Sozialgericht Augsburg Urteil, 30. Sept. 2016 - S 10 KR 71/14

bei uns veröffentlicht am30.09.2016

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.838,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2014 aus einem Betrag in Höhe von 2.807,51 EUR und ab dem 9. Januar 2014 aus einem Betrag in Höhe von 10.030,81 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 12.838,32 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung von Kosten für Hilfsmittel, die während einer stationären Behandlung verordnet worden sind.

Die Klägerin ist Trägerin der Klinik I., der Klinik S. und der Klinik O … Sie stellte der Beklagten die stationäre Behandlung verschiedener, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherter Patienten aus dem Jahr 2009 in Rechnung, die die Forderungen zunächst vollumfänglich beglich. Mit jeweils inhaltgleichen Schreiben vom 05.11.2013 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin für die Jahre 2009 bis 2012 Rückzahlungsansprüche geltend, soweit die Klägerin während der stationären Behandlungen Verordnungen von Hilfsmitteln ausgestellt habe, die der Beklagten von einem Sanitätshaus in Rechnung gestellt worden und von der Beklagten gegenüber dem Sanitätshaus beglichen worden seien. Diese Kosten seien jedoch bereits mit den Behandlungskosten für den stationären Aufenthalt abgegolten, da die Krankenhausbehandlung alle Leistungen umfasse, die im Einzelfall für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig seien. Hierzu gehörten auch unter anderem Hilfsmittel, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig seien; die Kosten hierfür seien im Rahmen der DRG-Kalkulation berücksichtigt. Soweit hier nochmals Kosten für Hilfsmittel durch das Sanitätshaus in Rechnung gestellt worden seien, handele es sich um eine Doppelfinanzierung, die von der Klägerin zu erstatten sei. Beigefügt war jeweils eine Liste mit Behandlungsfällen, bei denen während stationärer Behandlung ein Hilfsmittel verordnet und bezogen worden war sowie den hierfür angefallenen Kosten. Mit weiteren Schreiben vom 26.11.2013 kündigte die Beklagte jeweils die Aufrechnung der Forderungen mit anderen unstreitigen Krankenhausvergütungsforderungen an. Mit Schreiben vom 03.12.2013 wies die Klägerin die Forderungen zurück, unter Hinweis auf eine Regelung im Bayerischen Landesvertrag zur gegenseitigen Unterrichtung und Überlassung von Krankenhausunterlagen vom 16.04.1996, wonach Hilfsmittel, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt und damit nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen seien, jedoch bereits zum Zeitpunkt der Entlassung benötigt würden, vom Krankenhaus zulasten der Krankenkasse mit dem Verordnungsblatt Muster 16 verordnet werden könnten. Die Beklagte erwiderte hierauf, dass die von der Klägerin zitierte Regelung des Bayerischen Landesvertrags nicht anwendbar sei, da sie nur Hilfsmittel erfasse, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt seien, während die gegenständlichen Hilfsmittel Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen seien. Jeweils am 17.12.2013 und am 19.12.2013 rechnete die Beklagte bezüglich der von ihr beanstandeten Hilfsmittelverordnungen für das Jahr 2009 Beträge in Höhe von 2.807,51 EUR, 8.695,71 EUR und 1.335,10 EUR mit unstreitigen Behandlungsrechnungen der Klägerin auf.

Hiergegen richtet sich die seitens der Klägerin am 06.03.2014 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Die Klägerin ist der Ansicht, die Aufrechnung sei bereits wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam, soweit aus den Zahlungsaufstellungen der Beklagten nicht ersichtlich sei, mit welchen Forderungen aufgerechnet worden sei. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt gewesen, wegen der Hilfsmittelverordnungen Aufrechnungen vorzunehmen, da sie lediglich zur Prüfung von Krankenhausabrechnungen ermächtigt sei. Bei der gerügten Verordnung von Hilfsmitteln handele es sich aber nicht um eine Krankenhausbehandlung. Andernfalls hätte bei Beanstandung auch eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen erfolgen müssen.

Im Übrigen fehle es an einer Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch. Die Vergütung für die Hilfsmittel habe nicht die Klägerin, sondern das Sanitätshaus erhalten, ein Rückzahlungsanspruch gegenüber der Klägerin scheide daher aus. Auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin komme nicht in Betracht, soweit die Beklagte selbst die Hilfsmittelverordnung jeweils genehmigt und die Vergütung ausgekehrt habe. Im Übrigen sei das Krankenhaus nach der Regelung im Landesvertrag zur Vornahme der Verordnung berechtigt gewesen, auch sei die Beklagte mit Einwendungen gegen die medizinische Notwendigkeit aufgrund Zeitablaufs ausgeschlossen.

Die Beklagte erwiderte hierzu, dass es sich ihrer Ansicht nach bei allen gegenständlichen verordneten Hilfsmitteln um solche gehandelt habe, die der Sicherung des Behandlungserfolgs gedient hätten und die damit auf Kosten der Klägerin hätten ausgehändigt werden müssen. Durch die Ausstellung von Verordnungen und Leistungserbringung durch das Sanitätshaus habe die Beklagte mit Zahlung an das Sanitätshaus die Leistung im Ergebnis doppelt bezahlt. Dem Sanitätshaus stehe die Vergütung zu, da dieses die Leistung erbracht habe. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Hilfsmittelverordnung gegenüber dem Leistungserbringer genehmigt habe, da dessen Abrechnung nicht streitig sei. Die Klägerin habe dagegen Aufwendungen erspart; sie hätte bei ihren Abrechnungen zu den stationären Behandlungen einen Betrag in Höhe der Hilfsmittelkosten abziehen müssen, da sie diese Kosten entgegen ihrer Verpflichtung zur umfassenden Leistungserbringung nicht selbst getragen, sondern durch die Ausstellung der Verordnungen auf die Beklagte abgewälzt habe. Soweit die Klägerin im Folgenden eingewandt hat, die Verordnungen seien zum Großteil nicht von ihr, sondern von Vertragsärzten ausgestellt worden, ist die Beklagte der Ansicht, es sei unerheblich, wer die Verordnungen ausgestellt habe, entscheidend sei, dass sich die Klägerin Aufwendungen erspart habe. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch nicht entscheidend, ob die Behandlungsmaßnahmen bereits im Krankenhaus abgeschlossen oder ambulant weitergeführt worden seien. Abzustellen sei vielmehr auf den Zeitpunkt des erstmaligen Bedarfs des Hilfsmittels.

Die Klägerin ist dagegen der Ansicht, soweit die verordneten Hilfsmittel schwerpunktmäßig der ambulanten Weiterbehandlung dienten, handele es sich nicht um Krankenhausleistungen. Krankenhausleistungen könnten nur solche Leistungen sein, die im Krankenhaus auch abgeschlossen würden. Soweit für die stationäre Behandlung Hilfsmittel benötigt würden, würden diese grundsätzlich nur leihweise abgegeben, in diesem Fall trete der Leistungserbringer auch gar nicht nach Außen in Erscheinung, da liquidationsberechtigt das Krankenhaus bleibe; nur diese Hilfsmittel, die der stationären Versorgung dienten, seien in der DRG-Kalkulation enthalten. Soweit dagegen eine Verordnung erfolge, ergebe sich bereits hieraus der Versorgungszweck für die ambulante Behandlung; dies ergebe sich auch daraus, dass für die gegenständlichen Verordnungen auch jeweils das hierfür vorgesehene Musterblatt verwendet worden sei. Wenn die Beklagte dies anzweifelte, hätte sie jeweils im Einzelfall eine entsprechende Prüfung vornehmen müssen.

Die Beklagte hat hierzu erläutert, dass Rückforderung nur in den Fällen erfolgt sei, in denen das Hilfsmittel grundsätzlich seiner Art nach der Behandlung selbst gedient habe. Hierfür sei eine „Negativliste“ entsprechend der Hilfsmittel erstellt worden, die regelmäßig der stationären Behandlung dienten. Richtig sei zwar, dass das Gesetz grundsätzlich keine Verordnungen im stationären Bereich vorsehe. Soweit daher ein Krankenhaus ein „Musterblatt 16“ ausfülle, um einem Patienten ein Hilfsmittel zu verschaffen, welches dieser nicht erst zu seiner Entlassung, sondern bereits während seines stationären Aufenthalts benötige, nenne die Beklagte dies „stationäre Verordnung“. Um den Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlung sicherzustellen, akzeptiere die Beklagte Hilfsmittelverordnungen, welche während eines Krankenhausaufenthalts ausgestellt worden sind, wenn das jeweilige Hilfsmittel erstmalig im ambulanten Bereich benötigt werde. Um diese Fälle zu identifizieren, habe die Beklagte zum einen auf das Aushändigungsdatum abgestellt, zum anderen auf den Zeitraum zwischen Verordnung und Aushändigung. Der Zweck der Verordnung gehe nicht bereits aus der Verordnung selbst hervor, erst in Zusammenschau mit der Abrechnung des stationären Aufenthalts sei eine Überprüfung möglich. Rückforderung sei nur in den Fällen erfolgt, in denen das Hilfsmittel grundsätzlich der Behandlung selbst diene. Der Rückforderungsanspruch sei sowohl auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als auch auf einen Schadensersatzanspruch gestützt. Mit welchen Forderungen aufgerechnet worden sei, ergebe sich hinreichend aus den Zahlungsavis.

Die Klägerin beruft sich auf verschiedene Rechtsgutachten, wonach eine pauschale Beurteilung, ob ein Hilfsmittel der stationären oder ambulanten Versorgung diene, nicht möglich sei. Bezüglich der Frage, wie die Kosten zu verteilen seien, wenn ein Hilfsmittel notwendigerweise stationär zur Anwendung und danach ambulant weiter genutzt werde, fehle eine gesetzliche Regelung. Jedenfalls seien diese Kosten nicht in der Fallpauschale enthalten. Die Klägerin trägt vor, soweit die DRG auch bei Außerachtlassung des Hilfsmittels jeweils in gleicher Höhe angefallen wäre, habe die Klägerin von der Beklagten nichts erlangt. Die Beklagte habe in Kenntnis aller Umstände geleistet. Im Übrigen sei in der maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung eine Fälligkeitsregelung vereinbart, die die Aufrechnung ausschließe. Die Aufrechnung sei unwirksam, insoweit sei die geltend gemachte Forderung der Beklagten auch verjährt. Die Klägerin habe daher einen entsprechenden Zahlungsanspruch gegen die Beklagte bezüglich der zu Unrecht aufgerechneten Beträge, der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung der Beteiligten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.838,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.01.2014 für einen Betrag in Höhe von 2.807,51 EUR und ab dem 09.01.2014 für den restlichen Klagebetrag zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Regelung zur Fälligkeit in der Pflegesatzvereinbarung könne die im Übrigen wirksame Aufrechnung der Beklagten nicht ausschließen. Der der Aufrechnung zugrunde gelegte Rückforderungsanspruch werde sowohl auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als auch auf einen Schadensersatzanspruch gestützt. Dieser sei weder verjährt, noch verwirkt.

Wegen des weiteren, umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich jeweils mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 12.838,32 EUR aus unstreitigen Forderungen aus dem Jahr 2009 ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung. Danach hat die Klägerin Anspruch auf die Vergütung der abgerechneten stationären Krankenhausbehandlung. Der Anspruch ist nicht durch die Aufrechnung der Beklagten gemäß § 69 Satz 4 SGB V in Verbindung mit§ 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen, da der Beklagten der aufgerechnete Zahlungsanspruch in Höhe von 12.838,32 EUR nicht zustand.

Soweit die Beklagte einerseits geltend macht, die Beklagte hätte den Betrag bereits als „ersparte Aufwendungen“ von den Rechnungen zur stationären Behandlung in Abzug bringen müssen, so dass gegenständlich im Ergebnis fehlerhafte Abrechnungen stationärer Behandlungen seien, fehlt es hierfür bereits an einer Rechtsgrundlage. Der zwischen den Beteiligten vereinbarten Vergütung durch Fallpauschalen liegt stets eine Mischkalkulation zugrunde, die Höhe der Vergütung bestimmt sich aus dem DRG-System, nicht aus der Aufsummierung - oder Weglassung - der konkreten einzelnen Behandlungs- oder Materialkosten. Insbesondere kann die Beklagte ihren geltend gemachten Zahlungsanspruch auch nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen; dem stehen die vorrangigen Regelungen der Leistungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus bei Behandlung Versicherter und zwischen Krankenhaus und von ihm einbezogenem Dritten - hier dem Sanitätshaus als Leistungserbringer - entgegen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12.11.2013, Aktenzeichen B 1 KR 22/12 R). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.). Insoweit gilt auch für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der allgemeine Grundsatz des Vorranges der Leistungskondiktion, das heißt, soweit eine rechtsgrundlose Leistung erfolgt ist, ist vorrangig vom Leistungsempfänger Herausgabe des Erlangten zu verlangen, nicht von einem Dritten wegen dessen Bereicherung in sonstiger Weise (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.). Die Beklagte hat auf die Rechnungen wegen der hier gegenständlichen Hilfsmittelverordnungen an das Sanitätshaus gezahlt, die Rückabwicklung im Wege der Leistungskondiktion wäre daher in diesem Verhältnis geltend zu machen.

Darüber hinaus steht der Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch wegen fehlerhafter Abrechnungen auch die Regelung in § 12 der insoweit geltenden Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2009 entgegen: Danach können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art zwar auch nach Begleichung der Rechnung geltend gemacht werden. Insoweit ist aber weiter geregelt, dass, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass durch das Krankenhaus eine unberechtigte Rechnungslegung erfolgt ist, dieses die ursprüngliche Rechnung storniert, eine neue Rechnung ausstellt und den zu viel erhaltenen Betrag innerhalb von drei Wochen zurückzahlt. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beträgt die Zahlungsfrist des zu viel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung. Insoweit gilt, dass bei Beanstandungen die Rückforderung nicht schon mit Beanstandung und Fristsetzung fällig wird, sondern, wenn wie hier die Forderung bestritten wird und es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, erst drei Wochen nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung. Für die wirksame Aufrechnung fehlt es daher bereits an der Fälligkeit der Gegenforderung (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.09.2014, Aktenzeichen L 5 KR 322/10; Urteil vom 24.11.2015, Aktenzeichen L 5 KR 390/12; Urteil vom 15.09.2015, Aktenzeichen L 5 KR 244/13).

Auch der daneben von der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht. Insoweit greift zwar die besondere Fälligkeitsregelung der Pflegesatzvereinbarung zur Überzeugung des Gerichts nicht, da sich diese nur auf vertragliche Ansprüche hinsichtlich der Rechnungslegung bezieht. Auch schließt das Vertragsrecht Schadensersatzansprüche der Krankenkasse bei schuldhafter Schädigung durch das Krankenhaus nicht grundsätzlich aus (vgl. BSG, a.a.O.). Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind entsprechend anwendbar. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Vertragsverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt jedoch nach Satz 2 der Regelung nur, soweit der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Das BSG hat eine schuldhafte Pflichtverletzung bejaht für den Fall, dass die Klinik den Leistungserbringer dazu benutzt, dem Versicherten während stationärer Behandlung pflichtwidrig vertragsärztliche Leistungen zu verschaffen, insbesondere, indem es ihm verschweigt, dass sich der Versicherte in vollstationärer Behandlung befindet. So liegt der Fall hier aber gerade nicht.

Zum einen ergibt sich aus den vorliegenden streitgegenständlichen Verordnungen, dass diese zum großen Teil überhaupt nicht von Ärzten der Kliniken der Klägerin, sondern von anderen Vertragsärzten, namentlich des MVZ O. und des MVZ I. A. GmbH ausgestellt worden sind. Eine vertragliche Pflichten der Klägerin verletzende, dieser zurechenbare schuldhafte Handlung ist insoweit bereits nicht ersichtlich oder nachgewiesen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Ärzten des MVZ um Erfüllungsgehilfen der Klägerin hinsichtlich ihrer Verbindlichkeiten im gegenständlichen Vertragsverhältnis der Beteiligten handelte. Darüber hinaus wurde sowohl bei den Verordnungen anderer Vertragsärzte als auch bei den Verordnungen, die durch Ärzte der Kliniken der Klägerin ausgestellt worden sind, das Formblatt „Muster 16“ verwendet. Dieses Verordnungsblatt wird gemäß § 7 des Nachtrags Nr. 1 vom 10.02.1997 zum Landesvertrag gemäß § 115 Abs. 1 SGB V zu§ 115 Abs. 2 Nr. 2 SGB V „gegenseitige Unterrichtung und Überlassung von Krankenunterlagen“ vom 16.04.1996 von den Krankenkassen gerade zum Zweck der Verordnung von Hilfsmitteln durch den Krankenhausarzt als gesondertes Verordnungsblatt zur Verfügung gestellt. Die Beklagte selbst hat hierzu im Schriftsatz vom 11.11.2014 vorgetragen, dass sie Verordnungen, die mit diesem Formblatt erfolgen, als „stationäre Verordnung“ bezeichne. Ihr war also durchaus bewusst, dass es sich um Verordnungen handelte, die während einer vollstationären Behandlung erfolgt sind.

Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass ausweislich der Regelung im Landesvertrag mit dem gegenständlichen Musterblatt durch den Krankenhausarzt nur die Verordnung von Hilfsmitteln erfolgen soll, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt und damit nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen sind. Selbst wenn jedoch die hier verordneten Hilfsmittel auch bereits während des Krankenhausaufenthaltes zur Sicherung des Behandlungserfolgs benötigt worden sein sollten, kann in der Verordnung mit dem Musterblatt 16 keine objektive Pflichtverletzung der Klägerin gesehen werden. Denn eine eindeutige gesetzliche oder vertragliche Regelung dazu, wie die Versorgung mit Hilfsmitteln, die sowohl während als auch nach Beendigung der stationären Behandlung zum Einsatz kommen sollen, abzuwickeln ist, fehlt.

Zutreffend bezieht sich die Regelung im Landesvertrag nach ihrem Wortlaut auf Hilfsmittel, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt sind. Die von der Beklagten herangezogene gesetzliche Regelung des § 39 SGB V bezieht sich dagegen nach ihrem Wortlaut nur auf Leistungen, die für die medizinische Versorgung des Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Eine konkrete - vertragliche - Regelung zur Abgrenzung liegt bislang nicht vor. Eine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten kann der Klägerin daher jedenfalls dann nicht vorgeworfen werden, wenn wie hier durch die Hilfsmittelverordnung auf dem entsprechenden Musterblatt die Verordnung während stationärer Behandlung ersichtlich ist und insoweit die tatsächlichen Verhältnisse sowohl gegenüber dem Leistungserbringer als auch gegenüber der Krankenkasse offen gelegt sind.

Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten, mit dem eine wirksame Aufrechnung hätte erfolgen können, ist damit nicht nachgewiesen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin ist vollumfänglich begründet. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung der Beteiligten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG)

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(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten eines während stationärer Behandlung verordneten Fertigarzneimittels.

2

Die R. Kliniken B. (Fachabteilung Psychiatrie und Psychotherapie) in Trägerschaft des Beklagten behandelten die am 1974 geborene, bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte M. (im Folgenden: Versicherte) stationär wegen rezidivierender depressiver Störung mit Suizidalität, posttraumatischer Belastungsstörung und dissoziativer Störung ua vom 7.12.2004 bis 23.8.2005 und vom 7. bis 14.12.2005. Die Pneumologische Ambulanz des beigeladenen Universitätsklinikums behandelte die Versicherte in dieser Zeit - nach seinen Angaben im Rahmen konsiliarischer Vorstellungen - wegen einer gleichzeitig bestehenden schweren pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) am 6.1., 7.4., 9.5., 6.6., 4.7., 3.8. und 12.12.2005. Sie verordnete der Versicherten vertragsärztlich - wie bereits auch schon vor den stationären Behandlungen im Krankenhaus des Beklagten - das im beschleunigten Verfahren europaweit für das Anwendungsgebiet PAH zugelassene Fertigarzneimittel Tracleer (Wirkstoff: Bosentan). Es ist nach den Warnhinweisen in der Fachinformation nur geeignet zur Behandlung in speziellen Kliniken, Instituten oder bei niedergelassenen Fachärzten mit besonderen Erfahrungen. Die Klägerin zahlte für das Arzneimittel den abgebenden Apotheken eine Vergütung in Höhe von 21 442,42 Euro. Der Prüfungs- und der Beschwerdeausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein setzten deswegen gegen den Beigeladenen für die Quartale 3 und 4/2005 einen Regress in Höhe von 9740,48 Euro netto fest (Bescheid vom 7.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 3.9.2007; SG Düsseldorf - S 33 KA 187/07, Ruhensbeschluss vom 15.4.2008).

3

Das SG hat die auf Erstattung von 21 442,42 Euro gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 9.12.2010). Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt: Die Klägerin habe einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Der Beklagte habe die Versorgung der Versicherten mit Tracleer, die über den vereinbarten allgemeinen Pflegesatz abgegolten sei, durch einen Dritten veranlasst. Der Beklagte habe dadurch Aufwendungen in Höhe der Vergütung erspart, die die Klägerin den das Arzneimittel abgebenden Apothekern gezahlt habe. Er habe diese herauszugeben (Urteil vom 19.1.2012).

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 2 Abs 2 S 1, § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 und § 3 Abs 1 S 3 Bundespflegesatzverordnung (BPflV).

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 9. Dezember 2010 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

6

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie halten die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, denn es verletzt materielles Recht. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend über den zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von 21 442,42 Euro zu entscheiden.

9

1. Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruchs ist § 280 Abs 1 BGB in entsprechender Anwendung. Nach § 69 S 1 bis 4 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 45 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004) regeln das Vierte Kapitel des SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V. Die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG), dem Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

10

Die Voraussetzungen des § 69 S 3 SGB V für die entsprechende Anwendung des § 280 Abs 1 BGB auf das Behandlungsverhältnis zwischen KK und zugelassenem Krankenhaus bei Behandlung Versicherter sind erfüllt. Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

11

Erforderliche stationäre Behandlung Versicherter in einem zugelassenen Krankenhaus begründet zwischen seinem Träger und der KK ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, auf das § 280 Abs 1 BGB anzuwenden ist. Nach § 109 Abs 4 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) wird mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten gegen Vergütung verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG (hier anzuwenden idF des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429), des KHEntgG und der BPflV zu führen. Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 14 mwN).

12

Die Folgen von Pflichtverletzungen aus dem aufgezeigten gesetzlichen Schuldverhältnis, das bei stationärer Behandlung Versicherter in einem zugelassenen Krankenhaus besteht, sind weder landesvertraglich noch landes- oder bundesrechtlich abschließend geregelt. Das Vertragsrecht dürfte Schadensersatzansprüche der KK bei schuldhafter Schädigung durch Krankenhäuser auch nicht ausschließen. Die Vorschriften des BGB über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind vielmehr entsprechend anwendbar. Sie sind mit der Stellung der Krankenhäuser im Versorgungssystem des SGB V vereinbar. Dies entspricht der Rechtsprechung für die entsprechende Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 14 mwN; BSGE 99, 208 = SozR 4-2500 § 69 Nr 3, RdNr 10 ff). Für Vorschriften über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung kann nichts anderes gelten (vgl zutreffend bereits Sächsisches LSG Urteil vom 5.5.2010 - L 1 KR 29/08 - Juris RdNr 14 f).

13

2. Es steht nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG nicht fest, dass der Beklagte eine Pflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis bei Behandlung der Versicherten verletzte, die seine Verpflichtung begründete, 21 442,42 Euro als Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens zu zahlen. Als eine solche Pflichtverletzung kommt in Betracht, dass der Beklagte durch seine Klinik den Beigeladenen dazu veranlasste, der Versicherten die während der stationären Behandlung für die PAH erforderlichen Arzneimittel vertragsärztlich zu verschaffen. So liegt es insbesondere, wenn der Beklagte den Beigeladenen hierzu aufforderte oder zB als gutgläubiges Werkzeug nutzte, indem er ihm verschwieg, dass die Versicherte sich bei ihm in vollstationärer Behandlung befand. Denn die vollstationäre Behandlung schließt eine vertragsärztliche Parallelbehandlung in der Regel aus (dazu a). Dies ist dem Beklagten als professionellem Systembeteiligten bekannt. Er muss bei Einschaltung Dritter in seine Leistungserbringung sicherstellen, dass sie nicht irrig von abweichenden, unzutreffenden Annahmen ausgehen, die absehbar zu Schäden bei den KKn führen. Verschweigt ein Krankenhaus bei Einbeziehung Dritter in einen Leistungsfall, dass es vollstationär behandelt, sodass der Dritte vertragsärztlich behandelt, hat es diese Pflichtverletzung zu vertreten (§ 276 BGB). Stellt das LSG eine solche Pflichtverletzung fest, beruht der geltend gemachte Schaden auch hierauf (dazu b). Legte der Beklagte bei Einbeziehung des Beigeladenen in die Behandlung der Versicherten dagegen die vollstationäre Behandlung offen und forderte er ihn lediglich auf, die Versicherte als für ihn leistender Dritter im Rahmen der stationären Behandlung des Beklagten konsiliarisch auf Kosten des Beklagten zu betreuen, verstieß er gegen keine Pflichten, die einen Schadensersatzanspruch der Klägerin begründen könnten. In diesem Falle beruht der Schaden der Klägerin lediglich ggf auf dem schuldhaften Verhalten des Beigeladenen. Sie kann ihren daraus erwachsenden Schadensersatzanspruch im Rahmen des bereits anhängigen, ruhend gestellten Regressverfahrens verfolgen (dazu c).

14

a) Die Versicherte durfte, während sie sich in vollstationärer Behandlung befand, nicht zu Lasten der Klägerin zusätzlich vertragsärztlich mit Arzneimitteln versorgt werden. Eine gesondert zu vergütende vertragsärztliche Parallelpharmakotherapie war während ihrer vollstationären Behandlung ausgeschlossen. Das folgt aus den für den Beklagten geltenden Leistungs- und Vergütungsregelungen der BPflV (idF durch Art 4 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Nach § 1 BPflV werden nach dieser Verordnung die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser oder Krankenhausabteilungen vergütet, die nach § 17b Abs 1 S 1 zweiter Halbs KHG nicht in das DRG-Vergütungssystem einbezogen sind. Das DRG-Vergütungssystem gilt danach nicht für die Leistungen der in § 1 Abs 2 Psychiatrie-Personalverordnung(Psych-PV vom 18.12.1990, BGBl I 2930) genannten Einrichtungen und der Einrichtungen für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, soweit in der BPflV (Verordnung nach § 16 S 1 Nr 1 KHG) nichts Abweichendes bestimmt wird. Das Krankenhaus des Beklagten unterfiel in dem hier betroffenen Zeitraum den psychiatrischen Einrichtungen iS des § 1 Abs 2 Psych-PV. Die Anwendung der BPflV war nicht nach § 1 Abs 2 BPflV ausgeschlossen.

15

Die BPflV trifft für die allgemeinen Krankenhausleistungen, zu denen die Arzneimittelversorgung gehört, eine abschließende Vergütungsregelung: Mit dem Budget (vgl näher § 12 BPflV) und den Pflegesätzen nach § 10 BPflV werden die allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet, soweit die Kosten nach dem KHG dem Grunde nach pflegesatzfähig sind(§ 7 Abs 1 S 1 BPflV). Mit den Pflegesätzen werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 10 Abs 2 BPflV; vgl bereits zum früheren Recht BSGE 74, 263, 267 = SozR 3-2500 § 116 Nr 9 S 53; zum Parallelbereich der DRG-Krankenhäuser vgl zB BGHZ 187, 279, RdNr 14; siehe auch Bofinger/Dietz, KHG, BPflV und Folgerecht, Bd 1, Stand März 2009, BPflV, § 10 Anm 5; E. Hauck, MedR 2010, 226, 228).

16

Die Versorgung der Versicherten mit Tracleer unterfiel den "allgemeinen Krankenhausleistungen". Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind (§ 2 Abs 2 S 1 BPflV). Krankenhausleistungen nach § 1 Abs 1 BPflV sind insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen (§ 2 Abs 1 S 1 BPflV). Unerheblich ist insoweit, ob die Kosten der betroffenen Arzneimittelversorgung ausdrücklich Gegenstand der Pflegesatzverhandlungen waren (vgl entsprechend BSGE 74, 263, 267 = SozR 3-2500 § 116 Nr 9 S 53). Das Krankenhaus, das einen Versicherten zur vollstationären Behandlung aufgenommen hat, ist zu einer umfassenden und einheitlichen Gesamtleistung verpflichtet und darf sich nicht etwa einzelnen Leistungen aus Kostengründen entziehen (vgl auch Bofinger/Dietz, KHG, BPflV und Folgerecht, Bd 1, Stand März 2013, BPflV, § 2 Anm II.1; E. Hauck, MedR 2010, 226, 228). Wenn und solange das Krankenhaus die vollstationäre Versorgung durchführt, ist es auch zur Erbringung solcher Leistungen im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen verpflichtet, die es von vornherein nicht mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln, sondern nur durch Dritte (dazu sogleich) erbringen kann.

17

Eine Ausnahme vom Verbot vertragsärztlicher Parallelbehandlung bei vollstationärer Krankenhausbehandlung besteht nur insoweit, als eine Dialyse nicht zu den Krankenhausleistungen gehört (vgl § 2 Abs 2 S 3 BPflV). In diesem ausdrücklich geregelten Ausnahmefall ist es möglich, dass neben der vollstationären Krankenhausbehandlung bezüglich der Dialyse vertragsärztliche Behandlung erfolgt (vgl zutreffend Bofinger/Dietz, KHG, BPflV und Folgerecht, Bd 1, Stand März 2013, BPflV, § 2 Anm II.12 aE). Eine weitere Ausnahme für solche Verordnungen, die nicht "für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind", kommt dagegen nicht in Betracht. Die Regelung eröffnet keinen weiteren Raum für eine Parallelbehandlung, sondern trifft - abgesehen von der Dialyse - lediglich eine zeitliche Abgrenzung: Fälle, in denen sich der Verordnungsbedarf auf einen Zeitraum außerhalb der vollstationären Krankenhausbehandlung erstreckt, sind entsprechend den allgemeinen Grundsätzen vorrangig vertragsärztlich zu behandeln (offengelassen in BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 14; zutreffend Bofinger/Dietz, KHG, BPflV und Folgerecht, Bd 1, Stand März 2013, BPflV, § 2 Anm II.8.2). Insoweit unterscheidet sich die voll- von der vor- und nachstationären Behandlung (vgl § 115a Abs 2 S 5 SGB V und hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 2 RdNr 22, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 21/12 R - RdNr 23, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Vorliegend betrifft die Behandlung mit Tracleer demgegenüber den Zeitraum der vollstationären Krankenhausbehandlung der Versicherten.

18

Sowohl für die Leistungspflicht wie auch für die Vergütungsansprüche des Krankenhauses ist es ohne Belang, ob das Krankenhaus die Leistungen durch eigene Beschäftigte oder Dritte erbringt. Unter den Voraussetzungen des § 2 Abs 2 S 1 BPflV gehören zu den allgemeinen Krankenhausleistungen nämlich auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter(vgl § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 BPflV; ebenso für den Bereich der Fallpauschalen § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG). Die Leistungen des Dritten werden im Leistungs- wie Leistungserbringerverhältnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch den tagesgleichen Pflegesatz des Krankenhauses abgegolten, beim pauschalierenden DRG-Vergütungssystem durch die mittels Groupierung anzusteuernde Fallpauschale. Drittleistungen können lediglich Vergütungsansprüche des Dritten im Innenverhältnis zum veranlassenden Krankenhaus begründen. Dementsprechend sind Dritte - unabhängig von der Zulässigkeit ihrer Beauftragung durch das Krankenhaus im Übrigen - abgesehen von Dialysen und den aufgezeigten Zeitgrenzen in keinem Falle dazu befugt, während der vollstationären Krankenhausbehandlung eines Versicherten diesen vertragsärztlich zu Lasten der KK mit Arzneimitteln zu versorgen. Es bedarf insoweit keiner Vertiefung, wie der Begriff der Leistungen Dritter iS von § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 BPflV im Leistungszeitpunkt zu verstehen war und welche Grenzen für Leistungen Dritter im Übrigen zu ziehen waren(vgl zur Rechtsentwicklung zB Sächsisches LSG Urteil vom 30.4.2008 - L 1 KR 103/07 - GesR 2008, 548; Clemens, MedR 2011, 770; Seiler, NZS 2011, 410; Art 2 Nr 3 und Art 3 Nr 1 Psych-Entgeltgesetz vom 21.7.2012, BGBl I 1613; Makoski, jurisPR-MedizinR 9/2013 Anm 3).

19

b) Stellt das LSG eine von dem Beklagten zu vertretende Pflichtverletzung bei der Einschaltung des Beigeladenen zum Zwecke der Arzneimittelversorgung der Versicherten im dargelegten Sinne fest, hat es davon auszugehen, dass diese kausal zu einem Schaden der Klägerin im Umfang der an die abgebenden Apotheken gezahlten Vergütung in Höhe von 21 442,42 Euro führte. Die Apotheken waren aufgrund der zwischen ihnen und der Klägerin geltenden vertraglichen Regelungen verpflichtet, das vertragsärztlich verordnete Arzneimittel Tracleer zugunsten der Versicherten abzugeben (vgl entsprechend zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 13). Der Vergütungsanspruch der Apotheker entstand mit der Abgabe kraft Gesetzes (§ 129 SGB V; vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 13 mwN). Es liegt nichts dafür vor, dass den Apotheken ein zur Retaxierung berechtigender Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen unterlief (vgl hierzu zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 17 ff).

20

c) Lässt sich eine Pflichtverletzung des Beklagten bei der Einschaltung des Beigeladenen zum Zwecke der Arzneimittelversorgung der Versicherten nicht feststellen, kommt für die Klägerin der Regress gegen den Beigeladenen in Betracht. Die von ihr angerufenen Prüfgremien sind dafür zuständig, "sonstige Schäden" festzustellen (vgl § 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Diese Regelung betrifft generalisierend die "unzulässige Verordnung von Leistungen", ohne zwischen formalen und inhaltlichen Fehlern zu unterscheiden (vgl zB BSG SozR 4-5540 § 48 Nr 2 RdNr 18). Hierzu gehören auch Regressverlangen wegen einer schuldhaften Verordnung von Arzneimitteln für einen Patienten während dessen Krankenhausaufenthalts (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 25; SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 13 f). Vollstationäre Krankenhausbehandlung schließt für ihre Dauer - wie dargelegt - abgesehen von der Ausnahme der Dialyse vertragsärztliche Arzneimittelversorgung aus. Der Regress gegen den Beigeladenen wegen zu vertretender Verordnung von Arzneimitteln für die Zeit stationärer Behandlung ist indes Gegenstand des ruhenden Verfahrens vor dem SG Düsseldorf - S 33 KA 187/07.

21

3. Der streitige Zahlungsanspruch erweist sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen des LSG nicht aus anderen Gründen als begründet. Insbesondere ist es ausgeschlossen, ihn mit dem LSG durch eine Aufwendungskondiktion als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu begründen. Dem stehen die aufgezeigten vorrangigen Regelungen der Leistungsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus bei Behandlung Versicherter und zwischen Krankenhaus und von ihm einbezogenem Dritten entgegen.

22

Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, herzuleiten. Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (stRspr, vgl zum Ganzen nur BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 11 mwN). Erfolgt eine Vermögensverschiebung durch Leistung, also aufgrund bewusster und zweckgerichteter Vermehrung fremden Vermögens, ist auch bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Vorrang der Leistungsbeziehung zu beachten: Wer etwas einem anderen rechtsgrundlos leistet, kann grundsätzlich nur vom Leistungsempfänger Herausgabe des Erlangten verlangen, nicht von einem Dritten wegen dessen Bereicherung in sonstiger Weise (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN). Die vom LSG befürwortete Aufwendungskondiktion würde im GKV-System die Leistungsbeziehungen und die spezifischen Steuerungsmechanismen missachten. Die Rechtsprechung des BSG hat solche Ansätze - auch von Versicherten (vgl zB BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 15 mwN) - stets aus den genannten Gründen abgelehnt (vgl zB BSG Urteil vom 2.7.2013 - B 1 KR 49/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 25 ff mwN).

23

4. Das LSG wird nunmehr zu ermitteln haben, aufgrund welcher Umstände der Beigeladene der Versicherten in der betroffenen Zeit der vollstationären Krankenhausbehandlung das Arzneimittel Tracleer vertragsärztlich verordnete, was der Beklagte hierzu veranlasste und was er vom Vorgang wusste.

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5. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.06.2010 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert wird auf 1.582,05 Euro festgesetzt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Restvergütungsanspruch der Klägerin aus einer Krankenhausbehandlung durch eine von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen ist.

Die Klägerin ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 SGB V. Im Jahr 2009 behandelte sie u. a. die bei der Beklagten Versicherten T.E. und E.B.. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Vergütungsforderungen galt zwischen den Parteien die Pflegesatzvereinbarung 2009 nach § 11 Krankenhausentgeltgesetz und § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung, die von der Klägerin am 05.10.2009 mit der AOK Bayern - Die Gesundheitskasse sowie dem Verband der Ersatzkassen e.V.(vdek) als Arbeitsgemeinschaft nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 KHG für die Ersatzkassen vertreten durch das vdek - Krankenhausberatungszentrum der DAK Nürnberg und der BKK Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus in Bayern geschlossen worden war.

§ 12 der Pflegesatzvereinbarung 2009 hat hinsichtlich der Zahlungs- und Abrechnungsbestimmungen folgende Regelung getroffen:

„1. Die Rechnung des Krankenhauses ist durch Überweisung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Gutschrift auf dem Konto des Krankenhauses, das in der Rechnung angegeben wurde.

Ab Überschreitung der Zahlungsfrist sind Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten.

2. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Begleichung der Rechnung geltend gemacht werden. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass durch das Krankenhaus eine unberechtigte Rechnungslegung erfolgte, storniert das Krankenhaus die ursprüngliche Rechnung, stellt eine neue Rechnung aus und zahlt den zuviel erhaltenen Betrag innerhalb drei Wochen zurück. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beträgt die Rückzahlungsfrist des zuviel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung.

Ab Überschreitung der Zahlungsfrist sind Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten. [...].“ Zum weiteren Inhalt der Pflegesatzvereinbarung 2009 wird Bezug genommen auf Blatt 20-30 der Sozialgerichtsakte.

Vom 28.06. bis 30.06.2009 befand sich T.E. bei der Klägerin in stationärer Behandlung. Die Beklagte leistete auf die entsprechende Rechnung der Klägerin vom 15.07.2009 zunächst vollständig den geltend gemachten Betrag. Die Beklagte war jedoch der Auffassung, dass nur eine kürzere stationäre Verweildauer erforderlich gewesen wäre. Eine Einigung wegen der Notwendigkeit eines präoperativen Aufnahmetages wurde zwischen den Parteien nicht erzielt.

Vom 26.10.2009 bis 29.10.2009 befand sich die Versicherte E.B. wegen kardiologischer Beschwerden in stationärer Behandlung bei der Klägerin. Nach Erhalt der Rechnung vom 02.11.2009, die zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 04.11.2009 gegenüber der Klägerin die Aufrechnung mit einer nach ihrer Auffassung bestehenden Rückforderung aus dem vorgenannten Krankenhausaufenthalt des T.E. in Höhe von 1.582,05 Euro. Auf die Rechnung vom 02.11.2009 leistete die Beklagte schließlich am 18.11.2009 nicht die geforderten 2.296,12 Euro, sondern nur 717,07 Euro.

Am 25.11.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und Zahlung des Differenzbetrages von 1.582,05 Euro beantragt mit der Begründung, dass die Aufrechnung unzulässig sei. Bereits aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung und des Krankenhausfinanzierungsrechts ergebe sich ein immanentes Aufrechnungsverbot. Das Risiko der Prozessführung würde ansonsten im vollen Umfang auf das Krankenhaus übertragen. Durch die Einbeziehung mehrerer Behandlungsfälle wären auch datenschutzrechtliche Belange betroffen und die Wahrung des Sozialgeheimnisses tangiert. Auch sei in den vertraglichen Regelungen aus der Vereinbarung vom 05.10.2009 für den Vereinbarungs-/Pflegesatzzeitraum 2009 nach § 11 Krankenhausentgeltgesetz und § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung ein abschließendes Regelungsgefüge enthalten, das eine Aufrechnung ausschließe. Im Übrigen sei die Gegenforderung der Beklagten nicht fällig.

Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben und seine Entscheidung darauf gestützt, dass keine Aufrechnungslage bestanden habe, da die Erforderlichkeit des präoperativen Behandlungstages des T.E. zwischen den Parteien streitig sei. Daher sei keine Fälligkeit der Gegenforderung eingetreten.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass mit § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung 2009 eine vertragliche Regelung vorliege, die hinreichend bestimmt und abschließend sei. Danach könnten Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Begleichung der Rechnung geltend gemacht werden. Diese Regelung liefe leer, wenn man sie auslege wie die erste Instanz. Danach wäre in strittigen Fällen durch die Krankenkassen grundsätzlich Klage zu erheben. Dazu bedürfe es allerdings nicht der vorliegenden vertraglichen Regelung. Die vertragliche Regelung zeige vielmehr, dass die Vertragsparteien ein Pendant zur unbedingten Zahlungspflicht der Krankenkassen auch bei sachlichen Einwendungen schaffen wollten. Aufgrund der Sachnähe zur Notwendigkeit einer Behandlung erscheine es sinnvoll, den Krankenhäusern die Klageposition aufzuerlegen und den Krankenkassen als Kostenträger die Beklagtenposition.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.06.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Gerichtsakten beider Rechtszüge waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch hat auf Zahlung weiterer 1.582,05 Euro zuzüglich Zinsen seit dem 27.11.2009.

I.

Die Klägerin hat nach §§ 112 Abs. 2 S. 1 SGB V id. F. vom 31.5.2002 und der Pflegesatzvereinbarung 2009 einen Zahlungsanspruch für die Krankenhausbehandlung der E.B.

1. Voraussetzung ist zunächst eine entstandene Forderung. Im vorliegenden Fall ist zwischen der Beteiligten zutreffender Weise dem Grunde und der Höhe nach unstreitig, dass für die Krankenhausbehandlung der E.B. eine Forderung in Höhe von 2.296,12 Euro entstanden ist (§ 301 SGB V i. V. m. §§ 12, 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, § 39, § 108 SGB V).

2. Diese Forderung ist gemäß der Pflegesatzvereinbarung 2009 auch fällig.

Nachdem die streitgegenständlichen Forderungen auf das Jahr 2009 zurückgehen, sind für die Bestimmung Fälligkeit der Forderung aus der Krankenhausbehandlung der E.B. die vertraglichen Regelungen aus der Vereinbarung für den Pflegesatzzeitraum 2009 maßgebend. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung nicht rechtmäßig zustande gekommen wäre sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

II.

Dieser Zahlungsanspruch ist auch nicht durch Aufrechnung erloschen.

1. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus der Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Grundsätzlich ist eine Aufrechnung auch im Verhältnis von Krankenhausträgern und Krankenversicherern zulässig trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 SGB I, denn es besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten. Dabei sind die zivilrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung (§§ 387 ff BGB) anzuwenden (BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R, Rnr. 15 m. w. N., juris). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige, und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung muss dabei uneingeschränkt wirksam und fällig sein, die Hauptforderung muss jedoch lediglich erfüllbar sein (Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 387 Rnr. 11 f; Gursky in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 387 Rnr. 136 f; BSG, Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R- Rnr. 13, juris).

Von dem für die Behandlung von E.B. rechtmäßig in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 2.296,12 Euro hat die Beklagte nur 717,07 Euro geleistet, der Restbetrag i. H. v. 1.582,05 Euro steht zur Zahlung offen. Die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung über den Restbetrag war nach den Bestimmungen der Pflegesatzvereinbarung 2009 nicht wirksam. Die Forderung der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Denn die in Aufrechnung gestellte Gegenforderung war vorliegend nach § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung 2009 nicht fällig.

a) Die Pflegesatzvereinbarung 2009 enthält in § 12 Ziff. 1 eine Bestimmung der Fälligkeit. Diese regelt, dass der vom Krankenhaus in Rechnung gestellte Betrag durch Überweisung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen ist. Ab Überschreitung der Zahlungsfrist sind Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten.

b) § 12 Ziff. 2 der Vereinbarung regelt den dazu umgekehrten Fall, nämlich zu welchem Zeitpunkt zuviel erhaltene Beträge zurückzuzahlen sind: „Stellt sich im Nachhinein heraus, dass durch das Krankenhaus eine unberechtigte Rechnungslegung erfolgte, storniert das Krankenhaus die ursprüngliche Rechnung, stellt eine neue Rechnung aus und zahlt den zuviel erhaltenen Betrag innerhalb von drei Wochen zurück. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beträgt die Rückzahlungsfrist des zuviel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung. Ab Überschreitung der Zahlungsfrist sind Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten“.

Die Regelung in Ziffer 2 ist also das Spiegelbild zu der Regelung in Ziffer 1, denn sie bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Zeitpunkt die Geldbeträge in die eine oder in die andere Richtung zu bezahlen sind. Ziffer 2 unterscheidet sich insofern von Ziffer 1, als Voraussetzung für eine Rückzahlung zunächst eine Beanstandung rechnerischer oder sachlicher Art ist, die auch im Nachhinein geltend gemacht werden kann. In diesem Fall hat das Krankenhaus die ursprüngliche Rechnung zu stornieren und eine neue Rechnung auszustellen und dann innerhalb von drei Wochen den zuviel erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beträgt die Rückzahlungsfrist des zuviel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung. Der Wortlaut dieser Regelung in § 12 Ziff. 2 ist in sich schlüssig und insbesondere nicht widersprüchlich, auch nicht im Verhältnis zu § 12 Ziff. 1. Denn sie führt namentlich in Anwendung des Grundsatzes der Vertragstreue, wonach sich die Beteiligten so zu verhalten haben, dass das Vereinbarte in die Realität umgesetzt werden kann, zu unmissverständlichen Zahlungs- und Fälligkeitsvorgaben. Daher ist davon auszugehen, dass diese Regelung auch wirksam und damit anzuwenden ist.

c) Die Fälligkeitsbestimmung in § 12 Ziff. 2 der Vereinbarung ist nicht lediglich eine Verfahrensbestimmung. Dies folgt allein schon daraus, dass hier als Gegenstück zu § 12 Ziff. 1 ebenfalls eine Drei-Wochen-Frist als Zahlungsziel festgesetzt wurde. Zudem ist auch in dieser Regelung in Ziffer 2 bei Überschreitung der Zahlungsfrist ein Verzugszins festgesetzt. Es handelt sich also bei § 12 Ziff. 2 der Vereinbarung um eine echte vertragliche Fälligkeitsbestimmung im Sinne von § 271 BGB (siehe dazu BSG, Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 10/02 R). Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (z. B.: Bamberg/Roth/Grüneberg, BGB, § 271 Rn. 2; MünchKommBGB/Krüger, § 271 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien (Bamberger/Roth/Grüneberg a. a. O. Rn. 5; Palandt/Heinrichs a. a. O. Rn. 2). Haben diese eine Zeit bestimmt, so ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Das bedeutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2007 - III ZR 159/06, Rnr. 16, zitiert nach juris; Bamberg/Roth/Grüneberg a. a. O. Rn. 23; Palandt/Heinrichs a. a. O. Rn. 11). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Klauseln, die - wie die hier maßgebende - ein Zahlungsziel einräumen, grundsätzlich als eine Leistungszeitbestimmung im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB anzusehen und nicht lediglich als ein Verzicht auf die Durchsetzung eines schon früher fälligen Anspruchs oder als die Bestimmung des Verzugsbeginns (z. B. BGH, Urteil vom 01.02.2007 - III ZR 159/06 - Rnr. 17, juris; BGHZ 125, 343, 344, 348; BGH, Urteil vom 16. März 1994 - VIII ZR 246/92 - NJW-RR 1994, 880, 881; so auch Larenz, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., S. 258).

d) Voraussetzung für eine Fälligkeit eines Erstattungsanspruches der Beklagten wäre daher nach § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung 2009, dass zunächst die Klägerin die ursprüngliche Rechnung storniert und eine neue Rechnung ausstellt. Dies ist bislang aufgrund des Dissenses der Beteiligten nicht erfolgt. Solange aber keine neue Rechnung ausgestellt ist, wird die Rückforderung auch nicht fällig.

Fälligkeit ist auch nicht eingetreten nach der weiterfolgenden Regelung hinsichtlich einer gerichtlichen Auseinandersetzung, da dort die Rückzahlungsfrist des zuviel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt. Damit bestimmt diese Vereinbarung in Anwendung des Grundsatzes der Vertragstreue, dass eine Fälligkeit der Rückforderung zunächst entweder eine neue Rechnungstellung oder eine rechtskräftige Entscheidung voraussetzt. Beides ist in dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht erfolgt. Die Klägerin hat weder eine neue Rechnung ausgestellt noch gab es eine gerichtliche Auseinandersetzung hinsichtlich der Richtigkeit der von der Klägerin gestellten Rechnungen. Daher war der Erstattungsanspruch der Beklagten zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht fällig.

Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist damit unwirksam.

2. Die Frage, ob materiell der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aus der Krankenhausbehandlung des T.E. zusteht, ist vorliegend nicht zu prüfen, denn die Aufrechnung ist bereits mangels Fälligkeit der Gegenforderung nicht wirksam. Insoweit unterscheidet sich dieser Rechtsstreit von den Sachverhalten in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 22.03.2004 - B 3 KR 21/03 R, vom 28.09.2006 - B KR 23/05 R sowie vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R. Dort waren die jeweiligen Rückforderungsansprüche fällig.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 12 Ziff. 1 der Pflegesatzvereinbarung 2009 und § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. In der von der Beklagten vorgenommenen „Verrechnung“ ist eine endgültige Leistungsverweigerung zu sehen im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 2, 47 GKG und folgt der Festsetzung des Sozialgerichts.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Verhältnis zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenversicherung grundsätzlich bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2004 - B 3 KR 21/03 R, vom 28.09.2006 - B KR 23/05 R sowie vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R). Zudem wurde die hier streitentscheidende Formulierung der Pflegesatzvereinbarung 2009 ausschließlich in Bayern verwendet. Seit 2011 findet sie auch hier keine Anwendung mehr.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. August 2012 wird zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten auch der Berufung.

III.

Der Streitwert der Berufung wird auf 5.905,80 € festgesetzt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand der Berufung ist ein Krankenhausabrechnungsstreit.

Die Klägerin ist als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin und Betreiberin der Clinic A-Stadt, welche unter der Nummer ... in den Krankenhausplan des Freistaats Bayern aufgenommen ist.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau E. B. wurde vom 04. - 11.11.2010 in der Clinic A-Stadt stationär behandelt, wofür die Klägerin als Vergütung 3.748,97 € in Rechnung stellte (Rechnung vom 30.11.2010). Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau A. B. wurde vom 23. - 27.11.2010 in der Clinic A-Stadt stationär behandelt, wofür die Klägerin als Vergütung 3.368,97 € in Rechnung stellte (Rechnung vom 02.12.2010). Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Frau A. M. wurde vom 25. - 28.11.2010 in der Clinic A-Stadt stationär behandelt, wofür die Klägerin als Vergütung 3.378,97 € in Rechnung stellte (Rechnung vom 02.12.2010). In der Summe berechnete die Klägerin für diese drei Behandlungsfälle der Beklagten 10.496,91 €.

Diese leistetet darauf nur 4.591,11 € und machte geltend, ihr stehe für den Restbetrag iHv 5.905,80 € ein Rückerstattungsanspruch. Dieser resultiere aus einer Überzahlung für die stationäre Behandlung der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten C. S. vom 19. - 27.03.2009. Hierfür hatte die Klägerin nach der DRG-Fallpauschale I43B gemäß Rechnung vom 01.04.2009 8.865,37 € geltend gemacht. Diesen Betrag hatte die Beklagte zwar zunächst entsprechend der geltenden Pflegesatzvereinbarung, die der ausschließlich im Freistaat Bayern verwendeten Musterpflegesatzvereinbarung der Jahre 2009 sowie 2010 entspricht, fristgemäß beglichen. Die Beklagte war aber nach Rechnungsprüfung einer Stellungnahme des MDK vom 15.06.2010 folgend im Schreiben vom 06.10.2009 der Meinung, die Behandlung der C. S. sei nicht mit dem Operationsschlüssel 5822.90 sondern mit Schreiben vom 23.09.2010 5801.mh und zutreffend nach der DRG-Fallpauschale I30Z zu vergüten mit einem Betrag von lediglich 2.959,57 €, so dass insoweit ein Erstattungsanspruch iHv 5.905,80 € bestehe. Nach einer weiteren Stellungnahme des MDK erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 23.09.2010: „Die Rechnung bitten wir entsprechend zu berichtigen, ansonsten erfolgt nach 14 Tagen eine Korrektur unsererseits.“ Dem gegenüber wandte der Leitende Arzt Dr. E. unter dem 13.12.2010 ein, die Behandlung sei den medizinischen Anforderungen entsprechend zutreffend abgerechnet.

Die Beklagte übersandte der Klägerin am 22.12.2010 ein Zahlungsavis vom mit folgendem Inhalt:

- Foto von Zahlungsavis -

Die ersten beiden Zeilen sind mit dem Behandlungsfall C. S. in Bezug zu bringen, die entsprechende Eintragung auf dem Schriftstück ist nachträglich handschriftlich und nicht von der Beklagten vorgenommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Blatt 54 der zweitinstanzlichen Verfahrensakte Bezug genommen. Die Beklagte teilte am 25.01.2011 der Klägerin mit, es verbleibe bei den bisherigen Begutachtungen sowie: „Den zu viel bezahlten Betrag haben wir uns bereits gutgeschrieben. Wir sehen die Angelegenheit daher als erledigt an“.

Am 11.10.2011 hat die Klägerin Zahlungsklage über 5.905,80 € zum Sozialgericht Nürnberg erhoben mit der Begründung, § 12 der anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung (zum Inhalt wird auf Blatt 15 und 16 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen) erlaube eine Aufrechnung nicht. Zudem sei der Behandlungsfall C. S. zutreffend abgerechnet. Die Beklagte hat den gegensätzlichen Standpunkt vertreten. Mit Urteil vom 24.08.2012 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Weil nach der anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch nicht fällig gewesen sei, habe eine Aufrechnung der Beklagten die Vergütungsansprüche in den Behandlungsfällen B., M. und B. nicht zum Erlöschen bringen können.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, ihr stehe aus dem unzutreffend abgerechneten Behandlungsfall C. S. ein Erstattungsanspruch iHv 5.905,80 € zu mit dem sie aufgerechnet habe und auch wirksam habe aufrechnen können. Die Klägerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Entscheidung des Sozialgerichts sei zu folgen. Mit Schriftsatz vom 06.11.2015 hat die Beklagte hilfsweise Widerklage erhoben. In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten Einsicht genommen in eine schriftliche Aufrechnungserklärung aus einem hier nicht strittigen Parallelverfahren; insoweit wird auf die Anlage der Niederschrift Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.08.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klägerin zur Zahlung von 5.905,80 € zuzüglich 4% Zinsen über den Basiszinssatz an die Beklagte zu verurteilen und damit den Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Erstattung fällig zu stellen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf vollständige Bezahlung der Krankenhausleistungen, welche die Klinik Clinic A-Stadt für die Versicherten E. B. vom 04. - 11.11.2010, A. B. vom 23. - 27.11.2010 und A. M. vom 25. - 28.11.2010 abgerechnet hat. Die demgegenüber geltend gemachte Aufrechnung wurde weder wirksam erklärt, noch ist sie mit einem fälligen Anspruch unterlegt. Die zuletzt erhobene Hilfs-Widerklage bleibt infolge Verfristung ohne Erfolg.

1.

Gesetzlich krankenversicherte Personen - wie hier die Versicherten A. B., A. M., E. B. und C. S. - haben gemäß § 2, § 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung, wenn das Behandlungsziel nicht anderweitig erreicht werden kann und wenn diese medizinische Versorgung wegen Art und Schwere der Krankheit notwendig ist. Diesen Leistungsanspruch des Versicherten konkretisiert eine nach § 108 SGB V als Leistungserbringer zugelassene Klinik, sobald sie stationäre Leistungen erbringt. Gleichzeitig mit der Sachleistungserbringung entsteht spiegelbildlich der Vergütungsanspruch des Krankenhauses, der - mangels Vorliegens eines Vertrages nach § 112 SGB V für den Freistaat Bayern nach § 109 Abs. 4 S 3 SGB V - auf § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG beruht. Der Zahlungsanspruch bestimmt sich sodann näher nach den Pflegesatzvereinbarungen, also der Vereinbarung für den Vereinbarungs-/Pflegesatzzeitraum, welche nach § 18 Abs. 2 KHG abgeschlossen ist (vgl. BSG Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R).

2.

Die Klägerin hat mangels Vorliegens eines Vertrages nach § 112 SGB V für den Freistaat Bayern nach § 109 Abs. 4 S 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und der einschlägigen Pflegesatzvereinbarung einen Zahlungsanspruch für die Krankenhausbehandlungen der Versicherten E. B. vom 04. - 11.11.2010, A. B. vom 23. - 27.11.2010 und A. M. vom 25. - 28.11.2010 einen Vergütungsanspruch iHv in der Summe 10.496,91 € ohne Abzug iHv 5.905,80 €. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen dieser Versicherten gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die zutreffend berechnete Vergütung hat. Eine nähere Prüfung und Sachaufklärung erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z. B. BSG Urt. vom 21.04.2015 - B 1 KR 8/15 R; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 Rn. 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr. 2 Rn. 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr. 4 Rn. 8 - zitiert jeweils nach juris); im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung oder eine unzutreffende Anwendung der Pflegesatzvereinbarung in diesen Behandlungsfällen nicht ersichtlich.

3.

Dieser Zahlungsanspruch ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten C. S. vom 19. - 27.03.2009 iHv von 5.905,80 € analog § 387 BGB aufgerechnet hat (zur Aufrechnung in entsprechender Anwendung des § 387 BGB auf überzahlte Krankenhausvergütungen vgl. BSG Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 26/14; Urteil vom 21.04.2015 - B 1 KR 8/15 R). Vorliegend fehlt es zum einen bereits an einer wirksamen, hinreichend bestimmten Aufrechnungserklärung. Zum anderen war die in Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Beklagten nach § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung nicht fällig.

a) Rechtsgrundlage für die behauptete Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus der Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB. Grundsätzlich ist die Aufrechnung auch zwischen Krankenversicherungsträgern und Klinikträgern möglich trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 SGB I, denn es besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten. Dabei sind die Regelungen in §§ 387 ff BGB anzuwenden (vgl. bereits BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R, Rn. 15 m. w. N. - zitiert nach juris). Voraussetzung dieses einseitigen Gestaltungsrechts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der wirksamen Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige, und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung muss dabei uneingeschränkt wirksam und fällig sein, die Hauptforderung muss jedoch lediglich erfüllbar sein (Gursky in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 387 Rn. 136 f; BSG, Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R- Rn. 13 - zitiert nach juris).

b) Die Aufrechnung der Beklagten ist bereits unwirksam, weil es an einer wirksamen Aufrechnungserklärung im Sinne des § 388 BGB fehlt, welche die vom BSG aufgestellten Mindestvoraussetzungen - im Falle von Sammelrechnungen - erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R). Vorliegend ist in Auswertung der Verwaltungsakten der Beklagten sowie des Vorbringens der Beteiligten einschließlich der dazu vorgelegten Dokumente in beiden Instanzen festzustellen, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine Aufrechnung erklärt hat.

Weder im Schreiben vom 06.10.2009 noch im Schreiben vom 23.09.2010 hat die Beklagte eine wörtliche oder sinngemäße Aufrechnungserklärung abgegeben. In letzterem Schreiben ist allenfalls eine Ankündigung der Aufrechnung zu sehen in den Worten: „Die Rechnung bitten wir entsprechend zu berichtigen, ansonsten erfolgt nach 14 Tagen eine Korrektur unsererseits.“

Eine hinreichende Erklärung enthält auch das Zahlungsavis vom 22.12.2010 nicht. Dort ist nur angeführt, dass im Rahmen der Abrechnung mehrere Rechnungen zusammengefasst und einem Konto der Klägerin gutgeschrieben wurden. Sodann folgen 10 Zeilen mit Abrechnungsnummern und Positiv- sowie Negativ-Beträgen, abgeschlossen mit einer Gesamtsumme vom 1.154,68 €. Daraus ist nicht zuordenbar, welche der dort aufgeführten Rechnungen der Klägerin in welcher Höhe durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollten. Ebenso wenig ist dort erklärt oder erkennbar, in welcher Reihenfolge und in welcher Höhe jeweils unstrittige Forderungen der Klägerin zum Erlöschen gebracht werden sollten. Festzustellen ist somit, dass nicht ermittelt werden kann, auf welche Forderung der Klägerin der Überweisungsbetrag von 1.154,68 € zu beziehen ist.

Auch das weitere Schreiben vom 25.01.2011 enthält keine Aufrechnung, sondern die Erklärung, die Beklagte habe sich einen Überzahlbetrag „bereits gutgeschrieben“.

Es ist daher festzustellen, dass die Beklagte keine Aufrechnung erklärt, sondern eine Verrechnung vorgenommen hat. Bei der Verrechnung oder auch „Abrechnung“ werden gegenseitige offene Forderungen ausgeglichen. Die Modalitäten der Verrechnung bestimmen sich nach dem jeweiligen Verkehrsbereich oder anhand gesetzlicher Regelungen (BGH Urteil vom 07.04.2011 - VII ZR 209/09). Eine solche Verrechnung gegenseitiger Ansprüche ist im konkreten Fall aber unzulässig, § 52 SGB I, denn die Klägerin kein Leistungsträger.

Dem gegenüber kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, ihr sei es im Rahmen des Dauerabrechnungsverhältnisses mit der Klägerin nicht möglich, im Einzelnen eine Aufrechnungserklärung abzugeben. Dieser sinngemäße „ultra-posse-Einwand“ ist bereits widerlegt durch die Abrechnungserklärung, die eine andere Krankenkasse in einem Parallelverfahren abgegeben hat und die den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung in anonymisierter Kopie übergeben wurde.

Selbst wenn man vorliegend in dem Verhalten der Beklagten eine konkludente Aufrechnungserklärung erblickte, so fehlte es jedoch an der notwendigen Bestimmtheit der Aufrechnungserklärung. Weil in Aufrechnung gestellte Forderungen nur soweit erlöschen, als sie sich decken, müssen Art und Umfang der Aufrechnung eindeutig erklärt werden. Dazu gehören insbesondere Angaben über die Höhe, den Rechtsgrund, die Bezugszeiten, die Fälligkeit der Forderung sowie die Darlegung, ob die Forderung bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt worden ist (so BSG vom 24.07.2003 - B 4 RA 60/02 R - SozR 4-1200 § 52 Nr. 1, Rn. 21; vgl. auch Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 51 SGB I Rn. 46). Das gilt selbst im zwischen den Beteiligten bestehenden Dauerabrechnungsverhältnis, in welchem nicht allzu hohe Anforderungen an eine Aufrechnung zu stellen sind. Denn die Minimalanforderungen an die Bestimmtheit einer Aufrechnungserklärung bestehen auch hier, weil sonst die Wirkungen der Aufrechnung gem. § 389 BGB nicht festgestellt werden können. Danach bewirkt die Aufrechnung, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber getreten sind. Um Rechtssicherheit zu erlangen, muss für alle Beteiligten klar sein, welche Forderungen, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollen. Dies erfordert auch die Rechtsklarheit, um sicherzustellen, welche - bislang - unstreitigen Forderungen erloschen sein sollen. Im Zahlungsavis vom 22.12.2010 ist dies nicht zu erkennen. Es fand vielmehr ein Rück- oder Umbuchung strittiger Beträge statt, bei welcher diverse Beträge verschiedener Rechnungen bzw. Rechnungspakete nicht gezahlt wurde mit der Folge, dass es zu einer Überweisung von 1.154,68 € gekommen ist. In welcher Höhe die einzelnen Haupt- oder Teilforderungen und ggf. in welcher Reihenfolge getilgt werden sollten, lässt sich dem selbst großzügig interpretierend nicht entnehmen. Da eine Aufrechnung rechtsgestaltend wirkt, muss sich aber die beabsichtigte Rechtsänderung klar und unzweideutig aus der Erklärung ergeben. Fehlt es an der danach erforderlichen Bestimmtheit, ist die Aufrechnungserklärung unwirksam. So liegt der Fall hier.

c) Die fehlende Bestimmtheit der Aufrechnung ist durch § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m.. § 366 Abs. 2 BGB nicht zu heilen. Dies bedarf allerdings keiner näheren Erörterung, weil jedenfalls die Gegenforderung vorliegend nach den Besonderheiten von § 12 Ziff. 2 der anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung nicht fällig war und somit keine Aufrechnungslage bestand. Zwar darf bei Krankenhausabrechnungen grundsätzlich die Aufrechnung eingesetzt werden, es sei den - wie das BSG ausgeführt hat - landesrechtliche Besonderheiten oder die Besonderheiten der jeweiligen Pflegsatzvereinbarung seien zu beachten (BSG, Urteile vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R, Rn. 27; B 1 KN 2/08 KR R Rn. 37; sowie B 1 KN 3/08 KR R, Rn. 37 - zitiert jeweils nach juris).

Wie der Senats bereits entschieden hat (Urteil vom 23.09.2014 - 5 KR 322/10), stellt die zwischen den Beteiligten geltende Regelung in § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung nicht lediglich eine Verfahrensbestimmung dar. Dies folgt schon daraus, dass sie als Gegenstück zu § 12 Ziff. 2 in beiden Alternativen (Satz 2 einvernehmliche Korrektur der Rechnung und Satz 3 gerichtliche Auseinandersetzung) ebenfalls eine Drei-Wochen-Frist als Zahlungsziel festsetzt. Zudem ist auch in Ziffer 2 bei Überschreitung der Zahlungsfrist ein Verzugszins (Satz 4) zu zahlen. Es handelt sich also insoweit um eine echte Fälligkeitsbestimmung. Denn bei einer Zeitbestimmung - wie hier - ist § 271 Abs. 2 BGB folgend im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Detailliert regelt die Pflegesatzvereinbarung, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rückzahlungsfrist des zu viel bezahlten Betrags drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt (§ 12 Ziff. 2 Satz 3). Damit gilt für die Beteiligten eine zweistufige Fälligkeit. Diese besteht in der Anspruchsfälligkeit (1. Stufe), wonach hat die Beklagte bei einer behaupteten Überzahlung einen möglichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch einzuklagen hat. Die davon zu trennende Zahlungsfälligkeit (2. Stufe) ergibt sich aus der weiteren Bestimmung, dass der konkret zu erstattende Betrag von der Klägerin erst drei Wochen nach Rechtskraft der entsprechenden Entscheidung zurückzuzahlen ist. Für eine wirksame Aufrechnung wäre aber neben der Anspruchsfälligkeit auch die Zahlungsfälligkeit notwendig. An dieser fehlt es vorliegend. Fälligkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, dass die Klägerin die ursprüngliche Rechnung storniert und eine neue Rechnung ausstellt hätte (vgl. § 12 Ziffer 2 Satz 2 Pflegesatzvereinbarung - Fälligkeit bei einvernehmlichen Lösungen). Dies ist bislang aufgrund des Dissenses der Beteiligten nicht erfolgt. Solange aber keine neue Rechnung ausgestellt ist, ist ein möglicher Rückforderungsanspruch nach der gültigen Pflegesatzvereinbarung jedenfalls nicht fällig.

d) Die Zahlungs-, Fälligkeits- und Zinsbestimmung in § 12 Ziffer 2 Pflegesatzvereinbarung stellt auch keine überraschende und unzumutbare Regelung dar (vgl. ausführlich hierzu Urteil des Senats vom 07.02.2012 - L 5 KR 244/11; vgl. Urteil vom 24.09.2015 - L 5 KR 244/13 - NZB eingelegt). Dies gilt vorliegend umso mehr, als dass die medizinisch zutreffende Einordnung und Abrechnung nach den OP- sowie DRG-Kodierungen im Behandlungsfall C. S. nicht feststeht. Den Stellungnahmen des MDK hat der Leitende Arzt Dr. E. medizinisch fundierte, detaillierte Ausführungen entgegengehalten, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind. Dem klägerischen Anspruch steht somit auch nicht der dolo-agit-Grundsatz als eine spezielle Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen. Zudem hat sich Dr. E. im Schreiben vom 13.12.2010 - anders als von der Beklagten behauptet - nicht mit einer Verrechnung einverstanden erklärt, sondern nicht zuletzt mit dem Hinweis auf den Klageweg seine Sicht bekräftigt, dass das klägerische Vorgehen und Abrechnen im Behandlungsfall C. S. beanstandungsfrei war.

4.

Die im Schriftsatz vom 06.11.2015 zulässig erhobene Widerklage (§ 100 SGG) ist aufgrund eingetretener Verjährung unbegründet.

Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Widerklage im Berufungsverfahren selbst ohne Einwilligung des Gegners möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 100 Rn. 3a). Auch der erforderliche Zusammenhang von Widerklage und Klage ist erfüllt, denn insoweit genügt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang (Leitherer a. a. O. Rn. 4). Vorliegend besteht eine wirtschaftliche Identität zwischen Klage- und Widerklageanspruch.

Der Anspruch der Beklagten als Krankenkasse gegen die Klägerin als Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt der vierjährigen Verjährung (BSG Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 26/14 R, Rn. 44; vgl. auch z. B. BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 Rn. 12; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr. 8, Rn. 39; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1, Rn. 25- zitiert jeweils nach juris). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung hat nach Ablauf des Jahres 20009 entsprechend § 45 Abs. 1 SGB I begonnen, also nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten Leistungserbringungsverhältnis entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl. z. B. BSGE 69, 158, 163 = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1; BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 Rn. 12 m. w. N. - zitiert nach juris; Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S 374 f), hier also mit der zunächst pflegesatzvereinbarungsgemäß vor Ablauf von drei Wochen nach Rechnungsstellung vorgenommenen vollständigen Begleichung der Rechnung vom 01.04.2009 zum Behandlungsfall C. S.. Die Beklagte hat erst im Jahre 2015 und somit nach Eintritt der Verjährung (Ablauf 31.12.2013) Widerklage erhoben. Eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB („Geltendmachung der Aufrechnung im Prozess“) ist nicht eingetreten, da hier eine vorprozessual vollzogene Verrechnung vorliegt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB nicht vor. Diesem Ergebnis steht auch die Pflegesatzvereinbarung nicht entgegen, soweit angenommen würde, dass diese auch Rückerstattungsansprüche nach Überzahlung erfasst oder zumindest eine analog anzuwendende Regelung enthielte. Denn die dortige Regelung der Anspruchsfälligkeit einerseits hindert nicht den dargelegten Verjährungsablauf des Anspruches, da die Anspruchsfälligkeit von der Zahlungsfälligkeit zu trennen ist, die erst nach einer abgeschlossenen gerichtlichen Klärung eintritt.

5.

Der Anspruch auf Verzinsung ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 3 der Pflegesatzvereinbarung. Danach ist die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen und sind ab Überschreitung der Zahlungsfrist Verzugszinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten.

Damit ist die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

6.

Kosten: § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Da über die Kosten für Klage und Widerklage einheitlich zu entscheiden ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 100 Rn. 7) und die Beklagte jeweils unterlag, hat die Beklagte die Kosten auch der Berufung zu tragen.

7.

Streitwert: § 197a Abs. 1 Satz SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 3, § 47 Abs. 1 GKG. Die Streitwerte von Klage und Widerklage sind vorliegend nicht zu addieren, weil wirtschaftlich die gleiche Forderung im Streit steht (Leitherer, a. a. O.).

8.

Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 160 SGG), da die Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Verhältnis zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenversicherung bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 22.03.2004 - B 3 KR 21/03 R, vom 28.09.2006 - B KR 23/05 R sowie vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R). Zudem wurde die hier streitentscheidende Formulierung der Pflegesatzvereinbarung, die den bis 2010 angewandten Musterpflegesatzvereinbarungen im Freistaat Bayern entspricht, ausschließlich in Bayern verwendet. Seit 2011 findet sie auch hier keine Anwendung mehr.

Tenor

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkoerper: 5. Senat

I.

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 1.837,57 Euro festgesetzt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten C., geb. 1919, Höhe von 1.837,57 EUR. Der Versicherte, Mitglied der Beklagten, wurde vom 14.09.2010 bis zum 17.09.2010 stationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Dies war erforderlich, um bei dem vorhandenen Herzschrittmacher die Batterie zu wechseln und eine Umstellung auf einen VVI-Schrittmacher vorzunehmen. Für diese Behandlung besaß die Pflegesatzvereinbarung 2010 Geltung, zu deren Inhalt auf Blatt 65 bis 78 der Berufungsakte Bezug genommen wird. Mit Rechnung vom 21.09.2010 forderte die Klägerin einen Gesamtbetrag von 4.764,34 EUR, den die Beklagte zunächst am 19.10.2010 nach übereinstimmenden den Vortrag der Beteiligten vollumfänglich bezahlte. Wegen der Einzelheiten der Rechnung wird auf Blatt 4 ff. der Akte der Beklagten Bezug genommen. Mit Schreiben vom 07.02.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Abrechnung nicht akzeptiert werden könne, da laut MDK-Gutachten vom 19.01.2011 die Verweildauer des stationären Aufenthalts um insgesamt zwei Tage verkürzt hätte werden können. Ferner wurde um Neuberechnung gebeten und ein Rückforderungsbetrag von 1.837,57 EUR geltend gemacht. Der Klägerin wurde eine Frist bis zum 28.02.2011 gesetzt und ihr mitgeteilt, dass bei Nichtvorlage der Gutschrift bis zu diesem Tag der Betrag abgesetzt werde. Auf das Antwortschreiben der Klägerin veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung durch den MDK. Mit Schreiben vom 31.05.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auch nach nochmaliger Prüfung die Verweildauer des stationären Aufenthalts um insgesamt zwei Tage verkürzt hätte werden können. Ferner heißt es in dem Schreiben, dass der "Rückforderungsbetrag von 1.837,57 EUR bereits am 08.04.2011 teilweise abgesetzt" worden sei und eine erneute Rechnungskorrektur vorgenommen werde. Nicht bestimmt wurde, bei welcher konkreten Rechnung der Klägerin der Teilabzug stattgefunden hat und bei welcher Rechnung der erneute Abzug stattfinden soll. Ausweislich des Zahlungsavis vom 15.04.2011 leistete die Beklagte bei der Rechnung der Klägerin für den Versicherten P. S. (RG-Datum 28.3.2011 und RG-Nummer 1101212) in Höhe von 9.038,91 EUR einen Betrag von 859,31 EUR nicht und bezahlte an die Klägerin einen Betrag von 8.179,60 EUR. Aus einem weiteren Zahlungsavis vom 03.06.2011 ergibt sich, dass die Beklagte bei einem Rechnungspaket ua. bei der Abrechnung für die Versicherte H. F. (RG-Datum 13.5.2011 und RG-Nummer 1102099) in Höhe von 2.409,24 EUR sowie bei den Rechnungsnummern 1102100 und 1102106 jeweils vom 13.5.2011 (1.521,76 EUR bzw. 4.034,88 EUR) einen Betrag von 978,26 EUR nicht leistete und statt eines Gesamtbetrages von 7.965,88 EUR einen Betrag von 6.987,62 EUR zahlte. Nicht bestimmt wurde jeweils, bei welcher Einzelrechnung - alle vom 13.05.2011 - der Abzug stattfinden soll. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 5 bis 9 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen. Daraufhin hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und die Zahlung von 1.837,57 Euro nebst Zinsen geltend gemacht. Begründet wurde die Klage zum einen damit, dass die vorzeitige Entlassung des Versicherten nicht verantwortbar gewesen wäre zum anderen mit der Unzulässigkeit der Aufrechnung, da der Rückforderungsanspruch strittig sei und daher nicht zur Aufrechnung geeignet sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.06.2013 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt an die Klägerin 1.837,57 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Aufrechnung sei bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung keine Aufrechnungslage im Sinne von § 389 Abs. 1 BGB gegeben gewesen sei, weil aufgrund gegenseitiger Rücksichtnahmepflichten im Verhältnis Krankenkasse und Krankenhaus nur mit unstrittigen Gegenforderungen (Rückforderungen) aufgerechnet werden könne.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Nach BSG ua. Urt. v. 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 - sei auch eine Aufrechnung mit streitigen Forderungen möglich, wenn die Krankenkasse nach Rechnungszahlung spezifizierte Einwendungen erhebe.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte in Höhe der Klageforderung Eventualwiderklage erhoben und diese mit einem Anspruch auf Rückzahlung wegen fehlender medizinischer Notwendigkeit der Behandlung begründet.

Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.06.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klägerin im Wege der Widerklage zur Zahlung in Höhe von 1.837,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verurteilen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin stützt sich im Wesentlichen auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13.06.2013 und verweist auf § 12 Ziffer 2 Pflegesatzvereinbarung. Danach sei die Gegenforderung vorliegend auch nicht fällig.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch hat auf Zahlung von 1.837,57 EUR nebst Zinsen. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Widerklage war aufgrund Verjährung abzuweisen.

I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist mit der Behandlung der Versicherten der Beklagten entstanden; er ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

1.) Die Klägerin hat mangels Vorliegens eines Vertrages nach § 112 SGB V für den Freistaat Bayern nach § 109 Abs. 4 S 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und der einschlägigen Pflegesatzvereinbarungen für 2010 bzw. 2011 einen Zahlungsanspruch wegen der Krankenhausbehandlungen des Versicherten P. S. (RG-Datum 28.3.2011, RG-Nummer 1101212 und Rechnungshöhe von 9.038,91 EUR) und der Versicherte H. F. (RG-Datum 13.5.2011 und RG-Nummer 1102099 und Rechnungshöhe von 2.409,24 EUR) ohne dass ein Abzug in Höhe von 859,31 EUR bzw. 978,26 EUR vorgenommen wird. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen dieser Versicherten gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die zutreffend berechnete Vergütung hat. Dies steht fest aufgrund der überstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2015. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z. B. BSG Urt. v. 21.4.2015 - B 1 KR 8/15 R; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 RdNr. 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr. 2 RdNr. 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr. 4 RdNr. 8); im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung in diesen Fällen nicht ersichtlich.

2. Dieser Zahlungsanspruch ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten C. (stationärer Aufenthalt vom 14.09.2010 bis zum 17.09.2010) in Höhe von 1.837,57 EUR analog § 387 BGB die Aufrechnung erklärt hat (zur entsprechenden Anwendung von § 387 BGB auf überzahlte Krankenhausvergütung BSG Urt. v. 23.6.2015 - B 1 KR 26/14; Urt. v. 21.4.2015 - B 1 KR 8/15 R). Vorliegend fehlt es zum einen bereits an einer wirksamen, hinreichend bestimmten Aufrechnungserklärung. Zum anderen war die in Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Beklagten aufgrund der Besonderheiten nach § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung 2010 nicht fällig.

a) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus der Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Grundsätzlich ist eine Aufrechnung auch im Verhältnis von Krankenhausträgern und Krankenversicherern zulässig trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 SGB I, denn es besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten. Dabei sind die zivilrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung (§§ 387 ff BGB) anzuwenden (vgl. bereits BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R, Rnr. 15 m. w. N., juris). Voraussetzung dieses einseitigen Gestaltungsrechts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der wirksamen Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige, und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung muss dabei uneingeschränkt wirksam und fällig sein, die Hauptforderung muss jedoch lediglich erfüllbar sein (Gursky in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 387 Rnr. 136 f; BSG, Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R- Rnr. 13, juris).

b) Die Aufrechnung der Beklagten ist bereits unwirksam, weil es an einer wirksamen Aufrechnungserklärung im Sinne des § 388 BGB fehlt, welche die vom BSG aufgestellten Mindestvoraussetzungen - im Falle von Sammelrechnungen - erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 21/03 R).

aa) Vorliegend ist in Auswertung der Verwaltungsakten der Beklagten sowie des Vorbringens der Beteiligten einschließlich der dazu vorgelegten Dokumente in beiden Instanzen festzustellen, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine ausdrücklichen Aufrechnungserklärung abgegeben hat. Das Schreiben der Beklagten vom 07.02.2010 (Bl. 24 Akte der Beklagten) an die Klägerin ist nur eine Ankündigung, dass die Beklagte bei Nichteingang der des Rückforderungsbetrages in Höhe von 1.837,57 EUR bis zum 28.02.2011 den Betrag absetzen wird. Die Anforderungen an eine Aufrechnungserklärung mit Benennung der konkreten Gegenforderung gegen die aufgerechnet werden soll erfüllt diese Ankündigung nicht. Auch das Schreiben der Beklagten vom 31.05.2011 erfüllt die Anforderungen einer Aufrechnung nicht. Mit Schreiben vom 31.05.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auch nach nochmaliger Prüfung die Verweildauer des stationären Aufenthalts um insgesamt zwei Tage verkürzt hätte werden können. Ferner heißt es in dem Schreiben, dass der Rückforderungsbetrag von 1.837,57 EUR bereits am 08.04.2011 teilweise abgesetzt worden sei und eine erneute Rechnungskorrektur vorgenommen werde. Nicht bestimmt wurde, bei welcher konkreten Rechnung der Klägerin und in welcher konkreten Höhe der Teilabzug stattgefunden hat und bei welcher weiteren Rechnung der erneute (Rest-)abzug stattfinden soll. Die Abrechnungen vom 15.04.2011 und vom 03.06.2011 genügen diesen Voraussetzungen einer Aufrechnungserklärung ebenfalls nicht. Ausweislich des Zahlungsavis vom 15.04.2011 zahlte die Beklagte auf die Rechnung der Klägerin für den Versicherten P. S. (RG-Datum 28.03.2011 und RG-Nummer 1101212) in Höhe von 9.038,91 EUR einen Betrag von 859,31 EUR nicht und leistete an die Klägerin einen Betrag von 8.179,60 EUR. Aus einem weiteren Zahlungsavis vom 03.06.2011 ergibt sich, dass die Beklagte bei einem Rechnungspaket ua. bei der Abrechnung für die Versicherte H. F. (RG-Datum 13.5.2011 und RG-Nummer 1102099) in Höhe von 2.409,24 EUR sowie bei den Rechnungsnummern 1102100 und 1102106 vom 13.05.2011 (1.521,76 EUR bzw. 4.034,88 EUR) einen Betrag von 978,26 EUR nicht zahlte, so dass statt eines Gesamtbetrages von 7.965,88 EUR ein Betrag von 6.987,62 EUR überwiesen wurde. Gerade bei der Rechnung vom 03.06.2011 kann nicht zugeordnet werden, welche der dort aufgeführten Rechnungen der Klägerin und in welcher Höhe durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollten. In dem Rechnungspakt vom 03.06.2011 wurde nicht nur die Rechnung der Versicherte H. F. (RG-Datum 13.5.2011 und RG-Nummer 1102099) abgerechnet, sondern noch weitere Rechnungen vom selben Tag (13.05.2011) nicht näher bezeichneter Versicherten mit den Rechnungsnummern 1102100 bzw. 1102106 in Höhe von 1.521,76 EUR bzw. 4.034,88 EUR. Damit ist nicht erklärt aber auch nicht erkennbar, in welcher Reihenfolge und in welcher Höhe die jeweils unstrittigen Forderungen der Klägerin zum Erlöschen gebracht werden sollten. Festzustellen ist somit, dass nicht ermittelt werden kann, auf welche Forderung der Klägerin der Überweisungsbetrag von von 6.987,62 Euro aus der Rechnung vom 03.06.2011 zu beziehen ist. Im vorliegenden Verfahren kann daher nur festgestellt werden, dass die Beklagte eine Verrechnung vorgenommen hat. Bei der Verrechnung oder auch "Abrechnung" werden gegenseitige offene Forderungen ausgeglichen. Die Modalitäten der Verrechnung bestimmen sich nach dem jeweiligen Verkehrsbereich oder anhand gesetzlicher Regelungen (BGH Urteil v. 07.04.2011 - VII ZR 209/09). Eine solche Verrechnung gegenseitiger Ansprüche ist im konkreten Fall aber unzulässig, da die Voraussetzungen des § 52 SGB I nicht vorliegen. So ist die Klägerin kein Leistungsträger im Sinne dieser Vorschrift. Die Verrechnung ist damit kein gesetzlich vorgesehenes Rechtsinstitut in den Fällen, bei denen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen Abrechnungen streitig sind. In diesen Fällen finden vielmehr die Grundsätze der Aufrechnung Anwendung, deren Voraussetzungen aber tatsächlich nicht erfüllt sind.

bb) Selbst wenn man vorliegend in dem Verhalten der Beklagten eine konkludente Aufrechnungserklärung erblickte, so fehlte es jedoch an der notwendigen Bestimmtheit der Aufrechnungserklärung. Welchen Inhalt eine wirksame Aufrechnungserklärung haben muss, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Da die beiderseitigen Forderungen aber nur soweit erlöschen, als sie sich decken, müssen, damit das Erlöschen der jeweiligen Forderungen festgestellt werden kann, Art und Umfang in der Erklärung eindeutig bezeichnet werden. Dazu gehören insbesondere Angaben über die Höhe, den Rechtsgrund, die Bezugszeiten, die Fälligkeit der Forderung sowie die Darlegung, ob die Forderung bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt worden ist (so BSG v. 24.07.2003 - B 4 RA 60/02 R - SozR 4-1200 § 52 Nr. 1, Rn. 21; vgl. auch Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 51 SGB I Rn. 46; ). Auch wenn das zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehende Dauerabrechnungsverhältnis dazu führt, dass nicht allzu hohe Anforderungen an die Voraussetzung einer Aufrechnung zu stellen sind, so müssen doch Minimalanforderungen an die Bestimmtheit einer Aufrechnungserklärung eingehalten werden. Andernfalls könnten die Wirkungen der Aufrechnung im Sinne des § 389 BGB nicht festgestellt werden. Nach dieser Vorschrift bewirkt die Aufrechnung, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber getreten sind. Um Rechtssicherheit zu erlangen, muss für alle Beteiligten klar sein, welche Forderungen, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden sollen. Dies erfordert auch die Rechtsklarheit, um sicherzustellen, welche - bislang - unstreitigen Forderungen erloschen sein sollen. Im Rahmen der Abrechnungen vom 15.04.2011 bzw. 03.06.2011 ist dies nicht zu erkennen. Es fand vielmehr ein Rückbuchung des strittigen Betrages von 1.837,57 Euro in der Form statt, dass dieser Betrag bei verschiedenen Rechnungen bzw. Rechnungspaketen nicht gezahlt wurde mit der Folge, dass es zu einer Überweisung von 8.179,60 Euro (Rechnung vom 15.04.2011) bzw. 6.987,62 EUR (Rechnung vom 03.06.2011) gekommen ist. In welcher Höhe die einzelnen Hauptforderungen insbesondere bei der Rechnung vom 03.06.2011 ggf. in welcher Reihenfolge getilgt wurden, lässt sich der Abrechnung nicht entnehmen. Da eine Aufrechnung rechtsgestaltend wirkt, muss sich die beabsichtigte Rechtsänderung klar und unzweideutig aus der Erklärung ergeben. Fehlt es an der danach erforderlichen Bestimmtheit, ist die Aufrechnungserklärung unwirksam (OLG Köln, NJW 2005, 1127). So liegt es hier. Ist unklar, gegen welche Forderungen sich die Aufrechnung richtet, entstehen für die Kliniken auch buchhalterische Unsicherheiten, weil nicht klar ist, welche bereits bezahlten Forderung von "Erloschen" auf wieder "offen" zu buchen sind. Eine Buchführung muss jedoch nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung (vgl. nur §§ 238, 239 Abs. 2, 234 Abs. 2 HGB) so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen § 238 Abs. 1 HGB. Zu einer ordnungsmäßigen Buchführung gehört auch ein Verbot, Vermögenswerte und Schulden sowie Aufwendungen und Erträge miteinander zu verrechnen (Bruttoprinzip, Saldierungsverbot).

c) Vorliegend kann darüber hinaus im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die fehlende Bestimmtheit der Aufrechnungserklärung durch die Auslegungsregel § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 366 Abs. 2 BGB geheilt werden kann, da jedenfalls die Gegenforderung vorliegend nach den Besonderheiten von § 12 Ziff. 2 der anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung 2010 nicht fällig war und somit keine Aufrechnungslage vorlag. Das Bundessozialgericht betont zwar in ständiger Rechtsprechung, dass bei Krankenhausabrechnungen grundsätzlich von den Krankenkassen das Rechtsinstitut der Aufrechnung eingesetzt werden darf, gleichzeitig weist das BSG stets darauf hin, dass die landesrechtlichen Besonderheiten bzw. die Besonderheiten der jeweiligen Pflegsatzvereinbarung zu beachten sind (BSG, Urteile vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R, Rnr. 27; B 1 KN 2/08 KR R Rnr. 37; sowie B 1 KN 3/08 KR R, Rnr. 37- zitiert jeweils nach juris). Nach dem Urteil des Senats vom 23.09.2014 - 5 KR 322/10 - stellt die Regelung in § 12 Ziff. 2 der Pflegesatzvereinbarung 2010 nicht lediglich eine Verfahrensbestimmung dar. Dies folgt schon daraus, dass sie als Gegenstück zu § 12 Ziff. 2 in beiden Alternativen (Satz 2 einvernehmliche Korrektur der Rechnung und Satz 3 gerichtliche Auseinandersetzung) ebenfalls eine Drei-Wochen-Frist als Zahlungsziel festsetzt. Zudem ist auch in Ziffer 2 bei Überschreitung der Zahlungsfrist ein Verzugszins (Satz 4) zu zahlen. Es handelt sich also bei § 12 Ziff. 2 der Vereinbarung um eine echte vertragliche Fälligkeitsbestimmung. Denn bei einer Zeitbestimmung wie hier ist analog § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Namentlich regelt die Pflegesatzvereinbarung, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rückzahlungsfrist des zu viel bezahlten Betrags drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt § 12 Ziff. 2 Satz 3. Damit haben die Beteiligten eine zweistufige Fälligkeit vertraglich geregelt, an die sie sich halten müssen. Zum einen wurde die Anspruchsfälligkeit geregelt (1. Stufe). Danach hat die Beklagte bei einer behaupteten Überzahlung einen möglichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch einzuklagen. Der konkret zu erstattende Betrag ist jedoch von der Klägerin erst drei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung zurückzuzahlen. Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Zahlungsfälligkeit (2. Stufe). Für eine wirksame Aufrechnung wäre aber neben der Anspruchsfälligkeit auch die Zahlungsfälligkeit notwendig. An dieser fehlt es vorliegend. Fälligkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, dass zunächst die Klägerin die ursprüngliche Rechnung storniert und eine neue Rechnung ausstellt hätte (vgl. § 12 Ziffer 2 Satz 2 - Fälligkeit bei einvernehmlichen Lösungen). Dies ist bislang aufgrund des Dissenses der Beteiligten nicht erfolgt. Solange aber keine neue Rechnung ausgestellt ist, wird die Rückforderung nach der gültigen Pflegesatzvereinbarung nicht fällig. Die Zahlungs-, Fälligkeits- und Zinsbestimmung in § 12 Ziffer 2 Pflegesatzvereinbarung 2010 stellt auch keine überraschende und unzumutbare Regelung dar (vgl. ausführlich hierzu Urteil des Senats vom 07.02.2012 - L 5 KR 244/11). Dies gilt vorliegend umso mehr, als dass die medizinisch notwendige Dauer des Aufenthalts im streitgegenständlichen Fall nicht feststeht. Dem klägerischen Anspruch steht somit auch nicht der dolo-agit-Grundsatz als eine spezielle Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist damit auch mangels Fälligkeit der Gegenforderung unwirksam.

II. Die in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2015 zulässig erhobene Widerklage (§ 100 SGG) ist aufgrund eingetretener Verjährung unbegründet.

1. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Widerklage im Berufungsverfahren selbst ohne Einwilligung des Gegners möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 100 Rdn. 3a). Auch der in der Vorschrift geforderte Zusammenhang des mit der Widerklage erhobenen Anspruchs mit dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist gegeben, denn insoweit genügt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang (a. a. O. Rdn. 4). Vorliegend besteht eine wirtschaftliche Identität zwischen Klageverfahren und der Widerklage.

2. Die Widerklage war aufgrund eingetretener Verjährung abzuweisen. Der Anspruch einer Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung (BSG Urt. v. 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R, Rn. 44 - zitiert nach juris; vgl. auch z. B. BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 RdNr. 12; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr. 8, RdNr. 39; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1, RdNr. 25). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung begann nach Ablauf des Jahres 2010 entsprechend § 45 Abs. 1 SGB I, also nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im gleichgeordneten Leistungserbringungsverhältnis entsteht bereits im Augenblick der Überzahlung (vgl. z. B. BSGE 69, 158, 163 = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1; BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 RdNr. 12 m. w. N.; Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S 374 f), hier also mit der vollständigen Begleichung der Rechnung zum 19.10.2010. Die Beklagte hat erst im Jahre 2015 und somit nach Eintritt der Verjährung (Ablauf 31.12.2014) Widerklage erhoben. Eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB ("Geltendmachung der Aufrechnung im Prozess) ist nicht eingetreten, da hier eine vorprozessual vollzogene Verrechnung vorliegt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB nicht vor. Aus diesen Gründen war die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

III. Die Kostentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Da über die Kosten für Klage und Widerklage einheitlich zu entscheiden ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 100 Rn. 7) und die Beklagte jeweils unterlag, hat die Beklagte die vollständigen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG. Die Streitwerte von Klage und Widerklage sind vorliegend nicht zu addieren, da wirtschaftlich die gleiche Forderung im Streit steht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 100 Rn. 7).

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Verhältnis zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenversicherung bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 22.03.2004 - B 3 KR 21/03 R, vom 28.09.2006 - B KR 23/05 R sowie vom 01.07.2014 - B 1 KR 24/13 R). Zudem wurde die hier streitentscheidende Formulierung der Pflegesatzvereinbarung 2010 ausschließlich im Freistaat Bayern verwendet. Seit 2011 findet sie auch hier keine Anwendung mehr.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten zu gewährleisten.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die Förderung des Belegarztwesens und der Behandlung in Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxiskliniken),
2.
die gegenseitige Unterrichtung über die Behandlung der Patienten sowie über die Überlassung und Verwendung von Krankenunterlagen,
3.
die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes; darüber hinaus können auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ergänzende Regelungen zur Vergütung vereinbart werden,
4.
die Durchführung einer vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a einschließlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Verhinderung von Mißbrauch; in den Verträgen können von § 115a Abs. 2 Satz 1 bis 3 abweichende Regelungen vereinbart werden,
5.
die allgemeinen Bedingungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus,
6.
ergänzende Vereinbarungen zu Voraussetzungen, Art und Umfang des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a.
Sie sind für die Krankenkassen, die Vertragsärzte und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das zuständige sektorenübergreifende Schiedsgremium gemäß § 89a.

(3a) (weggefallen)

(4) Kommt eine Regelung nach Absatz 1 bis 3 bis zum 31. Dezember 1990 ganz oder teilweise nicht zustande, wird ihr Inhalt durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. Eine Regelung nach den Absätzen 1 bis 3 ist zulässig, solange und soweit die Landesregierung eine Rechtsverordnung nicht erlassen hat.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.