Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. Juli 2015 - 16 UF 117/15

bei uns veröffentlicht am29.07.2015

Tenor

1. Der Beschwerdeführerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist bewilligt.

2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Familiengerichts Ravensburg vom 06.05.2015 in Ziffer 2

abgeändert.

Die Entscheidungsbefugnis über die Namensführung der Kinder

A. D., geb. am 00.00.2012,

B. D., geb. am 00.00.2014,

wird auf die Mutter übertragen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Gegenstandswert: 3.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den Beschluss des Familiengerichts Ravensburg vom 06.05.2015. Die Antragstellerin möchte nach Scheidung ein Verfahren nach § 3 NamÄndG auf Änderung des Geburtsnamens ihrer Kinder durchführen. Zur Antragstellung benötigt sie entweder die Zustimmung des Vaters oder die entsprechende Entscheidungsbefugnis, vgl. § 2 NamÄndG.
Die am 05.11.2012 geschlossene Ehe der Eltern wurde wegen Vorliegens von Härtegründen am 09.07.2014 vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden. Der Antragsgegner hatte am 30.12.2013 - als nach gut einem Jahr Ehe - die schwangere Antragstellerin geschlagen und mit einem abgeschlagenen Flaschenhals bedroht.
Nach der Scheidung hat die Antragstellerin wieder ihren Geburtsnamen angenommen. Sie möchte ein Verfahren auf Namensänderung durchführen, damit Namensgleichheit zwischen ihr und den beiden Kindern besteht. Der Antragsgegner verweigert seine Zustimmung, weshalb die Antragstellerin das Familiengericht angerufen hat, damit dieses ihr nach § 1628 BGB die entsprechende Befugnis überträgt.
Die Übertragung der Alleinsorge auf die Antragstellerin wurde durch Erteilung einer umfassenden Sorgerechtsvollmacht vermieden.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Antrag abgelehnt. Das Wohl der Kinder sei derzeit nicht davon berührt, welchen Namen sie tragen. Aufgrund ihres Alters sei der Nachnamen für sie völlig unbedeutend.
Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, die Namensänderung sei zum Wohl der Kinder geboten. Das Verhalten des Antragsgegners habe die Antragstellerin traumatisiert. Es stelle für die Kinder eine Belastung dar, wenn sie einen Namen tragen müssten, dem ihre Mutter gänzlich ablehnend gegenüberstehe. Der Antragsgegner zahle keinen Unterhalt. Kontinuierliche Umgangskontakte fänden nicht statt.
Der Antragsgegner verteidigt die Entscheidung des Familiengerichts. Die Traumatisierung der Antragstellerin werde bestritten. Sie habe in der mündlichen Verhandlung vom 29.04.2015 alles andere als traumatisiert gewirkt. Ihr gehe es nicht um das Wohl der Kinder, sondern um ihre eigenen Interessen. Sie beabsichtige, sämtliche Erinnerungen an die vergangene Ehe abzulegen. Derzeit finde wegen des Alters der Kinder und der räumlichen Trennungen zwar kein Umgang statt. Dies sei aber nicht statisch. Für die zukünftige Beziehung zwischen Vater und Kindern sei die Namensgleichheit ein wichtiges Bindeglied. Es entspreche dem Kindeswohl, den Familiennamen beizubehalten.
II.
Die nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache vollen Erfolg.
Familiengerichtlich ist im vorliegenden Verfahren nicht über die Namensführung selbst, sondern nur über das Recht zu entscheiden, vor der Verwaltungsbehörde einen entsprechenden Antrag nach § 3 NamÄndG zu stellen. Antragsberechtigt ist der sorgeberechtigte Elternteil. Deshalb muss bei gemeinsamer Sorge das Recht auf Antragstellung auf einen Elternteil übertragen werden, wenn der andere Elternteil der Namensänderung entgegentritt und Gründe vorliegen, die ein Verfahren nach dem NamÄndG rechtfertigen können. Das Regelungssystem der § 1617 b ff. BGB bietet nämlich keine Rechtsgrundlage für die Namensänderung von Kindern, die den Ehenamen ihrer Eltern als Geburtsnamen erhalten haben und nach Trennung der Eltern und Wiederannahme des früheren Namens des nicht wiederverheirateten Elternteils gemäß § § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB dessen Nachnamen erhalten sollen. § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB treffen auf diese Fallkonstellation nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2002, Az. 6 C 18/01, NJW 2002, 2410). Eine Namensänderung ist in diesen Fällen nur auf öffentlich-rechtlichen Weg nach dem Namensänderungsgesetz möglich. Liegt ein wichtiger Grund vor, kann ein Name geändert werden, vgl. § 3 NamÄndG.
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Der Antragstellerin kann das Recht auf Einleitung und Durchführung eines Namensänderungsverfahrens nicht verwehrt werden, da es nicht offensichtlich aussichtlos ist. Die Antragstellerin hat durchaus gewichtige Gründe vorgetragen, die für eine Namensänderung sprechen. Darüber hat aber letztendlich die Verwaltungsbehörde und gegebenenfalls die Verwaltungsgerichte zu entscheiden.

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Referenzen - Gesetze

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Namensänderungsgesetz - NamÄndG | § 3


(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. (2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1355 Ehename


(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1628 Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern


Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elt

Namensänderungsgesetz - NamÄndG | § 2


(1) Für eine beschränkt geschäftsfähige oder geschäftsunfähige Person stellt der gesetzliche Vertreter den Antrag; ein Vormund oder Pfleger bedarf hierzu der Genehmigung des Familiengerichts, ein Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Für e

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(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

(1) Für eine beschränkt geschäftsfähige oder geschäftsunfähige Person stellt der gesetzliche Vertreter den Antrag; ein Vormund oder Pfleger bedarf hierzu der Genehmigung des Familiengerichts, ein Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Für eine geschäftsfähige Person, für die in dieser Angelegenheit ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, stellt der Betreuer den Antrag; er bedarf hierzu der Genehmigung des Betreuungsgerichts.

(2) Das Gericht hat den Antragsteller in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1, wenn er als beschränkt Geschäftsfähiger das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, sowie in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 zu dem Antrag zu hören.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung.

(2) Zum Ehenamen können die Ehegatten durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen eines Ehegatten bestimmen.

(3) Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens soll bei der Eheschließung erfolgen. Wird die Erklärung später abgegeben, so muss sie öffentlich beglaubigt werden.

(4) Ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Ehename aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Ehegatten aus mehreren Namen, so kann nur einer dieser Namen hinzugefügt werden. Die Erklärung kann gegenüber dem Standesamt widerrufen werden; in diesem Falle ist eine erneute Erklärung nach Satz 1 nicht zulässig. Die Erklärung, wenn sie nicht bei der Eheschließung gegenüber einem deutschen Standesamt abgegeben wird, und der Widerruf müssen öffentlich beglaubigt werden.

(5) Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, oder dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem Standesamt einzutragen ist.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.