Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 27. Nov. 2012 - 1 W 65/12

Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Halle vom 5. Oktober 2012, überschrieben mit dem Datum 8. Oktober 2012, in der Fassung des Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses vom 16. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
- 1
Die bei einem Sturz unter winterlichen Verhältnissen verletzte Antragstellerin beabsichtigt, die Antragsgegner wegen der Missachtung ihrer Verkehrssicherungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Hierfür sucht sie um Prozesskostenhilfe nach.
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Das Landgericht hat das Gesuch mit Beschluss vom 5. bzw. 8 Oktober 2012 zurückgewiesen, weil die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 15. Oktober 2012 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der am 12. November 2012 eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Landgericht durch Beschluss vom 16. November 2012 nicht abgeholfen hat. Zur Begründung hat der Einzelrichter u.a. ausgeführt, die Antragstellerin verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 10.000,00 EUR, das für die Prozesskosten einzusetzen sei.
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Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
- 4
Der Antragstellerin beanstandet zu Recht, dass die vom Landgericht im angefochtenen Beschluss genannten Zurückweisungsgründe nicht tragen. Die fehlenden Angaben berechtigten nur insoweit zur Ablehnung der Prozesskostenhilfe, als es hierauf für die Bewilligungsentscheidung ankam (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 118 Rdn. 17). Außerdem bestand kein Grund, der Antragsstellerin die beantragte Fristverlängerung zu versagen, zumal sich der Fristverlängerungsantrag nicht (nur) auf die Anlagen bezog und die Verfügung vom 16. August 2012 lediglich auf das Fehlen der Anlagen hingewiesen, diese aber nicht nachgefordert hatte.
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Der Antrag auf Prozesskostenhilfe scheitert allerdings an dem vorhandenen Vermögen der Antragstellerin (§ 115 Abs. 3 ZPO), wie das Landgericht im Beschluss vom 16. November 2012 zutreffend ausgeführt hat. Es kommt nicht einmal darauf an, ob die Antragstellerin ihre D.-Fondsanteile vor dem Jahr 2013 veräußern kann. Das zur Auszahlung im Jahr 2013 fällige Kapital versetzt die Antragstellerin in die Lage, schon jetzt einen Kredit aufzunehmen und diesen im Jahr 2013 zu tilgen. Derartige Kreditmöglichkeiten hat die Partei auszunutzen (Zöller/Geimer, § 115 Rdn. 63). Dies ist der Antragstellerin hier umso mehr zuzumuten, als sich die für den Rechtsstreit benötigen Mittel bei einer angenommenen Gebührenstufe bis 35.000,00 EUR auf ca. 6.000,00 EUR belaufen (knapp 2.500,00 EUR Rechtsanwaltskosten, 1.107,00 EUR Gerichtskosten und ggf. knapp 2.400,00 EUR für möglicherweise notwendige Auslagenvorschüsse). Die für die Zeit von einem Jahr anfallenden Zinsen kann die Antragstellerin noch aus ihrem Einkommen bestreiten.
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Soweit die Antragstellerin ihrem Partner die Fondsgelder versprochen hat, findet dies im Prozesskostenhilfeverfahren keine Berücksichtigung (Zöller/Geimer, § 115 Rdn. 72). Sie weiß seit ihrem Unfall von der drohenden gerichtlichen Auseinandersetzung. Angesichts dessen darf die Antragstellerin die hierfür benötigten Mittel nicht anderweitig ausgeben. Es ist überdies nicht anzunehmen, dass ihr Wohnen im Hause des Partners von der Zahlung weiterer Beträge abhängig gemacht wurde.
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Die Auslagenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Annotations
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.