Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 28. Sept. 2015 - 3 Nc 125/14
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2014 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert:
Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig einen Studienplatz des 1. Fachsemesters im Studiengang Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2014/2015 zuzuweisen, sofern die Antragstellerin die vorläufige Einschreibung bis zum 9. Oktober 2015 beantragt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,– Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Zulassung zum Studium der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) im 1. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität nach den Verhältnissen des Berechnungszeitraums 2014/2015.
- 2
Seit dem Wintersemester 2012/2013 wird das Studium der Medizin am UKE als Modellstudiengang (integrierter Modellstudiengang Medizin – iMED) gemäß § 41 ÄApprO durchgeführt. Mit der Verordnung über Zulassungsbeschränkungen und Zulassungszahlen für die Universität Hamburg für das Wintersemester 2014/2015 und das Sommersemester 2015 vom 3. Juli 2014 (HmbGVBl. 2014, 267 - VOZZ) wurde im Studienfach „Medizin 1. Abschnitt“ eine Zulassungszahl von 374 Studienplätzen für das Wintersemester 2014/2015 festgesetzt.
- 3
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Zulassung zu dem Studiengang Medizin abgelehnt. Da nach seiner Berechnung der personellen Aufnahmekapazität auf der Grundlage des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung und der Überprüfung des Berechnungsergebnisses nach dem Dritten Abschnitt der Kapazitätsverordnung in der Lehreinheit Vorklinische Medizin eine Kapazität von 377 Studienplätzen für Studienanfänger bestehe, aber 379 Studienplätze besetzt worden seien, hätten keine weiteren Studienplätze vergeben werden können. Dabei ist das Verwaltungsgericht im Wesentlichen den Angaben im Kapazitätsbericht 2014/2015 gefolgt. Neben dem vorliegenden Beschwerdeverfahren sind bis zum heutigen Tag noch 9 weitere Verfahren betreffend die Zulassung zum Medizinstudium nach den Verhältnissen des Wintersemesters 2014/2015 beim Beschwerdegericht anhängig.
II.
- 4
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg.
- 5
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, der auch für Beschwerdeverfahren gilt, in denen die Beteiligten weiter um die vorläufige Zulassung zum Studium streiten, prüft das Beschwerdegericht zunächst nur die fristgemäß dargelegten Gründe, aus denen die Entscheidung nach der Auffassung des Beschwerdeführers zu ändern oder aufzuheben ist. Ergibt diese Prüfung, dass das Beschwerdevorbringen die Begründung des Verwaltungsgerichts in erheblicher Weise erschüttert, indem der Beschwerdeführer darlegt, dass aufgrund fehlerhafter Annahmen des Verwaltungsgerichts mindestens ein Studienplatz mehr als vom Verwaltungsgericht angenommen zur Verfügung steht, so prüft das Beschwerdegericht wie ein erstinstanzliches Gericht, ob der geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium besteht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2004, 3 Nc 59/04, juris).
- 6
Die mit der Beschwerde vorgetragenen Argumente der Antragstellerin erschüttern die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts (1.). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg (2.).
- 7
1. Die Antragstellerin wendet sich u.a. gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei ein Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin in den Bachelor- sowie den Masterstudiengang „Molecular Life Science“ zu berücksichtigen. Die Antragstellerin trägt vor, es fehle an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Damit hat die Antragstellerin die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinreichend erschüttert. Mit Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts vom 14. März 2014 (HmbGVBl. S. 99, 101) wurde die Kapazitätsverordnung dahingehend geändert, dass Curricularnormwerte nur für die Studiengänge Medizin, Medizin I, Medizin II, Zahnmedizin und Pharmazie festgesetzt wurden. Kann mangels fehlenden Curricularnormwerts kein Dienstleistungsbedarf für die genannten Studiengänge berücksichtigt werden, ergibt sich erkennbar eine erheblich höhere Kapazität.
- 8
2. Die damit uneingeschränkt zu prüfende Beschwerde hat Erfolg. Es stehen über die 379 belegten Studienplätze hinaus jedenfalls weitere 10 Studienplätze zur Verfügung.
- 9
a) Zur Ermittlung der Aufnahmekapazität für den Studiengang Medizin im Wintersemester 2014/2015 ist zunächst die personelle Ausstattung nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung zu bestimmen.
- 10
aa) Für die Berechnung des Lehrangebots sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO alle Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen. Dass dies durch einen normativen Stellenplan erfolgen müsste, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Die Zuordnung erfolgt in den medizinischen Fächern durch den Stellenbesetzungsplan (= Verwaltungsgliederungsplan) des Antragsgegners und nicht etwa durch den Personalplan als Teil des Wirtschaftsplans des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2012, 3 Nc 44/11, juris Rn. 16; v. 27.9.2011, 3 Nc 27/10, juris Rn. 9). Das Deputat der gemäß dem Stellenbesetzungsplan der der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordneten Stellen ist gegenüber den Annahmen im Kapazitätsbericht zum einen dahingehend zu korrigieren, dass aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen im Institut für Physiologie 2 SWS zusätzlich zu berücksichtigen (1) und zum anderen die unbesetzten Stellen mit einem höheren Lehrdeputat anzusetzen sind (2).
- 11
(1) Hinsichtlich der Stellen im Institut für Physiologie hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Stelle 9343725 (Herr P ), bei der es sich um eine Promotionsstelle nach § 28 Abs. 1 HmbHG handeln dürfte, deshalb gemäß § 14 Abs. 2 LVVO mit 5 LVS (statt 4 LVS) zu bemessen ist, weil die vertragliche Nebenabrede, die die Lehrverpflichtung von Herrn P auf 4 LVS begrenzt, erst am 29. September 2014 und somit nach dem Berechnungsstichtag (2. Mai 2014) abgeschlossen wurde.
- 12
Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Reduzierung des Deputats von Prof. E um 1 SWS wegen eines Ermessensfehlers nicht anerkannt, weil die Entscheidung des Dekans über die Ermäßigung mit der fehlenden Auswirkung auf die Kapazität in der klinischen Lehreinheit begründet wird, nicht aber die Auswirkungen auf die Kapazität in der vorklinischen Lehreinheit berücksichtigt, der Prof. E zugeordnet ist.
- 13
(2) Die vollständig unbesetzten oder als unbesetzt zu behandelnden Stellen sind abweichend von den Angaben im Kapazitätsbericht zu bewerten. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
- 14
Für die zu berücksichtigende Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen ist auf die zum Berechnungsstichtag (2. Mai 2014) geltende Lehrverpflichtungsverordnung für die Hamburger Hochschulen vom 21. Dezember 2004 in der Fassung der Änderung vom 11. Mai 2010 (HmbGVBl. S. 346, 349) abzustellen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2012, 3 Nc 44/11, juris Rn. 18). Aus den Bestimmungen der Lehrverpflichtungsverordnung lässt sich keine unmittelbare Regellehrverpflichtung für wissenschaftliche Mitarbeiter ableiten. Die Lehrverpflichtung wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Beamtenverhältnis richtet sich gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 LVVO nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses und der Funktionsbeschreibung der Stelle. Insoweit ist auf die individuelle Lehrverpflichtung abzustellen.
- 15
Bei den im Angestelltenverhältnis beschäftigen Lehrpersonen gilt gemäß §§ 14 Abs. 1, 10 Abs. 5 LVVO generell das Gleiche. Einschränkend darf bei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in befristeten Arbeitsverhältnissen nach § 28 Abs. 1 HmbHG gemäß § 14 Abs. 2 LVVO die Lehrverpflichtung auf höchstens 5 LVS festgelegt werden. Soweit es an der Festlegung einer konkreten Lehrverpflichtung fehlt oder eine solche nicht hinreichend belegt ist, ist die höchstzulässige Lehrverpflichtung anzusetzen (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.8.2012, 3 Nc 163/11, juris Rn. 34 m.w.N.).
- 16
Die Entscheidung des Antragsgegners, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Einzelfall eine geringere Lehrverpflichtung abzuverlangen, als sie nach der Lehrverpflichtungsverordnung möglich wäre, ist bei der gerichtlichen Kapazitätsüberprüfung in der Regel zu respektieren (OVG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2012, 3 Nc 44/11, juris Rn. 19; v. 22.12.2004, 3 Nc 59/04, juris Rn. 20 m.w.N.). Ein allgemeiner Grundsatz, dass bei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die höchstzulässige Lehrverpflichtung auszuschöpfen ist, lässt sich dem Kapazitätserschöpfungsgebot nicht entnehmen. Aus dem Grundsatz, dass in zulassungsbeschränkten Studiengängen vorhandene Ausbildungskapazitäten erschöpfend genutzt werden müssen, lassen sich keine konkreten Lehrverpflichtungen für bestimmte Personengruppen herleiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.6.1980, BVerfGE 54, 173). Seine Konkretisierung obliegt vielmehr zunächst und vorrangig dem Normgeber und der Hochschulverwaltung, was eine Nachprüfbarkeit allerdings nicht ausschließt, ob die Lehrverpflichtungen im Einzelfall oder für bestimmte Personengruppen tatsächlich angemessen sind.
- 17
Das Deputat unbesetzter Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemisst das Beschwerdegericht in ständiger Rechtsprechung nach deren Potential für eine Lehrverpflichtung künftiger Stelleninhaber (OVG Hamburg, Beschl. v. 6.6.2013, 3 Nc 50/12, juris Rn. 33; v. 12.10.2012, 3 Nc 44/11, juris Rn. 20; v. 26.10.2010, 3 Nc 40/09, juris Rn. 32 m.w.N.). Sofern im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine andere Einstufung vorliegen, sind unbesetzte Stellen im Hinblick auf das Kapazitätserschöpfungsgebot mit der jeweils höchstzulässigen Lehrverpflichtung in das Lehrangebot einzubeziehen (OVG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2012, 3 Nc 44/11, juris Rn. 20; v. 26.10.2010, 3 Nc 40/09, juris Rn. 32). Soweit das Beschwerdegericht allein die Reduzierung der Lehrverpflichtung des vorherigen Stelleninhabers als ausreichenden Anhaltspunkt dafür angesehen hat, dass der künftige Stelleninhaber keine höhere Lehrverpflichtung haben wird (OVG Hamburg, Beschl. v. 6.6.2013, 3 Nc 50/12, juris Rn. 33; v. 14.10.2008, 3 Nc 90/07, juris Rn. 7), hält das Beschwerdegericht daran nicht mehr fest. Denn die Gründe, die zur Vereinbarung einer Lehrverpflichtung führen, bei der die zulässige Höhe der Lehrverpflichtung nicht ausgeschöpft wird, können vielfältig sein und müssen nicht derart der Stelle immanent sein, dass mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann, dass ein künftiger Stelleninhaber keine höhere Lehrverpflichtung übernimmt. Auch aus dem Umstand, dass in der Vergangenheit mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern regelmäßig keine höhere Lehrverpflichtung vereinbart worden ist, lässt sich nicht ohne weiteres schließen, dass nicht zukünftig die rechtlich zulässige Lehrverpflichtung ausgeschöpft wird, da zum Berechnungsstichtag nicht ersichtlich ist, dass es eine entsprechende generelle Entscheidung des Antragsgegners gab.
- 18
Demgegenüber dürften sich künftig hinreichende Anhaltspunkte für die Festlegung einer Lehrverpflichtung von nicht mehr als 4 LVS für wissenschaftliche Mitarbeiter aus der Entscheidung des Dekanats vom 3. September 2015 ergeben, wonach der Deputatsregelansatz von 4 SWS für die Stellen im akademischen Mittelbau auch unter Berücksichtigung des Gebotes bestmöglicher Kapazitätsauslastung weiter für notwendig erachtet werde (vgl. in Abgrenzung hierzu für besetzte Stellen: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.4.2012, 3 Nc 53/11, juris Rn. 24). Für die Kapazitätsberechnung zum Berechnungsstichtag 2. Mai 2014 kann diese Entscheidung aber nicht mehr zugrunde gelegt werden. Dabei kann offen bleiben, ob es sich insoweit um „wesentliche Änderungen der Daten“ vor Beginn des Berechnungszeitraums im Sinne von § 5 Abs. 2 KapVO handelt, weil diese nur zu berücksichtigten sind, wenn sie am Berechnungsstichtag erkennbar waren (OVG Hamburg, Beschl. v. 15.10.2013, 3 Nc 158/12, juris Rn. 39). Vorliegend ist nicht konkret dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Entscheidung des Dekanats zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtags erkennbar war.
- 19
Für den hier zu beurteilenden Berechnungszeitraum Wintersemester 2014/2015 und Sommersemester 2015 sind daher (zumindest) folgende Stellen abweichend von dem Ansatz des Antragsgegners zu bewerten:
- 20
Im Institut für Anatomie war die 0,5-Stelle 30012319 nach Angabe des Antragsgegners bis zum 31. Dezember 2014 mit einem Drittmittelbeschäftigten besetzt (Herr D ), der keine Lehrverpflichtung hatte. Dennoch ist für diese Stelle, wie es auch der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht getan haben, ein Lehrdeputat anzusetzen, weil es sich um eine aus Haushaltsmitteln geschaffene Stelle handelt. Das Verwaltungsgericht hat die Stelle zutreffend wie eine unbesetzte Stelle behandelt. Das vom Antragsgegner und vom Verwaltungsgericht mit 2 SWS angenommene Lehrdeputat ist indes nach den oben genannten Grundsätzen zumindest mit 2,5 SWS anzusetzen, wobei (zugunsten des Antragsgegners) gemäß § 14 Abs. 2 LVVO die höchstzulässige Lehrverpflichtung von 5 LVS für wissenschaftliche Mitarbeiter nach § 28 Abs. 1 HmbHG (und nicht 6 LVS gem. § 10 Abs. 5 S. 4 LVVO für Mitarbeiter nach § 28 Abs. 2 HmbHG) zugrunde gelegt wird.
- 21
Des Weiteren sind im Institut für Anatomie die unbesetzten Ä2-Stellen 30002762 (0,5-Stelle), 9343008 (ganze Stelle), 30002761 (ganze Stelle) zumindest mit dem höchstzulässigen Lehrdeputat von jeweils 5 LVS für eine ganze Stelle gemäß § 14 Abs. 2 LVVO in die Kapazitätsberechnung mit einzubeziehen, wobei ebenfalls zugunsten des Antragsgegners davon ausgegangen wird, dass es sich um Stellen für Mitarbeiter nach § 28 Abs. 1 HmbHG handelt.
- 22
Im Institut Medizinische Biochemie und Molekularbiologie ist die 0,5-Stelle 30008504 für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter unbesetzt, die ausgehend von der möglichen Lehrverpflichtung von 5 LVS für eine ganze Stelle mit 2,5 LVS (statt wie vom Antragsgegner vorgenommen mit 2 LVS) zu berücksichtigen ist.
- 23
Im Institut für Physiologie sind die Stellen 3000552 (ganze Stelle), 30011878 (0,5-Stelle) und 9339728 (0,5-Stelle) unbesetzt und ebenfalls auf der Grundlage einer Lehrverpflichtung von 5 LVS je ganzer Stelle zu bemessen.
- 24
Schließlich sind die unbesetzten Stellen 8408157 (ganze Stelle), 9347143 (0,5-Stelle) und 9347144 (0,5-Stelle) im Institut für Medizinische Soziologie mit 5 LVS je ganzer Stelle zu berücksichtigen.
- 25
Insoweit ergeben sich (neben den 2 bereits vom Verwaltungsgericht zusätzlich berücksichtigten SWS im Institut für Physiologie (s.o. (1)) aufgrund der hier vorgenommenen Bewertung der vollständig unbesetzten Stellen 7,5 weitere SWS. Darüber hinaus dürfte weitere Lehrkapazität zu berücksichtigen sein, wenn man die genannten Grundsätze auch auf unbesetzte Stellenreste anwendet, was hier aber offen bleiben kann. Ebenso lässt das Beschwerdegericht offen, ob die Stellen im Übrigen mit dem zutreffenden Deputat in die Kapazitätsermittlung eingeflossen sind. Denn es kommt nicht darauf an, ob noch weitere Kapazität vorhanden ist und der Antragsgegner trägt nicht konkret vor, dass die im Kapazitätsbericht angesetzten Deputate zu seinen Lasten unrichtig seien.
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Übersicht:
- 27
Institut
LVS lt.
KapazitätsberichtZusätzlich
zu berücksichtigende LVSGesamt
Anatomie
122
3
125
Biochemie
87,5
0,5
88
Physiologie
112
4
116
Medizinische Soziologie
43,5
2
45,5
Summe:
365
9,5
374,5
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bb) Zusätzlich sind, wie im Kapazitätsbericht angegeben und durch die Aufstellung des Antragsgegners im Gerichtsverfahren dargelegt, gemäß § 10 Satz 1 KapVO Lehrauftragsstunden im Umfang von insgesamt 15,25 SWS zu berücksichtigen.
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b) Den von der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringenden Dienstleistungsexport für nicht zugeordnete Studiengänge (E) berücksichtigt das Beschwerdegericht mit 32,93 SWS. Dabei unterstellt das Beschwerdegericht, dass der Dienstleistungsbedarf für die Studiengänge Zahnmedizin und Pharmazie wie im Kapazitätsbericht angegeben mit 31,09 bzw. 1,84 anzusetzen ist. Der Antragsgegner trägt nicht vor, dass der Dienstleistungsbedarf insoweit tatsächlich höher sei. Der Dienstleistungsbedarf für die Studiengänge Molecular Life Science/Bachelor und Molecular Life Science/Master ist hingegen nicht anzuerkennen:
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§ 11 Abs. 1 KapVO definiert den Begriff der „Dienstleistungen einer Lehreinheit“ (als Lehrveranstaltungen, die die Lehreinheit für nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat) und § 11 Abs. 2 KapVO regelt die Berücksichtigung der Studienanfängerzahlen zur Berechnung des Dienstleistungsbedarfs. Die Vorgaben für die Berechnung des Dienstleistungsbedarfs ergeben sich aus der Anlage 1 KapVO (i.V.m. § 6 KapVO), und zwar konkret aus der dort aufgeführten Formel E = !X!CAq • Aq/2, wobei gemäß der Definition in Anlage 3 CAq der Anteil am Curricularnormwert (Curricularanteil) des nicht zugeordneten Studiengangs q ist, der von der Lehreinheit als Dienstleistung zu erbringen ist. Für die Studiengänge Molecular Life Science/Bachelor und Molecular Life Science/Master fehlen indes Curricularnormwerte, so dass jeweils auch kein Curricularanteil ermittelt werden kann. Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts vom 14. März 2014 (HmbGVBl. S. 99, 101) änderte die Kapazitätsverordnung dahingehend, dass Curricularnormwerte nur für die Studiengänge Medizin, Medizin I, Medizin II, Zahnmedizin und Pharmazie festgesetzt wurden. Daher ist für den in Rede stehende Berechnungszeitraum Wintersemester 2014/2015 und Sommersemester 2015 für andere Studiengänge kein Curricularnormwert festgelegt.
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Ein Curricularnormwert für die Studiengänge Molecular Life Science / Bachelor und Master ist auch nicht aufgrund von § 13 Abs. 3 Satz 1 KapVO von der zuständigen Behörde im Benehmen mit der Hochschule festgelegt worden. Insbesondere kann ein Curricularnormwert nicht der Vereinbarung über Ausbildungskapazität 2014 zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der Universität Hamburg vom 30. Juni 2014 entnommen werden. Unbeschadet der Frage, ob die nach § 13 Abs. 3 Satz 1 KapVO erforderliche behördliche Festlegung überhaupt im Rahmen eines solchen Vertrages getroffen oder durch einen solchen rechtswirksam ersetzt werden könnte, sieht die Vereinbarung lediglich Curricularwert-Bandbreiten vor.
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Der für die Bestimmung des Dienstleistungsbedarfs erforderliche Curricularanteil kann auch nicht gemäß § 13 Abs. 4 Satz 3 KapVO der bisherigen Verteilung des Lehrangebots entnommen werden. Diese Vorschrift erlaubt hilfsweise einen Rückgriff auf die bisherige Verteilung des Lehrangebots, wenn es (nur) an der Bildung von Curricularanteilen fehlt, sie setzt das Bestehen eines Curricularnormwerts aber voraus.
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Fehlt mithin die normative Festlegung eines Curricularnormwerts für den nicht zugeordneten Studiengang, kann auf der Grundlage der Kapazitätsverordnung der Dienstleistungsbedarf hierfür nicht bestimmt werden. Das Beschwerdegericht sieht sich angesichts der expliziten gesetzgeberischen Entscheidung, für die Mehrzahl der Studiengänge einschließlich Molecular Life Science / Bachelor und Master keinen Curricularnormwert vorzusehen, gehindert, diese Bemessungsgröße zu substituieren (anders unmittelbar nach Einrichtung dieser Studiengänge im Übergangsstadium der Neustrukturierung der Studiengänge nach dem Bachelor-Master-System: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.10.2009, 3 Nc 82/08, juris Rn. 7).
- 34
Unter Zugrundelegung des vom Antragsgegner errechneten Dienstleistungsbedarfs für Zahnmedizin (31,09) und Pharmazie (1,84) von insgesamt 32,93 ergibt sich ein bereinigtes Lehrangebot von 356,82:
- 35
Deputatstunden der Lehreinheit
374,5
Lehrauftragsstunden (L)
+
15,25
Unbereinigtes Lehrangebot (S)
=
389,75
Dienstleistungsbedarf (E)
-
32,93
Bereinigtes Lehrangebot (Sb)
=
356,82
- 36
Hieraus folgt bei Übernahme der vom Antragsgegner im Übrigen ermittelten Daten eine Kapazität von 400 Studienplätzen:
- 37
Bereinigtes Lehrangebot (Sb) • 2
713,64
CAp Vorklinik
/
1,8474
Bereinigtes Ergebnis (Ap)
=
386,29
Schwundausgleichsfaktor (SF)
/
0,9657
Bereinigtes Ergebnis mit Schwund (gerundet)
=
400
- 38
Da nur 379 Studienplätze belegt sind, stehen für die insgesamt 10 Antragsteller ausreichend Studienplätze zur Verfügung.
- 39
c) Der (vorläufigen) Zuweisung von Vollstudienplätzen für diese Antragsteller steht ein klinischer Engpass nicht entgegen. Zwar ist die Zulassungszahl gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 6, 18 KapVO zu vermindern, wenn das Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin niedriger ist als das Berechnungsergebnis für den vorklinischen Teil des Studiengangs. Auf einen klinischen Engpass hat sich der Antragsgegner aber mit Recht nicht berufen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 27.9.2011, 3 Nc 27/10, juris Rn. 72; v. 26.10.2010, 3 Nc 40/09, juris Rn. 73). Dieser besteht jedenfalls hinsichtlich der 10 Antragsteller nicht.
- 40
Das Beschwerdegericht bestimmt den klinischen Engpass, indem der unbekannte Schwund nach dem 4. Fachsemester aus dem Durchschnitt der Schwundquoten der 1. bis 3. Fachsemester gemäß der vorgelegten Schwundtabelle errechnet wird (siehe hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 26.10.2005, 3 Nc 75/05, juris Rn. 64). Vorliegend errechnet sich aus den Semestererfolgsquoten des 1. bis 3. Fachsemesters 0,9720 + 0,9796 + 0,9861 = 2,9377 / 3 eine Semestererfolgsquote nach dem 4. Fachsemester von 0,9792. Für den vorklinischen Abschnitt insgesamt ergibt sich hieraus eine Erfolgsquote von 0,9194 (0,9720 * 0,9796 * 0,9861 * 0,9792), woraus ein vorklinischer Schwund von 0,0806 (1 - 0,9194) folgt, mithin 8,06 %.
- 41
Des Weiteren ist die Misserfolgsquote nach dem Ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung (bzw. der Zwischenprüfung) zu berücksichtigen, die nach der Angabe im Kapazitätsbericht 3,88 % beträgt. Hieraus folgt aufgrund der vom Beschwerdesenat für den Berechnungszeitraum Wintersemester 2014/2015 und Sommersemester 2015 für die klinische Lehreinheit berechneten Kapazität von 353 Studienplätzen (Beschl. v. 21.4.2015, 3 Nc 121/14, juris Rn. 8 ff.), dass es voraussichtlich erst bei einer Aufnahme von mehr als 399 Studierenden im 1. Fachsemester des vorklinischen Abschnitts zu einem klinischen Engpass kommen würde:
- 42
Aufnahmekapazität Klinik:
353
Berücksichtigung der Misserfolgsquote von:
3,88%
367,25
Berücksichtigung des vorklinischen Schwunds von:
8,06%
399,46
III.
- 43
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.