Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Juni 2010 - 9 WF 65/10

bei uns veröffentlicht am28.06.2010

Tenor

Unter Aufhebung des den Beklagten zu 1) betreffenden Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses vom 7. Juni 2010 – 13 F 365/08 KI – wird die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Homburg zurückgegeben.

Gründe

I.

In dem am 23. Dezember 2008 eingeleiteten Vaterschaftsanfechtungsverfahren hat das Familiengericht mit Beweisbeschluss vom 26. März 2009 (Bl. 95, 96 d.A.) die Einholung eines Abstammungsgutachtens unter Einbeziehung der Beklagten und der Kindesmutter angeordnet. Mit Beschluss vom 3. Mai 2010 (Bl. 117 d.A.) hat das Familiengericht dem Beklagten zu 1) aufgegeben, sich zur Durchführung der Begutachtung zu einem bestimmten Termin im Institut für X.medizin der Universität des S. einzufinden und für den Fall des Ausbleibens die zwangsweise Vorführung angedroht. Mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (Bl. 129, 130 d.A.) hat es die zwangsweise Vorführung des Vorgenannten angeordnet.

Gegen den Beschluss vom 3. Mai 2010 hat der Beklagte zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 145 d.A.), der das Familiengericht nicht abgeholfen hat (Bl. 156 ff d.A.).

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FGG-Reformgesetz - FGG-RG; BGBl. 2008 I, S. 2585) finden im vorliegenden - vor dem 1. September 2009 beantragten - Verfahren die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung.

Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Familiengerichts kann keinen Bestand haben. Über die in der - verfahrensrechtlich auslegungsbedürftigen und -fähigen - Beschwerdeeinlegung gegen die Beschlussanordnung vom 3. Mai 2010 zum Ausdruck gekommenen Weigerung des Beklagten zu 1), sich der Abstammungsbegutachtung zu unterziehen, hat das Familiengericht, wenn sie – wie hier – mit Gründen versehen ist, nach § 372 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 bis 390 ZPO im Rahmen eines Zwischenstreits durch Zwischenurteil zu entscheiden (BGH, MDR 2008, 30; 6. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 25. Februar 2005 – 6 WF 2/05 -, OLGR Saarbrücken 2005, 297; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 372 a, Rz. 13 f). Denn zur Abwehr eines im Einzelfall nicht gerechtfertigten Eingriffs in seine Grundrechte hat der in eine solche Untersuchung Eingebundene die Möglichkeit, die Erforderlichkeit oder Zumutbarkeit seiner Mitwirkung an der Begutachtung in einem gerichtsförmigen Verfahren dadurch überprüfen zu lassen, dass er sich entsprechend §§ 386 bis 389 ZPO auf ein Weigerungsrecht beruft. Über die Rechtmäßigkeit dieser Weigerung ist sodann im Zwischenstreit gemäß § 387 ZPO nach Anhörung der Parteien auf Grund mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil zu entscheiden, gegen das nach § 387 Abs. 3 ZPO ein weiteres Rechtsmittel eingelegt werden kann, was bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zwischenstreits im Übrigen auch die Verhängung von Zwangsmitteln (§ 372 a Abs. 2 ZPO) ausschließt (vgl. BGH, aaO; Zöller/Greger, aaO).

Ein solches Zwischenverfahren hat das Familiengericht bislang nicht durchgeführt. Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung vom 7. Juni 2010 stellt keine ein Zwischenverfahren beendende Entscheidung dar. Abgesehen vom Fehlen wesentlicher Verfahrensschritte setzt eine solche Entscheidung nämlich den erkennbaren Willen des Gerichts voraus, über die vorgebrachten Weigerungsgründe eine rechtsmittelfähige Entscheidung im Zwischenverfahren zu treffen (OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2007, 793), woran es hier ersichtlich fehlt. Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzugeben.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO).

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Referenzen - Gesetze

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 28. Juni 2010 - 9 WF 65/10 zitiert 5 §§.

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Zivilprozessordnung - ZPO | § 386 Erklärung der Zeugnisverweigerung


(1) Der Zeuge, der das Zeugnis verweigert, hat vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder in diesem Termin die Tatsachen, auf die er die Weigerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu machen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 387 Zwischenstreit über Zeugnisverweigerung


(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden. (2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. (3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Bes

Referenzen

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden.

(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen.

(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.