Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 13. Feb. 2014 - 16 F 2/14
Tenor
Frau Peggy C. -C1. , In den I. 8, I1. , wird von ihrem Amt einer ehrenamtlichen Richterin bei dem Verwaltungsgericht Aachen entbunden.
1
Gründe:
2I.
3Der Präsident des Verwaltungsgerichts Aachen hat beantragt, Frau C. -C1. vom Amt der ehrenamtlichen Richterin zu entbinden, weil sie als Fraktionsassistentin im öffentlichen Dienst beschäftigt sei. Deshalb dürften die Voraussetzungen des Hinderungsgrunds des § 22 Nr. 3 VwGO (Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst) erfüllt sein; zum öffentlichen Dienst zählten auch Beschäftigte einer Fraktion als einer teilrechtsfähigen Teilgliederung des jeweiligen Vertretungsorgans.
4II.
5Frau C. -C1. ist gemäß § 24 Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1 und § 22 Nr. 3 VwGO auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Aachen von ihrem Amt als ehrenamtliche Richterin zu entbinden; denn sie ist als Fraktionsassistentin Angestellte im öffentlichen Dienst im Sinne des § 22 Nr. 3 VwGO.
6Der Zweck der Vorschrift des § 22 Nr. 3 VwGO liegt darin, Interessen- und Pflichtenkollisionen zu vermeiden, die richterliche Unabhängigkeit zu gewährleisten und das Verwaltungsgericht, vor dem typischerweise ein Staatsbürger Rechtsschutz gegenüber der Behörde einer staatlichen oder gemeindlichen Institution begehrt, nicht in den Verdacht zu bringen, dass es die Verwaltung zum Nachteil des Bürgers schütze. Durch die Inkompatibilitätsnorm des § 22 Nr. 3 VwGO soll daher erreicht werden, dass der Rechtssuchende auf der Richterbank neben den Berufsrichtern nicht ehrenamtliche Richter antrifft, die ihrerseits etwa der Verwaltung des Bundes, eines Landes, einer Kommune oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts als Beamte oder Angestellte unmittelbar angehören.
7Etwa OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2012 - 16 F 19/12 -, juris, m. w. N; Stelkens/Panzer, in: Schoch/Schneider/Bier, Loseblatt-Kommentar zur VwGO, Stand: April 2013, § 22 Rn. 7 f.
8Hiervon ausgehend ist der Begriff des öffentlichen Dienstes weit auszulegen.
9So OVG NRW in ständiger Rechtsprechung, Beschlüsse vom 27. April 1961 ‑ VIII E 16/61 -, DÖV 1961, 910, vom 26. Januar 1984 - 16 E 38/83 ‑, NVwZ 1984, 593, vom 26. April 1985 - 16 E 102/85 ‑, NVwZ 1986, 1029, vom 17. August 1993 - 16 F 215/93 ‑, NVwZ-RR 1994, 704, und vom 17. Dezember 2012 - 16 F 19/12 -, a. a. O.
10Danach beurteilt ist Frau C. -C1. eine Angestellte im öffentlichen Dienst im Sinne von § 22 Nr. 3 VwGO. Fraktionen stellen nämlich regelmäßig eine mit eigenen Rechten ausgestattete Teilgliederung des Vertretungsorgans dar. Sie sind Zusammenschlüsse von Mitgliedern der Volksvertretungen in Ausübung von deren organschaftlichen Mitgliedschaftsrechten und daher Organisationsformen des öffentlichen Rechts.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Januar 1989 ‑ 16 E 82/88 -, DÖD 1990, 197; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 3. Aufl. 2010, § 22 Rn. 16.
12Dies hat zur Folge, dass ein Fraktionsassistent im öffentlichen Dienst beschäftigt ist und nicht zu einem ehrenamtlichen Richter bestellt werden darf.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
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Referenzen - Gesetze
Zu ehrenamtlichen Richtern können nicht berufen werden
- 1.
Mitglieder des Bundestages, des Europäischen Parlaments, der gesetzgebenden Körperschaften eines Landes, der Bundesregierung oder einer Landesregierung, - 2.
Richter, - 3.
Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, soweit sie nicht ehrenamtlich tätig sind, - 4.
Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, - 4a.
(weggefallen) - 5.
Rechtsanwälte, Notare und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen.
(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er
- 1.
nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder - 2.
seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder - 3.
einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 geltend macht oder - 4.
die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt oder - 5.
seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.
(2) In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden.
(3) Die Entscheidung trifft ein Senat des Oberverwaltungsgerichts in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 und des Absatzes 2 auf Antrag des ehrenamtlichen Richters. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach Anhörung des ehrenamtlichen Richters. Sie ist unanfechtbar.
(4) Absatz 3 gilt entsprechend in den Fällen des § 23 Abs. 2.
(5) Auf Antrag des ehrenamtlichen Richters ist die Entscheidung nach Absatz 3 von dem Senat des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben, wenn Anklage nach § 21 Nr. 2 erhoben war und der Angeschuldigte rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.
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(weggefallen) - 5.
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(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er
- 1.
nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder - 2.
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einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 geltend macht oder - 4.
die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt oder - 5.
seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.
(2) In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden.
(3) Die Entscheidung trifft ein Senat des Oberverwaltungsgerichts in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 und des Absatzes 2 auf Antrag des ehrenamtlichen Richters. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach Anhörung des ehrenamtlichen Richters. Sie ist unanfechtbar.
(4) Absatz 3 gilt entsprechend in den Fällen des § 23 Abs. 2.
(5) Auf Antrag des ehrenamtlichen Richters ist die Entscheidung nach Absatz 3 von dem Senat des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben, wenn Anklage nach § 21 Nr. 2 erhoben war und der Angeschuldigte rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.