Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 22. Jan. 2019 - 16 W 146/18

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2019:0122.16W146.18.00
bei uns veröffentlicht am22.01.2019

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 3) wird der Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 13.12.2018, durch den gegen den Beklagten zu 3) ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 € festgesetzt worden ist, aufgehoben.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 3) ist zulässig und begründet.

2

Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen eine persönlich geladene Partei wie gegen einen Zeugen (§ 380 ZPO) Ordnungsgeld – nicht Ordnungshaft – verhängt werden, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin unentschuldigt nicht erscheint. Die Festsetzung unterbleibt nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wenn die Partei einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist.

3

Das Landgericht hat im Rahmen seiner Ladung zum Termin vom 02.11.2018 das persönliche Erscheinen des Beklagten zu 3) nicht auch zur Aufklärung des Sachverhalts, sondern lediglich für einen Güteversuch angeordnet. Nachdem das Landgericht einen Antrag des Beklagten zu 3) auf Entbindung von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zurückgewiesen hat, ist im – auf den 11.12.2018 verlegten – Termin für den Beklagten zu 3) lediglich dessen Prozessbevollmächtigter erschienen, der – ausweislich der mit der Beschwerde vorgelegten Vollmacht (Bl. 360 d. A.) –  zur Abgabe der für einen Vergleichsabschluss erforderlichen Erklärungen bevollmächtigt war. Bereits hiernach hatte die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach der Regelung des § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu unterbleiben.

4

Soweit es nicht um eine Erschwerung der Sachaufklärung geht – und zur Sachaufklärung wurde das persönliche Erscheinen des Beklagten zu 3) vorliegend gerade nicht angeordnet – reicht zur Vermeidung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes bereits die formale Bevollmächtigung des erschienenen Prozessbevollmächtigten zum Vergleichsschluss aus (BGH NJW-RR 2011, 1363, Rn. 20 f. bei juris; a. A. OLG Naumburg MDR 2011, 943, Rn. 7 ff. bei juris). § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO knüpft lediglich im Hinblick auf die Tatsachenaufklärung, nicht aber im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen an die Fähigkeit eines zum Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreters zur inhaltlichen Erörterung an.Zwar mag eine Partei die Erklärung, sie sei nicht vergleichsbereit, nicht abgeben dürfen, um sich der Sanktion des § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entziehen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. A. 2018, § 141 Rn. 12); dies aber nur dann nicht, wenn sie gleichzeitig keinen hinreichend zum Vergleichsschluss bevollmächtigten Vertreter entsandt hat.

5

Am Vorstehenden ändert nichts, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) im Termin erklärt hat, dass der Beklagte zu 3) zu einem Vergleichsabschluss nicht bereit sei. Selbst wenn durchaus im Interesse der gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten die persönliche Teilnahme einer Partei an einer Güteverhandlung deren Bereitschaft erhöhen wird, von einer entsprechend vorgefassten Ansicht abzuweichen, folgt aus der gesetzlichen Verpflichtung, einen hinreichend bevollmächtigten Vertreter zu entsenden, keine Verpflichtung der Partei, überhaupt zu einem Vergleichsschluss bereit zu sein; ebenso wenig, wie aus § 141 ZPO überhaupt eine Erklärungspflicht der betroffenen Partei folgt (vgl. Fritsche, in: MüKo-ZPO, 5. A. 2016, § 141 Rn. 13; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. A. 2018, § 141 Rn. 10). So sieht § 278 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich vor, dass im Falle der Aussichtslosigkeit einer Güteverhandlung von deren Durchführung abgesehen werden kann. Im Übrigen hat ausweislich des Verhandlungsprotokolls (Bl. 295 d. A.) noch vor der Erklärung des Beklagten zu 3) eine Güteverhandlung tatsächlich stattgefunden sowie der Beklagte zu 3) im Rahmen des Beschwerdevorbringens plausibel ausgeführt, dass für den Beklagten zu 3) unter Kostengesichtspunkten von vorneherein eine streitige Entscheidung des Rechtsstreits gegenüber dessen vergleichsweiser Beilegung vorzugswürdig war.

6

Eine Kostenentscheidung ist im Falle einer erfolgreichen Beschwerde – wie hier – nicht veranlasst (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1364 m. w. N.).


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens


(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen


(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieb

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(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.