Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 24. Sept. 2015 - 1 Ausl 289/15

bei uns veröffentlicht am24.09.2015

Tenor

Die Voraussetzungen für die Leistung von Rechtshilfe

l i e g e n   n i c h t   v o r .

Gründe

 
I.
Der derzeitige Besitzer des Fahrzeuges Pkw Opel Mokka, FIN …, - der Antragsteller - hat dieses am 19. Februar 2015 in Italien von Frau D. zu einem Preis von 17.600 Euro erworben. Das sog. „certificatio di proprieta“ dieses Fahrzeugs vom 4. Februar 2015 wies einen Herrn F. als Eigentümer aus. Eine sog. „trascrizione atto di vendita“ weist als Verkaufsanzeige mit Datum vom 16. Februar 2015 aus, dass Herr F. dieses Fahrzeug an Frau D. veräußert hat. In der Folge stellte das italienische Fahrzeugregisteramt am 16. Februar 2015 eine sog. „carta di circolazione“ aus, die Frau D. als Eigentümerin des Fahrzeugs ausweist.
Der Antragsteller wollte das Fahrzeug am 27. April 2015 bei der Zulassungsstelle des Landratsamts H. zulassen. Dabei wurde festgestellt, dass das Fahrzeug im Schengener Informationssystem SIRENE seit 2. März 2015 zur Sicherstellung ausgeschrieben ist. Hintergrund ist, dass Frau D. das Fahrzeug von Herrn F. gegen Übergabe eines Schecks erworben habe, der gefälscht war und von Herrn F. nicht eingelöst werden konnte. Daraufhin wurde das Fahrzeug von der Polizei H. sichergestellt.
Mit Rechtshilfeersuchen vom 19. Juni 2015 bittet die Staatsanwaltschaft beim Gericht von Benevento um „Frei und Rückgabe des Beschlagnahmte Fahrzeug an ihren rechtsmäßigen Italienischen Besitzer F.…“
Mit Schreiben vom 14. Juli 2015 hat der anwaltliche Vertreter des Antragstellers bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn beantragt, die Sicherstellung des Fahrzeugs aufzuheben und Herausgabe desselben verlangt. Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 teilte die Staatsanwaltschaft Heilbronn ihm mit, dass beabsichtigt sei, das Fahrzeug aufgrund des Rechtshilfeersuchens an den Geschädigten in Italien herauszugeben. Daraufhin hat der anwaltliche Vertreter des Antragstellers mit Schriftsatz vom 19. August 2015 beantragt festzustellen, dass die Leistung von Rechtshilfe aufgrund des Rechtshilfeersuchens gegenüber den italienischen Strafverfolgungsbehörden zur Herausgabe des PKW Opel Mokka, FIN ..., unzulässig ist.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dass die Voraussetzungen für die Leistung von Rechtshilfe nicht gegeben sind, ist nach §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 66 IRG zulässig und begründet.
1.
Dem Antragsteller, der geltend macht, er würde durch die Herausgabe in seinem Eigentumsrecht verletzt, steht gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 IRG im Hinblick auf die Entscheidung über die Gewährung von Rechtshilfe ein Antragsrecht beim Oberlandesgericht zu.
2.
Die Zulässigkeit der Rechtshilfe beurteilt sich nach § 59 IRG, hinsichtlich der Herausgabe des Pkw zusätzlich nach § 66 IRG. Darüber hinaus sind die Vorschriften des EuRhÜbK anzuwenden, da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Republik Italien Vertragsstaaten des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen sind; insoweit gilt zudem I-ErgV EuRhÜbk zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik vom 24. Oktober 1979. Des Weiteren ist das Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ - vom 19. Juni 1990 zu beachten (vgl. zu den Vertragsparteien Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage, III E. Einführung in die Schengen-Zusammenarbeit, Rn. 19, S. 1639).
Ein Ersuchen einer zuständigen Stelle der Italienischen Republik im Sinne der §§ 59, 66 Abs. 1 IRG liegt vor.
Unabhängig davon, ob von § 66 Abs. 1 IRG auch die Herausgabe zum Zweck der Rückgabe an den Geschädigten bzw. Eigentümer erfasst wird (so: Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl, IRG § 66 Rn. 20), kommt eine solche vorliegend aufgrund von Art. III Abs. 3 Satz 1 c) I-ErgV EuRhÜbk und § 66 Abs. 2 IRG nicht in Betracht, da der Antragsteller von der rechtmäßigen Eigentümerin Eigentum an dem Fahrzeug erworben haben könnte, jedenfalls aber ein gutgläubiger Eigentumserwerb in Betracht kommt. Das rechtshilferechtliche Herausgabeverfahren nach § 66 IRG ist nicht dazu geeignet, die zivilrechtliche Eigentumslage abschließend und verbindlich zu klären; eine Rechtshilfe durch Herausgabe nach § 66 IRG scheidet in diesen Fällen aus (Grützner/Pötz/Kreß, a.a.O, IRG, § 66 Rn. 41). Vor dem Hintergrund, dass vorliegend ausschließlich die Besitzansprüche zweier möglicher Eigentümer des Fahrzeugs im Raum stehen, ist dies auch verhältnismäßig.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 66 Herausgabe von Gegenständen


(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates können Gegenstände herausgegeben werden, 1. die als Beweismittel für ein ausländisches Verfahren dienen können,2. die der Betroffene oder ein Beteiligter für die dem Ersuchen zu Gr

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 61 Gerichtliche Entscheidung


(1) Hält ein Gericht, das für die Leistung der Rechtshilfe zuständig ist, die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe für nicht gegeben, so begründet es seine Auffassung und holt die Entscheidung des Oberlandesgerichts ein. Das Oberlandesger

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 59 Zulässigkeit der Rechtshilfe


(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates kann sonstige Rechtshilfe in einer strafrechtlichen Angelegenheit geleistet werden. (2) Rechtshilfe im Sinne des Absatzes 1 ist jede Unterstützung, die für ein ausländisches Verfa

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(1) Hält ein Gericht, das für die Leistung der Rechtshilfe zuständig ist, die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe für nicht gegeben, so begründet es seine Auffassung und holt die Entscheidung des Oberlandesgerichts ein. Das Oberlandesgericht entscheidet ferner auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder im Fall des § 66 auf Antrag desjenigen, der geltend macht, er würde durch die Herausgabe in seinen Rechten verletzt werden, darüber, ob die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe gegeben sind. Für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht gelten die §§ 30, 31 Abs. 1, 3 und 4, §§ 32, 33 Abs. 1, 2 und 4, § 38 Abs. 4 Satz 2, § 40 Abs. 1 sowie die Vorschriften des 11. Abschnittes des I. Buches der Strafprozeßordnung mit Ausnahme der §§ 140 bis 143 entsprechend. Für das weitere Verfahren gilt § 42 entsprechend.

(2) Örtlich zuständig sind das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, in deren Bezirk die Rechtshilfe geleistet werden soll oder geleistet worden ist. Sind Rechtshilfehandlungen in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte vorzunehmen oder vorgenommen worden, so richtet sich die Zuständigkeit danach, welches Oberlandesgericht oder, solange noch kein Oberlandesgericht befaßt ist, welche Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zuerst mit der Sache befaßt wurde.

(3) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist für die Gerichte und Behörden, die für die Leistung der Rechtshilfe zuständig sind, bindend.

(4) Die Rechtshilfe darf nicht bewilligt werden, wenn das Oberlandesgericht entschieden hat, daß die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe nicht vorliegen.

(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates kann sonstige Rechtshilfe in einer strafrechtlichen Angelegenheit geleistet werden.

(2) Rechtshilfe im Sinne des Absatzes 1 ist jede Unterstützung, die für ein ausländisches Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit gewährt wird, unabhängig davon, ob das ausländische Verfahren von einem Gericht oder von einer Behörde betrieben wird und ob die Rechtshilfehandlung von einem Gericht oder von einer Behörde vorzunehmen ist.

(3) Die Rechtshilfe darf nur geleistet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen deutsche Gerichte oder Behörden einander in entsprechenden Fällen Rechtshilfe leisten könnten.

(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates können Gegenstände herausgegeben werden,

1.
die als Beweismittel für ein ausländisches Verfahren dienen können,
2.
die der Betroffene oder ein Beteiligter für die dem Ersuchen zu Grunde liegende Tat oder durch sie erlangt hat,
3.
die der Betroffene oder ein Beteiligter durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder aufgrund eines erlangten Rechtes erhalten oder als Nutzungen gezogen hat oder
4.
die durch die dem Ersuchen zu Grunde liegende Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind.

(2) Die Herausgabe ist nur zulässig, wenn

1.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre,
2.
eine Beschlagnahmeanordnung einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates vorgelegt wird oder aus einer Erklärung einer solchen Stelle hervorgeht, daß die Voraussetzungen der Beschlagnahme vorlägen, wenn die Gegenstände sich im ersuchenden Staat befänden, und
3.
gewährleistet ist, daß Rechte Dritter unberührt bleiben und unter Vorbehalt herausgegebene Gegenstände auf Verlangen unverzüglich zurückgegeben werden.

(3) Die Herausgabe nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 ist nur zulässig, solange hinsichtlich der Gegenstände noch kein rechtskräftiges und vollstreckbares ausländisches Erkenntnis vorliegt.

(4) Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht bereitet die Entscheidung über die Herausgabe vor und führt die bewilligte Herausgabe durch. Örtlich zuständig ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht, in dessen Bezirk sich die Gegenstände befinden. § 61 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates kann sonstige Rechtshilfe in einer strafrechtlichen Angelegenheit geleistet werden.

(2) Rechtshilfe im Sinne des Absatzes 1 ist jede Unterstützung, die für ein ausländisches Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit gewährt wird, unabhängig davon, ob das ausländische Verfahren von einem Gericht oder von einer Behörde betrieben wird und ob die Rechtshilfehandlung von einem Gericht oder von einer Behörde vorzunehmen ist.

(3) Die Rechtshilfe darf nur geleistet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen deutsche Gerichte oder Behörden einander in entsprechenden Fällen Rechtshilfe leisten könnten.

(1) Auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates können Gegenstände herausgegeben werden,

1.
die als Beweismittel für ein ausländisches Verfahren dienen können,
2.
die der Betroffene oder ein Beteiligter für die dem Ersuchen zu Grunde liegende Tat oder durch sie erlangt hat,
3.
die der Betroffene oder ein Beteiligter durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder aufgrund eines erlangten Rechtes erhalten oder als Nutzungen gezogen hat oder
4.
die durch die dem Ersuchen zu Grunde liegende Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind.

(2) Die Herausgabe ist nur zulässig, wenn

1.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre,
2.
eine Beschlagnahmeanordnung einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates vorgelegt wird oder aus einer Erklärung einer solchen Stelle hervorgeht, daß die Voraussetzungen der Beschlagnahme vorlägen, wenn die Gegenstände sich im ersuchenden Staat befänden, und
3.
gewährleistet ist, daß Rechte Dritter unberührt bleiben und unter Vorbehalt herausgegebene Gegenstände auf Verlangen unverzüglich zurückgegeben werden.

(3) Die Herausgabe nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 ist nur zulässig, solange hinsichtlich der Gegenstände noch kein rechtskräftiges und vollstreckbares ausländisches Erkenntnis vorliegt.

(4) Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht bereitet die Entscheidung über die Herausgabe vor und führt die bewilligte Herausgabe durch. Örtlich zuständig ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht, in dessen Bezirk sich die Gegenstände befinden. § 61 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.