Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Dez. 2011 - 18 UF 330/11

22.12.2011

Tenor

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat die Beschwerde des Beteiligten … nach Vorberatung für teilweise begründet erachtet und aus diesem Grund den beteiligten Eheleuten in Anpassung der Vereinbarung vom 05.06.2008 gemäß § 36 Abs. 3 FamFG den Abschluss der folgenden abändernden Vereinbarung vorschlägt:

1. In Abänderung der Vereinbarung vom 05.06.2008 sind wir uns darüber einig, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Philips Pensionskasse VVaG zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 25.294,42 EUR, bezogen auf den 31.10.2007, übertragen wird und die Betriebsrente des Antragsgegners aus einer Deckungsrückstellung von 15.000.- EUR dem schuldrechtlichen Ausgleich verbleibt. Hinsichtlich des Anrechts beim Pensions-Sicherungs-Verein verbleibt es bei der internen Teilung.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Eheleuten gegeneinander aufgehoben.

Gründe

 
Das Familiengericht hat rechtlich zutreffend das seit dem 01.09.2009 geltende Recht auf die Regelung des Versorgungsausgleichs angewendet. Dies führt insbesondere im Bereich betrieblicher Altersversorgungen zu einem völlig neuen, nach dem alten Recht nicht zulässigen Ausgleichsmechanismus. Während nach altem Recht betriebliche Altersversorgungen entweder gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG (aF) nach Umrechnung nach der Barwertverordnung bis zu einem Höchstbetrag über die gesetzliche Rentenversicherung ausgeglichen werden konnten und im Übrigen dem schuldrechtlichen Ausgleich unterfielen, sieht das neue Recht die interne Teilung und damit den Erwerb eines eigenen Anrechts des Ausgleichsberechtigten gegenüber dem Versorgungsträger als gesetzlichen Regelfall vor.
Durch diese Rechtsänderung unterliegt auch die Vereinbarung der Eheleute vom 05.06.2008 gemäß § 313 BGB grundsätzlich der Überprüfung des Fortbestehens ihrer Geschäftsgrundlage und ist gegebenenfalls anzupassen. Nachdem jedoch bereits im Jahr 2008 eine Abweichung von der gesetzlich vorgegebenen Ausgleichsregelung vereinbart wurde, führt eine Anpassung der Vereinbarung nicht zwingend zur ausschließlichen Anwendung der gesetzlichen Ausgleichsregeln nach neuem Recht. Vielmehr ist gemäß § 313 BGB zu berücksichtigen, welche Vor- und Nachteile die Vertragspartner aus der früheren Vereinbarung gezogen haben, um diese auch in einer anzupassenden Neuregelung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen.
Nach altem Recht konnte die Antragstellerin im Umfang einer monatlichen dynamischen Rente von 49.- EUR (Höchstgrenze des § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VAHRG iVm § 18 SGB IV) aus einer Betriebsrente des Antragsgegners ein eigenes Anrecht gegen einen Versorgungsträger erwerben, hier gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund. Hierauf hat sie in der Vereinbarung vom 05.06.2008 verzichtet, im Gegenzug hatte sie die Aussicht, wegen Nichtanwendung der Barwertverordnung im Falle der Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt gesehen einen etwas höheren Ausgleichsbetrag zu erhalten. Der Antragsgegner war durch Abschluss der Vereinbarung bereit, diesen höheren Ausgleichsbetrag zu entrichten, um dafür im Umfang der monatlichen Rente von dynamisiert 49.- EUR weiterhin das eigene Anrecht gegenüber dem Versorgungsträger zu behalten.
Das neue Recht dagegen sieht den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nur noch in eng begrenzten Ausnahmefällen vor und geht im Übrigen von der Teilung der Anrechte in der Weise aus, dass die Eheleute nach Scheidung jeweils eigene, voneinander unabhängige Anwartschaften auf Altersversorgung besitzen.
Rechnerisch handelte es sich bei dem Höchstbetrag nach altem Recht um einen Anteil, welcher (bei Außerachtlassung der Tatsache, dass im Entscheidungsfall zwischen beiden Betriebsrenten quotal aufzuteilen gewesen wäre) etwas mehr als 1/3 der Betriebsrente bei der Philips Pensionskasse VVaG ausmachte. Da in diesem Umfang die Antragstellerin bereit war, auf die Begründung eines eigenen Anrechts zu verzichte und der Antragsgegner bereit war, zum Erhalt dieses Anrechts auf seiner Seite einen finanziellen Nachteil in Kauf zu nehmen, erscheint es dem Senat unter Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessen, wenn die Eheleute ihre ursprüngliche Vereinbarung wie oben dargestellt der Rechtsänderung anpassen.
Nach Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung würde der Senat die Entscheidung des Familiengerichts durch Beschluss entsprechend abändern.
Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 27.01.2012.
Die beteiligten Ehegatten werden gebeten, innerhalb der Frist mitzuteilen, ob der vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt wird.
Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ohne weitere mündliche Verhandlung zu entscheiden, § 68 Abs. 3 FamFG.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Dez. 2011 - 18 UF 330/11 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 18 Bezugsgröße


(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vo

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 36 Vergleich


(1) Die Beteiligten können einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Das Gericht soll außer in Gewaltschutzsachen auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinwirken. (2) Kommt eine Einigung im Ter

Referenzen

(1) Die Beteiligten können einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Das Gericht soll außer in Gewaltschutzsachen auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinwirken.

(2) Kommt eine Einigung im Termin zustande, ist hierüber eine Niederschrift anzufertigen. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Niederschrift des Vergleichs sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ein nach Absatz 1 Satz 1 zulässiger Vergleich kann auch schriftlich entsprechend § 278 Abs. 6 der Zivilprozessordnung geschlossen werden.

(4) Unrichtigkeiten in der Niederschrift oder in dem Beschluss über den Vergleich können entsprechend § 164 der Zivilprozessordnung berichtigt werden.

(5) Das Gericht kann die Beteiligten für den Versuch einer gütlichen Einigung vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Für das Verfahren vor dem Güterichter gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.

(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.