Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 26. Nov. 2012 - 1 W 62/12 (PKH), 1 W 62/12

26.11.2012

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 12.10.2012 (9 O 1191/12) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Selbst wenn man in Arzthaftungsfällen an die Substanziierungspflicht des Patienten nur minimale Anforderungen stellen kann, muss doch zumindest eine Beschreibung erfolgen, worin der Behandlungsfehler liegen könnte. Das im Schlichtungsverfahren eingeholte Gutachten hat den gesamten Behandlungsverlauf im Einzelnen dargestellt und analysiert und konnte nicht ansatzweise Feststellungen dazu treffen, dass an irgendeiner Stelle der Behandlung nicht lege artis gehandelt wurde. Auch die Beschwerdebegründung vermag dies auch nur ansatzweise darzustellen. Allein aus dem (im Wesentlichen optischen) Ergebnis der Behandlung auf ihre Fehlerhaftigkeit zu schließen, erfüllt unter Berücksichtigung der Feststellungen des Schiedsgutachters selbst die minimalen Anforderungen an die Substanziierungspflicht nicht (mehr).

3

2. Mit dem Landgericht ist weiter davon auszugehen, dass im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren jedenfalls in gewissem Umfang eine Beweisantizipation möglich ist. Insoweit hat das Landgericht ausgeführt, dass selbst dann, wenn man zugunsten der Antragstellerin einen Aufklärungsmangel unterstellen würde, dieser nicht kausal geworden wäre, weil sie sich auch bei der geforderten Aufklärung für die Operation entschieden hätte. Zu diesem Gesichtspunkt verhält sich die Beschwerdebegründung überhaupt nicht, obgleich sich im Schlichtungsgutachten deutliche Hinweise finden, die die Ansicht des Landgerichts stützen. Der Gutachter weist auf die massiven Wirbelsäulen- und Rückenproblem hin. Der Orthopäde hatte die Reduktionsplastik als dringend erforderlich beschrieben. Dazu kamen psychosoziale Belastungen bei der Antragstellerin (SV S. 3/4). Vor diesem Hintergrund ist es eine äußerst naheliegende Annahme, dass sich die Antragstellerin auch bei der von ihr geforderten Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte.

4

Darüber hinaus gilt: Bei der Rüge fehlender oder mangelhafter Aufklärung muss der Patient - ebenso wie beim Behandlungsfehler - die Kausalität zwischen der Schadensfolge, für die er Ersatz begehrt, und dem Eingriff des Arztes beweisen. Dabei gelten die Gründe, die eine Beweisbelastung des Arztes für die zutreffende und vollständige Risikoaufklärung des Patienten gerechtfertigt erscheinen lassen, für die Feststellung, ob der ohne rechtswirksame Einwilligung vorgenommene ärztliche Eingriff bei dem Patienten auch zu einem Schaden geführt hat, nicht (KG, Urt. v. 27.11.2000 - 20 U 7753/98, Rn. 32, zit. nach juris = VersR 2002, 438); das bedeutet, dass die Antragstellerin im Prozess schon dann unterliegt, wenn sie nicht beweisen kann, dass die Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat oder dass der Schadenseintritt ohne die Pflichtverletzung zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre (OLG Naumburg, Urt. v. 10.06.2003 - 1 U 4/02, Rn. 44, zit. nach juris = NJW-RR 2004, 315, 316; ausdrücklich bestätigt: Senat Urteil vom 8.11.2012 - 1 U 62/12 -). Auf die Ausführungen unter 1) kann Bezug genommen werden.

5

Da eine Klage nicht die von § 114 ZPO geforderte Erfolgsaussicht hat, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. KV 1812.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 08. Nov. 2012 - 1 U 62/12

bei uns veröffentlicht am 08.11.2012

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. April 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin ka

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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. April 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.


Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 140.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin befand sich bei ihrer Ärztin Dr. med. R., Fachärztin für Orthopädie, wegen Rückenschmerzen in Behandlung. In der Patientendokumentation heißt es unter dem 11. Juni 2007 u. a.: „ausführliche Erörterung von Diagnose und Therapie - zunächst konservativ, da Schmerzüberverlagerung an der Hüfte durch radikuläre Symptomatik bei BSS L5/S1“. Unter dem 10. Juli 2007 wurde in der Dokumentation u. a. vermerkt: „bittet um Einweisung und Unterlagen für Hüft-OP“. Die Klägerin wandte sich nach eigenen Recherchen an die Beklagte zu 1); am 12. September 2007 wurde die Klägerin dann von ihrer Ärztin in die Klinik der Beklagten zu 1) überwiesen mit der Diagnose einer Coxarthrose. Am 27. September 2007 stellte sich die Klägerin bei der Klägerin zu 1) vor; es erfolgte eine Aufklärung via einstündigem Film und einem kurzen Aufklärungsgespräch und es wurde ferner eine Röntgenaufnahme gefertigt. Zu dem Aufklärungsgespräch haben die Beklagten in der Berufungserwiderung vorgetragen, dass die Zeugin Dr. K. der Klägerin die Möglichkeit einer konservativen Behandlung dargestellt habe, diese bei der Klägerin aber nicht Erfolg versprechend sei. Am 1. Oktober 2007 erfolgte die Operation durch den Beklagten zu 2), bei der eine Hüfttotalendoprothese links mit einer Trilogy-Pfanne eingesetzt wurde. Am 4. Oktober 2007 wurde eine postoperative Röntgenaufnahme gefertigt.

2

Die Klägerin befand sich bis zum 7. Oktober 2007 in stationärer Behandlung bei der Beklagten zu 1); am 12. Oktober 2007 begann die Klägerin eine Kur in der Klinik B. . Am 14. Oktober 2007 kam es zu einer spontanen Nahtöffnung mit massivem seriösen Sektionsabgang, in deren Folge die Klägerin abermals in die Klinik der Beklagten zu 1) verlegt wurde und tags darauf, nach entsprechender Aufklärung, eine Wundrevisions-Operation samt Wechsel der Hüftendoprothese durch den Beklagten zu 2) erfuhr.

3

Nach Beendigung der stationären Behandlung bei der Beklagten zu1) am 1. November 2007 setzte die Klägerin die Reha in der Klinik B. fort, in deren Abschlussbericht vom 10. Januar 2008 es u. a. heißt, die Klägerin gebe Beschwerdearmut im linken Hüftgelenk an. Lediglich unter Belastung verspüre sie noch ein leichtes Ziehen im Oberschenkel. Eine schmerzfreie Gehstrecke von 500 m sei möglich und das Treppensteigen gelinge auf- und abwärts flüssig. Die Klägerin laufe schon einige Meter ohne Unterarmgehstützen und fühle sich dabei sicher. Die bei Aufnahme definierten Rehabilitationsziele hätten voll erreicht werden können; mit dem Rehabilitationsergebnis sei die Klägerin sehr zufrieden. Sie werde mit gutem Rehabilitationsergebnis, subjektivem Wohlbefinden und subjektiver Zufriedenheit in die weitere ambulante Betreuung entlassen.

4

Die Klägerin behauptet mit Verweis auf die Röntgenaufnahmen vom 27. September und 4. Oktober 2007, dass der Beklagte zu 2) bei der Operation am 1. Oktober 2007 grob fehlerhaft gehandelt habe und es zu einer Verletzung des Pfannenbodens gekommen sei.

5

Des Weiteren behauptet sie eine fehlerhafte Aufklärung. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass sich ihr Zustand auch verschlechtern könne, die erste Operation nur relativ indiziert gewesen sei und es konservative Behandlungsmöglichkeiten gegeben habe. Sie sei ferner nicht darüber aufgeklärt worden, dass sie nach dem Eingriff dauerhaft auf Unterarmgehstützen angewiesen sei. Auch hätten die Beklagten sie darüber aufklären müssen, dass bei ihr infolge ihrer Adipositas und der Osteoporose ein erhöhtes Risiko einer Pfannenlockerung bestanden habe, und nicht zuletzt auch darüber, dass die vorhandenen Schmerzen auch andere, durch die Operation nicht zu beseitigende Ursachen haben könnten.

6

Überdies behauptet die Klägerin, dass der Beklagte zu 2) fehlerhaft keine Dokumentation über die Durchführung der präoperativen Planung und eine Planungsskizze erstellt habe.

7

Folge der Operationen sei, dass in der Zeit vom 26. November bis 1. Dezember 2007 starke Schmerzen im Hüftbereich aufgetreten seien. Seit ihrer Entlassung könne die Klägerin nur mit zwei Unterarmgehstützen laufen und sie leide ständig unter Schmerzen im Narbenbereich der Hüfte. Ein normales Gehen sei ihr nicht mehr möglich. Letztlich sei durch die Operation keine Verbesserung, sondern eine Verschlimmerung eingetreten, weshalb sie ein Schmerzensgeld von mindestens 60.000,00 €, einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von nunmehr insgesamt 75.043,55 €, vorgerichtliche Kosten sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr auch sämtliche künftigen Schäden zu ersetzen.

8

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten; sie bestreiten einen Behandlungs-, Aufklärungs- und Dokumentationsfehler.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

10

Auf Veranlassung des MDK Sachsen wurde ein Gutachten eingeholt. Auf das schriftliche Gutachten von Dr. Bt. wird Bezug genommen. Ferner hat das Landgericht gemäß Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. Juni 2011 Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. F., Direktorin der Klinik für Orthopädie und Rheumatologie der Universitätsklinik G. . Auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen, das diese im Termin vom 15. März 2012 mündlich erläutert hat, wird Bezug genommen.

11

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Ein Behandlungsfehler sei weder für die Operation vom 1. Oktober noch für die Revisionsoperation vom 15. Oktober 2007 anzunehmen. Es sei nicht zu einem Defekt im Knochen in Form einer Fraktur oder einer Infraktion gekommen; auch die Steilstellung der Hüftendoprothese sei nicht behandlungsfehlerhaft. Letztlich habe die Verwendung einer zementfreien Prothese eine geeignete Operationstechnik dargestellt.

12

Zum Zweiten hat das Landgericht keinen Aufklärungsfehler erkannt. Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen sei nicht erforderlich gewesen, weil die Operation nicht nur relativ indiziert gewesen sei. Zudem sei die Klägerin ausweislich der Patientendokumentation über konservative Behandlungsmethoden schon von ihrer Ärztin Dr. R. aufgeklärt worden. Auch eine Aufklärung darüber, ob wegen der Adipositas und der Osteoporose der Klägerin ein erhöhtes Risiko für eine Pfannenlockerung gegeben gewesen sei, habe nicht erfolgen müssen, da es nicht zu einer Lockerung gekommen sei, mithin die Kausalität fehle. Den Kausalitätsnachweis ebenfalls nicht geführt habe die Klägerin bezüglich der Aufklärung über etwaige andere Ursachen, denn nach dem Abschlussbericht aus B. seien die Schmerzen zunächst beseitigt worden; deren neuerliches Auftreten resultiere aus der „Großbaustelle“ Lendenwirbelbereich. Weitere Aufklärungsfehler seien gleichsam unbegründet.

13

Zum Dritten sei hinsichtlich des behaupteten Dokumentationsfehlers nicht erkennbar, wie - einen solchen unterstellt - der Klägerin dadurch ein Schaden entstanden sei.

14

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie schwerpunktmäßig weiter Aufklärungsmängel rügt.

15

Fehlerhaft sei das Landgericht von einer absoluten Operationsindikation ausgegangen; auch entlaste eine möglicherweise im Vorfeld von Frau Dr. R. durchgeführte Aufklärung nicht die Beklagten, die selbst hätten aufklären müssen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin eine Folge der Operation sei. Letztlich habe sich das Landgericht nicht auf den Entlassungsbericht der Klinik B. stützen dürfen, da die Klägerin insoweit anderes vorgetragen habe, wozu das Landgericht hätte weitere Feststellungen treffen müssen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 29. Mai 2012 und der Ergänzung der Berufungsbegründung vom 8. August 2012.

16

Die Klägerin beantragt,

17
1. die Beklagten unter Aufhebung des am 5. April 2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle - 6 O 1464/10 - als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 60.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Juli 2010,
18
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 75.043,55 € und an vorgerichtlichen Kosten 4.051,95 € nebst Zinsen hieraus jeweils in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
19
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche entstandene und zukünftige materielle Schäden und die bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der fehlerhaften Behandlung in der Zeit vom 30. September bis 1. November 2007 im Klinikum der Beklagten zu 1) entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

20

Die Beklagten beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und vertiefen ihren Vortrag aus erster Instanz. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 21. August 2012.

23

Der Senat hat der Klägerin mit der Ladungsverfügung einen rechtlichen Hinweis erteilt, wonach die Klägerin die Beweislast dafür trifft, dass die Schadensfolge durch den Eingriff des Arztes verursacht wurde und nicht auf andere Umstände zurückzuführen ist. Dazu hat sie mit Schriftsatz vom 8.8.2012 (Bl. 154/155 II) Stellung genommen.

II.

24

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat keinen Erfolg.

25

1. Hinsichtlich der in erster Instanz von der Klägerin behaupteten und vom Landgericht verneinten Behandlungs- und Dokumentationsfehler hat der Senat keinen Anlass, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen sowie an der diesbezüglichen rechtlichen Wertung zu zweifeln. Das Landgericht ist, der gerichtlich bestellten Sachverständigen folgend, in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Operationen lege artis, mithin behandlungsfehlerfrei durchgeführt worden sind. Es hat sich insbesondere mit den Einwänden der Klägerin umfänglich auseinandergesetzt und das, in der mündlichen Verhandlung von der Sachverständigen erläuterte, Sachverständigengutachten hinreichend gewürdigt, auch unter Einbezug des MDK-Gutachtens. Ferner hat es rechtsfehlerfrei ausgeführt, selbst wenn man eine fehlerhafte Dokumentation unterstellte, sei ein darauf basierender Schaden der Klägerin nicht dargetan. Letztlich hat die Klägerin selbst nicht aufzuzeigen vermocht, worin das erstinstanzliche Urteil dahingehend fehlerhaft sein soll.

26

2. Doch auch hinsichtlich der in der Berufungsbegründung explizierten Aufklärungsfehler, welche die Klägerin als vom Landgericht fehlerhaft verneint rügt, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

27

a) Die Berufung gegen den Beklagten zu 2) ist dahingehend evident unbegründet, da er als Operateur der beiden in Rede stehenden Operationen in keiner Weise mit der Aufklärung befasst gewesen ist.

28

b) Gleichsam gegen die Beklagte zu 1) steht der Klägerin kein - aktueller oder zukünftiger - auf einem Aufklärungsfehler beruhender Schmerzensgeld- oder Schadensersatzanspruch zu.

29

aa) Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das Landgericht zu Unrecht die Frage verneint hat, ob überhaupt eine Obliegenheit der Beklagten zu 1) zur Aufklärung über Behandlungsalternativen bestand. Grundsätzlich nämlich gilt, kann eine Operation durch eine konservative Behandlung oder deren Fortführung vermieden werden oder ist sie erst nach deren erfolgloser Vorschaltung indiziert und besteht für den Patienten eine echte Wahlmöglichkeit mit zumindest gleichwertigen Chancen, wenngleich anderen Risiken, dann ist der Patient hierauf auch hinzuweisen (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Köln 2009, A 1257 m. w. N.). Die Sachverständige hat zu einer möglicherweise absoluten Operationsindikation oder etwa existierenden konservativen Behandlungsmethoden erstinstanzlich nichts ausgeführt. Auch war eine solche Aufklärung, tatsächlich existierende alternative Behandlungsmethoden unterstellt, hier nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin nach Ansicht des Landgerichts zuvor schon von ihrer Orthopädin Dr. R. über konservative Behandlungsmethoden aufgeklärt worden ist. Denn eine solche Begründung wird der Aufgabenverteilung im Rahmen einer horizontalen Arbeitsteilung nicht gerecht. Mit der Überweisung an ein Krankenhaus, hier die Beklagte zu 1), geht die Verantwortung für den Patienten vom überweisenden Arzt auf den Nachbehandler über. Der Überweisende hat dem nachbehandelnden Arzt zwar den medizinischen Grund der Überweisung und etwaige für eine Nachbehandlung relevanten Besonderheiten mitzuteilen (Martis/Winkhart, A 308 m. w. N.); selbst wenn aber der überweisende Arzt einen bestimmten Eingriff für indiziert hält und den Patienten deshalb in ein Krankenhaus einweist, enthebt dies den dort weiterbehandelnden Arzt nicht von der Pflicht zur umfassenden Risikoaufklärung (OLG Koblenz, Beschl. v. 14.04.2005 - 5 U 1610/04, zit. nach juris = NJW-RR 2005, 1111, 1112). Selbst eine eventuell bereits erfolgte Aufklärung durch den erstbehandelnden Arzt kann sich das Krankenhaus nicht entlastend zurechnen. Demgemäß ist es auch für die Frage der Aufklärungsobliegenheit der Beklagten zu 1) irrelevant, ob möglicherweise schon Frau Dr. R. das Thema alternativer Behandlungsmethoden angesprochen hat; es bedurfte daher einer (erneuten) Aufklärung. Diese ist indes nach dem Vortrag der Beklagten in der Berufungserwiderung vor der 1. Operation durch die Zeugin Dr. K. auch erfolgt. Dem ist die Klägerin vom 28.8.2012 nur insoweit entgegen getreten, dass die Aufklärung dahin hätte gehen müssen, dass eine konservative Therapie möglich gewesen wäre. Damit wird nur die inhaltliche Richtigkeit der Aussage von Dr. K. infrage gestellt, dass eine konservative Therapie nicht Erfolg versprechend war, nicht aber dass darüber überhaupt gesprochen worden ist.

30

bb) Im Ergebnis kann es aber dahinstehen, ob es tatsächlich Alternativen zur Operation gab und bei der Beklagten zu 1) mit der Klägerin über eine solche konservative Behandlung gesprochen wurde (und mit welchem Inhalt). Denn jedenfalls ist die Klägerin hinsichtlich der Frage der Kausalität beweisfällig geblieben.

31

(1) Bei der Rüge fehlender oder mangelhafter Aufklärung muss der Patient - ebenso wie beim Behandlungsfehler - die Kausalität zwischen der Schadensfolge, für die er Ersatz begehrt, und dem Eingriff des Arztes beweisen. Beruhen die Schäden indes möglicherweise auf anderen Ursachen, so entfällt eine Haftung (BGH, Urt. v. 27.05.2008 - VI ZR 69/07, Rn. 20, zit. nach juris = NJW 2008, 2344, 2345; Urt. v. 26.11.1991 - VI ZR 389/90, Rn. 23, zit. nach juris = NJW 1992, 754; OLG Köln, Urt. v. 16.03.2005 - 5 U 63/03, Rn. 26, zit. nach juris = VersR 2005, 1147; OLG Hamm, Urt. v. 05.11.2003 - 3 U 102/03, Rn. 17, zit. nach juris; Wenzel/Simmler, Der Arzthaftungsprozess, Köln 2012, Kap.2, Rn. 1688 ff.). Dabei gelten die Gründe, die eine Beweisbelastung des Arztes für die zutreffende und vollständige Risikoaufklärung des Patienten gerechtfertigt erscheinen lassen, für die Feststellung, ob der ohne rechtswirksame Einwilligung vorgenommene ärztliche Eingriff bei dem Patienten auch zu einem Schaden geführt hat, nicht (KG, Urt. v. 27.11.2000 - 20 U 7753/98, Rn. 32, zit. nach juris = VersR 2002, 438); das bedeutet, dass die Klägerin im Prozess schon dann unterliegt, wenn sie nicht beweisen kann, dass die Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat oder dass der Schadenseintritt ohne die Pflichtverletzung zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre (OLG Naumburg, Urt. v. 10.06.2003 - 1 U 4/02, Rn. 44, zit. nach juris = NJW-RR 2004, 315, 316). So liegt der Fall hier.

32

(2) Die Sachverständige hat in erster Instanz ausgeführt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass es durch eine der beiden Operationen zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei der Klägerin gekommen ist. Es ist ihrem Gutachten zufolge ferner und ganz konkret unwahrscheinlich, dass die Patientin auf Grund der in Rede stehenden Hüftprothesenoperationen nur noch mit Unterarmgehstützen gehen kann und Schmerzen im Narbenbereich hat. Auch die Steilstellung der Pfanne leichten Ausmaßes könne allenfalls zu Hüftgelenksluxationen führen, was vorliegend nicht aufgetreten ist.

33

Wenn die Klägerin indes im Schriftsatz vom 8.8.2012 meint, diese Feststellungen seien mit keinerlei wissenschaftlicher Kenntnis fundiert und es sei eine aktuelle fachärztliche Untersuchung der Klägerin unerlässlich, kann dem nicht gefolgt werden. Denn zum Ersten nimmt die Sachverständige Bezug auf die postoperativen Röntgenbilder nach der Revisionsoperation und die nachfolgenden radiologischen Kontrollen und kann bei deren Auswertung auf ihre Kompetenz und Erfahrung zurückgreifen, wegen derer sie überhaupt zur Sachverständigen bestellt wurde. Zum Zweiten rekurriert die Sachverständige überdies auf die in der Fachliteratur publizierten klinischen Ergebnisse, mit denen sie das konkrete Beschwerdebild der Klägerin vergleicht. Drittens war der Verweis der Sachverständigen auf den Abschlussbericht der Klinik B. und die darin beschriebenen guten Rehabilitationsergebnisse hinreichender Anknüpfungspunkt. Dass dieser Bericht unwahr ist, hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan. Letztlich bedurfte es auch keiner persönlichen Untersuchung der Klägerin, da die Sachverständige schon nach Aktenlage entscheiden konnte. Zwar konnte sie ihre auf das Aktenmaterial gestützte Vermutung, dass die Ursache der Schmerzen und der Gehbehinderung eher im Bereich der Lendenwirbelsäule (Wirbelgleiten L 4/L 5 sowie schwere degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule) und der Adipositas liege, mangels körperlicher Untersuchung nicht verifizieren; das musste sie indes gar nicht, da sie jedenfalls einen Zusammenhang zwischen den Operationen und den aktuellen Beschwerden weitgehend ausschließen konnte. Dass sie die Kausalität nur als unwahrscheinlich einstufen und sie nicht sicher ausschließen konnte, geht auf Grund der Beweislastverteilung indes zu Lasten der Klägerin. Denn die Klägerin hätte zur haftungsbegründenden Kausalität am Beweismaß des § 286 ZPO beweisen müssen, dass ein solcher Zusammenhang besteht, was ihr nicht gelungen ist. Mit dem in der Ergänzung zur Berufungsbegründung angebotenen Beweis, die Kausalität durch Parteivernehmung der Klägerin zu führen, kann sie schon deshalb nicht gehört werden, weil damit nur ein zeitlicher, kein medizinischer Zusammenhang aufgezeigt werden kann. Der Vortrag im Schriftsatz vom 8.8.2012 (unter 4.) ist im Übrigen unzureichend. Zwar werden an die Substanziierungspflicht in Arzthaftungsprozessen nur geringe Anforderungen gestellt. Im Hinblick auf das vorliegende Gutachten und die mündliche Erläuterung der Sachverständigen, war es nunmehr aber unzureichend lediglich erneut zu behaupten, dass die behauptete Gesundheitsverschlechterung auf den streitgegenständlichen Operationen beruht.

34

cc) Aus eben diesen Erwägungen zur Kausalität scheidet auch ein Anspruch der Klägerin wegen der vermeintlich fehlerhaften Aufklärung bezüglich eines durch die Adipositas und die Osteoporose bestehenden erhöhten Risikos für eine Pfannenlockerung aus. Gleiches gilt für eine Aufklärung dahingehend, dass die vorhandenen Schmerzen auch eine andere Ursache haben und durch eine Hüftoperation möglicherweise nicht beseitigt werden könnten. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin selbst sich widersprüchlich verhält, wenn sie einerseits meint, sie hätte über mögliche andere Ursachen für die (präoperativen) Schmerzen aufgeklärt werden müssen; andererseits ist ihrer Klage das Bestreiten dergestalt immanent, dass diese anderen Ursachen nicht für die aktuellen Schmerzen und die Gehbeschwerden ursächlich sein können.

35

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

36

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

37

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.

38

Streitwert

39

- Schmerzensgeld

        

 60.000, -- Euro

- Haushaltsführungsschaden

        

 74.043,55 Euro

- Feststellungsantrag

        

 2.000, -- Euro

40

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind lediglich bei der Kostenquote, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen.


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.