschriften zu orientieren. Für den hier vorliegenden Fall, dass die Reise in dem Zeitraum vom 18.6.2012 bis zum 25.6.2012 stattfand, konnten weder die Kläger noch ihre Bevollmächtigte als Trägerin der Einrichtung Kenntnis von der neuen Verwaltungsvorschrift haben. Der Arbeitshinweis 5/2012 datiert auf den 4.6.2012 und sollte mit seiner Bekanntgabe in Kraft treten. Die Reise traten die Kläger am 18.6.2012, also nach Bekanntgabe des neuen Arbeitshinweises an. Die Kläger hatten nicht die Möglichkeit, ihren Reisewunsch noch abzuändern. Insoweit haben die Kläger glaubhaft vorgetragen, dass kurzfristig die Reise nicht mehr hätte angepasst oder storniert werden können. Im Übrigen dürfte die von den Klägern durchgeführte Reise der in der neuen AH 05/2012 formulierten Öffnungsklausel entsprechen. Auch nach dieser neuen Regelung können Antragsteller nur dann auf die Nutzung der Bahn verwiesen werden, wenn sie als Reisemittel zumutbar ist. Die Zumutbarkeit ist wie oben dargelegt aufgrund der komplexen, unterschiedlich ausgeprägten gesundheitlichen, körperlichen und geistigen Einschränkungen eines jeden Klägers einzeln und in der Gruppenkonstellation zusammen betrachtet, nicht gegeben.

35

Die Ermessensentscheidung ist auf null reduziert, so dass ein Anspruch der Kläger auf Kostenübernahme des noch offenen Betrages in Höhe von insgesamt 861,00 Euro besteht. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung besteht ein Leistungs- und Zahlungsanspruch (und nicht nur ein Anspruch auf erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts), wenn das Ermessen des Beklagten bei der Auswahl der "richtigen" Leistung auf null reduziert ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 24.2.2016 – L 4 SO 27/14). Dies ist hier der Fall, da nur die Entscheidung, mit dem Reisebus des günstigsten Anbieters (HAJA Transport GmbH) zu fahren, ermessensfehlerfrei gewesen wäre.

36

Die Kläger haben für ihre Reise das Transportunternehmen in Anspruch genommen, welches von den drei Kostenvoranschlägen das günstigste Angebot abgegeben hat. Ein kostengünstigeres und geeignetes Mittel gab es nach den Umständen des Einzelfalls zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung nicht. Hinsichtlich der Höhe der Kosten bleibt keine andere Verwaltungsentscheidung denkbar, so dass bei dieser Ermessensreduzierung auf null das Gericht ein Leistungsurteil aussprechen konnte.

37

Der tenorierte Leistungsumfang errechnet sich wie folgt. Von dem Rechnungsbetrag des Busunternehmens in Höhe von insgesamt 1.213,80 Euro brutto ist der durch den Beklagten gewährte Betrag für die Gepäckkosten und die Kosten für eine Bahnfahrt für einen Kläger in Höhe von insgesamt 352,80 Euro entgegenzurechnen, da das Gepäck nicht gesondert, sondern mit dem Reisebus transportiert worden war. Es verbleibt ein offener Betrag in Höhe von insgesamt 861,00 Euro. Bei der Leistungsberechnung kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte die gewährten Leistungen für Gepäck- und Fahrkosten in Höhe vom 352,80 Euro tatsächlich ausgezahlt hat. Dies verbleibt der Abrechnung der Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Beklagten auf Sekundärebene vorbehalten. Das Gericht entscheidet lediglich über die zu gewährenden Leistungen auf Primärebene unter Beachtung der mit dem streitgegenständlichen Bescheid gewährten Leistungen. Bezogen auf den der Kläger insgesamt geltend gemachten Betrag in Höhe von 936,00 Euro war die Klage im Übrigen (in Höhe von 75,00 Euro) abzuweisen.

38

Über die beantragten Zinsen konnte das Gericht mangels vorausgehenden Verwaltungsverfahrens keine Entscheidung treffen, § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch.

39

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

40

3. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für den Beklagten zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro übersteigt. Die Kläger unterliegen mit einem Betrag in Höhe von 75,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von ca. 37,00 Euro; der Beklagte ist in Höhe von 861,00 Euro beschwert.


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(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen erhalten Menschen mit Behinderungen, bei denen wegen Art oder Schwere der Behinderung

1.
eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschließlich einer Beschäftigung in einem Inklusionsbetrieb (§ 215) oder
2.
eine Berufsvorbereitung, eine individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Beschäftigung, eine berufliche Anpassung und Weiterbildung oder eine berufliche Ausbildung (§ 49 Absatz 3 Nummer 2 bis 6)
nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommt und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Leistungen im Arbeitsbereich werden im Anschluss an Leistungen im Berufsbildungsbereich (§ 57) oder an entsprechende Leistungen bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60) erbracht; hiervon kann abgewichen werden, wenn der Mensch mit Behinderungen bereits über die für die in Aussicht genommene Beschäftigung erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, die er durch eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erworben hat. Die Leistungen sollen in der Regel längstens bis zum Ablauf des Monats erbracht werden, in dem das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensalter erreicht wird.

(2) Die Leistungen im Arbeitsbereich sind gerichtet auf

1.
die Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung des Menschen mit Behinderungen entsprechenden Beschäftigung,
2.
die Teilnahme an arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie
3.
die Förderung des Übergangs geeigneter Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen.

(3) Die Werkstätten erhalten für die Leistungen nach Absatz 2 vom zuständigen Rehabilitationsträger angemessene Vergütungen, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Die Vergütungen berücksichtigen

1.
alle für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendigen Kosten sowie
2.
die mit der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Werkstatt und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen.
Können die Kosten der Werkstatt nach Satz 2 Nummer 2 im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann eine Vergütungspauschale für diese werkstattspezifischen Kosten der wirtschaftlichen Betätigung der Werkstatt vereinbart werden.

(4) Bei der Ermittlung des Arbeitsergebnisses der Werkstatt nach § 12 Absatz 4 der Werkstättenverordnung werden die Auswirkungen der Vergütungen auf die Höhe des Arbeitsergebnisses dargestellt. Dabei wird getrennt ausgewiesen, ob sich durch die Vergütung Verluste oder Gewinne ergeben. Das Arbeitsergebnis der Werkstatt darf nicht zur Minderung der Vergütungen nach Absatz 3 verwendet werden.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Die Leistungen werden erbracht in Form von

1.
Dienstleistungen,
2.
Geldleistungen und
3.
Sachleistungen.

(2) Zur Dienstleistung gehören insbesondere die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und die Beratung und Unterstützung in sonstigen sozialen Angelegenheiten.

(3) Geldleistungen haben Vorrang vor Gutscheinen oder Sachleistungen, soweit dieses Buch nicht etwas anderes bestimmt oder mit Gutscheinen oder Sachleistungen das Ziel der Sozialhilfe erheblich besser oder wirtschaftlicher erreicht werden kann oder die Leistungsberechtigten es wünschen.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.