Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Aug. 2006 - 8 W 327/06

bei uns veröffentlicht am15.08.2006

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten lit. A) (frühere Bevollmächtigte des Klägers) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Heilbronn vom 7.4.2006 dahin abgeändert , dass zusätzlich zu den festgesetzten 4.098,92 EUR nebst Zinsen weitere 882,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 14.3.2006 vom Kläger an die Beteiligten lit. A) zu erstatten sind.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten lit. A) ist gemäß § 11 Abs. 2 RVG statthaft und auch sonst zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat es im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die eigene Partei zu Unrecht abgelehnt, die von den früheren Klägervertretern gegen den Kläger geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr aus dem festgesetzten Gesamtwert des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 14.12.2005 von 65.350,-- EUR festzusetzen. Die Festsetzung wurde zu Unrecht auf eine 1,2-Terminsgebühr lediglich aus dem Wert der Berufung von 15.350,-- EUR beschränkt.
Die früheren Klägervertreter machen zutreffend geltend, dass im Fall der Vertretung einer Partei in einer mündlichen Verhandlung, in der auch über nicht rechtshängige Ansprüche mit dem Ziel einer Einigung verhandelt wird, die Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV / RVG auch aus dem Wert der nicht rechtshängigen Gegenstände entsteht. In diesem Fall entsteht eine 1,2-Terminsgebühr dann aus dem Gesamtwert der rechtshängigen und der nicht rechtshängigen Ansprüche. Diese Rechtsfolge ergibt sich mit hinreichender Klarheit bereits aus der gesetzlichen Anmerkung Abs. 2 und 3 zu Nr. 3104 VV / RVG. Die in Anmerkung Absatz 2 getroffene Anrechnungsbestimmung für die Differenz-Terminsgebühr aus den im betreffenden Verfahren nicht anhängigen Ansprüche auf eine wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entstandene Terminsgebühr setzt bereits denknotwendig voraus, dass im konkreten Verfahren aus den nicht rechtshängigen Ansprüchen ebenfalls eine (Differenz-)Terminsgebühr entsteht. Weiter ergibt sich aus Anmerkung 3, dass diese Differenzterminsgebühr lediglich dann nicht entsteht, wenn lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen. Insoweit hat sich die Rechtslage seit Geltung des RVG gegenüber der früher nach der BRAGO für die Verhandlungsgebühr geltenden Regelung geändert (vgl. Gerold / Schmidt / Müller-Rabe, 17. Aufl., RNrn. 73 ff. und 77 zu Nr. 3104 VV RVG; so auch OLG München, Beschluss vom 15.5.2006, AZ: 11 W 1334/05, zitiert nach Juris; offen gelassen Senat, MDR 05, 838).
Auf die sofortige Beschwerde der Bevollmächtigten des Klägers war der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss danach um die von der Rechtspflegerin vorgenommene Kürzung noch zu ergänzen. Die Klägervertreter haben insoweit zutreffend insgesamt eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtstreitwert von über 65.000,-- EUR - netto 1.440,-- EUR - geltend gemacht, die im ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich in Höhe einer 1,2-Terminsgebühr aus dem Streitwert von über 15.000,-- EUR - netto 679,20 EUR - berücksichtigt wurde. Um die Differenz von netto 760,80 zuzüglich 16 % Umsatzsteuer - somit um insgesamt 882,53 EUR - nebst Zinsen war der Kostenfestsetzungsbeschluss danach wie geschehen zu ergänzen.
Gerichtskosten fallen im Beschwerdeverfahren bei erfolgreicher Beschwerde nicht an. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren gemäß § 11 Abs. 2 S. 6 2. Halbs. RVG nicht zu erstatten.

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 11 Festsetzung der Vergütung


(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 02. März 2011 - 5 U 137/10

bei uns veröffentlicht am 02.03.2011

Tenor 1. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 70.971,60 EUR festgesetzt und der Mehrwert des Vergleichs auf 626.370,79 EUR. 2. Der Antrag des Beklagtenvertreters auf Wertfestsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG wird zurückgewiesen. Grün

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(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.

(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.

(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).

(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.

(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.