Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Okt. 2003 - 3 W 32/03; 3 Y 13/03

29.10.2003

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18.9.2003 - 1 F 39/03 - wird zurückgewiesen.

2. Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird nicht gewährt.

3. Die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

5. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Klage 1 K 171/03 und dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren 1 F 39/03 gegen den nachträglich für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 22.7.2003, wonach sie für die Klassenstufe 6 von der ein Jahr lang besuchten Erweiterten Realschule S in die Schule für Lernbehinderte in S umgeschult wird. Das Verwaltungsgericht hat in dem Beschluss vom 18.9.2003 - 1 F 39/03 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt und das als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausgelegte Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich in der Sache die Antragstellerin - die Mutter der Antragstellerin ist nur versehentlich als Beschwerdeführerin bezeichnet -, die für beide Instanzen Prozesskostenhilfe begehrt, im Beschwerdeverfahren und macht geltend, das Verwaltungsgericht habe das Ziel ihres Begehrens verkannt, da sie zusätzlich integrative Unterrichtung in der Regelschule begehre.

II.

Die nach § 146 I zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts bleibt ebenso erfolglos wie der Antrag auf Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, da nach den §§ 166 VwGO, 114 ZPO auch unter Einbeziehung der sachdienlichen Antragsänderung (§ 91 I VwGO) keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt.

Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren klargestellt, dass es ihr mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht schlicht um die Fortsetzung des Schulbesuchs in der Regelschule geht, sondern um die integrative Betreuung in der Regelschule nach § 1 der Integrations-Verordnung in der Fassung der ÄnderungsVO vom 4.7.2003 (Amtsbl. S. 1910). Erstrebt eine Schülerin wie hier nicht nur die Fortsetzung des Status quo, sondern eine andersartige Beschulung als vom Antragsgegner angeordnet und als bisher, ist dem in Form eines einstweiligen Rechtsschutzbegehrens auf der kombinierten Rechtsgrundlage der §§ 80 und 123 VwGO zulässigerweise Rechnung zu tragen,

vgl. Beschluss des Senats vom 11.9.2002 - 3 W 21/02 -, S. 2 des amtl. Umdrucks,

was hier noch im Wege einer sachdienlichen Antragsänderung geschehen kann (§ 91 I VwGO).

In der Sache selbst bleibt das Begehren aber erfolglos, da nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts die Umschulung in die Schule für Lernbehinderte auf der Grundlage der §§ 4 IV Nr. 6 Schulordnungsgesetz (SchoG) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 1990), 6 I und II Schulpflichtgesetz in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 1990) sowie 6 der Schulpflichtverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 21.11.2000 (Amtsbl. S. 2035) voraussichtlich Bestand hat.

In formaler Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass ungeachtet der Rügen der Antragstellerin das auf die Umschulung bezogene Verwaltungsverfahren nach § 6 II Schulpflichtgesetz sowie § 6 Schulpflichtverordnung korrekt durchgeführt ist. Eine Anhörung der erziehungsberechtigten Mutter (§ 6 II Schulpflichtgesetz, § 6 III Schulpflichtverordnung) hat stattgefunden; ebenso ein Überprüfungsverfahren mit dem sonderpädagogischen Gutachten vom 26.3.2003 (§ 6 II Schulpflichtgesetz, § 6 IV Schulpflichtverordnung) und die zwischenzeitlich nach dem Änderungsgesetz vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 1990) nicht mehr obligatorische Hinzuziehung eines Schulpsychologen nach § 6 II Schulpflichtgesetz hat in Form der Stellungnahme des schulpsychologischen Dienstes vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 59) stattgefunden. Dagegen betreffen die von der Antragstellerin aufgeführten formellen Fehler des Förderausschusses vom 28.5.2003 (Behördenakte Bl. 53, 49)

Stimmengewichtung der alleinerziehenden Mutter nur mit einer Stimme statt wie vorgeschrieben mit zwei Stimmen nach § 8 I 2 Integrationsverordnung sowie nach der Antragserwiderung unstreitig keine Anhörung des Vorsitzenden der Elternvertretung nach § 8 V Integrationsverordnung

das vom Verfahrensgegenstand zu unterscheidende Verwaltungsverfahren zur Integrationsfeststellung nach den §§ 6 bis 8 Integrationsverordnung, bei dem etwaige Verfahrensfehler einen Integrationsanspruch von vornherein nicht begründen können.

Mithin entscheidet der Senat wie das Verwaltungsgericht in der Sache insbesondere auf der Grundlage des überzeugenden sonderpädagogischen Gutachtens vom 26.3.2003 (Behördenakte Bl. 42). Bei der Würdigung der Schulleistung in der ein Jahr besuchten Erweiterten Realschule weist das Jahreszeugnis vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 69) mangelhafte Leistungen in Deutsch, Mathematik, Französisch, Biologie und Erdkunde auf. In dem gleichzeitig erstellten Entwicklungsbericht vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 68) ist dazu insbesondere ausgeführt, dass es der Antragstellerin oft am grundlegenden Verständnis fehlt. Zur schulischen Situation ist im sonderpädagogischen Gutachten vom 26.3.2003 ausgeführt, dass der Antragstellerin in Deutsch sämtliche Grundkenntnisse fehlen, in Mathematik große Probleme in den Grundrechenarten bestehen und sie im Sachunterricht Sachverhalte nicht begreift, was der Gutachter zusammenfassend als völliges Schulversagen bezeichnet. Das Unverständnis von Sachverhalten wird in dem Gutachten überzeugend mit den den Ergebnissen der Intelligenztests erklärt, wonach bei dem CPM-Test mit einem Prozentsatz von 3 die Leistungsstufe geistiger Behinderung erreicht wird und der CFT-Intelligenztest einen IQ nach der Altersnorm von 68 ergibt. Nachvollziehbar hält der Gutachter bei seiner Anhörung durch den Förderausschuss (Behördenakte Bl. 53) eine Integrationsmaßnahme an der Regelschule bei dieser Sachlage nicht für sinnvoll. Der Senat würdigt in seiner Rechtsprechung zur Frage eines deutlichen Intelligenzrückstandes (§ 4 IV Nr. 6 SchoG) als Voraussetzung des Besuchs der Schule für Lernbehinderte, dass abweichend von dem Normalfall eines Intelligenzquotienten von 100 ein Wert von 70 bis 80 eine leichte Intelligenzeinschränkung enthält, ein Wert von 60 bis 70 bereits eine mittelgradige und ein Wert von unter 60 eine hochgradige Einschränkung bedeutet.

Beschluss des Senats vom 11.9.2002 - 3 W 21/02 -, S. 6 des amtl. Umdrucks; unter Verweisung auf den Duden, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrük-ke, 6. Auflage 1998, Stichwort: Intelligenzquotient.

Das durch die Intelligenzeinschränkung als langfristigen Faktor bedingte Nichtverstehen von Sachverhalten mit der Konsequenz eines vollständig fehlenden Erfolgs an der Regelschule bietet keinen positiven Anhaltspunkt dafür, für eine zieldifferente Unterrichtung (§ 9 Integrationsverordnung) einen individuellen Förderplan aufzustellen (§ 3 Satz 2 der Integrationsverordnung). Bei der Frage der besten Förderungsform leuchtet es nicht ein, dass die Förderung gerade in der Schulart erfolgen soll, in der es in kürzester Zeit zu einem verglichen mit der Grundschule schwerwiegenden Misserfolg gekommen ist.

Die Antragstellerin führt in der Beschwerdebegründung insgesamt keinen überzeugenden Gesichtspunkt an, der die dem deutlichen Intelligenzrückstand entsprechende geeignete Schulform der Schule für Lernbehinderte ausschließt. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung der Stellungnahme des schulpsychologischen Dienstes vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 58) entgegenhält, sie widerspreche hinsichtlich sozialer Integration und Selbstwertgefühl dem doch positiveren Entwicklungsbericht der erweiterten Realschule vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 68), trifft dies unstreitig zu. Die wohl teilweise unzutreffende Beurteilung des Sozialverhaltens der Antragstellerin durch den schulpsychologischen Dienst ändert aber nichts daran, dass dessen Stellungnahme überzeugt, soweit es um die intelligenzbedingte Bestätigung der gravierenden Lernschwäche geht und eine künftig stärkere Absicherung des Selbstwertgefühls der Antragstellerin. Letztlich führen Schulerfolge an der insgesamt für die besonderen Bedürfnisse der Lernbehinderten eingerichteten Schule zu einem auch künftig abgesicherten Selbstwertgefühl der Antragstellerin, was für ihre Lebensbewältigung von Bedeutung ist.

Soweit die Antragstellerin wie auch das Verwaltungsgericht (S. 10 des Beschlusses) eine Diskrepanz zu dem positiveren Entwicklungsbericht der Grundschule vom 25.1.2002 (Behördenakte Bl. 2/1) sehen, trifft dies im Ansatz zu. Immerhin schließt aber der Entwicklungsbericht der Grundschule an das Halbjahreszeugnis an, das für das Fach Mathematik die Note mangelhaft enthält, und im Entwicklungsbericht selbst ist ausgeführt, dass sich selbstständiges Denken der Antragstellerin nicht erschließen lässt. Die in dem sonderpädagogischen Gutachten festgestellte Einschränkung des Denkvermögens und des Verständnisses enthält mithin keine schwerwiegende Diskrepanz zu dem Entwicklungsbericht der Grundschule, der sehr vorsichtig abgefasst selbstständiges Denken nicht bestätigen kann.

Soweit die Antragstellerin weiter annimmt, der neuere Entwicklungsbericht der Erweiterten Realschule vom 18.7.2003 (Behördenakte Bl. 68) bestätige eine positive Entwicklung und merkliche Fortschritte und damit gerade einen deutlichen Ansatzpunkt für Integrationsmaßnahmen an der Regelschule, überzeugt dies nicht. Die in dem Entwicklungsbericht bestätigten Fortschritte beziehen sich allein auf das Arbeitsverhalten der Antragstellerin, nicht aber auf ihr Denkvermögen und ihre Auffassungsgabe, bei der es nach dem Entwicklungsbericht oft am grundlegenden Verständnis fehlt; darüber hinaus führt der Entwicklungsbericht abschließend ausdrücklich den festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf an. Ein Ansatzpunkt für eine Integrationsmaßnahme an der Regelschule lässt sich diesem Entwicklungsbericht nicht entnehmen.

Nach allem ist festzustellen, dass nach der Gutachtenlage sowohl das öffentliche Interesse an einer effektiven schulischen Ausbildung wie auch vor allem das wohlverstandene Interesse der Antragstellerin an einer langfristig für ihr Selbstbewusstsein förderlichen Ausbildung für eine nunmehr durchzuführende sofortige Vollziehung der Umschulungsverfügung (nach der Antragserwiderung ist dies noch nicht geschehen) und damit deren Befolgung bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens sprechen. Mit dem Besuch der Sonderschule für Lernbehinderte ist nach der Senatsrechtsprechung keine Diskriminierung verbunden.

Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 20.4.1995 - 8 U 7/95 -, S. 5 des amtl. Umdrucks.

Die dortigen Pädagogen sind für ihre Aufgabe besonders ausgebildet, und es sollte auch der Mutter der Antragstellerin einen Versuch wert sein, ob die Antragstellerin dort nicht besser als bisher schulisch gefördert werden kann.

Nach allem bleibt die Beschwerde mit Blick auf das einstweilige Anordnungsverfahren erfolglos.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 II VwGO.

Für die Streitwertentscheidung in Umschulungssachen ergibt sich aus der Senatsrechtsprechung nach den §§ 13, 14 GKG unter Mitberücksichtigung von Nr. 37.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 1996, 605) der Auffangwert von nach § 13 I 2 GKG 4.000,-- Euro.

Beschluss des Senats vom 11.9.2002 - 3 W 21/02 -, S. 7 des amtl. Umdrucks.

Wegen der Vorläufigkeit des Rechtsschutzverfahrens ist dieser Wert zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 13 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 14 Ausnahmen von der Abhängigmachung


Die §§ 12 und 13 gelten nicht,1.soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,2.wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder3.wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft g

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Die §§ 12 und 13 gelten nicht,

1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,
2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder
3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass
a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder
b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.