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| Die Kläger machen Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungsersatz geltend, nachdem sie mit am 21.6.2016 um 17.10 Uhr bei der beklagten …bank eingegangenem Telefax den Widerruf eines im Jahr 2003 abgeschlossenen und im Jahr 2013 zurückgeführten Verbraucherimmobiliardarlehensvertrages erklärt haben. |
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| Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da gemäß Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.3.2016 ein Widerrufsrecht der Kläger am 21.6.2016 nicht mehr bestanden habe; dieses Recht der Kläger - das wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung im Jahr 2016 an sich noch unverfristet bestanden habe - sei vielmehr mit Ablauf des 20.6.2017 erloschen. |
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| Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sei meint außerdem, der Widerruf der Kläger sei selbst dann zu spät erfolgt, wenn das Widerrufsrecht nicht mit Ablauf des 20.6.2016 erloschen sein sollte. Denn ihre, der Beklagten, Geschäftszeiten hätten am fraglichen Tag um 17.00 Uhr geendet, so dass der um 17.10 Uhr eingegangene Widerruf erst mit dem Beginn der Geschäftszeiten am 22.6.2016 im Rechtssinn zugegangen und auch deshalb nicht wirksam sei. |
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| Dazu weist der Senat auf Folgendes hin: |
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| 1. Nach vorläufiger Auffassung des Senats ist das Widerrufsrecht der Kläger nicht bereits mit Ablauf des 20.6.2016 erloschen. |
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| Dafür spricht zum einen der Wortlaut des Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 1 EGBGB, wonach das Widerrufsrecht spätestens drei Monate „nach dem 21. März“ 2016 erlöschen soll. Demnach beginnt die dreimonatige Frist „nach“ dem 21. März, also mit Beginn des 22. März und endet unter Zugrundelegung der §§ 187 Abs. 2 S. 1, 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des 21. März 2016. |
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| Dafür spricht außerdem die Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 18/7584, S. 146), wo es zwar heißt, das Widerrufsrecht ende „drei Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes“, wo es jedoch weiter ausdrücklich heißt „(also mit Ablauf des 21. Juni 2016)“. |
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| Zuletzt spricht dafür Art. 229 § 38 Abs. 3 S. 2 EGBGB, aus dem in Zusammenschau mit der Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 18/7584, S. 146) folgt, dass das Widerrufsrecht jedenfalls bei Haustürgeschäften erst mit dem Ablauf des 21.6.2016 erlischt. Denn es ist nicht anzunehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für die verschiedenen Fälle des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB verschiedene Fristen gelten sollten (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., Art. 229 § 38 EGBGB, Rn. 5). |
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| 2. Davon ausgehend neigt der Senat vorläufig dazu, dass der klägerische Widerruf auch nicht deshalb unwirksam war, weil er am 21.6.2016 erst um 17.10 Uhr eingegangen und damit möglicherweise Zugang im Rechtssinn erst am 22.6.2016 mit Beginn der nächsten Geschäftszeit der Beklagten erfolgt ist. |
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| a) Dass nach oben 1. das Widerrufsrecht erst mit Ablauf des 21.6.2016 erloschen sein dürfte, sagt noch nichts darüber aus, ob der Widerruf bereits am 21.6.2016 zugegangen sein muss - d. h. so in den Bereich des Empfängers gelangt sein muss, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen -, ob es genügt, dass der Widerruf noch am 21.6.2016 beim Unternehmer eingegangen ist, oder ob die Absendung des Widerrufs spätestens am 21.6.2016 genügt. |
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| b) Unter diesen Möglichkeiten neigt der Senat vorläufig zur letzteren Auslegung (dafür auch etwa Palandt/Grüneberg, a. a. O., Art. 229 § 38 EGBGB, Rn. 5 a. E.). |
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| aa) Erlischt ein Recht kraft Gesetzes nach einem bestimmten Zeitpunkt, liegt es nahe, für die Frage der Rechtzeitigkeit auf die Ausübung des Rechts abzustellen; ist das Recht vor seinem Erlöschen ausgeübt, ist es auch wirksam ausgeübt. |
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| Wie sich aus § 355 Abs. 1 S. 5 BGB ergibt, geht der Gesetzgeber aber speziell beim Widerrufsrecht für Verbraucherverträge davon aus, dass das Recht bereits mit Absendung der Widerrufserklärung ausgeübt ist. |
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| bb) Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen der Intention des Gesetzgebers des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB, Rechtssicherheit herzustellen. Denn insbesondere die von der Beklagten vertretene Lösung würde zu erheblichen Unsicherheiten führen, indem für jeden Einzelfall nicht nur streitig werden könnte, wann genau die Widerrufserklärung beim Unternehmer eingegangen ist, sondern auch, wann im Sinne des § 130 BGB Zugang erfolgt ist. Da Letzteres bei wie hier geschäftlichen Erklärungen von den Geschäftszeiten abhängt (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 130 Rn. 7) wäre damit jeweils - ggf. durch Beweisaufnahme - zu klären, wie die Geschäftszeiten - d. h. aber nicht unbedingt die Filialöffnungszeiten - der jeweiligen Unternehmer waren. |
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| 3. Nach vorläufiger Auffassung des Senats zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt hat. Das Widerrufsrecht dürfte unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes auch nicht verwirkt oder seine Ausübung rechtsmissbräuchlich gewesen sein (vgl. zu den Voraussetzungen von Verwirkung und Rechtsmissbräuchlichkeit in Widerrufsfällen Senat, Urteil vom 24. Januar 2017 – 6 U 96/16 –, Rn. 59, juris; vom 07. Februar 2017 – 6 U 40/16 –, Rn. 65, juris). |
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| 1. Das von der Beklagten angeregte Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO kommt daher nicht in Betracht. Nachdem die Beklagte ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nicht erteilt hat, wird die Sache vielmehr zu terminieren sein. |
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