Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 09. März 2017 - 1 Ws 26/17

bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde vom 13.1.2017 wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 5.12.2016 in Ziffer 1 und Ziffer 3 Satz 2 aufgehoben und im Umfang der Aufhebung die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.

2. Der Beschwerdewert wird auf 50 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, gegen den in der Justizvollzugsanstalt S. eine lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt wird, hat von der Justizvollzugsanstalt u.a. die Aushändigung des von dem Verlag „A... A..., G..., 109... B...“, vertriebenen Buches „Wege durch den Knast“ begehrt. Mit Beschluss vom 5.12.2016 hat die Strafvollstreckungskammer unter Ziffer 1 die insoweit ablehnende Entscheidung der Justizvollzugsanstalt vom 8.8.2016 aufgehoben und diese verpflichtet, dem Antragsteller das genannte Buch auszuhändigen; unter Ziffer 3 Satz 2 hat die Strafvollstreckungskammer entsprechend dieser Aufhebung und Verpflichtung der Staatskasse die Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen des Antragstellers auferlegt.

Gegen diesen der Antragsgegnerin aufgrund Verfügung vom 12.1.2017 zugestellten Beschluss hat diese mit Schriftsatz vom 13.1.2017, eingegangen bei der Strafvollstreckungskammer am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt. In der Rechtsbeschwerde rügt die Antragsgegnerin eine rechtsfehlerhafte Prüfung von Art. 72 Abs. 2 Nr. 2 BayStVollzG durch die Strafvollstreckungskammer. Hierzu wird ausgeführt, dass sich durch das gesamte Buch eine nach Inhalt und Zielsetzung negative, durchgängig gegen den Behandlungsauftrag gerichtete, sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdende Tendenz ziehe. Unabhängig davon hätte die Strafvollstreckungskammer jedenfalls prüfen müssen, ob nicht wenigstens bestimmte, klar vollzugsfeindlichen Stellen geschwärzt werden müssten.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt den angefochtenen Beschluss in den Ziffern 1 und 3 aufzuheben und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Strafgefangenen bezüglich der Herausgabe des Buches „Wege durch den Knast“ zurückzuweisen.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist gem. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG statthaft und nach Art 208 BayStVollzG i.V.m. § 118 Abs. 1 StVollzG auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 118 StVollzG).

Sie ist auch gem. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig, weil die Überprüfung der Entscheidung der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing zur Fortbildung des Rechts geboten ist und auch um eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Denn die Strafvollstreckungskammer hat sich mit ihrer Entscheidung in Widerspruch gesetzt zur Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte zur Frage der Vorenthaltung und Bewertung von Druckschriften wegen Gefährdung des Vollzugsziels bzw. Behandlungsauftrags sowie der Sicherheit und Ordnung (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 11. März 1982 - 7 Vollz (Ws) 226/81 und vom 19.11.1984 - 1 Vollz (Ws) 218/84 OLG München Beschluss vom 27. Mai 1981 - 1 Ws 470/81; OLG Hamburg Beschluss vom 7. Mai 1981 - 1 Ws 144/81; OLG Hamburg Beschluss vom 4. Januar 1978 - Vollz (Ws) 20/77 = ZfStrVo SH 1978, 39; OLG Frankfurt Beschluss vom 10.11.1982 - 3 Ws 793/82 (StVollz) = ZfStrVo 1983, 314).

2. Die Rechtsbeschwerde ist mit der Sachrüge auch begründet.

a) Im Rechtsbeschwerdeschriftsatz wurde die erhobene Sachrüge zwar nicht als solche bezeichnet, was vorliegend indes entbehrlich war. Aus der Begründung geht nämlich zweifelsfrei hervor, dass - wegen der gerügten fehlerhaften Anwendung von Art. 72 Abs. 2 Nr. 2 BayStVollzG - eine Überprüfung der Entscheidung in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 344 Rn. 14 zur vergleichbaren Revisionsbegründung).

b) Die Annahme der Strafvollstreckungskammer, das vom Antragsteller begehrte Buch „Wege durch den Knast“ sei nicht geeignet, die Erfüllung des Behandlungsauftrags sowie die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gemäß Art. 72 Abs. 2 Nr. 2 BayStVollzG zu gefährden, ist nicht tragfähig. Jedenfalls die in dem Beschluss mitgeteilten Textstellen weisen eine nach Inhalt und Zielsetzung negative, gegen den Behandlungsauftrag gerichtete sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdende Tendenz aus, da sie geeignet sind, bei den Gefangenen eine massive Oppositionshaltung gegenüber dem Vollzug und den Bediensteten der Anstalt hervorzurufen oder zu verstärken.

Die Strafvollstreckungskammer hat zu seiner Bewertung im Wesentlichen ausgeführt, dass das Buch in der Gesamtschau bloße rechtliche Informationen für Gefangene enthalte, die sich zwar kritisch zum Vollzug verhielten, und einige Unhöflichkeiten gegenüber Vollzugsbediensteten. Diese kritischen Passagen im Buch überschritten jedoch nicht die Schwelle von bloßer kritisch anmutender rechtlicher Information zur Übermittlung von vollzugsfeindlichen Tendenzen, welche geeignet seien, eine aggressive Oppositionshaltung bei Gefangenen allgemein oder sogar konkret beim Antragsteller zu begründen. Das Buch verfolge trotz einiger kritischer Passagen in der Gesamtschau keine sachfremden Zwecke; insbesondere werde der Strafvollzug nicht gezielt schlecht gemacht.

In deutlichem Widerspruch dazu stehen entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer die im Beschluss (BA S. 14) mitgeteilten Textstellen des Buches Seite 443: „Das bedeutet, dass Gefangene, die nicht bereit sind, all die alltäglichen Gemeinheiten auf sich sitzen zu lassen, schnell als ‚Querulantinnen‘ bei den Bediensteten verschrien sind. Die Rache folge dann auf dem Fuße: Du bekommst von denen noch weniger Spielraum, wirst schikaniert; dir werden weitere Sachen verweigert und Rechte genommen.“ ... „Denn das gefährliche am Knast ist ja gerade, dass sie dich als Mensch zerstören, dir deinen Geist wegnehmen.“ ... „die ganze Willkür“ ...

Die gleiche oppositionsfördernde Tendenz beinhalten die Textstellen auf den Seiten 137 und 141 des Buches (BA S. 11 f.), deren Kernaussage in einem gesetzwidrigen und willkürlichen Verhalten von JVA-Bediensteten besteht:

Seite 137: „Neben den regulären Bestrafungen gibt es im Knast Bestrafungen, die als Sicherheitsmaßnahmen - sogar für dich selbst - und als Zwangsmittel bezeichnet werden. Dazu kann es zu im Gesetz nicht vorgesehenen Übergriffen einzelner Beamtinnen kommen, von denen immer wieder berichtet wird. Für die Beamtinnen hat diese Art von Bestrafungen den Vorteil, dass die Bestrafungen auf der Stelle vollstreckt werden können und somit das umständliche Hausstrafenverfahren erspart bleibt.“

Seite 141: „Wer von den Grünen drangsaliert wird, hat theoretisch ein Recht, sich zu wehren - so wie sie sich überhaupt wehren kann. Juristinnen nennen das Notwehr. Sollte eine Gefangene tatsächlich zurückschlagen, weiß Sie, dass sie in einer körperlichen Auseinandersetzung sowie in dem folgenden juristischen Verfahren den Kürzeren ziehen wird.

Gleiches gilt für die Textstelle Seite 189/190 (BA S. 12): „Die Anstaltsleitungen reagieren sehr empfindlich auf den Versuch, Öffentlichkeit herzustellen, und es besteht die Gefahr, dass ein Brief an die Presse eher angehalten wird oder aber dass die Anstaltsleiterin einen Begleitbrief dazulegt, in dem sie deine Vorwürfe als Lügengeschichten diffamiert.“ Diese Bewertung wird sodann mit der gegen Art. 33 Abs. 1 BayStVollzG verstoßenden und damit für den Strafgefangenen bei Verstoß disziplinarrechtlich relevanten Anregung ergänzt: „Deswegen kann es sich empfehlen, die Presseerklärung über andere Leute nach draußen leiten zu lassen.“

Eine massive Oppositionshaltung gegen die Ärzte einer Justizvollzugsanstalt wird durch die Textstelle Seite 397 (BA S. 13) hervorgerufen oder verstärkt: „Die Medikamente werden morgens in Tagesrationen ausgegeben, da der Knast die Medikamente bezahlen muss, sind sie sehr sparsam mit der Ausgabe“ .... „Wenn die Ärztin bereit ist, das Leben überhaupt ernst zu nehmen, kommt es nicht darauf an, eine Untersuchung oder Behandlung bei ihr zu erreichen, sondern zu einer Fachärztin zu kommen. Knastärztinnen sind meist nicht nur restlos gleichgültig, sondern auch noch total unfähig: Oft sind sie gescheiterte Militär- oder gescheiterte Privatärztinnen.“

Die in den vorgenannten Textstellen ersichtliche vollzugsfeindliche Haltung wird schließlich auch dadurch belegt, dass Handlungsanweisungen für die Durchführung eines Hungerstreiks zur Durchsetzung von Forderungen oder Veränderungen gegeben werden und dass es dem Autorenkollektiv nach dem Vorwort um „Kämpfe gegen den Knast und den gefängnisindustriellen Komplex“ geht. Auch die durchgängige Verwendung des Wortes „Knast“ ist in diesem Sinne zu interpretieren (vgl. OLG Hamm NStZ 1988, 332).

3. Nach den vorgenannten Gründen kann die Entscheidung im Umfang ihrer Anfechtung keinen Bestand haben. Der Senat kann jedoch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht abschließend beurteilen, ob neben den obigen, eindeutig vollzugsfeindlichen Textstellen entsprechend weitere Textstellen vorhanden sind, die dem Buch insgesamt ein derart vollzugsfeindliches Gepräge geben, dass das Buch als Ganzes von der Aushändigung auszuschließen ist oder ob es ausreicht, nur die entsprechenden Textstellen zu schwärzen. Die Sache war daher zu erneuter Prüfung und Beurteilung an die Strafvollstreckungskammer zurückzugeben.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 60, 65, 52 GKG.

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Referenzen - Gesetze

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 116 Rechtsbeschwerde


(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Die Re

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 118 Form. Frist. Begründung


(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 60 Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ei

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 65 Wertfestsetzung in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

Referenzen

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.

In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.