Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 02. Mai 2018 - 1 Ws 126/18

bei uns veröffentlicht am02.05.2018
vorgehend
Landgericht Regensburg, SR StVK 170/00, 07.12.2017

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

I. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Kempten gegen den Beschluss der auswärtigen großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 07.12.2017 wird als unbegründet verworfen.

II. Die Staatskasse hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten darin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

I.

Der Verurteilte war mit Urteil des Landgerichts Kempten vom 07.12.1998 (Az.: KLs 212 Js 4221/98) wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger unter Einbeziehung zweier weiterer Urteile zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren unter gleichzeitiger Anordnung der Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Gegenstand dieser sowie auch früherer Verurteilungen waren Taten immer gleichen Musters: Zunächst machte der Verurteilte junge Frauen durch Verabreichung betäubend wirkender Mittel in Getränken oder mit Chloroform und ähnlichen Mitteln widerstandsunfähig oder ganz bewusstlos, um diese dann zu sexuellen Handlungen bis hin zum Geschlechtsverkehr sowie zu Nacktaufnahmen missbrauchen zu können.

Mit Beschluss vom 29.10.2012 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing (Az.: StVK 170/2000; 211 VRs 4221/98 StA Kempten) die mit Urteil des Landgerichts Kempten vom 07.12.1998 angeordnete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zum 07.11.2012 für erledigt erklärt, mit der Entlassung aus dem Vollzug für die Dauer von fünf Jahren Führungsaufsicht angeordnet und unter Ziffer 4 h) folgende strafbewehrte Weisung erteilt: „Er darf keine erotischen oder pornografischen Bild- oder Filmaufnahmen herstellen oder derartiges Material besitzen (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB).“ Die Führungsaufsicht endet nicht vor dem 12.05.2018.

Mit Beschluss vom 19.12.2012 hat das Oberlandesgericht Nürnberg (Az.: 2 Ws 671/12) vorgenannte Weisung wie folgt abgeändert: „Er darf keine erotischen oder pornografischen Bild- oder Filmaufnahmen herstellen oder pornografisches Material besitzen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB).“

In den Beschlüssen vom 21.02.2013, vom 13.02.2014 und vom 17.07.2014 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing die Führungsaufsichtsweisungen jeweils klarstellend neu gefasst und vorgenannte abgeänderte Weisung unter Ziffer 4 h. bzw. Ziffer 4 f) bzw. Ziffer 4 e) übernommen.

In der Anklageschrift zum Amtsgericht - Schöffengericht - Kempten vom 18.08.2015 (Az.: 410 Js 12188/15) legt die Staatsanwaltschaft Kempten dem Verurteilten zur Last, über einen nicht näher bestimmbaren Zeitraum bis zum 10.06.2015 dem Führungsaufsichtsbeschluss zuwider handelnd in seiner Wohnung 53 DVDs, 1 BlueRay-Disc, 20 VHS-Kassetten sowie mindestens 17 Videodateien pornografischen Inhalts sowie mindestens 15.000 Bilddateien pornografischen Inhalts auf seinem Laptop besessen zu haben. In zwei weiteren Anklageschriften zum Amtsgericht - Schöffengericht - Kempten jeweils vom 25.11.2015 (Az.: 200 Js 18252/15 und 200 Js 16994/15) sowie in einer weiteren Anklageschrift zum Amtsgericht - Schöffengericht - Kempten vom 03.12.2015 (Az.: 200 Js 21654/15) legt die Staatsanwaltschaft Kempten dem Verurteilten darüber hinaus zur Last, über einen nicht näher bestimmbaren Zeitraum bis zum 28.07.2015 2 VHS-C-Kassetten pornografischen Inhalts bzw. 5 VHS-C-Kassetten pornografischen Inhalts bzw. 2 VHS-C-Kassetten pornografischen Inhalts und eine Vielzahl selbst hergestellter Papierfotografien in seiner Wohnung besessen zu haben.

Am 21.07.2016 hat das Amtsgericht - Schöffengericht - Kempten (Az.: 32 Ls 410 Js 12188/15) den Verurteilten aufgrund aller vorgenannter Anklageschriften (mit Ausnahme des Besitzes der Rechnerdateien pornografischen Inhalts) wegen Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht in Tateinheit mit Besitz kinderpornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Der Verurteilte hatte zwar die ihm zur Last gelegten Taten im wesentlichen bestritten, das Schöffengericht hat seine Einlassungen aber als widerlegt angesehen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft Kempten (um die Verhängung von Sicherungsverwahrung zu erreichen) Berufung eingelegt.

Am 14.06.2017 hat das Bezirkskrankenhaus K2 ein fachpsychiatrisches Gutachten zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nach Aktenlage erstellt, nachdem der Verurteilte seine Mitwirkung an einer persönlichen Exploration verweigert hatte.

Am 19.09.2017 hat das Landgericht Kempten (Az.: 4 Ns 410 Js 12188/15 (3)) auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Kempten vom 21.07.2016 aufgehoben und das Verfahren gemäß § 328 Abs. 2 StPO an die große Strafkammer des Landgerichts Kempten verwiesen sowie im Übrigen die Berufung des Verurteilten verworfen. Hinsichtlich eines Teils der Tatvorwürfe hat die Strafkammer zugunsten des Verurteilten keine Strafbarkeit angenommen: Die 20 VHS-Kassetten enthielten nur erotische Abbildungen, nicht jedoch pornografischen Inhalts, die der Verurteilte während des Vollzugs der Maßregel in der Justizvollzugsanstalt S. unter Duldung des dortigen Anstaltspersonals mit einem ihm überlassenen Videorecorder unter Verwendung des in das dortige Mediensystem eingespeisten Fernsehprogramms aufgenommen habe. Die 17 Videodateien und 15.000 Bilddateien pornografischen Inhalts habe der Verurteilte nicht bewusst auf seinem Laptop gespeichert, sondern seien dort ohne Kenntnis des Verurteilten automatisch durch das Betriebssystem des Computers abgespeichert worden. Im Übrigen hat die Strafkammer folgende Einlassungen des Verurteilten als Schutzbehauptung angesehen: Die 53 DVDs habe der Verurteilte lediglich als Gegenleistung für ein Geschäft mit einem Flohmarkthändler erhalten und habe der Flohmarkthändler in seiner Garage deponiert. Dabei habe er zunächst nicht gewusst, dass es sich um Pornofilme handele. Er habe diese selber gar nicht ansehen, sondern nur wieder weiterverkaufen wollen. Da er dann aber recherchiert habe, dass diese Pornofilme im Internet online angesehen werden könnten, habe er sie für unverkäuflich gehalten und deshalb in seiner Wohnung in der Sitzbank untergebracht. Die 9 VHS-C-Kassetten habe er nicht bewusst verwahrt. Sie seien ohne sein Wissen in einer alten Lautsprecherbox versteckt gewesen, die er nach seiner Haftentlassung in seiner Garage gefunden und in seinem Schlafzimmerschrank abgestellt habe.

Zugleich hat die Strafkammer die Voraussetzungen für die Verhängung von Sicherungsverwahrung für gegeben erachtet: Der Verurteilte habe einen Hang, der Anlassdelinquenz vergleichbare erhebliche Straftaten zu begehen, so dass er weiterhin für die Allgemeinheit gefährlich sei. Die Strafkammer folgt dabei dem Sachverständigen des Bezirkskrankenhauses K2. Die individuelle Rückfallgefährlichkeit des Verurteilten bezüglich mit früheren Taten vergleichbaren Delikten (zunächst Herbeiführen der Widerstandsunfähigkeit oder Bewusstlosigkeit junger Frauen mittels betäubend wirkender Mittel in Getränken oder mit Chloroform und ähnlichen Mitteln, dann deren Missbrauch zu sexuellen Handlungen bis hin zum Geschlechtsverkehr sowie zu Nacktaufnahmen) knüpft die Strafkammer daran an, dass beim Verurteilten auch nach seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung - wie die verfahrensgegenständlichen 53 DVDs mit pornografischem Inhalt sowie die 9 VHS-C-Kassetten mit pornografischem Inhalt belegten, die er sich zur jederzeitigen Verfügbarkeit verschafft habe - seine sexuelle Präferenz zumindest für den Konsum von pornografischem Material in Bezug auf schlafende, betrunkene oder sonst wie narkotisierte Frauen weiter bestehe. Dass der Sexualtrieb des Verurteilten trotz seines fortschreitenden Lebensalters fortbestehe, ergebe sich zudem daraus, dass er mit der Zeugin J. sexuelle Kontakte gehabt habe, deren Intensität er jetzt versucht habe abzuwiegeln. Schließlich habe der Verurteilte im Internet nach Chloroform gesucht. Seine Einlassung, er habe von Chloroform-Partys im Internet gehört und habe sich darüber informieren wollen, sei eine Schutzbehauptung. Da er zudem im Besitz einer Kamera gewesen sei, stehe letztlich fest, dass er wieder in altbewährter Weise Vorbereitungsmaßnahmen getroffen habe, um junge Frauen willenlos zu machen und dann zu missbrauchen.

Die gegen vorgenanntes Urteil des Landgerichts Kempten eingelegte Revision des Verurteilten hat das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 14.12.2017 (Az.: 5 OLG 13 Ss 494/17) nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Am 22.11.2017 hat die Staatsanwaltschaft Kempten unter Berufung auf das Urteil des Landgerichts Kempten vom 19.09.2017 und das in diesem Verfahren erholte Sachverständigengutachten unbefristete Führungsaufsicht nach § 68c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a) StGB beantragt.

Mit Beschluss vom 07.12.2017 hat die auswärtige große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten vom 22.11.2017 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht im Wesentlichen bestritten habe und solche Verstöße noch nicht rechtskräftig festgestellt seien.

Mit Verfügung vom 01.03.2018 hat die Staatsanwaltschaft Kempten dagegen Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass das Urteil des Landgerichts Kempten vom 19.09.2017 inzwischen rechtskräftig sei und darüber hinaus aufgrund der Feststellungen in diesem Urteil unter zusätzlicher Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens des Bezirkskrankenhauses K2 vom 14.06.2017 „andere bestimmte Tatsachen“ im Sinne des § 68c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a) StGB gegeben seien (ohne solche jedoch konkret zu benennen).

Dieser Beschwerde hat die auswärtige große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing mit Beschluss vom 27.03.2018 nicht abgeholfen. Da durch das Urteil des Landgerichts Kempten vom 19.09.2017 das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Kempten vom 21.07.2016 wegen Unzuständigkeit nach § 328 Abs. 2 StPO aufgehoben und die Sache an die große Strafkammer des Landgerichts Kempten verwiesen worden sei, erlangten sowohl die Feststellungen des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Kempten als auch des Landgerichts Kempten als Berufungsinstanz gegenüber der erforderlichen neuen Entscheidung des Landgerichts Kempten als 1. Instanz keine Bindungswirkung und müssten dort neu festgestellt werden.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat mit Schreiben vom 05.04.2018 beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Kempten den Beschluss der auswärtigen großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 07.12.2017 aufzuheben und gegen den Verurteilten unbefristete Führungsaufsicht anzuordnen. Insbesondere sei ein Abwarten der rechtskräftigen Verurteilung nicht Voraussetzung, wenn, wie hier, der Verurteilte den Besitz des pornografischen Bildmaterials wenigstens teilweise eingeräumt habe.

Der Verurteilte hatte Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Er hat beantragt, ihm einen Pflichtverteidiger beizuordnen.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der jeweiligen Urteile, Beschlüsse und Schreiben Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Kempten ist zulässig (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1, 306 StPO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Es sind nämlich weder Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht noch sonstige bestimmte Tatsachen festgestellt, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist.

1. Nach § 68c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a) StGB kann die Führungsaufsicht unbefristet verlängert werden, wenn sich aus einem Verstoß gegen Weisungen nach § 68b Abs. 1 oder 2 StGB oder auf Grund anderer bestimmter Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist, und wenn bestimmte Vorstrafen verhängt worden sind.

Dabei müssen die Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht oder die sonstigen bestimmten Tatsachen - vergleichbar den Widerrufsgründen gemäß § 56f Abs. 1 Satz 1 StGB - positiv feststehen. D.h. sie müssen entweder rechtskräftig festgestellt sein oder der Verurteilte muss insoweit ein glaubhaftes Geständnis abgelegt haben.

2. Vorliegend stehen weder Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht noch sonstige bestimmte Tatsachen positiv fest, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist.

a) Wie die Strafvollstreckungskammer zutreffend ausführt, entfalten sowohl die Feststellungen des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Kempten vom 21.07.2016 als auch des Landgerichts Kempten als Berufungsinstanz vom 19.09.2017 gegenüber der erforderlichen neuen Entscheidung des Landgerichts Kempten als 1. Instanz keine Bindungswirkung und müssen dort neu getroffen werden, nachdem durch das Urteil des Landgerichts Kempten als Berufungsinstanz das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Kempten wegen Unzuständigkeit nach § 328 Abs. 2 StPO aufgehoben und die Sache an die große Strafkammer des Landgerichts Kempten verwiesen worden ist. Damit können die dortigen Feststellungen vorliegend nicht der anzustellenden Gefährlichkeitsprognose zugrunde gelegt werden.

Der Verurteilte hat die ihm dort zur Last gelegten Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht auch nicht vollumfänglich eingeräumt. Das Landgericht Kempten ist im Urteil vom 19.09.2017 zum Teil der Einlassung des Verurteilten gefolgt und insoweit von dessen straffreiem Verhalten ausgegangen. Soweit es von einem strafbaren Verhalten des Verurteilten und von bloßen Schutzbehauptungen des Verurteilten ausgegangen ist, bedurfte es einer Beweisaufnahme und im Urteil einer ausführlichen Beweiswürdigung. Eingeräumt hat der Verurteilte lediglich den Besitz der 53 in der Sitzbank in seiner Wohnung verwahrten DVDs. Er habe diese jedoch - nicht wissend, dass es sich um Pornofilme handele - als Gegenleistung für ein Geschäft erhalten und habe diese weder selbst angesehen noch selbst ansehen, sondern wieder weiterverkaufen wollen. Die Strafkammer sah es demgegenüber weit darüber hinausgehend als erwiesen an, dass er sich diese Filme, deren Inhalt seinem früheren Tatmuster entsprach (Missbrauch widerstandsunfähiger oder bewusstloser junger Frauen), im Hinblick auf seine sexuelle Präferenz bewusst verschafft und zur jederzeitigen Verfügbarkeit besessen habe. Das ist relevant für die nachfolgend zu erörternde Frage, ob auch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Hinsichtlich der 9 VHS-C-Kassetten in der alten Lautsprecherbox, auf denen sich unter anderem Aufnahmen von ihm selbst begangener Missbrauchshandlungen befanden, hat der Verurteilte bestritten, deren Existenz überhaupt gekannt zu haben. Sexuelle Kontakte mit der Zeugin J. - für die Strafkammer ein weiterer wesentlicher Umstand im Hinblick auf die Prognose der Rückfallgefährlichkeit - hat der Verurteilte nur in Form von Petting eingeräumt, während die Strafkammer aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme Oralverkehr als erwiesen angesehen hat. Nachdem dem Verurteilten insoweit zunächst sexuelle Nötigung und Vergewaltigung zur Last gelegt worden waren, hat die Staatsanwaltschaft Kempten das entsprechende Ermittlungsverfahren (Az.: 200 Js 9340/15) mit Verfügung vom 09.03.2016 wegen zweifelhafter Glaubwürdigkeit der Zeugin J. nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Schließlich hat der Verurteilte bestritten, dass er im Internet für zukünftige Taten Chloroform habe erwerben wollen, wovon die Strafkammer aber ebenfalls überzeugt war.

Die vom Verurteilten lediglich in sehr abgeschwächter Form eingeräumten Umstände (bloßes Verwahren der 53 DVDs ohne Nutzungsabsicht; geringe Intensität der sexuellen Kontakte mit der Zeugin J.) bilden jedoch keine ausreichend tragfähige Tatsachengrundlage für die an einen festgestellten Weisungsverstoß oder an festgestellte andere bestimmte Tatsachen anschließende Prüfung, ob sich daraus konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Die Strafkammer sah, dem Sachverständigen folgend, die besondere Rückfallgefährlichkeit des Verurteilten nämlich gerade darin, dass dieser eine sexuelle Präferenz für Missbrauchshandlungen an schlafenden, betrunkenen oder sonst wie narkotisierten Frauen habe. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe letztlich fest, dass der Verurteilte wieder in altbewährter Weise Vorbereitungsmaßnahmen getroffen habe, um junge Frauen willenlos zu machen und dann zu missbrauchen.

Die vom Verurteilten eingeräumten Umstände (bloßes Verwahren der 53 DVDs ohne Nutzungsabsicht; geringe Intensität der sexuellen Kontakte mit der Zeugin J.) sind dabei nur zwei eher untergeordnete Gesichtspunkte. Bei der erforderlichen Gesamtbewertung sind von entscheidender Bedeutung vielmehr die vom Verurteilten nicht eingeräumten Umstände (insbesondere das bewusste sich Verschaffen pornografischen Materials zur jederzeitigen Verfügbarkeit, das sowohl den sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger oder bewusstloser junger Frauen als auch Aufnahmen von ihm selbst begangener Missbrauchshandlungen enthielt, und der Versuch, im Internet Chloroform zu erwerben). Nur dies würde nämlich einen drohenden Rückfall in frühere Tatmuster belegen und deshalb auch im Rahmen des § 68c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a) StGB für eine negative Prognoseentscheidung maßgeblich sein.

b) Unmittelbar aus dem fachpsychiatrischen Gutachten ergibt sich keine andere Beurteilung. Der Verurteilte hatte sich vom Sachverständigen nicht explorieren lassen. Zutreffend führt die Strafkammer im Beschluss vom 19.09.2017 aus, dass der Sachverständige mangels rechtskräftiger Tatsachenfeststellungen, die dann das Gericht zu treffen habe, für die von ihm zu treffende Zukunftsprognose zunächst nur die noch nicht festgestellten Tatsachen unterstellen könne; zudem lägen hinsichtlich der Rückfallwahrscheinlichkeit unterschiedliche Einschätzungen zu früher erstatteten Gutachten vor, wobei eine differenziertere prognostische Beurteilung an der fehlenden persönlichen Mitwirkung des Verurteilten scheitere. Eine vom Sachverständigen zu treffende Prognose der Rückfallwahrscheinlichkeit wird erst aufgrund der von der großen Strafkammer des Landgerichts Kempten neu durchzuführenden Hauptverhandlung und der dann festgestellten Tatsachen möglich sein.

III.

Da die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Kempten keinen Erfolg hat, hat sich der Antrag des Verurteilten auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers erledigt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 02. Mai 2018 - 1 Ws 126/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 02. Mai 2018 - 1 Ws 126/18

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 02. Mai 2018 - 1 Ws 126/18 zitiert 9 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafgesetzbuch - StGB | § 68b Weisungen


(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, 1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,2. sich nicht an

Strafprozeßordnung - StPO | § 463 Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung


(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu tr

Strafgesetzbuch - StGB | § 56f Widerruf der Strafaussetzung


(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person 1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,2. gegen Weisungen gröblich od

Strafgesetzbuch - StGB | § 68c Dauer der Führungsaufsicht


(1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen. (2) Das Gericht kann eine die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 überschreitende unbefristete Führungsaufsicht anordnen, wenn die v

Strafgesetzbuch - StGB | § 68 Voraussetzungen der Führungsaufsicht


(1) Hat jemand wegen einer Straftat, bei der das Gesetz Führungsaufsicht besonders vorsieht, zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verwirkt, so kann das Gericht neben der Strafe Führungsaufsicht anordnen, wenn die Gefahr besteht, daß e

Strafprozeßordnung - StPO | § 328 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen. (2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungs

Referenzen

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Hat jemand wegen einer Straftat, bei der das Gesetz Führungsaufsicht besonders vorsieht, zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verwirkt, so kann das Gericht neben der Strafe Führungsaufsicht anordnen, wenn die Gefahr besteht, daß er weitere Straftaten begehen wird.

(2) Die Vorschriften über die Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67b, 67c, 67d Abs. 2 bis 6 und § 68f) bleiben unberührt.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.

(2) Das Gericht kann eine die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 überschreitende unbefristete Führungsaufsicht anordnen, wenn die verurteilte Person

1.
in eine Weisung nach § 56c Abs. 3 Nr. 1 nicht einwilligt oder
2.
einer Weisung, sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, oder einer Therapieweisung nicht nachkommt
und eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Erklärt die verurteilte Person in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 nachträglich ihre Einwilligung, setzt das Gericht die weitere Dauer der Führungsaufsicht fest. Im Übrigen gilt § 68e Abs. 3.

(3) Das Gericht kann die Führungsaufsicht über die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 hinaus unbefristet verlängern, wenn

1.
in Fällen der Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 2 aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass die verurteilte Person andernfalls alsbald in einen Zustand nach § 20 oder § 21 geraten wird, infolge dessen eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten zu befürchten ist, oder
2.
sich aus dem Verstoß gegen Weisungen nach § 68b Absatz 1 oder 2 oder auf Grund anderer bestimmter Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist, und
a)
gegen die verurteilte Person wegen Straftaten der in § 181b genannten Art eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde oder
b)
die Führungsaufsicht unter den Voraussetzungen des § 68b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 eingetreten ist und die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verhängt oder angeordnet wurde.
Für die Beendigung der Führungsaufsicht gilt § 68b Absatz 1 Satz 4 entsprechend.

(4) In den Fällen des § 68 Abs. 1 beginnt die Führungsaufsicht mit der Rechtskraft ihrer Anordnung, in den Fällen des § 67b Abs. 2, des § 67c Absatz 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 4 und des § 67d Absatz 2 Satz 3 mit der Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung oder zu einem gerichtlich angeordneten späteren Zeitpunkt. In ihre Dauer wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher die verurteilte Person flüchtig ist, sich verborgen hält oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.

(2) Das Gericht kann eine die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 überschreitende unbefristete Führungsaufsicht anordnen, wenn die verurteilte Person

1.
in eine Weisung nach § 56c Abs. 3 Nr. 1 nicht einwilligt oder
2.
einer Weisung, sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, oder einer Therapieweisung nicht nachkommt
und eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Erklärt die verurteilte Person in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 nachträglich ihre Einwilligung, setzt das Gericht die weitere Dauer der Führungsaufsicht fest. Im Übrigen gilt § 68e Abs. 3.

(3) Das Gericht kann die Führungsaufsicht über die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 hinaus unbefristet verlängern, wenn

1.
in Fällen der Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 2 aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass die verurteilte Person andernfalls alsbald in einen Zustand nach § 20 oder § 21 geraten wird, infolge dessen eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten zu befürchten ist, oder
2.
sich aus dem Verstoß gegen Weisungen nach § 68b Absatz 1 oder 2 oder auf Grund anderer bestimmter Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist, und
a)
gegen die verurteilte Person wegen Straftaten der in § 181b genannten Art eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde oder
b)
die Führungsaufsicht unter den Voraussetzungen des § 68b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 eingetreten ist und die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verhängt oder angeordnet wurde.
Für die Beendigung der Führungsaufsicht gilt § 68b Absatz 1 Satz 4 entsprechend.

(4) In den Fällen des § 68 Abs. 1 beginnt die Führungsaufsicht mit der Rechtskraft ihrer Anordnung, in den Fällen des § 67b Abs. 2, des § 67c Absatz 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 4 und des § 67d Absatz 2 Satz 3 mit der Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung oder zu einem gerichtlich angeordneten späteren Zeitpunkt. In ihre Dauer wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher die verurteilte Person flüchtig ist, sich verborgen hält oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,

1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.

(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.

(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.

(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.

(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person

1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder
3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft oder bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung in einem einbezogenen Urteil und der Rechtskraft der Entscheidung über die Gesamtstrafe begangen worden ist.

(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,

1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder
2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
In den Fällen der Nummer 2 darf die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.

(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.

(2) Das Gericht kann eine die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 überschreitende unbefristete Führungsaufsicht anordnen, wenn die verurteilte Person

1.
in eine Weisung nach § 56c Abs. 3 Nr. 1 nicht einwilligt oder
2.
einer Weisung, sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, oder einer Therapieweisung nicht nachkommt
und eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Erklärt die verurteilte Person in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 nachträglich ihre Einwilligung, setzt das Gericht die weitere Dauer der Führungsaufsicht fest. Im Übrigen gilt § 68e Abs. 3.

(3) Das Gericht kann die Führungsaufsicht über die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 hinaus unbefristet verlängern, wenn

1.
in Fällen der Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 2 aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass die verurteilte Person andernfalls alsbald in einen Zustand nach § 20 oder § 21 geraten wird, infolge dessen eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten zu befürchten ist, oder
2.
sich aus dem Verstoß gegen Weisungen nach § 68b Absatz 1 oder 2 oder auf Grund anderer bestimmter Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist, und
a)
gegen die verurteilte Person wegen Straftaten der in § 181b genannten Art eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde oder
b)
die Führungsaufsicht unter den Voraussetzungen des § 68b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 eingetreten ist und die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verhängt oder angeordnet wurde.
Für die Beendigung der Führungsaufsicht gilt § 68b Absatz 1 Satz 4 entsprechend.

(4) In den Fällen des § 68 Abs. 1 beginnt die Führungsaufsicht mit der Rechtskraft ihrer Anordnung, in den Fällen des § 67b Abs. 2, des § 67c Absatz 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 4 und des § 67d Absatz 2 Satz 3 mit der Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung oder zu einem gerichtlich angeordneten späteren Zeitpunkt. In ihre Dauer wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher die verurteilte Person flüchtig ist, sich verborgen hält oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.