Sozialgericht Augsburg Urteil, 20. Mai 2015 - S 6 KR 338/14

bei uns veröffentlicht am20.05.2015

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 18.067,82 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Erstattungsanspruch in Höhe von 18.067,82 EUR wegen häuslicher Krankenpflege in der Zeit vom 12.09.2013 bis 29.07.2014 streitig.

Am 18.06.2013 beantragten die Eltern des am 05.01.2007 geborenen A. bei dem Kläger eine individuelle Schulbegleitung. Ihr Sohn müsse wegen seiner Diabetes-Erkrankung überwacht werden. Sein Diabetes sei sehr schlecht einzustellen und daher genüge es nicht, dass eine Kraft lediglich ein- oder zweimal während des Unterrichts zur Betätigung der Insulinpumpe vorbeikomme.

Mit Bescheid vom 23.09.2013 bewilligte hierauf der Kläger A. für die Zeit vom 12.09.2013 bis 29.07.2014 im Rahmen der Eingliederungshilfe die Übernahme der Kosten für eine individuelle Schulbegleitung zum Besuch des Sonderpädagogischen Förderzentrums, R. -Schule, mit einem Stundensatz von 22,49 EUR für einen Betreuungsumfang von 21,67 Stunden je Schulwoche (entsprechend Änderungsbescheid vom 09.12.2013 sodann für einen Betreuungsumfang von 20,50 Stunden je Schulwoche). Die Leistungsbewilligung begründete der Kläger mit §§ 53, 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Weiter wurde in dem Bescheid ausgeführt, dass der Schulbegleiter dazu beitrage, Defizite im pflegerischen, sozialen und emotionalen Bereich auszugleichen. Sie seien keine Hilfskräfte der Schule für klassen- oder schulbezogene Tätigkeiten und insbesondere keine Zweitlehrer.

Am selben Tag stellte der Kläger bei der Beklagten vorsorglich einen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), weil die Schulbegleitung im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Leistungen erbringe, die im Leistungskatalog der Krankenkasse für die häusliche Krankenpflege enthalten seien.

Die Beklagte antwortete hierauf, dass keine Verordnung über Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorlägen. Grundsätzlich würden Leistungen der häuslichen Krankenpflege als Sachleistung erbracht. Eine Leistungserbringung und -abrechnung der verordneten Leistungen sei nur nach vorheriger Genehmigung durch einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst möglich.

Am 25.03.2014 verordnete die Universitätsklinik Ulm A. für den Zeitraum vom 12.09.2013 bis 29.07.2014 Blutzuckermessungen viermal täglich, 20-mal wöchentlich sowie Injektionen dreimal täglich, 15-mal wöchentlich und Medikamentengabe dreimal täglich, 15-mal wöchentlich über eine Insulinpumpe. Am 16.04.2014 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme weiter ab, weil die Leistungen nicht durch einen zugelassenen Leistungserbringer erbracht worden seien.

Am 26.08.2014 hat der Kläger hierauf Zahlungsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist ausgeführt worden, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X habe. Der Kläger sei für die Behandlungspflege des Leistungsberechtigten nur nachrangig verpflichteter Leistungsträger. Die Beklagte hingegen sei gemäß § 37 SGB V vorrangig verpflichteter Leistungsträger. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten nämlich Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf, auch in Werkstätten für behinderte Menschen häusliche Krankenpflege als Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich sei. Beim Sonderpädagogischen Förderzentrum, R. -Schule, handele es sich um einen geeigneten Ort zur Behandlungspflege, auch die weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 SGB V seien erfüllt. Die Leistungen würden bei dem Leistungsberechtigten routinemäßig von der medizinisch-technischen Assistentin Frau K. erbracht. Dies gehe auch aus der Tätigkeitsbeschreibung der Integrationshelferin vom 29.10.2013 hervor. Für den Leistungsberechtigten bestehe ein hoher medizinischer Aufwand, der nicht durch Leistungen des Klägers im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte sondern durch die Beklagte im Rahmen der Hilfe nach § 37 SGB V abzudecken sei. Bei den bei dem Leistungsberechtigten anfallenden Verrichtungen handle es sich, wie auch die Verordnung für den Zeitraum vom 12.09.2013 bis 29.07.2015 zeige, ausschließlich um Verrichtungen, die unter den Geltungsbereich des § 37 SGB V fielen. Somit sei die Beklagte dafür zuständig. Insoweit werde auch auf das Urteil des SG Hannover vom 06.02.2012 - S 17 SO 618/11 - verwiesen, wonach Krankenbeobachtung und Begleitung in einem integrativen Kindergarten, der insoweit als Einrichtung ähnlich zu qualifizieren sei wie ein Sonderpädagogisches Förderzentrum, verbunden mit Medikamentengabe für ein diabeteskrankes Kind nach § 37 Abs. 2 SGB V in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung falle. Auch das Argument des Klägers, dass die Leistungen nicht durch einen anerkannten Pflegedienst erbracht würden, seien bereits vom Sozialgericht Augsburg durch ein Schreiben vom 30.04.2013 in der Streitsache - S 12 KR 512/12 - widerlegt.

Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 06.10.2014 erwidert, dass aus den vorliegenden Verordnungen vom 25.03.2014 und 07.07.2014 hervorgehe, dass es um die "dauerhafte Betreuung in der Schule und den Kinderhort" gehe. Kinder mit der Erkrankung Diabetes Typ I gingen in Regelschulen und diese wiederum wüssten mit dem Thema umzugehen, zumal vorliegend der Leistungsberechtigte des Klägers mit einer Insulinpumpe versorgt sei, die zusätzlich Sicherheit biete. Sollten im Einzelfall dennoch "Behandlungspflegemaßnahmen" in der Schule erforderlich sein, so könnten diese bei der Beklagten von/über zugelassene Vertragspartner beantragt werden oder sie seien durch einen Vertragsarzt vorzunehmen. Von einer dauerhaften Notwendigkeit sei dabei nicht auszugehen.

Dazu hat der Kläger mit Schreiben vom 29.10.2014 Stellung genommen und weiter vorgetragen, dass es sich bei dem Leistungsberechtigten um ein siebenjähriges Kind handle, dass gerade nicht alleine mit der Erkrankung Diabetes Typ I umgehen könne. Hierzu werde auf die Stellungnahme des Universitätsklinikums Ulm vom 24.06.2013 verwiesen. Auch gehe aus dem Tätigkeitsbericht der Leitung der Individualbegleitung vom 29.10.2013 hervor, dass die Aufgabe der Individualbegleiter weit überwiegend medizinisch bedingt sei und selbst im pädagogischen Bereich insbesondere mit der Diabetes-Erkrankung zusammen hänge. Sofern die Beklagte einwende, dass Behandlungspflegemaßnahmen im Einzelfall ausreichend seien, so möge sie konkret darlegen, wie sie die medizinische Betreuung des Leistungsberechtigten in der R. -Schule unter Beachtung der Stellungnahme des Universitätsklinikums Ulm organisieren würde und hierfür einen konkreten Vorschlag benennen.

Mit Schreiben vom 12.11.2014 hat die Beklagte geantwortet, dass die Organisation und Durchführung im Einzelfall erforderlicher Behandlungsmaßnahmen in der Schule durch die dafür ausgebildeten und qualifizierten Kräfte ihrer Vertragspartner in diesem Bereich sichergestellt werde.

Abschließend hat der Kläger mit Schreiben vom 20.11.2014 vorgetragen, dass der Leistungsberechtigte wegen seiner Zuckererkrankung einen medizinischen Schulbegleiter benötige. Zuständig dafür sei die Krankenversicherung und somit die Beklagte und nicht der Kläger als Sozialhilfeträger.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 beantragt die Bevollmächtigte des Klägers,

die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger im Schuljahr 2013/14 entstandene medizinisch-pflegerische Aufwand in Höhe von 18.067,82 EUR zu erstatten.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die beige-zogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Kostenerstattung für von ihm erbrachte Leistungen für den Leistungsberechtigten A. in der R. -Schule in in Form der häuslichen Krankenpflege für die Zeit vom 12.09.2013 bis 29.07.2014. Hierfür fehlt es nämlich an einer Anspruchsgrundlage.

Der Kläger kann seinen Erstattungsanspruch nicht auf § 14 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) stützten. Diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem Zweck und dem Regelungssystem lediglich auf die Erstattung für erfolgte Rehabilitationsleistungen (siehe hierzu Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 17.12.2013 - B 1 KR 50/12 R). Im Streit stehen zwischen den Beteiligten jedoch nicht erbrachte Rehabilitationsleistungen, sondern Leistungen der Behandlungspflege in Form der häuslichen Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 SGB V.

Es fehlt aber auch an den Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 102 SGB X. Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs nach § 102 SGB X ist nämlich, dass ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Nach der Rechtsprechung des BSG erfordert dies zunächst, dass der Wille des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers, entweder für einen anderen oder im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar wird (siehe hierzu BSG, Urteil vom 14.05.1985 - 4a RJ 13/84 sowie Urteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 6/13 R). Dass der Kläger hier aber von einer nicht geklärten Zuständigkeit ausgegangen ist und etwa gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in Vorleistung tritt, ist hier deshalb nicht nach der zitierten Rechtsprechung des BSG nach außen erkennbar gewesen, da der Bewilligungsbescheid gegenüber dem Leistungsberechtigten vom 23.09.2013 gerade keine vorläufige Regelung enthält, sondern vielmehr nur den abschließenden Willen des Klägers erkennen lässt, dass der Leistungsberechtigte die in diesem Bescheid gewährten Leistungen endgültig erhält. Damit hat der Kläger nach außen zu erkennen gegeben, dass er endgültig für die Leistung zuständig ist. Unabhängig davon also, ob überhaupt ein gesetzlicher Auftrag gegenüber dem Kläger gemäß § 43 SGB I oder einer anderen Rechtsvorschrift bestanden hat, in Vorleistung zu treten, scheitert das Erstattungsbegehren gemäß § 102 SGB X hier an der fehlenden Vorläufigkeit der Leistungserbringung.

Ebenso wenig sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 103 Abs. 1 oder § 104 Abs. 1 SGB X gegeben. So regelt § 103 Abs. 1 SGB X den Erstattungsanspruch des Leistungsträgers, der aufgrund der für ihn maßgebenden Vorschriften bei Eintritt eines Ereignisses im Leben des Leistungsberechtigten (z. B. Krankheit, Arbeitslosigkeit) zunächst rechtmäßig Sozialleistungen zu erbringen hatte, dessen Leistungsverpflichtung aber später rückwirkend ganz oder teilweise entfällt bzw. zum Ruhen kommt. Ein solcher Sachverhalt ist hier aber nicht gegeben, da der Kläger selbst vorträgt, von Anfang an nicht für die erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege zuständig gewesen zu sein. Aber auch das Gericht kann für den Bewilligungszeitraum vom 12.09.2013 bis 29.07.2014 keine Sachverhaltsänderung bezogen auf die Bewilligungsvoraussetzungen und damit einer einhergehenden Zuständigkeitsänderung feststellen. Voraussetzung für eine Erstattung nach § 104 Abs. 1 SGB X ist sodann, dass von einem "vorleistenden" Sozialleistungsträger Leistungen erbracht worden sind, die später von einer anderen vorrangigen Sozialleistung rückwirkend verdrängt werden. An dieser Voraussetzung fehlt es aber, da es hier nicht um eine rückwirkende Verdrängung der Eingliederungshilfe durch den später entstandenen Anspruch auf häusliche Krankenpflege geht.

Letztendlich scheitert der Erstattungsanspruch des Klägers auch an den Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGB X. Danach besteht ein Erstattungsanspruch, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen. Nach der Rechtsprechung des BSG (siehe z. B. Urteil des BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 50/12 R -) müssen hierfür die betroffenen Leistungsträger vergleichbaren Leistungspflichten unterliegen, und zwar unter Berücksichtigung einer zeitlichen Kongruenz und Personenidentität. Ferner darf die Leistung des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers nur wegen der fehlenden Zuständigkeit rechtswidrig sein. Die Unzuständigkeit hinweggedacht muss die Leistung des Erstattung begehrenden Trägers rechtmäßig sein. Dies bedeutet, dass die von dem Kläger erbrachte Leistung gemäß § 37 Abs. 2 SGB V abgesehen von seiner Unzuständigkeit rechtmäßig war. Es müssen daher alle Leistungsvoraussetzungen des § 37 Abs. 2 SGB V vorgelegen haben. Daran fehlt es hier aber. Für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V ist nämlich Voraussetzung, dass eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt, für die der behandelnde Arzt eine Leistung verordnet hat, die dazu dient, die laufende ärztliche Behandlung sicherzustellen. Ohne eine solche entsprechende ärztliche Verordnung besteht kein Anspruch auf Erhalt häuslicher Krankenpflege. Die ärztliche Verordnung muss vor Beginn des Zeitraums der beantragten häuslichen Krankenpflege vorliegen. Sie kann nicht rückwirkend ausgestellt werden. Eine solche ärztliche Verordnung ist im vorliegenden Fall aber erst nach Bewilligung der vom Kläger erbrachten häuslichen Krankenpflege durch die Universitätsklinik Ulm am 25.03.2014 ausgestellt worden. Damit erweist sich aber die vom Kläger erlassene Bewilligung unter dem Gesichtspunkt des § 37 Abs. 2 SGB V als rechtsfehlerhaft. Im Übrigen verstößt die Bewilligung vom 23.09.2013 auch gegen das in der Krankenversicherung geltende Sachleistungsprinzip. Dieses gilt auch im Rahmen des § 37 SGB V. Dies bedeutet, dass die Beklagte häusliche Krankenpflege als Sachleistung zu gewähren hat (was wiederum bedeutet, dass die Beklagte die Versorgung des Versicherten nach § 132 Abs. 1 SGB V entweder durch bei ihr beschäftigte geeignete Pflegekräfte zu gewähren hat oder durch andere geeignete Personen, Einrichtungen oder Unternehmen, mit denen sie Verträge geschlossen hat (siehe hierzu zu allem Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 86. Ergänzungslieferung, Stand Oktober 2014, § 37 Rn. 11). Erst wenn die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege durch von ihr selbst beschafftes geeignetes Personal nicht sicherstellen kann oder sicherstellt, besteht ein Anspruch des Versicherten auf Beauftragung von ihm selbst beschaffter Kräfte (§ 13 Abs. 3 und 3a SGB V). Durch die Erbringung der häuslichen Krankenpflege durch den Kläger wurde aber dieses Sachleistungsprinzip zugunsten des Leistungsberechtigten hier umgangen. Nach Ansicht des Gerichts sind Erstattungsverfahren aber nicht dazu gedacht, dass Leistungsberechtigte/Versicherte dann besser gestellt werden, wenn sie Leistungen vom unzuständigen Träger erhalten. Insgesamt entspricht daher die vom Kläger erbrachte Leistung nicht den Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 SGB V, so dass er hierfür von der Beklagten keine Erstattung begehren kann.

Die Klage war somit als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz und 3. Halbsatz SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 104 Anspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers


(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 37 Häusliche Krankenpflege


(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztl

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 102 Anspruch des vorläufig leistenden Leistungsträgers


(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. (2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorle

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 103 Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist


(1) Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbs

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 105 Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers


(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleist

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 43 Vorläufige Leistungen


(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflicht

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 132 Versorgung mit Haushaltshilfe


(1) Über Inhalt, Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen zur Versorgung mit Haushaltshilfe schließen die Krankenkassen Verträge mit geeigneten Personen, Einrichtungen oder Unternehmen. Die Bezahlung vo

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

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(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann; Satz 3 gilt in diesen Fällen nicht.

(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.

(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(4) Sind mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet, kann der Leistungsträger, der die Sozialleistung erbracht hat, Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 mit befreiender Wirkung geleistet hat.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5725,94 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für eine psychotherapeutische Behandlung.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1994 geborene Beigeladene leidet an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Er beantragte bei der Beklagten, die Kosten für eine Behandlung durch die in eigener Praxis tätige, damals nicht als Vertragspsychologin zugelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. N. zu übernehmen. Dies lehnte die Beklagte ab (3.5.2005). Freie Therapieplätze waren nach Angaben des Beigeladenen nicht verfügbar. Daraufhin leitete die Beklagte - unter Hinweis an den Beigeladenen, dass eine Kostenzusage weiterhin nicht möglich sei (7.6.2005) - die Unterlagen an das Kreisjugendamt des klagenden Landkreises weiter. Dieser bewilligte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Beigeladenen auf der Grundlage gutachtlicher Einschätzung Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII). Er übernahm die Kosten für eine Verhaltenstherapie mit 60 Therapieeinheiten bei Dr. N. (Bescheid vom 26.7.2005). Da Dr. N. ihren Praxissitz verlegte, führte die damals in eigener Praxis tätige, nicht als Vertragspsychologin zugelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin R. die Verhaltenstherapie weiter. Während des auf Kostenerstattung gerichteten Klageverfahrens hat der Kläger dem Beigeladenen die Übernahme der Kosten für weitere Therapieeinheiten bewilligt (Bescheid vom 24.10.2007). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 5725,94 Euro verurteilt (Urteil vom 15.6.2010). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Erstattungsanspruch zu. Zwar könne der Kläger Verhaltenstherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe auch als medizinische Rehabilitation (Reha) gewähren, jedoch nur durch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassene Leistungserbringer. Dies sei hier nicht der Fall gewesen (Urteil vom 26.6.2013).

3

Der Kläger rügt die Verletzung des § 104 SGB X. Sein Anspruch scheitere nicht daran, dass die Behandlerinnen keine Vertragspsychologinnen gewesen seien.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2010 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des klagenden Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (§ 8 SGB I) ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5725,94 Euro gegen die beklagte KK. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX sind nicht erfüllt. Der Kläger erbrachte nicht als unzuständiger Reha-Träger eine Reha-Leistung (dazu 1.). Der Kläger hat auch keinen Erstattungsanspruch aus § 104 SGB X. Der Kläger ist nämlich bereits nach dem für ihn maßgeblichen Leistungsrecht des SGB VIII nicht befugt, Kindern und Jugendlichen ambulante Krankenbehandlung mittels Übernahme der Kosten einer verhaltenstherapeutischen Behandlung durch einen niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu gewähren (dazu 2.). Auch ein Erstattungsanspruch gemäß § 105 SGB X scheitert hieran(dazu 3.).

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Der erkennende Senat weist bloß ergänzend darauf hin, dass - ungeachtet der sich für ihn aus § 17a Abs 5 GVG ergebenden Bindung an die vom SG inzident bejahte Rechtswegzuständigkeit - sich auch bei einer Prüfung in der Sache die Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ergäbe. Für den Erstattungsanspruch ist derselbe Rechtsweg wie für den Anspruch auf die Sozialleistung gegeben. Maßgebend ist im Fall des § 102 SGB X der Anspruch gegen den vorleistenden Leistungsträger und im Fall der §§ 103 bis 105 SGB X der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger(vgl § 114 SGB X). Dieser Rechtsgedanke greift auch bei Erstattungsansprüchen nach § 14 SGB IX entsprechend ein. Demgemäß wäre für eine Rechtswegprüfung ausschlaggebend, ob für den Anspruch auf die Sozialleistung gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig wären. Dies wäre zu bejahen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit wären für einen Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte aus § 13 Abs 3 SGB V auf Freistellung von den Kosten der Verhaltenstherapie wegen Systemversagens in Gestalt einer Versorgungslücke(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 13; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R - Juris RdNr 14 und 17 f = USK 2006-79) zuständig (vgl § 51 Abs 1 Nr 2 SGG).

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1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX als vorleistender Reha-Träger(zur Reha-Trägereigenschaft des Klägers vgl § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX). Ein Erstattungsanspruch besteht, wenn nach Bewilligung der Leistung durch einen Reha-Träger nach § 14 Abs 1 S 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Reha-Träger für die Leistung zuständig ist. Letzterer erstattet ersterem dessen Aufwendungen nach den für den ersteren geltenden Rechtsvorschriften. Die Regelung bezieht sich nach ihrem Zweck und dem Regelungssystem lediglich auf Erstattungen für erfolgte Reha-Leistungen. Sie scheidet jedenfalls dann von vornherein als Anspruchsgrundlage aus, wenn der Erstattung begehrende Träger weder nach eigenem Recht eine Reha-Leistung erbracht hat noch seine Leistung einen Reha-Anspruch erfüllte, der eigentlich gegen den als erstattungspflichtig in Anspruch genommenen Träger bestand. Der Kläger erbrachte mit der Übernahme der Kosten einer Verhaltenstherapie für den Beigeladenen (Bescheide vom 26.7.2005 und 24.10.2007) keine Reha-Leistungen, weder nach dem für die Beklagte noch nach dem für ihn geltenden Recht. Er leistete nämlich anstelle der Beklagten ambulante ärztliche Krankenbehandlung. Die Abgrenzung zwischen hier betroffener ambulanter ärztlicher Krankenbehandlung und medizinischer Reha folgt aus der auch nach SGB VIII, SGB IX und SGB XII maßgeblichen Regelungssystematik des SGB V, die unmittelbar für die Beklagte gilt. Das SGB V unterscheidet "isolierte" ambulante psychologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen - hier in Form einer Verhaltenstherapie - durch in eigener Praxis tätige Psychotherapeuten oder Ärzte (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und § 28 Abs 3 S 1 SGB V)als Teil des Regelungsgegenstandes der ambulanten ärztlichen Leistungen von den Komplexleistungen zur medizinischen Reha (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V; dazu a). Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen Dr. N. und R. behandelten den Beigeladenen isoliert mittels der vom Kläger bewilligten Verhaltenstherapie, die nicht Bestandteil einer Komplexleistung war, die aus mehreren unterschiedlichen koordinierten Leistungen bestand (dazu b). Auch das für den Kläger geltende Rechtsregime ordnet die bewilligte Verhaltenstherapie nicht der medizinischen Reha zu. Der Kläger darf als Eingliederungshilfe nicht ambulante ärztliche Krankenbehandlung im Sinne des SGB V erbringen, sondern Verhaltenstherapie lediglich als Teil von Komplexleistungen zur medizinischen Reha (dazu c).

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a) Das SGB V unterscheidet zwischen ärztlicher Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V) als einem Teilbereich ambulanter Krankenbehandlung einerseits (vgl zu diesem Begriff in Abgrenzung zur ambulanten Reha § 40 Abs 1 S 1 SGB V) und Leistungen zur medizinischen Reha und ergänzenden Leistungen andererseits (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Im Regelungsbereich ambulanter ärztlicher Behandlung wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien (RL) nach § 92 SGB V durchgeführt(vgl § 28 Abs 3 S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311).

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Die RL des Bundesausschusses, die Art und Umfang der Psychotherapie in der vertragsärztlichen und vertragspsychologischen Versorgung regeln, haben dementsprechend nur Leistungen der ärztlichen ambulanten Krankenbehandlung zum Gegenstand (vgl § 92 Abs 6a S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 10 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; vgl auch die Begründung zum Entwurf Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eines Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drucks 13/8035 S 21, wonach die RL bis zum Inkrafttreten des Gesetzes beschlossen sein müssen, damit die Psychotherapeuten ab diesem Zeitpunkt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen können). Der Bundesausschuss darf dagegen keine Regelungen über Leistungsinhalte der medizinischen Rehabilitation treffen. § 92 Abs 1 S 2 Nr 8 SGB V(idF durch Art 5 Nr 22 Buchst a Doppelbuchst bb SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) gibt ihm lediglich auf, RL über die Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Reha und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Reha, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Reha zu beschließen. Diese Bestimmung ermächtigt ihn bloß dazu, die Voraussetzungen der Verordnung von Leistungen der medizinischen Reha durch Vertragsärzte als Grundlage für die Leistungsentscheidung der KK zu regeln.

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Die hier maßgeblichen Psychotherapie-RL bezogen die Verhaltenstherapie als Bestandteil der ärztlichen ambulanten Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V) in den GKV-Leistungskatalog ein (vgl B I. 1.2 Psychotherapie-RL vom 11.12.1998, BAnz 1999 Nr 6 S 249, idF vom 19.7.2005, BAnz 2005 Nr 186 S 14 549, in Kraft getreten am 1.10.2005; vom 20.6.2006, BAnz 2006 Nr 176 S 6339, in Kraft getreten am 17.9.2006; vom 20.12.2007, BAnz Nr 45 S 1015, in Kraft getreten am 21.3.2008). Sie umfassen auch die Einzeltherapie bei Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung der altersspezifischen Bedingungen, ggf unter Einbeziehung von Bezugspersonen aus dem engeren Umfeld (vgl B II. 3. Psychotherapie-RL).

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Es ist rechtlich unzulässig, aus der früher in den Psychotherapie-RL geregelten inhaltlichen Ausgestaltung des Anspruchs Versicherter auf Versorgung mit Leistungen zur medizinischen Reha zu folgern, der Bundesausschuss habe auch den Inhalt von Reha-Leistungen ausgestalten dürfen. Überschießende Regelungsinhalte der RL über Reha-Leistungen, die im Zeitpunkt der Leistung des Klägers bestanden, sind mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig (zur Prüfung vgl nur BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN). Betroffen war D 1.3 Psychotherapie-RL (in den vom 11.12.1998 bis zum 20.3.2008 geltenden Fassungen). Sie zielten darauf ab, der Psychotherapie auch im Rahmen der medizinischen Reha nach Maßgabe enumerativ aufgezählter Indikationen einen Anwendungsbereich zu eröffnen. Der Gemeinsame Bundesausschuss fasste die Regelungen deshalb unter Ausschluss dieses Regelungsbereichs neu (vgl Beschluss vom 20.12.2007, BAnz 2008 Nr 45 S 1015, in Kraft getreten am 21.3.2008; vgl auch tragende Gründe zum Beschluss über eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinien: Aktualisierung des Begriffs "medizinische Rehabilitation", S 3, abrufbar unter http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/577/). Ein hier relevanter Rest im Wege geltungserhaltender Reduktion verbliebener Reha-Regelungen in den Psychotherapie-RL kommt nicht in Betracht. Der erkennende Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass die aufgezeigten Rechtsgrundsätze die Zuordnung psychotherapeutischer (Mit-)Behandlung zu den Leistungen zur medizinischen Reha nach den §§ 40 ff SGB V und zu nichtärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen nach § 43a SGB V, insbesondere in sozialpädiatrischen Zentren, unberührt lassen(§ 119 SGB V; zur Erbringung sozialpädiatrischer Leistungen durch sozialpädiatrische Zentren vgl Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drucks 11/2237 S 202 "Zu § 128 - Sozialpädiatrische Zentren").

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b) Die in eigener Praxis als niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen tätigen Dr. N. und R. erbrachten nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ärztliche ambulante Krankenbehandlung im dargelegten Sinne, nämlich "isolierte" Verhaltenstherapie als für den Beigeladenen indizierte Behandlung (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1, § 28 Abs 3 SGB V iVm den Psychotherapie-RL). Sie leisteten keine medizinische Reha, weil die Behandlung nicht Bestandteil einer als ambulante Reha zu begreifenden Komplexleistung war.

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c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, nach dem für ihn maßgeblichen Recht sei eine Reha-Leistung betroffen. Die von ihm zu leistende, hier betroffene Eingliederungshilfe umfasst nicht Verhaltenstherapie als ärztliche ambulante Krankenbehandlung im Sinne der GKV, die gerade keine Leistung zur medizinischen Reha im Sinne des SGB V ist (aA zur Reichweite der Eingliederungshilfe, aber ohne sich hinreichend mit Regelungssystem und -zweck auseinanderzusetzen, Stähr in Hauck/Noftz, Stand Juni 2013, SGB VIII, § 35a RdNr 46; Wiesner in ders, SGB VIII, 4. Aufl 2011, § 35a RdNr 106; Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl 2012, § 35a RdNr 26 unter Hinweis auf BVerwGE 70, 121).

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Der Kläger hat als Träger der öffentlichen Jugendhilfe medizinische Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach der Regelung des § 35a SGB VIII zu gewähren(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 13 Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - KICK - vom 8.9.2005, BGBl I 2729, mWv 1.10.2005, und der Bekanntmachung der Neufassung des SGB VIII vom 14.12.2006, BGBl I 3134, mWv 1.1.2007) iVm § 54 Abs 1 S 1 SGB XII(idF durch Art 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022). Danach haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Abs 1 S 1). Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne des SGB VIII sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Abs 1 S 2). Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall ua in ambulanter Form geleistet (Abs 2 Nr 1). Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich nach § 53 Abs 3 und 4, §§ 54, 56 und 57 SGB XII, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden(Abs 3).

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Nach § 54 Abs 1 S 1 SGB XII zählen zur Eingliederungshilfe ua die in § 26 SGB IX(idF durch Art 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) genannten Leistungen zur medizinischen Reha. Gemäß § 26 Abs 2 Nr 5 SGB IX ist Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung eine Leistung zur medizinischen Reha. § 54 Abs 1 S 2 SGB XII(idF durch Art 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022) sieht demgegenüber ausdrücklich vor, dass die Leistungen zur medizinischen Reha jeweils den Reha-Leistungen der GKV entsprechen (zu der dieser Regelungssystematik entsprechenden Abgrenzung von Hilfsmitteln und medizinischer Reha vgl BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5, RdNr 21; vgl auch Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 9 Aufl 2012, § 54 RdNr 7, die die medizinische Reha im Wesentlichen durch die Leistungen nach § 40 SGB V umschrieben sieht).

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Diese aus Wortlaut und Regelungssystem folgende Auslegung entspricht auch dem Regelungszweck des § 54 Abs 1 S 2 SGB XII. Er will mit Blick auf die insoweit nur (sehr) eingeschränkt bedürftigkeitsabhängige Leistungsgewährung des Sozialhilfeträgers eine Leistungsausdehnung über das GKV-Leistungsniveau hinaus verhindern (vgl Entwurf eines SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen zur Vorgängervorschrift im BSHG, BR-Drucks 49/01 S 383 "Zu Nummern 8 <§§ 39 bis 41>"). Leistungen zur medizinischen Reha (§ 54 Abs 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) werden vermögensunabhängig gewährt (§ 92 Abs 2 S 2 SGB XII), eine nachträgliche Heranziehung bei Bezug von Einkommen ist auf die Leistungen für den Lebensunterhalt beschränkt (§ 92 Abs 2 S 1 Nr 5 und 6 iVm S 3 SGB XII; vgl auch BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5, RdNr 26-27). Unter Berücksichtigung dessen vermeidet § 54 Abs 1 S 2 SGB XII einerseits die Besserstellung der Empfänger von Eingliederungshilfe im Vergleich zu den Versicherten der GKV und andererseits die Gewährung ergänzender Leistungen der Eingliederungshilfe auf Kosten der Sozialhilfeträger an Rehabilitanden aus anderen Leistungssystemen(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2013, § 54 RdNr 56; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2011, § 54 RdNr 17).

19

Die genetische Auslegung steht dem gefundenen Ergebnis letztlich nicht entgegen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines SGB IX führt zu § 40 Abs 1 S 2 BSHG, der mit § 54 Abs 1 S 2 SGB XII inhaltsgleich und nahezu wortidentisch ist, allerdings aus, mit der Anbindung der als Eingliederungshilfe in Betracht kommenden medizinischen Reha-Leistungen an die GKV-Leistungen sei keine Einschränkung des Leistungskatalogs der Eingliederungshilfe verbunden. Dies werde neben der Formulierung "vor allem" dadurch sichergestellt, dass in den Nrn 1, 3 und 8 auf die jeweils offenen Kataloge der § 26 Abs 2 und 3, §§ 33 und 55 des SGB IX hingewiesen werde(vgl Entwurf eines SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen zur Vorgängervorschrift im BSHG, BR-Drucks 49/01 S 382 f "Zu Nummern 8 <§§ 39 bis 41>"). Damit wollte der Gesetzgeber jedoch der Regelung des § 40 Abs 1 S 2 BSHG(jetzt § 54 Abs 1 S 2 SGB XII)nicht ihre beschränkende Wirkung nehmen. Dies stünde in offenkundigem Gegensatz zum Wortlaut. Es wäre auch regelungstechnisch widersprüchlich, eine Begrenzung des Anspruchs ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen, ihr aber keine Wirksamkeit beimessen zu wollen. Demgemäß führen die zitierten Gesetzesmaterialien zugleich aus, § 40 Abs 1 S 2 BSHG gewährleiste, dass die Träger der Sozialhilfe wegen der bedürftigkeitsunabhängigen Gewährung über die medizinischen und beruflichen Reha- und Teilhabeleistungen hinaus keine Leistungen erbringen müssten, es sei denn, solche Leistungen erbrächten wegen der offenen Leistungskataloge auch andere Reha-Träger(BR-Drucks, aaO, S 383).

20

Der erkennende Senat weicht mit seiner Auslegung der Regelung des § 35a Abs 3 SGB VIII nicht von Entscheidungen des BVerwG ab. Ein Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist nicht geboten (vgl § 2 Abs 1 und § 11 Abs 1 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Aus der Rechtsprechung des BVerwG ergibt sich kein entgegenstehender Rechtssatz. Allerdings sah das BVerwG in einem Urteil vom 13.9.1984 die Verhaltenstherapie als Eingliederungsleistung des Sozialhilfeträgers nach § 40 Abs 1 BSHG an(BVerwGE 70, 121, 123). Die Entscheidung betraf indes einen Sachverhalt aus den Jahren 1978 bis 1981. Gleiches galt für ein weiteres Urteil vom 22.10.1992 (BVerwGE 91, 114, 115). Im dort entschiedenen Fall erfolgte die Behandlung ab dem Jahr 1983 ua mit dem Ziel, die Schulfähigkeit des autistisch erkrankten Kindes zu ermöglichen. Die Rechtslage hat sich jedoch - wie oben dargestellt - geändert mit Inkrafttreten der mit § 54 Abs 1 S 2 SGB XII inhaltsgleichen und wörtlich nahezu identischen Vorgängervorschrift des § 40 Abs 1 S 2 BSHG(idF durch Art 15 Nr 9 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) zum 1.7.2001 (vgl Art 68 Abs 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen). Schließlich führte das BVerwG in seinem Urteil vom 22.2.2007 (5 C 32/05 - FEVS 58, 385) gestützt auf § 35a SGB VIII(idF durch Art 8 Nr 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) in seinen tragenden Gründen lediglich aus, dass die Gewährung psychotherapeutischer Behandlung durch eine KK an zwei bei ihr versicherte Kinder und der gleichzeitige Ausschluss eines Anspruchs auf Transportkosten gegen diese KK nicht den Anspruch der Kinder gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Übernahme der Transportkosten der Eingliederungshilfe ausschließt. Es sah hierbei die Transportkosten als eigenständigen Bestandteil des nicht abschließend formulierten Leistungskatalogs nach § 40 Abs 1 S 1 BSHG an.

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2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs 1 SGB X. Er war im Verhältnis zur Beklagten nicht nachrangig iS des § 104 Abs 1 SGB X(dazu a) zur Leistungserbringung verpflichtet, sondern überhaupt nicht leistungsbefugt (dazu b).

22

a) § 104 Abs 1 S 1 SGB X(idF durch Art 10 Nr 8 Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom 21.12.2000, BGBl I 1983) regelt, dass dann, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig ist, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Fall des § 103 SGB X liegt hier nicht vor. Diese Norm regelt den Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist. Ein Anspruch des Beigeladenen gegen den Kläger auf die geleistete Verhaltenstherapie ist aber nicht nachträglich entfallen. Vielmehr beruft sich der Kläger im Kern darauf, dass er als nach § 10 Abs 1 SGB VIII(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst a KICK vom 8.9.2005, BGBl I 2729, mWv 1.10.2005, und der Bekanntmachung der Neufassung des SGB VIII vom 14.12.2006, BGBl I 3134, mWv 1.1.2007) nachrangig leistungsverpflichteter Träger der öffentlichen Jugendhilfe aufgrund der rechtswidrigen Weigerung der vorrangig leistungsverpflichteten Beklagten an deren Stelle gegenüber dem Versicherten die Kosten der Verhaltenstherapie übernahm. Nach § 10 Abs 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen durch das SGB VIII nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind. In solchen Fällen der Systemsubsidiarität kann ein Anspruch aus § 104 SGB X eingreifen. Dies setzt aber voraus, dass überhaupt eine nachrangige Zuständigkeit im konkreten Fall besteht. Hieran fehlt es.

23

b) Der Kläger durfte zwar als Träger der öffentlichen Jugendhilfe medizinische Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII gewähren. Verhaltenstherapie als ärztliche ambulante Leistung im Sinne der GKV gehörte hierzu indes nicht, wie dargelegt.

24

3. Auch ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X besteht nicht. Die Regelung bestimmt: Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs 1 SGB X vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Hiernach müssen die betroffenen Leistungsträger vergleichbaren Leistungspflichten unterliegen, und zwar unter Berücksichtigung einer zeitlichen Kongruenz und Personenidentität. Ferner darf die Leistung des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers nur wegen der fehlenden Zuständigkeit rechtswidrig sein (vgl BSG SozR 3-5670 § 3 Nr 4 S 21). Die Unzuständigkeit hinweggedacht muss die Leistung des Erstattung begehrenden Trägers rechtmäßig sein. Hat der Träger von vornherein eine schon abstrakt-generell (dh ihrer Art nach) nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Leistung erbracht, kann er die von vornherein rechtswidrige Leistung vom Leistungsempfänger nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X zurückfordern und darf sich nicht an einen anderen Träger halten, der diese Leistung hätte rechtmäßig erbringen können(vgl BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 38; s ferner BSGE 58, 263, 275 f = SozR 2200 § 1237 Nr 20 S 57 f; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 4; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand August 2013, § 105 RdNr 1; Gmati in jurisPK-SGB X, 2013, § 105 RdNr 33; Kater in Kasseler Komm, Stand Juni 2013, § 105 SGB X RdNr 14). Dem die Erstattung begehrenden Träger muss grundsätzlich die rechtmäßige Gewährung der von ihm tatsächlich erbrachten Leistung möglich sein.

25

Hieran fehlt es. Der Kläger durfte - wie unter II 2 dargelegt - gerade keine ambulante ärztliche Krankenbehandlung in Gestalt ambulanter Psychotherapie durch niedergelassene Psychotherapeuten erbringen. Es besteht bei ihm keine mit § 27 Abs 1 S 2 Nr 1, § 28 Abs 3 SGB V iVm den Psychotherapie-RL vergleichbare Leistungspflicht.

26

Der erkennende Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass der Kläger angesichts der wohl rechtswidrigen Ablehnungsentscheidung der Beklagten in seinem nachvollziehbaren Bemühen, dem Beigeladenen zu helfen, hätte erwägen können, ihn als nachrangig verpflichteter Sozialhilfeträger (§ 2 SGB XII) zunächst beratend zu unterstützen. Wäre dennoch ein akuter Bedarf des Beigeladenen - dessen Hilfebedürftigkeit (§ 19 Abs 3 SGB XII) unterstellt - trotz Ausschöpfens einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beklagte verblieben, hätte der Kläger etwa Hilfe bei Krankheit (§ 48 S 1 SGB XII) im Wege der Übernahme der Vergütungsansprüche der Psychotherapeutinnen Dr. N. und R. gewähren und von der Beklagten Erstattung (§ 104 SGB X) beanspruchen können (zur grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit, ablehnende Verwaltungsakte des Erstattungsverpflichteten gegenüber dem Leistungsberechtigten nicht bestandskräftig werden zu lassen, vgl zB BSG SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 6).

27

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 2012 abgeändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28. Februar 2012 insgesamt zurückgewiesen. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Oktober 2012 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1130 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit sind die Erstattung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (für die Zeit vom 14.2. bis 23.9.2007) in Höhe von insgesamt 926,49 Euro sowie die Zahlung von Zinsen hieraus.

2

Der 1962 geborene J H R W (W) erhielt von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) der Stadt K, der Funktionsvorgängerin des Klägers, im streitbefangenen Zeitraum Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Da zwischen dieser und dem Beklagten als Sozialhilfeträger keine Einigkeit über Ws Erwerbsfähigkeit bestand, war die gemeinsame Einigungsstelle angerufen worden. Diese stellte fest, "zwischen den Beteiligten" habe "Einigkeit darüber bestanden, dass W seit dem 7.2.2007 nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs 1 SGB II" sei(Entscheidung vom 27.9.2007). In der Folge erstattete der Beklagte die Kosten des Alg II, verweigerte allerdings die Zahlung der außerdem geltend gemachten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- (821,49 Euro) und sozialen Pflegeversicherung (105 Euro), die wegen den aus dem Alg-II-Bezug resultierenden Pflichtversicherungen gezahlt worden waren.

3

Während das Sozialgericht (SG) Koblenz die Klage auf Zahlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nebst Zinsen abgewiesen hat (Urteil vom 28.2.2012), hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz das Urteil des SG abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 926,49 Euro zu zahlen, wegen des Zinsanspruchs die Berufung jedoch zurückgewiesen (Urteil vom 24.10.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Erstattungsanspruch des Klägers gemäß § 44a Abs 2 SGB II alte Fassung (aF) iVm § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) umfasse nach der Entstehungsgeschichte des § 44a SGB II sowie Sinn und Zweck der Regelung die aufgrund des Alg-II-Bezugs gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Ein Zinsanspruch bestehe indes nicht.

4

Mit seiner dem Kläger am 28.2.2013 zugestellten Revisionsbegründung rügt der Beklagte eine fehlerhafte Anwendung des § 44a SGB II. Er ist der Ansicht, die gesetzliche Regelung erfasse nicht die zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung gezahlten Beiträge. Selbst wenn man dies anders sähe, stünde der Anspruch nicht dem Kläger, sondern dem Bund zu, weil dieser gemäß § 251 Abs 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) die Beiträge zu tragen gehabt habe, was über § 59 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) auch für die soziale Pflegeversicherung gelte.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen.

6

Der Kläger hat am 2.5.2013 beantragt,
1. die Revision des Beklagten zurückzuweisen und
2. das Urteil des LSG dahin abzuändern, dass der Beklagte auch zur Zahlung von Zinsen "nach § 108 SGB X" verurteilt wird.

7

Er hält die Entscheidung des LSG, soweit sie die Erstattung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung betrifft, für zutreffend. Entgegen der Auffassung des LSG bestehe indes auch ein Zinsanspruch, der sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 108 SGB X ergebe.

8

Insoweit beantragt der Beklagte,
die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das Begehren des Klägers, den Beklagten zur Zahlung von Zinsen zu verurteilen, ist, weil das LSG insoweit seine Klage abgewiesen hat, nur als Einlegung einer Revision bzw Anschlussrevision auslegbar, auch wenn der Kläger dies nicht ausdrücklich so formuliert hat (§ 123 SGG). Letztlich kann dahinstehen, was gewollt war, denn sowohl eine Revision als auch eine zumindest denkbare Anschlussrevision sind unzulässig. Seinen Antrag hat der Kläger nämlich weder innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils (§ 164 Abs 1 Satz 1 SGG für die Revision)noch innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung (für die Anschlussrevision gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 554 Abs 2 Satz 2 Zivilprozessordnung vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 3f mwN)eingereicht. Das Urteil des LSG wurde dem Kläger am 14.1.2013, die Revisionsbegründung des Beklagten am 28.2.2013 zugestellt, während der Schriftsatz des Klägers, mit dem er eine Abänderung des Urteils des LSG begehrt, am 2.5.2013, also sowohl für eine Revision als auch eine Anschlussrevision verspätet, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen ist.

10

Ob das LSG - ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsansicht, dass der Erstattungsanspruch des Klägers die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung umfasse - W hätte beiladen müssen (§ 75 Abs 2 1. Alt SGG), kann dahinstehen. Jedenfalls bedurfte es nicht der Nachholung einer Beiladung durch den Senat, weil Rechte des W nicht nachteilig betroffen sein können (vgl zu diesem Gesichtspunkt nur Leitherer, aaO, § 75 RdNr 13c mwN). Wie im Folgenden ausgeführt wird, umfasst nämlich ein möglicher Erstattungsanspruch des Klägers entgegen der Ansicht des LSG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu zahlenden und gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung, sodass auch nicht die von der Rechtsprechung für die Notwendigkeit der Beiladung herangezogenen Überlegungen zur Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X zum Tragen kommen(vgl auch zu diesem Gesichtspunkt nur Leitherer, aaO, § 75 RdNr 10a mwN).

11

Erstattungsansprüche in unmittelbarer Anwendung der §§ 102 ff SGB X stehen dem Kläger nicht zu. Dies ergibt sich daraus, dass, wie der 7b-Senat des BSG bereits im Jahre 2006 entschieden hat, der SGB-II-Leistungsträger bei einem Streit über die Erwerbsfähigkeit des Leistungsempfängers bis zur Entscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle darüber nach § 44a SGB II - hier in der ab 1.8.2006 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF) - für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II endgültig zuständig ist und bleibt (BSGE 97, 231 ff RdNr 20 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; vgl auch BSGE 106, 62 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6 und BSG SozR 4-4200 § 15 Nr 3 RdNr 49). Abgesehen davon, dass sich der Kläger gegenüber dem Leistungsempfänger im Bescheid nicht auf eine vorläufige Leistung berufen hat, fehlt es damit an der von § 102 SGB X verlangten gesetzlichen Vorschrift über die Erbringung vorläufiger Leistungen; auch nach der Entscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle für die Zeit bis zu dieser Entscheidung verbleibt es bei einer Zuständigkeit des SGB-II-Leistungsträgers (BSG aaO). Damit scheidet von vornherein auch die Anwendung der §§ 103, 105 SGB X aus: Weder ist die Leistungspflicht, wie dies § 103 SGB X voraussetzt, rückwirkend entfallen, noch hat der SGB-II-Leistungsträger bzw der für die Wahrnehmung der Leistung Zuständige als unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht. Die Anwendung des § 104 SGB X im Verhältnis zwischen SGB-II-Leistungsträger und Sozialhilfeträger scheidet aus, weil hinsichtlich der Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) und dem SGB II kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis besteht. Der Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB II schließt vielmehr im Sinne einer Systemabgrenzung gemäß § 5 Abs 2 SGB II iVm § 21 SGB XII Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII aus(vgl dazu grundlegend Eicher in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 21 SGB XII RdNr 10 ff mwN).

12

Gerade wegen dieser Grundkonstellation war die Einfügung eines Abs 2 in § 44a SGB II(vgl Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 44a RdNr 62) mit Wirkung ab 1.8.2006 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), insbesondere dessen Satz 2 (entsprechende Anwendung von § 103 SGB X) erforderlich, wobei allerdings in der Gesetzesbegründung(BT-Drucks 16/1410, S 27) hierzu nur (wenig erhellend) ausgeführt wird, die neue Regelung "stelle klar", dass in den Fällen, in denen ein anderer Leistungsträger leistungspflichtig ist, dieser den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechend § 103 SGB X erstattungspflichtig sei. Insoweit regelt das Gesetz, der Agentur für Arbeit und dem kommunalen Träger stehe ein Erstattungsanspruch "entsprechend § 103 SGB X" zu, wenn die gemeinsame Einigungsstelle entscheide, dass ein Anspruch auf Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht bestehe, und wenn dem Hilfebedürftigen eine andere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zuerkannt werde. Es kann dahinstehen, welche Bedeutung die Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 103 SGB X für das Verhältnis des SGB-II-Leistungsträgers zu den Krankenkassen bzw den Rentenversicherungsträgern zukommt(vgl dazu Blüggel in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, SGB II, § 44a RdNr 71 f). Ebenso wenig ist zu problematisieren, dass § 44a Abs 2 Satz 1 SGB II - jedenfalls nach seinem Wortlaut - davon ausgeht oder davon auszugehen scheint, die gemeinsame Einigungsstelle müsse entscheiden, dass ein "Anspruch auf Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" nicht bestehe; dies ist zumindest insoweit ungenau, als über den Anspruch allein der Leistungsträger zu entscheiden hat (Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, RdNr 40). Keiner Erörterung bedarf auch die Bedeutung der weiteren gesetzlichen Voraussetzung für das Verhältnis zum Sozialhilfeträger, dass dem Hilfebedürftigen eine andere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zuerkannt worden ist, was vorliegend gerade nicht geschehen ist und auch im Verhältnis zwischen SGB-II-Leistungsträger und Sozialhilfeträger für die Vergangenheit wegen der fortbestehenden Leistungszuständigkeit des Ersteren bis zur Entscheidung der Einigungsstelle ohnedies nicht in Betracht kommt. Nicht zuletzt ist für die Entscheidung des Senats unerheblich, ob vorliegend die Entscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle überhaupt eine Entscheidung über die Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Regelung darstellt. Kommt nämlich § 44a Abs 2 Satz 1 SGB II trotz allem gleichwohl zur Anwendung, werden die geltend gemachten Beitragszahlungen vom Erstattungsanspruch, der sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 103 SGB X ergeben soll und auch nur ergeben könnte, nicht erfasst.

13

Im Verhältnis zwischen SGB-II-Leistungsträger und Sozialhilfeträger kann die Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 103 SGB X jedenfalls nicht lediglich eine Rechtsfolgenverweisung beinhalten. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist vielmehr nach der dargestellten Rechtsentwicklung, dass Sozialleistungen erbracht worden sind, die ohne die Nahtlosigkeitsregelung des § 44a SGB II eine entsprechende Sozialleistung des Sozialhilfeträgers zur Folge gehabt hätten. Um eine Sozialleistung im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich jedoch bei den aus der Zahlung von Alg II resultierenden Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht. Es fehlt insoweit an einer individuellen Begünstigung des Bürgers (vgl zu dieser Voraussetzung zuletzt: BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 5 RdNr 21 mwN; Gerner, NZS 2014, 692, 696). Dies wird in besonderer Weise dadurch deutlich, dass das Bestehen der Versicherung in beiden Rechtsgebieten nicht von der Zahlung der Beiträge abhängig ist; die Leistungspflicht besteht dann nach den gesetzlichen Regelungen aufgrund der Versicherung selbst. Hieran ändert nichts der mit Wirkung zum 1.4.2007 für die Krankenversicherung eingefügte § 16 Abs 3a Satz 2 SGB V, wonach der Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung unter weiteren Voraussetzungen für Mitglieder ruht, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind. Diese Regelung setzt ersichtlich eine individuelle Zahlungspflicht des Mitglieds selbst, mit der er in Rückstand geraten ist, nicht jedoch Rückstände eines Zahlungspflichtigen, der nicht selbst Mitglied ist, also - wie hier - der BA, voraus. Folgerichtig sind die Beitragsleistungen wegen der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung auch nicht als Leistung in § 19a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) bzw terminologisch in die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff SGB II aufgenommen.

14

Soweit andere Senate des BSG im Rahmen anderer Leistungsbereiche unter Berücksichtigung der für diese Bereiche geltenden Vorschriften in bestimmten Konstellationen die Übernahme von Beiträgen bzw Beitragsanteilen als Sozialleistung verstanden haben (BSG SozR 4-5425 § 8 Nr 1 RdNr 18 zum Künstlersozialversicherungsgesetz; SozR 3-1200 § 46 Nr 3 S 5 f zum Beitragszuschuss der Krankenversicherung der Rentner; SozR 3-1300 § 111 Nr 9 S 40 f zum Unfallversicherungsrecht; SozR 1300 § 102 Nr 1 S 3 zum sozialen Entschädigungsrecht - nicht weiter problematisiert; offen gelassen in BSGE 66, 176, 188 = SozR 3-4100 § 155 Nr 1 S 14 zum Arbeitsförderungsrecht), bedarf es keiner Anfrage bei diesen Senaten bzw der Anrufung des Großen Senats des BSG gemäß § 41 SGG wegen Divergenz. Abgesehen davon, dass es ohnedies naheliegt, den Charakter der Beitragsübernahme als Sozialleistung funktionsdifferent von den jeweiligen spezifischen Regelungen - unter differenzierter Betrachtung des jeweiligen Normkontextes - abhängig zu machen, und die Entscheidungserheblichkeit der Ausführungen in den bezeichneten Urteilen fraglich ist, ergibt sich für das Verhältnis der gesetzlichen Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei Bezug von Alg II bis zu einer Entscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle statt einer ohne die Nahtlosigkeitsregelung zu zahlenden Sozialhilfe eine Besonderheit gegenüber den entschiedenen Fällen. Wäre nämlich statt des gezahlten Alg II Sozialhilfe zu erbringen gewesen, hätte sich daraus gerade keine gesetzliche Beitragspflicht für den Beklagten ergeben. Mit anderen Worten: Selbst wenn man in der Beitragsleistung wegen des gezahlten Alg II - entgegen der obigen Ausführungen - eine (Annex-)Sozialleistung sehen wollte, wäre eine entsprechende Leistung des Beklagten mangels gesetzlicher Pflichtversicherung eines Sozialhilfeempfängers nicht angefallen. Vielmehr wäre eine in ihrer Systematik nicht vergleichbare Beitragsübernahme nach § 32 SGB XII unter weiteren Voraussetzungen oder eine "Quasiversicherung" gemäß § 264 Abs 2 bis 7 SGB V ohne Beitragsleistung(dazu grundlegend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 5) in Frage gekommen, beides Konstellationen, die der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X in Fällen der direkten Anwendung des § 103 SGB X nicht zugänglich wären. Dann aber kann sich hieran nichts bei einer entsprechenden Anwendung ändern.

15

Dass es sich bei den streitbefangenen Beiträgen - jedenfalls im Kontext des § 103 SGB X - nicht um Sozialleistungen handelt, beweist nicht zuletzt die Regelung des § 335 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), die über § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II(in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung) auch für das SGB II Anwendung findet. Danach sind der BA vom Träger der Rentenversicherung oder vom Rehabilitationsträger Beiträge für Versicherungspflichtige nach dem SGB V, denen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Übergangsgeld gewährt worden ist, zu ersetzen, wenn und soweit wegen der Gewährung von Alg oder Unterhaltsgeld ein Erstattungsanspruch der BA gegen den Träger der Rentenversicherung oder den Rehabilitationsträger besteht (Satz 1). Diese Regelung ist entsprechend anzuwenden in den Fällen, in denen dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuerkannt (§ 125 Abs 3 SGB III) worden ist (Satz 2). Die Vorschrift setzt - da sie einen (anderweitigen) Erstattungsanspruch zur Voraussetzung (des Ersatzanspruchs) hat - denknotwendig voraus, dass der Erstattungsanspruch selbst gerade nicht die Beiträge umfasst (so wohl auch BSG SozR 4-1300 § 104 Nr 5 RdNr 49: "Ergänzung eines nach §§ 102 ff SGB X bestehenden Erstattungsanspruchs"). Zwar verweist § 40 SGB II auf § 335 Abs 2 SGB III und erklärt die Regelung für entsprechend anwendbar; jedoch beschränkt sich dies auf die in § 335 Abs 2 SGB III genannten Leistungsträger, erfasst also nicht das Verhältnis zum Sozialhilfeträger.

16

Unabhängig davon, ob insoweit überhaupt eine (unbeabsichtigte) Lücke vorliegt, scheitert eine Analogie jedenfalls an der für diese erforderlichen vergleichbaren Interessenlage (vgl zu den Voraussetzungen einer Analogie allgemein nur BSGE 114, 292 ff = SozR 4-3500 § 25 Nr 3 mwN). Ausgangspunkt für § 335 Abs 2 SGB III ist nämlich der Umstand, dass der Gesetzgeber eine fortbestehende Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung als vorrangig gegenüber der wegen des Bezugs von Alg II angesehen hat(Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 22). Es sollte deshalb ein Durchgriff auf die entsprechenden Leistungsträger ermöglicht werden, die selbst im Rahmen der anderen Versicherungspflicht Beiträge zu entrichten hätten, wenn nicht die vorrangige Versicherung eingreifen würde (Eicher, aaO, mwN). Diese Konstellation kann sich jedoch im Verhältnis des SGB-II-Leistungsträgers zum Sozialhilfeträger mangels aus dem Bezug von Sozialhilfeleistungen resultierender Beitragspflicht nicht ergeben. Wenn man es für sozialpolitisch wünschenswert gehalten hätte bzw hält, in Fällen der Nahtlosigkeitsregelung des § 44a SGB II auch - abweichend von der üblichen Rechtsfolge des § 103 SGB X - insoweit einen Ersatz der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung vorzusehen, bedürfte dies einer ausdrücklichen Regelung, wie dies in einer ähnlichen Situation durch Einführung des Abs 3a in § 157 Arbeitsförderungsgesetz, der Vorgängerregelung des § 335 Abs 1 SGB III, als Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG geschehen ist(vgl dazu: Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 335 RdNr 38 mwN, Stand September 2014; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 18 mwN).

17

Letztlich ist damit die Frage nach dem Umfang des Erstattungsanspruchs (§ 103 Abs 2 SGB X)und danach, ob der Kläger selbst überhaupt einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann (als Wahrnehmungszuständiger), obwohl die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht von diesem, sondern von der BA zu zahlen (§ 252 Satz 2 aF SGB V, § 60 Abs 1 Satz 2 SGB XI)und vom Bund zu tragen waren (§ 251 Abs 4 SGB V, § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI aF), nicht entscheidungserheblich. Ohne Bedeutung ist der rückwirkend zum 1.1.2009 in Kraft getretene § 40a SGB II; er erfasst - abgesehen von der zeitlichen Dimension - nicht die vorliegende Konstellation des Verhältnisses zwischen Alg-II-Leistungsträger und Sozialhilfeträger (vgl BT-Drucks 18/1311, S 11 zu Nr 2).

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 1 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 43 Abs 2, § 47 Abs 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Für die vom Beklagten beantragte Korrektur des Rubrums bestand im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Senats zum in R-P geltenden Behördenprinzip (§ 70 Nr 3 SGG)keine Veranlassung.

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Für die Leistungen nach Absatz 1 gilt § 42 Abs. 2 und 3 entsprechend. Ein Erstattungsanspruch gegen den Empfänger steht nur dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zu.

(3) (weggefallen)

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann; Satz 3 gilt in diesen Fällen nicht.

(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.

(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(4) Sind mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet, kann der Leistungsträger, der die Sozialleistung erbracht hat, Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 mit befreiender Wirkung geleistet hat.

(1) Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann; Satz 3 gilt in diesen Fällen nicht.

(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.

(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(4) Sind mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet, kann der Leistungsträger, der die Sozialleistung erbracht hat, Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 mit befreiender Wirkung geleistet hat.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5725,94 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für eine psychotherapeutische Behandlung.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1994 geborene Beigeladene leidet an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Er beantragte bei der Beklagten, die Kosten für eine Behandlung durch die in eigener Praxis tätige, damals nicht als Vertragspsychologin zugelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. N. zu übernehmen. Dies lehnte die Beklagte ab (3.5.2005). Freie Therapieplätze waren nach Angaben des Beigeladenen nicht verfügbar. Daraufhin leitete die Beklagte - unter Hinweis an den Beigeladenen, dass eine Kostenzusage weiterhin nicht möglich sei (7.6.2005) - die Unterlagen an das Kreisjugendamt des klagenden Landkreises weiter. Dieser bewilligte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Beigeladenen auf der Grundlage gutachtlicher Einschätzung Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII). Er übernahm die Kosten für eine Verhaltenstherapie mit 60 Therapieeinheiten bei Dr. N. (Bescheid vom 26.7.2005). Da Dr. N. ihren Praxissitz verlegte, führte die damals in eigener Praxis tätige, nicht als Vertragspsychologin zugelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin R. die Verhaltenstherapie weiter. Während des auf Kostenerstattung gerichteten Klageverfahrens hat der Kläger dem Beigeladenen die Übernahme der Kosten für weitere Therapieeinheiten bewilligt (Bescheid vom 24.10.2007). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 5725,94 Euro verurteilt (Urteil vom 15.6.2010). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Erstattungsanspruch zu. Zwar könne der Kläger Verhaltenstherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe auch als medizinische Rehabilitation (Reha) gewähren, jedoch nur durch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassene Leistungserbringer. Dies sei hier nicht der Fall gewesen (Urteil vom 26.6.2013).

3

Der Kläger rügt die Verletzung des § 104 SGB X. Sein Anspruch scheitere nicht daran, dass die Behandlerinnen keine Vertragspsychologinnen gewesen seien.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2010 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des klagenden Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (§ 8 SGB I) ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5725,94 Euro gegen die beklagte KK. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX sind nicht erfüllt. Der Kläger erbrachte nicht als unzuständiger Reha-Träger eine Reha-Leistung (dazu 1.). Der Kläger hat auch keinen Erstattungsanspruch aus § 104 SGB X. Der Kläger ist nämlich bereits nach dem für ihn maßgeblichen Leistungsrecht des SGB VIII nicht befugt, Kindern und Jugendlichen ambulante Krankenbehandlung mittels Übernahme der Kosten einer verhaltenstherapeutischen Behandlung durch einen niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu gewähren (dazu 2.). Auch ein Erstattungsanspruch gemäß § 105 SGB X scheitert hieran(dazu 3.).

8

Der erkennende Senat weist bloß ergänzend darauf hin, dass - ungeachtet der sich für ihn aus § 17a Abs 5 GVG ergebenden Bindung an die vom SG inzident bejahte Rechtswegzuständigkeit - sich auch bei einer Prüfung in der Sache die Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ergäbe. Für den Erstattungsanspruch ist derselbe Rechtsweg wie für den Anspruch auf die Sozialleistung gegeben. Maßgebend ist im Fall des § 102 SGB X der Anspruch gegen den vorleistenden Leistungsträger und im Fall der §§ 103 bis 105 SGB X der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger(vgl § 114 SGB X). Dieser Rechtsgedanke greift auch bei Erstattungsansprüchen nach § 14 SGB IX entsprechend ein. Demgemäß wäre für eine Rechtswegprüfung ausschlaggebend, ob für den Anspruch auf die Sozialleistung gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig wären. Dies wäre zu bejahen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit wären für einen Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte aus § 13 Abs 3 SGB V auf Freistellung von den Kosten der Verhaltenstherapie wegen Systemversagens in Gestalt einer Versorgungslücke(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 13; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R - Juris RdNr 14 und 17 f = USK 2006-79) zuständig (vgl § 51 Abs 1 Nr 2 SGG).

9

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX als vorleistender Reha-Träger(zur Reha-Trägereigenschaft des Klägers vgl § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX). Ein Erstattungsanspruch besteht, wenn nach Bewilligung der Leistung durch einen Reha-Träger nach § 14 Abs 1 S 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Reha-Träger für die Leistung zuständig ist. Letzterer erstattet ersterem dessen Aufwendungen nach den für den ersteren geltenden Rechtsvorschriften. Die Regelung bezieht sich nach ihrem Zweck und dem Regelungssystem lediglich auf Erstattungen für erfolgte Reha-Leistungen. Sie scheidet jedenfalls dann von vornherein als Anspruchsgrundlage aus, wenn der Erstattung begehrende Träger weder nach eigenem Recht eine Reha-Leistung erbracht hat noch seine Leistung einen Reha-Anspruch erfüllte, der eigentlich gegen den als erstattungspflichtig in Anspruch genommenen Träger bestand. Der Kläger erbrachte mit der Übernahme der Kosten einer Verhaltenstherapie für den Beigeladenen (Bescheide vom 26.7.2005 und 24.10.2007) keine Reha-Leistungen, weder nach dem für die Beklagte noch nach dem für ihn geltenden Recht. Er leistete nämlich anstelle der Beklagten ambulante ärztliche Krankenbehandlung. Die Abgrenzung zwischen hier betroffener ambulanter ärztlicher Krankenbehandlung und medizinischer Reha folgt aus der auch nach SGB VIII, SGB IX und SGB XII maßgeblichen Regelungssystematik des SGB V, die unmittelbar für die Beklagte gilt. Das SGB V unterscheidet "isolierte" ambulante psychologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen - hier in Form einer Verhaltenstherapie - durch in eigener Praxis tätige Psychotherapeuten oder Ärzte (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und § 28 Abs 3 S 1 SGB V)als Teil des Regelungsgegenstandes der ambulanten ärztlichen Leistungen von den Komplexleistungen zur medizinischen Reha (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V; dazu a). Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen Dr. N. und R. behandelten den Beigeladenen isoliert mittels der vom Kläger bewilligten Verhaltenstherapie, die nicht Bestandteil einer Komplexleistung war, die aus mehreren unterschiedlichen koordinierten Leistungen bestand (dazu b). Auch das für den Kläger geltende Rechtsregime ordnet die bewilligte Verhaltenstherapie nicht der medizinischen Reha zu. Der Kläger darf als Eingliederungshilfe nicht ambulante ärztliche Krankenbehandlung im Sinne des SGB V erbringen, sondern Verhaltenstherapie lediglich als Teil von Komplexleistungen zur medizinischen Reha (dazu c).

10

a) Das SGB V unterscheidet zwischen ärztlicher Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V) als einem Teilbereich ambulanter Krankenbehandlung einerseits (vgl zu diesem Begriff in Abgrenzung zur ambulanten Reha § 40 Abs 1 S 1 SGB V) und Leistungen zur medizinischen Reha und ergänzenden Leistungen andererseits (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Im Regelungsbereich ambulanter ärztlicher Behandlung wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien (RL) nach § 92 SGB V durchgeführt(vgl § 28 Abs 3 S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311).

11

Die RL des Bundesausschusses, die Art und Umfang der Psychotherapie in der vertragsärztlichen und vertragspsychologischen Versorgung regeln, haben dementsprechend nur Leistungen der ärztlichen ambulanten Krankenbehandlung zum Gegenstand (vgl § 92 Abs 6a S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 10 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; vgl auch die Begründung zum Entwurf Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eines Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drucks 13/8035 S 21, wonach die RL bis zum Inkrafttreten des Gesetzes beschlossen sein müssen, damit die Psychotherapeuten ab diesem Zeitpunkt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen können). Der Bundesausschuss darf dagegen keine Regelungen über Leistungsinhalte der medizinischen Rehabilitation treffen. § 92 Abs 1 S 2 Nr 8 SGB V(idF durch Art 5 Nr 22 Buchst a Doppelbuchst bb SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) gibt ihm lediglich auf, RL über die Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Reha und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Reha, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Reha zu beschließen. Diese Bestimmung ermächtigt ihn bloß dazu, die Voraussetzungen der Verordnung von Leistungen der medizinischen Reha durch Vertragsärzte als Grundlage für die Leistungsentscheidung der KK zu regeln.

12

Die hier maßgeblichen Psychotherapie-RL bezogen die Verhaltenstherapie als Bestandteil der ärztlichen ambulanten Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V) in den GKV-Leistungskatalog ein (vgl B I. 1.2 Psychotherapie-RL vom 11.12.1998, BAnz 1999 Nr 6 S 249, idF vom 19.7.2005, BAnz 2005 Nr 186 S 14 549, in Kraft getreten am 1.10.2005; vom 20.6.2006, BAnz 2006 Nr 176 S 6339, in Kraft getreten am 17.9.2006; vom 20.12.2007, BAnz Nr 45 S 1015, in Kraft getreten am 21.3.2008). Sie umfassen auch die Einzeltherapie bei Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung der altersspezifischen Bedingungen, ggf unter Einbeziehung von Bezugspersonen aus dem engeren Umfeld (vgl B II. 3. Psychotherapie-RL).

13

Es ist rechtlich unzulässig, aus der früher in den Psychotherapie-RL geregelten inhaltlichen Ausgestaltung des Anspruchs Versicherter auf Versorgung mit Leistungen zur medizinischen Reha zu folgern, der Bundesausschuss habe auch den Inhalt von Reha-Leistungen ausgestalten dürfen. Überschießende Regelungsinhalte der RL über Reha-Leistungen, die im Zeitpunkt der Leistung des Klägers bestanden, sind mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig (zur Prüfung vgl nur BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN). Betroffen war D 1.3 Psychotherapie-RL (in den vom 11.12.1998 bis zum 20.3.2008 geltenden Fassungen). Sie zielten darauf ab, der Psychotherapie auch im Rahmen der medizinischen Reha nach Maßgabe enumerativ aufgezählter Indikationen einen Anwendungsbereich zu eröffnen. Der Gemeinsame Bundesausschuss fasste die Regelungen deshalb unter Ausschluss dieses Regelungsbereichs neu (vgl Beschluss vom 20.12.2007, BAnz 2008 Nr 45 S 1015, in Kraft getreten am 21.3.2008; vgl auch tragende Gründe zum Beschluss über eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinien: Aktualisierung des Begriffs "medizinische Rehabilitation", S 3, abrufbar unter http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/577/). Ein hier relevanter Rest im Wege geltungserhaltender Reduktion verbliebener Reha-Regelungen in den Psychotherapie-RL kommt nicht in Betracht. Der erkennende Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass die aufgezeigten Rechtsgrundsätze die Zuordnung psychotherapeutischer (Mit-)Behandlung zu den Leistungen zur medizinischen Reha nach den §§ 40 ff SGB V und zu nichtärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen nach § 43a SGB V, insbesondere in sozialpädiatrischen Zentren, unberührt lassen(§ 119 SGB V; zur Erbringung sozialpädiatrischer Leistungen durch sozialpädiatrische Zentren vgl Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drucks 11/2237 S 202 "Zu § 128 - Sozialpädiatrische Zentren").

14

b) Die in eigener Praxis als niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen tätigen Dr. N. und R. erbrachten nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ärztliche ambulante Krankenbehandlung im dargelegten Sinne, nämlich "isolierte" Verhaltenstherapie als für den Beigeladenen indizierte Behandlung (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1, § 28 Abs 3 SGB V iVm den Psychotherapie-RL). Sie leisteten keine medizinische Reha, weil die Behandlung nicht Bestandteil einer als ambulante Reha zu begreifenden Komplexleistung war.

15

c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, nach dem für ihn maßgeblichen Recht sei eine Reha-Leistung betroffen. Die von ihm zu leistende, hier betroffene Eingliederungshilfe umfasst nicht Verhaltenstherapie als ärztliche ambulante Krankenbehandlung im Sinne der GKV, die gerade keine Leistung zur medizinischen Reha im Sinne des SGB V ist (aA zur Reichweite der Eingliederungshilfe, aber ohne sich hinreichend mit Regelungssystem und -zweck auseinanderzusetzen, Stähr in Hauck/Noftz, Stand Juni 2013, SGB VIII, § 35a RdNr 46; Wiesner in ders, SGB VIII, 4. Aufl 2011, § 35a RdNr 106; Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl 2012, § 35a RdNr 26 unter Hinweis auf BVerwGE 70, 121).

16

Der Kläger hat als Träger der öffentlichen Jugendhilfe medizinische Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach der Regelung des § 35a SGB VIII zu gewähren(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 13 Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz - KICK - vom 8.9.2005, BGBl I 2729, mWv 1.10.2005, und der Bekanntmachung der Neufassung des SGB VIII vom 14.12.2006, BGBl I 3134, mWv 1.1.2007) iVm § 54 Abs 1 S 1 SGB XII(idF durch Art 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022). Danach haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Abs 1 S 1). Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne des SGB VIII sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Abs 1 S 2). Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall ua in ambulanter Form geleistet (Abs 2 Nr 1). Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich nach § 53 Abs 3 und 4, §§ 54, 56 und 57 SGB XII, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden(Abs 3).

17

Nach § 54 Abs 1 S 1 SGB XII zählen zur Eingliederungshilfe ua die in § 26 SGB IX(idF durch Art 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) genannten Leistungen zur medizinischen Reha. Gemäß § 26 Abs 2 Nr 5 SGB IX ist Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung eine Leistung zur medizinischen Reha. § 54 Abs 1 S 2 SGB XII(idF durch Art 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022) sieht demgegenüber ausdrücklich vor, dass die Leistungen zur medizinischen Reha jeweils den Reha-Leistungen der GKV entsprechen (zu der dieser Regelungssystematik entsprechenden Abgrenzung von Hilfsmitteln und medizinischer Reha vgl BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5, RdNr 21; vgl auch Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 9 Aufl 2012, § 54 RdNr 7, die die medizinische Reha im Wesentlichen durch die Leistungen nach § 40 SGB V umschrieben sieht).

18

Diese aus Wortlaut und Regelungssystem folgende Auslegung entspricht auch dem Regelungszweck des § 54 Abs 1 S 2 SGB XII. Er will mit Blick auf die insoweit nur (sehr) eingeschränkt bedürftigkeitsabhängige Leistungsgewährung des Sozialhilfeträgers eine Leistungsausdehnung über das GKV-Leistungsniveau hinaus verhindern (vgl Entwurf eines SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen zur Vorgängervorschrift im BSHG, BR-Drucks 49/01 S 383 "Zu Nummern 8 <§§ 39 bis 41>"). Leistungen zur medizinischen Reha (§ 54 Abs 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) werden vermögensunabhängig gewährt (§ 92 Abs 2 S 2 SGB XII), eine nachträgliche Heranziehung bei Bezug von Einkommen ist auf die Leistungen für den Lebensunterhalt beschränkt (§ 92 Abs 2 S 1 Nr 5 und 6 iVm S 3 SGB XII; vgl auch BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5, RdNr 26-27). Unter Berücksichtigung dessen vermeidet § 54 Abs 1 S 2 SGB XII einerseits die Besserstellung der Empfänger von Eingliederungshilfe im Vergleich zu den Versicherten der GKV und andererseits die Gewährung ergänzender Leistungen der Eingliederungshilfe auf Kosten der Sozialhilfeträger an Rehabilitanden aus anderen Leistungssystemen(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2013, § 54 RdNr 56; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2011, § 54 RdNr 17).

19

Die genetische Auslegung steht dem gefundenen Ergebnis letztlich nicht entgegen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines SGB IX führt zu § 40 Abs 1 S 2 BSHG, der mit § 54 Abs 1 S 2 SGB XII inhaltsgleich und nahezu wortidentisch ist, allerdings aus, mit der Anbindung der als Eingliederungshilfe in Betracht kommenden medizinischen Reha-Leistungen an die GKV-Leistungen sei keine Einschränkung des Leistungskatalogs der Eingliederungshilfe verbunden. Dies werde neben der Formulierung "vor allem" dadurch sichergestellt, dass in den Nrn 1, 3 und 8 auf die jeweils offenen Kataloge der § 26 Abs 2 und 3, §§ 33 und 55 des SGB IX hingewiesen werde(vgl Entwurf eines SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen zur Vorgängervorschrift im BSHG, BR-Drucks 49/01 S 382 f "Zu Nummern 8 <§§ 39 bis 41>"). Damit wollte der Gesetzgeber jedoch der Regelung des § 40 Abs 1 S 2 BSHG(jetzt § 54 Abs 1 S 2 SGB XII)nicht ihre beschränkende Wirkung nehmen. Dies stünde in offenkundigem Gegensatz zum Wortlaut. Es wäre auch regelungstechnisch widersprüchlich, eine Begrenzung des Anspruchs ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen, ihr aber keine Wirksamkeit beimessen zu wollen. Demgemäß führen die zitierten Gesetzesmaterialien zugleich aus, § 40 Abs 1 S 2 BSHG gewährleiste, dass die Träger der Sozialhilfe wegen der bedürftigkeitsunabhängigen Gewährung über die medizinischen und beruflichen Reha- und Teilhabeleistungen hinaus keine Leistungen erbringen müssten, es sei denn, solche Leistungen erbrächten wegen der offenen Leistungskataloge auch andere Reha-Träger(BR-Drucks, aaO, S 383).

20

Der erkennende Senat weicht mit seiner Auslegung der Regelung des § 35a Abs 3 SGB VIII nicht von Entscheidungen des BVerwG ab. Ein Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist nicht geboten (vgl § 2 Abs 1 und § 11 Abs 1 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Aus der Rechtsprechung des BVerwG ergibt sich kein entgegenstehender Rechtssatz. Allerdings sah das BVerwG in einem Urteil vom 13.9.1984 die Verhaltenstherapie als Eingliederungsleistung des Sozialhilfeträgers nach § 40 Abs 1 BSHG an(BVerwGE 70, 121, 123). Die Entscheidung betraf indes einen Sachverhalt aus den Jahren 1978 bis 1981. Gleiches galt für ein weiteres Urteil vom 22.10.1992 (BVerwGE 91, 114, 115). Im dort entschiedenen Fall erfolgte die Behandlung ab dem Jahr 1983 ua mit dem Ziel, die Schulfähigkeit des autistisch erkrankten Kindes zu ermöglichen. Die Rechtslage hat sich jedoch - wie oben dargestellt - geändert mit Inkrafttreten der mit § 54 Abs 1 S 2 SGB XII inhaltsgleichen und wörtlich nahezu identischen Vorgängervorschrift des § 40 Abs 1 S 2 BSHG(idF durch Art 15 Nr 9 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046) zum 1.7.2001 (vgl Art 68 Abs 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen). Schließlich führte das BVerwG in seinem Urteil vom 22.2.2007 (5 C 32/05 - FEVS 58, 385) gestützt auf § 35a SGB VIII(idF durch Art 8 Nr 1 SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) in seinen tragenden Gründen lediglich aus, dass die Gewährung psychotherapeutischer Behandlung durch eine KK an zwei bei ihr versicherte Kinder und der gleichzeitige Ausschluss eines Anspruchs auf Transportkosten gegen diese KK nicht den Anspruch der Kinder gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Übernahme der Transportkosten der Eingliederungshilfe ausschließt. Es sah hierbei die Transportkosten als eigenständigen Bestandteil des nicht abschließend formulierten Leistungskatalogs nach § 40 Abs 1 S 1 BSHG an.

21

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs 1 SGB X. Er war im Verhältnis zur Beklagten nicht nachrangig iS des § 104 Abs 1 SGB X(dazu a) zur Leistungserbringung verpflichtet, sondern überhaupt nicht leistungsbefugt (dazu b).

22

a) § 104 Abs 1 S 1 SGB X(idF durch Art 10 Nr 8 Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom 21.12.2000, BGBl I 1983) regelt, dass dann, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig ist, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Fall des § 103 SGB X liegt hier nicht vor. Diese Norm regelt den Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist. Ein Anspruch des Beigeladenen gegen den Kläger auf die geleistete Verhaltenstherapie ist aber nicht nachträglich entfallen. Vielmehr beruft sich der Kläger im Kern darauf, dass er als nach § 10 Abs 1 SGB VIII(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst a KICK vom 8.9.2005, BGBl I 2729, mWv 1.10.2005, und der Bekanntmachung der Neufassung des SGB VIII vom 14.12.2006, BGBl I 3134, mWv 1.1.2007) nachrangig leistungsverpflichteter Träger der öffentlichen Jugendhilfe aufgrund der rechtswidrigen Weigerung der vorrangig leistungsverpflichteten Beklagten an deren Stelle gegenüber dem Versicherten die Kosten der Verhaltenstherapie übernahm. Nach § 10 Abs 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen durch das SGB VIII nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind. In solchen Fällen der Systemsubsidiarität kann ein Anspruch aus § 104 SGB X eingreifen. Dies setzt aber voraus, dass überhaupt eine nachrangige Zuständigkeit im konkreten Fall besteht. Hieran fehlt es.

23

b) Der Kläger durfte zwar als Träger der öffentlichen Jugendhilfe medizinische Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII gewähren. Verhaltenstherapie als ärztliche ambulante Leistung im Sinne der GKV gehörte hierzu indes nicht, wie dargelegt.

24

3. Auch ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X besteht nicht. Die Regelung bestimmt: Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs 1 SGB X vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Hiernach müssen die betroffenen Leistungsträger vergleichbaren Leistungspflichten unterliegen, und zwar unter Berücksichtigung einer zeitlichen Kongruenz und Personenidentität. Ferner darf die Leistung des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers nur wegen der fehlenden Zuständigkeit rechtswidrig sein (vgl BSG SozR 3-5670 § 3 Nr 4 S 21). Die Unzuständigkeit hinweggedacht muss die Leistung des Erstattung begehrenden Trägers rechtmäßig sein. Hat der Träger von vornherein eine schon abstrakt-generell (dh ihrer Art nach) nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Leistung erbracht, kann er die von vornherein rechtswidrige Leistung vom Leistungsempfänger nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X zurückfordern und darf sich nicht an einen anderen Träger halten, der diese Leistung hätte rechtmäßig erbringen können(vgl BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 38; s ferner BSGE 58, 263, 275 f = SozR 2200 § 1237 Nr 20 S 57 f; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 4; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand August 2013, § 105 RdNr 1; Gmati in jurisPK-SGB X, 2013, § 105 RdNr 33; Kater in Kasseler Komm, Stand Juni 2013, § 105 SGB X RdNr 14). Dem die Erstattung begehrenden Träger muss grundsätzlich die rechtmäßige Gewährung der von ihm tatsächlich erbrachten Leistung möglich sein.

25

Hieran fehlt es. Der Kläger durfte - wie unter II 2 dargelegt - gerade keine ambulante ärztliche Krankenbehandlung in Gestalt ambulanter Psychotherapie durch niedergelassene Psychotherapeuten erbringen. Es besteht bei ihm keine mit § 27 Abs 1 S 2 Nr 1, § 28 Abs 3 SGB V iVm den Psychotherapie-RL vergleichbare Leistungspflicht.

26

Der erkennende Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass der Kläger angesichts der wohl rechtswidrigen Ablehnungsentscheidung der Beklagten in seinem nachvollziehbaren Bemühen, dem Beigeladenen zu helfen, hätte erwägen können, ihn als nachrangig verpflichteter Sozialhilfeträger (§ 2 SGB XII) zunächst beratend zu unterstützen. Wäre dennoch ein akuter Bedarf des Beigeladenen - dessen Hilfebedürftigkeit (§ 19 Abs 3 SGB XII) unterstellt - trotz Ausschöpfens einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beklagte verblieben, hätte der Kläger etwa Hilfe bei Krankheit (§ 48 S 1 SGB XII) im Wege der Übernahme der Vergütungsansprüche der Psychotherapeutinnen Dr. N. und R. gewähren und von der Beklagten Erstattung (§ 104 SGB X) beanspruchen können (zur grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit, ablehnende Verwaltungsakte des Erstattungsverpflichteten gegenüber dem Leistungsberechtigten nicht bestandskräftig werden zu lassen, vgl zB BSG SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 6).

27

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Über Inhalt, Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen zur Versorgung mit Haushaltshilfe schließen die Krankenkassen Verträge mit geeigneten Personen, Einrichtungen oder Unternehmen. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden; insoweit gilt § 71 nicht. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten nach Satz 2 jederzeit einzuhalten und sie auf Verlangen einer Vertragspartei nachzuweisen. Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Vertrag schließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragsparteien zu gleichen Teilen. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur Gewährung von Haushaltshilfe auch geeignete Personen anstellen.

(2) Die Krankenkasse hat darauf zu achten, daß die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.