Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 25. Mai 2007 - 2 B 192/07

published on 25.05.2007 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 25. Mai 2007 - 2 B 192/07
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. April 2007 – 2 L 478/07 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I .

Der Antragsteller ist burkinischer Staatsangehöriger, abgelehnter Asylbewerber und seit Januar 2002 vollziehbar ausreisepflichtig. (vgl. hierzu das das Erstverfahren abschließende Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.1.2003 – 12 K 4/02.A - und im Übrigen den auf einen Folgeantrag des Antragstellers ergangenen Bescheid des Bundesamts vom 20.3.2007 – 5246989-258 –, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wurde) Er wendet sich gegen die vom Antragsgegner betriebene Rückführung in sein Heimatland, befindet sich derzeit in A-Stadt in Abschiebe- und gleichzeitig Untersuchungshaft und begehrt vorliegend vorläufigen Abschiebungsschutz im Wege einstweiliger Anordnung.

Drei bisherige Abschiebungsversuche des Antragsgegners blieben erfolglos. Der erste Versuch über den Airport in Frankfurt/Main im Januar 2007 scheiterte daran, dass der Antragsteller massiven körperlichen Widerstand leistete, (vgl. hierzu den Bericht des Bundespolizeiamts Flughafen Frankfurt/Main vom 29.1.2007, wonach letztendlich der Flugkapitän die Beförderung des Antragstellers abgelehnt hat) der zweite im März 2007 über den Flughafen A-Stadt daran, dass er in seiner Zelle der Haftanstalt A-Stadt „mutmaßlich“ Feuer legte und anschließend aufgrund dadurch erlittener Verletzungen vorübergehend reiseunfähig war. (vgl. hierzu etwa den Pressebericht in der Zeitung „Die Welt“ vom 21.3.2007, „Häftling bei Feuer in Gefängnis schwer verletzt“, und den ausführlichen Polizeibericht vom 19.3.2007 über den dort als schwere Brandstiftung (§ 306a StGB) eingestuften Vorfall)

Im Vorfeld des im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft in A-Stadt für den 16.4.2007 vorgesehenen (dritten) Abschiebungsversuchs stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht den vorliegendem Rechtsmittelverfahren zugrunde liegenden Abschiebungsschutzantrag. Zur Begründung machte er geltend, dass er nicht über die für eine legale Einreise in sein Heimatland notwendigen Dokumente verfüge.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 12.4.2007 – 2 L 478/07 – zurückgewiesen. In den Gründen heißt es, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Abschiebeversuch nach Burkina Faso von vorneherein zum Scheitern verurteilt sei, weil dem Antragsteller dort die Einreise nicht gestattet werde, auch wenn keine schriftliche „Übernahmebestätigung“ von Behörden des Heimatlandes vorliege. Deren Bereitschaft, den Antragsteller einreisen zu lassen, könne nur „im Rahmen eines (einmaligen) Abschiebungsversuchs tatsächlich festgestellt werden“. Vor den Nachteilen eines möglicherweise letztlich erfolglosen Abschiebungsversuchs sei der Antragsteller unter dem Aspekt tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung erst dann zu bewahren, wenn eine Einreisemöglichkeit ausgeschlossen erscheine. Das sei nicht der Fall.

Auch dieser Abschiebungsversuch am 16.4.2007 scheiterte indes. Dem Antragsteller wurde von den Behörden des Heimatlandes in Ouagadougou die Einreise verweigert. Seit 18.4.2007 befindet er sich wieder in A-Stadt.

Daraufhin hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhoben. Er macht geltend, weitere Abschiebemaßnahmen seien in seinem Fall wegen tatsächlicher Unmöglichkeit unzulässig. Demgegenüber habe der Antragsgegner telefonisch erklärt, schnellstmöglich weitere Abschiebungsversuche unternehmen zu wollen.

Der Antragsgegner führt aus, nach einer Mitteilung der Ausländerbehörde in A-Stadt habe am 4.5.2007 eine Besprechung mit dem burkinischen Botschafter stattgefunden, bei der die Ausstellung eines Passersatzdokuments für den Antragsteller „in den nächsten sechs bis acht Wochen zugesichert“ worden sei. Erst wenn dieses Dokument vorliege, werde der Vollzug der Abschiebung seinerseits erwogen.

Der Antragsteller lässt sich dazu wie folgt ein: Nach der Vorgeschichte sei von dem Antragsgegner zumindest die Vorlage eines Besprechungsvermerks zu verlangen, aus dem hervorgehe, wer mit dem burkinischen Botschafter gesprochen haben wolle und von welchem Passersatzdokument dabei konkret die Rede gewesen sein solle. Ein „entfernter Verwandter“ von ihm – dem Antragsteller – namens S A. habe anlässlich eines am 10.5.2007 in Berlin mit dem burkinischen Botschafter Xavier N. geführten Gesprächs in Erfahrung gebracht, dass das vom Antragsgegner behauptete Gespräch mit diesem über den Antragsteller „niemals geführt“ worden sei.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12.4.2007 – 2 L 478/07 –, mit dem sein Antrag, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen, zurückgewiesen wurde, rechtfertigt bei Zugrundelegung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang abschließend bestimmenden Vorbringens im Beschwerdeverfahren keine abweichende Entscheidung.

Dabei kann zunächst dahinstehen, ob der vom Antragsteller im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24.4.2007 formulierte Rechtsbehelf statthaft ist. Bei wörtlichem Verständnis begehrt der Antragsteller zunächst die „Zulassung der Beschwerde“ (Antrag zu 1.), deren es seit dem 1.1.2002 nicht (mehr) bedarf. (vgl. für den umgekehrten Fall etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.1.1998 – 1 V 4/98 -, SKZ 1998, 239, Leitsatz Nr. 3, wonach die Umdeutung eines – damals – unzulässigen Rechtmittels der Beschwerde in einen – damals – allein statthaften Antrag auf Zulassung der Beschwerde zumindest bei anwaltlich vertretenen Rechtsmittelführern nicht in Betracht kam) Ebenfalls soll hier nicht vertieft werden, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts zum Abschiebungsschutzersuchen des Antragstellers hinsichtlich seiner Beurteilungsgrundlagen und der tatsächlichen Verhältnisse durch den erneut erfolglos gebliebenen Abschiebungsversuch Mitte April diesen Jahres gewissermaßen „überholt“ ist, weswegen im Rechtsmittelverfahren ein völlig neuer Sachverhalt zur Entscheidung gestellt wird.

Der Antragsgegner weist zu Recht darauf hin, dass auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens, wonach mit der Ausstellung eines die Einreise des Antragstellers in sein Heimatland Burkina Faso und damit die Abschiebung ermöglichenden Dokuments nicht zu rechnen sei, nicht verständlich ist, woraus sich ein Rechtsschutzbedürfnis für das im vorliegenden Verfahren reklamierte Abschiebungsschutzersuchen ergeben sollte. Dafür, dass der Antragsgegner den Antragsteller aus unsachgemäßen, letztlich schikanösen Gründen heraus trotz auch seinerseits erkannter Unmöglichkeit mit Abschiebemaßnahmen überzöge, gibt es keine Anhaltspunkte.

Aber auch bei unterstellter Zulässigkeit der Beschwerde zur „Weiterverfolgung“ des Begehrens, dem Antragsgegner vorläufig die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ihm gegenüber zu untersagen, müsste dieses zumindest in der Sache ohne Erfolg bleiben. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Nach derzeitigem Sachstand ist zum einen davon auszugehen, dass der Antragsteller seit Jahren vollziehbar ausreisepflichtig ist, also kein Aufenthaltsrecht besitzt und die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen hat. Zum anderen hat der Antragsgegner nichts anderes angekündigt, als dass er diese Ausreisepflicht, welcher der Antragsteller – wie die massiven Widerstandshandlungen bei den bisherigen Abschiebeversuchen und die fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung der notwendigen Dokumente deutlich zeigen – offensichtlich freiwillig nicht nachzukommen bereit ist, entsprechend dem gesetzlichen Auftrag des § 58 Abs. 1 AufenthG durchsetzen möchte, sobald eine von der burkinischen Botschaft in Berlin zugesicherte Ausstellung eines Passersatzpapiers erfolgt ist.

Dass die Passlosigkeit eines ausreisepflichtigen Ausländers, sofern sie mit einer konkret und dauerhaft fehlenden Rückführungsmöglichkeit verbunden ist, allgemein in bestimmten Fällen ein rechtliches Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG begründen kann, hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Diese Voraussetzungen können indes nach der veränderten gegenwärtigen Sachlage im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht angenommen werden. Nach dem Vortrag des Antragsgegners hat die Botschaft von Burkina Faso gegenüber Vertretern der Ausländerbehörde von A-Stadt die vergleichsweise zeitnahe Ausstellung von Passersatzpapieren zugesichert. Die zur Widerlegung dieser Aussagen seitens des Antragstellers für die 20. Kalenderwoche angekündigte Vorlage einer „Bestätigung“ der burkinischen Botschaft ist bis heute nicht erfolgt. Welchen Grund der Antragsgegner beziehungsweise die von ihm eingeschaltete Ausländerbehörde von A-Stadt haben sollte, trotz der mehrfach fehlgeschlagenen Versuche, den Antragsteller in sein Heimatland zurückzuführen, auf Bemühungen zur Beschaffung von Papieren für diesen zu verzichten, derartiges aber wahrheitswidrig im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu behaupten, ist nicht nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund ist insgesamt für die vorliegende Entscheidung von der zeitnahen Möglichkeit der Abschiebung auszugehen. Der Antrag wäre daher auch aus diesem Grund in der Sache zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwerts gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.