Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 24. Jan. 2012 - 1 O 6/11
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 16. Dezember 2010, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren 6 A 959/08 abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
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Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere binnen der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben worden, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
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Der Beklagte hat zu Gunsten der Klägerin, die einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Vater in Höhe von 171,- € hat, mit Bescheid vom 7. Juni 2005 Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 111,- € festgesetzt. Später stellte sich heraus, dass der Vater u.a. für die Monate Februar und Mai bis Oktober 2006 monatlich 77,- €, für die Monate November 2006 bis April 2007 monatlich 188,- € sowie für den Monat Mai 2007 86,- € an die Klägerin gezahlt hatte. Daraufhin forderte der Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 6. Juli 2007 die Rückzahlung von 77,- € für die Monate Februar sowie Mai bis Oktober 2006, von 111,- € für die Monate November 2006 bis April 2007 und von 86,- € für den Monat Mai 2007 (insgesamt 1.291,- €). Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2008) hat die Klägerin die im Tenor genannte Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Dabei hatte sie die Rückforderung der im Zeitraum November 2006 bis April 2007 monatlich gezahlten 111,- € (gesamt 666,- €) sowie bei den übrigen Zahlungen jeweils einen 60,- € übersteigenden Betrag anerkannt (gesamt 145,-). Bei dem Betrag von 60,- € handele es sich um das hälftige Kindergeld, das der Kindesvater auf Druck an die Klägerin gezahlt habe. Müsse die Klägerin auch dies an den Beklagten zurückzahlen, könne sie ihren Unterhaltsanspruch gegen den Vater nicht mehr realisieren, da der restliche Anspruch i. H. v. 111,- € auf den Beklagten nach § 7 Abs. 1 UVG übergegangen sei. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, der gleichzeitige Bezug von Unterhaltsleistungen aufgrund eines zivilrechtlichen Unterhaltstitels und Leistungen nach dem UVG widerspreche Sinn und Zweck von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG, die Nachrangigkeit der Hilfeleistungen zu sichern. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz seien nur zu gewähren, wenn der Berechtigte keine andere Möglichkeit habe, seinen Lebensunterhalt zu sichern.
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Das Beschwerdevorbringen führt letztlich zu keinem anderen Ergebnis. Der Berechtigte nach § 1 Abs. 1 UVG kann während des Bezuges von Unterhaltsleistungen Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils – hier des Vaters – nicht anrechenfrei vereinnahmen (Grube, UVG, Kommentar, § 7, Rn. 28).
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Die Klägerin meint, nach Zahlung des Beklagen von 111,- € an sie sei dieser Teil des gegen ihren Vater bestehenden Unterhaltsanspruches auf den Beklagten übergegangen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UVG) und der andere Teil des Unterhaltsanspruches in Höhe von 60,- € „bei ihr verblieben“. Es sei nicht zulässig, nunmehr diesen Teil (60,- €) zurückzufordern. Gerechtfertigt sei nur die Rückforderung der den Betrag von 60,- € übersteigenden Zahlungen des Vaters in den Monaten Februar und Mai bis Oktober 2006 sowie Mai 2007 in Höhe von (7 x) 17,- € bzw. (1x) 26,- €, zusammen 145,- €. Damit übersieht die Klägerin, dass sie aufgrund der mit Bescheid vom 6. Juli 2007 festgesetzten Rückzahlung von 1.291,- € nunmehr unterhaltsvorschussrechtlich nur so gestellt wird, als wenn die oben genannten Zahlungen ihres Vaters sogleich bei Bewilligung der Unterhaltsvorschussleistungen berücksichtigt worden wären. Dann hätte sich der – von der Klägerin im Übrigen im gerichtlichen Verfahren der Höhe nach nicht in Frage gestellte – nach § 2 UVG berechnete Leistungsbetrag von 111,- € um die Höhe der Zahlungen verringert auf 34,- € für die oben erwähnten sieben Monate im Jahre 2006 und auf 25,- € für Mai 2007 (§ 2 Abs. 3 UVG). Die Klägerin hätte dann nur diese Beträge neben den von ihrem Vater geleisteten Zahlungen erhalten.
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Zwar scheint der Beklagte nunmehr sowohl über den streitigen Rückforderungsanspruch i. H. v. monatlich 77,- € und über den nach § 7 Abs. 1 UVG auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu verfügen (monatlich 111,- €) und daher insgesamt über mehr als er an die Klägerin an Unterhaltsvorschuss geleistet hat. Die Rückforderung der Unterhaltsvorschussleistungen lässt aber den rechtfertigenden Grund für den gesetzlichen Anspruchsübergang entfallen. Die von der Klägerin zutreffend aufgezeigte Problematik ist daher bei Anwendung des § 7 Abs. 1 UVG zu bewältigen. Der vorliegend streitige Rückforderungsanspruch des Beklagten nach § 5 Abs. 2 UVG hängt nicht von der Frage ab, wie die Klägerin wieder Berechtigte ihres noch nicht erfüllten Unterhaltsanspruches wird. Dies könnte durch eine Rechtspflicht des Leistungsträgers zur Rückübertragung im Umfang des festgesetzten bzw. durchgesetzten Ersatzanspruches erfolgen (vgl. dazu und zu weiteren Lösungsmöglichkeiten: BVerwG, Beschl. v. 22.06.2006 - 5 B 42/06 -, juris, Rn. 5; so auch: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.01.2010 - OVG 6 B 10.09 -, juris, Rn. 21; Grube, UVG, Kommentar, § 2, Rn. 30).
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.
(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.