Oberlandesgericht München Urteil, 27. Nov. 2014 - 29 U 1004/14

bei uns veröffentlicht am27.11.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und der Streithelferinnen wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 12.02.2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Verwendung von Rezensionsauszügen im Onlinebuchhandel.

Die Klägerin gibt die bundesweit erscheinende Tageszeitung „F. A. Zeitung“ sowie die „F. A. Sonntagszeitung“ heraus und betreibt die Internetseite www.faz.net.

Die Beklagte vertreibt über die von ihr verantworteten Webseiten unter der Adresse www.buch.de Bücher, Medien und sonstige Produkte über das Internet.

Im Rahmen der Vorstellung der einzelnen von ihr vertriebenen Bücher verwandte die Beklagte auch die in der Anlage A1 aufgeführten 50 Rezensionsauszüge, welche aus den Zeitungen der Klägerin stammen.

Bei den Streithelferinnen handelt es sich um Unternehmen des Zwischenbuchhandels, die auch Bücher-Datenbanken betreiben. Die Beklagte hat mit den Streithelferinnen Verträge über die entgeltliche Nutzung der Bücher-Datenbanken geschlossen. Die Streithelferinnen haben die 50 streitgegenständlichen Rezensionsauszüge der Beklagten im Rahmen der Nutzung der Bücher-Datenbanken zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte hat bereits 2006/2007 bei der Klägerin ein Angebot hinsichtlich der Lizensierung von Rezensionen angefragt und erhalten. Zum Abschluss einer Lizenzvereinbarung ist es allerdings nicht gekommen.

Nach Auffassung der Klägerin sind die von der Beklagten im Rahmen der Werbung für die von ihr vertriebenen Bücher verwandten Artikelauszüge urheberrechtlich schutzfähig. Sie sei auch aktivlegitimiert, da ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Artikelauszügen zuständen.

Im Hinblick auf die öffentliche Zugänglichmachung der 50 Rezensionsauszüge auf den Webseiten der Beklagten unter der Domain www.buch.de hat die Klägerin im Wege der Lizenzanaloge ihren Schaden unter Heranziehung ihrer Preisliste auf 28.001,90 € beziffert. Sie ist bei der Berechnung von der niedrigsten Zugriffsrate von „bis 50.000 Page Impressions“ ausgegangen und hat jeweils einen Nutzungszeitraum zeitnah von der jeweiligen Veröffentlichung der Rezensionen bis zum 5. Dezember 2011 zugrunde gelegt.

Die Klägerin hat nach einer Teilklagerücknahme hinsichtlich weiterer Rezensionsauszüge mit Schriftsatz vom 21.01.2013 erstinstanzlich folgende Anträge angekündigt:

I.

Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung, untersagt, die in der beigefügten Anlage A 1 markierten Artikel bzw. Artikelauszüge zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 28.001,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art, Umfang und Dauer der Nutzung von Artikeln bzw. Artikelauszügen aus Publikationen der Klägerin und die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben erforderlichenfalls an Eides statt zu versichern.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren, über den in Ziffer II. genannten Betrag hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer III. entstanden ist.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 24.07.2013 hat der Vertreter der Klägerin erklärt, dass im Hinblick auf die im Antrag III genannte eidesstattliche Versicherung die Klage als Stufenklage zu verstehen sei, und hat die Klageanträge Ziffer I. und IV. aus dem Schriftsatz vom 21.01.2013 sowie Klageantrag III. in folgender Fassung gestellt:

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art, Umfang und Dauer der Nutzung von Artikeln bzw. Artikelauszügen gemäß Ziffer I.

Die Beklagte und die Streithelferinnen haben Klageabweisung beantragt.

Sie sind der Auffassung, die Rezensionsauszüge seien mangels Schöpfungshöhe nicht urheberrechtlich schutzfähig und etwaige Ansprüche der Klägerin seien zudem verwirkt, weil sie die Verwendung von Rezensionsauszügen - wie sie im Verlagswesen seit jeher üblich sei - ohne Weiteres hingenommen habe.

Im Übrigen entspreche die Verwendung der Rezensionsauszüge einer langjährigen, bisher von allen Beteiligten akzeptierten oder zumindest geduldeten und infolgedessen zum Gewohnheitsrecht erstarkten Branchenübung. Diese erstrecke sich auch auf die Onlinebewerbung von Büchern, die seit ca. 10-15 Jahren ebenfalls unter Verwendung jener Texte erfolge, die auf dem Buchumschlag oder im Klappentext von Zeitungsverlagen übernommen würden, was von diesen ebenso wie die analoge Bewerbung geduldet und akzeptiert werde. Darüber hinaus berufen sich die Berufungskläger auf das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG.

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 12.02.2014, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

I.

Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung,

untersagt,

die in der beigefügten Anlage A 1 markierten Artikel bzw. Artikelauszüge zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art, Umfang und Dauer der Nutzung von Artikeln bzw. Artikelauszügen gemäß Ziffer I.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den über Euro 34.090,20 hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer III. entstanden ist.

V.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

VI.

[vorläufige Vollstreckbarkeit]

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte und die Streithelferinnen mit ihrer Berufung. In prozessualer Hinsicht führen die Streithelferinnen aus, dass aufgrund der Beschränkung der Auskunfts- und Schadensersatzansprüche in der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf die Nutzung der Rezensionsauszüge gemäß Klageantrag I. für den Auskunfts- und den Schadensersatzfeststellungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis bzw. das Feststellungsinteresse entfallen sei, denn hinsichtlich der Rezensionsauszüge gemäß Klageantrag I mache die Klägerin ihren vollen Schaden bezogen auf eine maximal mögliche Nutzung bereits mit dem bezifferten Klageantrag II geltend.

Darüber hinaus sei der Erlass eines Teilurteils im vorliegenden Fall auch wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2001, 155) dürfe im Falle einer objektiven Klagehäufung von Leistungsbegehren und Feststellungsansprüchen, die aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, nicht durch Teilurteil gesondert über einen oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden werden.

In materieller Hinsicht berufen sich die Beklagte und die Streithelferinnen zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen auf Wiederholungen und Vertiefungen ihrer Ausführungen erster Instanz.

Die Beklagte beantragt:

Auf die Berufung der Klägerin [sic!] wird das Teilurteil des LG München I vom 24.07.2013 - 21 O 7543/12 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Streithelferinnen beantragen:

I.

Das Urteil des Landgerichts München I vom 12. Februar 2014 - Az. 21 O 7543/12 wird aufgehoben.

II.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses bzw. Feststellungsinteresses für den Auskunfts- und den Schadensersatzfeststellungsanspruch führt die Klägerin aus, dass sie mit dem bezifferten Leistungsantrag nur denjenigen Schadensersatzbetrag geltend gemacht habe, den sie aufgrund ihrer eigenen Recherchen der Nutzungshandlungen der Beklagten feststellen konnte. Für den vollständigen Umfang der Nutzung der Rezensionsauszüge durch die Beklagte sei die Klägerin dagegen auf die Auskunft der Beklagten angewiesen. So seien der Klägerin die tatsächlichen Zugriffsraten auf das Internetangebot der Beklagten nicht bekannt. Würde die Auskunft ergeben, dass die tatsächlichen Zugriffsraten bis zu 100.000 Page Impressions betrugen, würde sich der Schadensbetrag gegenüber der bisherigen Bezifferung, die auf der Grundlage von bis zu 50.000 Page Impressions berechnet wurde, nochmals erheblich erhöhen. Zudem sei der Klägerin auch unbekannt, ob die Beklagte die streitgegenständlichen Rezensionsauszüge nicht nur auf ihrer Internetseite, sondern ebenfalls in weiteren Vertriebsmaterialien wie etwa Werbe-E-Mails, Werbeflyern, Messeständen, Firmenbroschüren, mobilen Anwendungen oder dergleichen verwendet habe, wozu sie die Auskunft benötige.

Auch der Erlass des Teilurteils sei zulässig gewesen. Die BGH-Entscheidung (NJW 2001, 155) habe die Konstellation betroffen, dass über den konkreten Zahlungsanspruch bereits entschieden worden war, bevor die Erstattungspflicht dem Grunde nach geklärt worden sei. Im vorliegenden Fall lägen die Dinge aber anders. Im Übrigen hätten alle Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2013 ihr Einverständnis mit dem gerichtlichen Vorgehen erklärt.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 27.11.2014 Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO war unzulässig. Das erstinstanzliche Urteil war daher gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO aufzuheben und von Amts wegen (§ 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO) zurückzuverweisen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstands ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 2013, 1009; BGHZ 189, 356 m. w. N.). Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbstständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen den prozessual selbstständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGH NJW 2013, 1009; BGHZ 189, 356).

Eine solche materiell-rechtliche Verzahnung besteht zwischen dem noch erstinstanzlich anhängigen bereits bezifferten Zahlungsanspruch und den erstinstanzlich bereits durch Teilurteil zugesprochenen Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüchen. Sowohl hinsichtlich des bezifferten Zahlungsanspruchs als auch hinsichtlich der weiteren Ansprüche, über die bereits entschieden wurde, kommt es auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Rezensionsauszüge, auf die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Nutzungsrechte und die Frage der Rechtmäßigkeit der Nutzung aufgrund Gewohnheits- oder Zitatrechts an. Hinsichtlich dieser Fragen besteht durch das Teilurteil keine Rechtskraft und keine Bindung nach § 318 ZPO, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht. Zwar gilt der Grundsatz, dass ein Teilurteil nicht ergehen darf, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, nicht ausnahmslos. Im Falle einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO besteht hinsichtlich des Auskunftsanspruchs und des noch unbezifferten Leistungsantrags die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Dies ist bei der Stufenklage gemäß § 254 ZPO hinzunehmen, da der Kläger gerade die Auskunft benötigt, um seinen Leistungsantrag zu konkretisieren (vgl. BGH NJW 2011, 1815 Tz. 8 -VIOXX). Ein Stufenverhältnis im Sinne des § 254 ZPO besteht im vorliegenden Fall jedoch nur bezüglich des Auskunftsbegehrens und des noch erstinstanzlich anhängigen Antrags auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Hinsichtlich des bezifferten Leistungsantrags und der erstinstanzlich bereits gestellten Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsanträge besteht dagegen kein Stufenverhältnis. Die Klägerin benötigt die begehrte Auskunft nicht für den bereits bezifferten Schadensersatzanspruch. Insofern führt sie ausdrücklich aus, dass sie den Betrag bereits aufgrund eigener Recherchen feststellen konnte. Die Klägerin begehrt die Auskunft, um festzustellen, ob und ggf. in welcher Höhe ihr durch ihr bisher nicht bekannte weitere oder intensivere Nutzungen der Rezensionsauszüge durch die Beklagte weitere Schäden entstanden sind, und begehrt mit dem Feststellungsantrag die Feststellung der diesbezüglichen Ersatzpflicht der Beklagten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, ob durch Teilurteil über einen bezifferten Schadensersatzanspruch erstinstanzlich dem Grunde nach entschieden wurde, aber nicht über die auch begehrte Feststellung der Schadensersatzpflicht hinsichtlich weiterer Schäden, wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 04.10.2000 (NJW 2001, 155) zugrundeliegenden Fall oder aber, wie im vorliegenden Fall, über die Feststellung der Schadensersatzpflicht hinsichtlich weiterer Schäden entschieden wurde, nicht aber über den daneben rechtshängigen bezifferten Schadensersatzanspruch zumindest dem Grunde nach. In beiden Fällen besteht die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen (vgl. BGH NJW 2001, 155).

Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte - was von ihr mit Schriftsatz vom 14.11.2014 bestritten wurde - sich mit dem gerichtlichen Vorgehen einverstanden erklärt hat. Bei der Unzulässigkeit des Teilurteils handelt es sich um einen von Amts wegen zu beachtenden wesentlichen Verfahrensmangel (BGH NJW 2001, 155, 156). Die Zulässigkeit eines Teilurteils unterliegt nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien.

2. Unter Zugrundelegung des bisherigen Sach- und Streitstandes dürfte die Klage auch nur teilweise begründet sein.

a) Mit ihrem Klageantrag I begehrt die Klägerin ein umfassendes, in keiner Weise näher eingegrenztes Unterlassungsgebot hinsichtlich der Vervielfältigung und öffentlich Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Artikel bzw. Artikelauszüge. Der sachliche Umfang des Unterlassungsanspruchs richtet sich danach, in welchem Umfang eine Begehungsgefahr (Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr) besteht, die sich entweder aus einem bereits erfolgten Verstoß oder aus den Umständen ergibt, die die Erstbegehungsgefahr begründen. Dabei ist zu beachten, dass sich die durch eine Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr grundsätzlich auch auf im Kern gleichartige Verletzungshandlungen erstreckt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 8 Rn. 1.52, 1.55a mit zahlreichen Nachweisen).

Trotz des umfassenden Unterlassungsantrags bezog sich der Sachvortrag der Klägerin erster Instanz ausschließlich auf die Online-Nutzung der streitgegenständlichen Auszüge. Dementsprechend hat das Landgericht in den Urteilsgründen auch ausschließlich dazu Stellung genommen, ob die Beklagten die Auszüge online zu Werbezwecken nutzen dürfen. Im Zusammenhang mit dem Auskunftsantrag, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf die streitgegenständlichen Auszüge beschränkt war, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.07.2013 (S. 38) ausgeführt, dass sich das Auskunftsbegehren der Klägerin auf die Nutzung von Rezensionsauszügen aus den bei ihr erschienenen Artikeln im Online-Auftritt der Beklagten erstreckt. Aus dem berufungsinstanzlichen Vortrag ergibt sich jedoch, dass die Klägerin (jedenfalls nunmehr) tatsächlich Auskunft im Umfang des im Wortlaut weit gefassten Unterlassungsgebots begehrt und sie daher auch Unterlassung sämtlicher Vervielfältigungen, also auch in analoger Form wie in Werbeflyern, auf Messeständen oder in Firmenbroschüren begehrt. Bezüglich solcher Nutzungen der Auszüge ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin jedoch keinerlei Hinweis für eine bestehende Begehungsgefahr. Sie hat weder vorgetragen, dass die Beklagte die Auszüge in analoger Form überhaupt schon einmal genutzt habe, noch, dass die konkrete Gefahr einer solchen Nutzung der Auszüge bevorstehe. Bei der Nutzung der Auszüge zu Werbezwecken in analoger Form z. B. in Werbeflyern oder Firmenbroschüren handelt es sich nicht um im Kern gleiche Verletzungshandlungen zu der Nutzung der Auszüge auf den Internetseiten der Beklagten zur Bewerbung der Bücher. Bei der Werbung in analoger Form und der Online-Werbung sind ganz verschiedene Nutzungsrechte betroffen. Aber selbst innerhalb des Online-Bereichs ist zu differenzieren. Aus der konkreten Verletzungsform, der Bewerbung der Bücher mit den Auszügen auf den Internetseiten der Beklagten, wie dargestellt in der Anlage A 1, ergibt sich kein den gesamten Online-Bereich umfassendes Unterlassungsgebot. Zum Beispiel wäre die Versendung von Werbe-E-Mails, in denen die Klägerin ihren Kunden jeweils einzeln Rezensionsauszüge zugänglich macht, kein kerngleicher Verstoß zu der Bewerbung der Bücher mit den Auszügen auf den Internetseiten der Beklagten, schon weil die E-Mail-Werbung nicht allgemein zugänglich ist, sondern sich an einen ausgewählten Adressatenkreis richtet. Bei Zugrundelegung des bisherigen Vortrags kann der Unterlassungsantrag somit schon mangels darüber hinausgehender Begehungsgefahr nur im Hinblick auf die konkrete Verletzungsform, die Wiedergabe der Auszüge auf den Internetseiten der Beklagten, begründet sein.

b) Diese Einschränkung des Unterlassungsgebots hat auch Auswirkungen auf die Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche. Zwar fehlt es für die entsprechenden Anträge nicht am Rechtsschutzbedürfnis bzw. am Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Auszüge über den ihr bereits bekannten und bezifferten Antrag hinaus ein Interesse an der Auskunft hat, da sie nicht wisse, ob die Zugriffsraten nicht tatsächlich höher liegen als der ihrer Berechnung zugrundeliegende niedrigste Wert, und sie die Auskunft für die Berechnung des Schadens hinsichtlich anderer Verwertungen der Auszüge als auf den Internetseiten benötigt. Da der Unterlassungsanspruch aber nur hinsichtlich der konkreten Verletzungsform begründet sein und auch nur insofern ein Schadensersatzanspruch bestehen kann, könnte ein Auskunftsanspruch auch nur im Hinblick auf die konkrete Verletzungsform gegeben sein, so dass über die der Klägerin bereits bekannten Daten hinaus nur ein Anspruch auf Mitteilung der Zugriffsraten in Betracht kommt.

c) Bezogen auf die konkrete Verletzungsform dürfte der Unterlassungsanspruch allerdings aus den vom Landgericht dargelegten Gründen zumindest teilweise begründet sein. Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit ist für jeden Rezensionsauszug einzeln zu prüfen. Zumindest hinsichtlich der Rezensionsauszüge, mit deren urheberrechtlicher Schutzfähigkeit sich das Landgericht in den Urteilsgründen im Einzelnen auseinandergesetzt hat, ist von deren Schutzfähigkeit auszugehen.

Das Landgericht hat auch zutreffenderweise angenommen, dass die Beklagte nicht aufgrund Gewohnheitsrechts zur Vervielfältigung und öffentlich Zugänglichmachung der Auszüge in der geschehenden Weise berechtigt war. Die Entstehung von Gewohnheitsrecht erfordert eine langdauernde tatsächliche Übung (longa consuetudo) als objektives Element sowie die allgemein verbreitete Überzeugung von ihrer Gültigkeit (opinio juris sive necessitatis) als subjektives Element (Krebs, Becker, JuS 2013, 97, 98; Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl., Einl., Rn. 22 mit weiteren Nachweisen). Im Hinblick auf die Nutzung von Rezensionsauszügen durch die Verlage zur Bewerbung ihrer Bücher in den Klappentexten besteht, wie das Landgericht Frankfurt a. M. zutreffenderweise schon 1991 festgestellt hat (vgl. Anlage S 1), ein solches Gewohnheitsrecht. Die gewohnheitsrechtlich anerkannte Nutzung von Rezensionsauszügen zur Bewerbung von Büchern in bestimmten Formen ist auch nicht auf die Verlage beschränkt. Auch die Bewerbung der Bücher durch die Buchhändler in ihrer Auslage und durch die Versandbuchhandlungen in ihren Printkatalogen entspricht sehr langer von keiner Seite in Frage gestellter Übung. Dies bedeutet aber nicht, dass jegliche Form der Werbung mit Rezensionsauszügen durch Buchhändler gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. Nur weil Buchhändler sich hinsichtlich bestimmter analoger Nutzungen der Rezensionsauszüge auf Gewohnheitsrecht berufen können, führt dies nicht dazu, dass dies auch für ganz andere Nutzungsarten wie die Online-Werbung gilt. Die Beklagte kann sich daher nur dann auf Gewohnheitsrecht berufen, wenn die konkrete Form der Nutzung, nämlich die Bewerbung der Bücher mit Rezensionsauszügen auf den Internetseiten der Buchhändler, gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. Hierzu hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass schon zweifelhaft ist, ob insoweit überhaupt von einer dauerhaften Übung ausgegangen werden kann, da allenfalls seit 10 bis 15 Jahren überhaupt eine Verwendung von Rezensionsausschnitten im Online-Buchhandel zu verzeichnen ist, was für die Entstehung von Gewohnheitsrecht möglicherweise nicht ausreichend ist (vgl. Krebs, Becker, JuS 2013, 97, 100). Jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass eine einheitliche Überzeugung der Rechtsgemeinschaft besteht, dass eine lizenzfreie Online-Nutzung von Rezensionsauszügen durch Buchhändler rechtens ist. Als Indiz gegen eine solche allgemeine Rechtsüberzeugung spricht schon das Verhalten der hiesigen Prozessparteien. Die Beklagte ist nicht etwa selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie zur lizenzfreien Nutzung von Auszügen aus den Rezensionen der Klägerin berechtigt sei, sondern hat vielmehr bei dieser entsprechende Lizenzangebote nachgefragt. Die Klägerin hat nicht etwa mitgeteilt, dass eine Lizenz nicht erforderlich sei, sondern entsprechende Angebote übermittelt. Weder die Beklagte noch die Klägerin sind daher davon ausgegangen, dass es einer Lizenzierung nicht bedürfe. Die Klägerin hat zudem vorgetragen, dass sie mit dem Konkurrenten der Beklagten Bücher.de eine Lizenzvereinbarung über die Nutzung von Rezensionen und Rezensionsauszügen abgeschlossen habe und sowohl sie als auch ihre Konkurrenten für die Online-Werbung mit Rezensionsauszügen grundsätzlich Lizenzgebühren verlangen. Die Klägerin und die Süddeutsche Zeitung haben zudem die sogenannten Perlentaucher-Verfahren geführt (BGH GRUR 2011, 134 - Perlentaucher; BGH ZUM 2011, 242) und mit diesen gezeigt, dass sie mit der unentgeltlichen Online-Nutzung von Auszügen aus ihren Rezensionen nicht einverstanden sind. Zwar war Beklagte in den Verfahren nicht eine Buchhandlung, sondern ein Kulturmagazin, das Abstracts von Buchrezensionen erstellte. Die Klägerin und die Süddeutsche Zeitung wendeten sich aber in den Verfahren gerade gegen die Lizenzierung der Abstract an die Internet-Buchhandlungen Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig.“ und Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig.“. Die Konstellation war somit vergleichbar mit dem entgeltlichen Zur-Verfügung-Stellen der Rezensionsauszüge durch die Streithelferinnen an die Beklagte. Die Klägerin und die Süddeutsche Zeitung rügten in den Perlentaucher-Verfahren wie im vorliegenden Verfahren die wörtlichen Übernahmen von Textpassagen aus den Rezensionen als Urheberrechtsverstoß (vgl. BGH GRUR 2011, 134, Tz. 52 ff. - Perlentaucher). Eine bestehende allgemeine Überzeugung, dass die kostenlose Nutzung von Rezensionsauszügen durch Buchhändler auf ihren Internetseiten zur Bewerbung der Bücher zulässig sei, kann nicht festgestellt werden.

d) Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf das Zitatrecht nach § 51 Satz 1 UrhG berufen. Die Bewerbung von Produkten stellt keinen besonderen, die Nutzung rechtfertigenden Zweck im Sinne des § 51 UrhG dar.

e) Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Aktivlegitimation der Klägerin überzeugen. Vorbehaltlich der Prüfung der in der Berufungsinstanz erstmals geltend gemachten AGB-rechtlichen Unwirksamkeit der Rechteeinräumungsklauseln in den freien Mitarbeiterverträgen und der hinsichtlich eines Teils der Auszüge vom Landgericht noch nachzuholenden Prüfung der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der Auszüge, dürften die bereits gestellten Anträge somit bezogen auf die konkrete Verletzungsform begründet sein.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtsfragen, die zur Unzulässigkeit des Teilurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht führen, keine grundsätzliche Bedeutung haben (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Wie die Ausführungen unter zeigen erfordert die Rechtssache insoweit lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

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2.
Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
3.
einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.
Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.

Tenor

I.

Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung, untersagt, die in der beigefügten Anlage A1 markierten Artikel bzw. Artikelauszüge zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art, Umfang und Dauer der Nutzung von Artikeln bzw. Artikelauszügen gemäß Ziffer I.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den über EUR 34.090,20 hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer III. entstanden ist.

V.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

VI.

Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 sowie in Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000,00 vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage um die Verwendung von Rezensionsauszügen im Online-Buchhandel.

Die Klägerin gibt die bundesweit erscheinende Tageszeitung „...“ sowie die „...“ heraus. Zudem betreibt die Klägerin die Internetseite www...net und verwertet die in ihren Zeitungen erscheinenden Artikel in einer Vielzahl von anderen Medienformaten, wobei Nutzer beispielsweise im Rahmen eines kostenpflichtigen Dienstes auf das ...-Archiv mit ca. 2 Millionen Artikeln seit dem Jahr 1993 zugreifen können (Anlage K5). Weiterhin bietet die Klägerin insbesondere Firmenkunden an, Artikel oder Grafiken aus ihrer Zeitung auf den jeweiligen Unternehmenswebseiten öffentlich zugänglich zu machen und verlangt hierfür Lizenzgebühren (Anlage K6).

Die Beklagte vertreibt über die von ihr verantworteten Webseiten unter der Adresse www...de Bücher, Medien und sonstige Produkte über das Internet. Die von der Beklagten vertriebenen Bücher werden vielfach auf den Internetseiten mit Inhaltsbeschreibungen und sonstigen Informationen beworben.

Im Rahmen der Vorstellung der einzelnen von ihr vertriebenen Bücher verwandte die Beklagte auch die in der Anlage A1 aufgeführten 50 Rezensionsauszüge, welche aus den Zeitungen der Klägerin stammen. Hinsichtlich der einzelnen Rezensionsauszüge wird auf deren Beschreibung auf den Seiten 10-69 der Klageschrift vom 11.4.2012 (Blatt 10/69 der Akte) Bezug genommen, soweit die darin dargestellten Artikel noch in Anlage A1 enthalten sind.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.1.2012 (Anlage K 199) ab. Eine Un-terlassungsverpflichtungserklärung gab die Beklagte in der Folgezeit nicht ab. Bereits in den Jahren 2006/2007 sowie 2010 war zwischen den Parteien über eine Lizenzvereinbarung für Rezensionsauszüge verhandelt worden. Eine Einigung war jedoch nicht zustande gekommen.

Die Klägerin behauptet, sie habe von der Verwendung der Rezensionsauszüge und Rezensionen auf den Seiten der Beklagten erstmals am 5.12.2011 Kenntnis erlangt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Beklagten im Rahmen der Werbung für die von ihr vertriebenen Bücher verwandten Artikelauszüge seien urheberrechtlich schutzfähig, da die Mehrzahl schon aufgrund der Menge des übernommenen Textes mit mehreren Sätzen ausreichend umfangreich sei. Auch soweit die Beklagte kürzere Textauszüge übernommen habe, genössen diese urheberrechtlichen Schutz, da sie auch bei geringer Länge eine zusammenhängende Gedankenführung erkennen ließen und sich einer stilsicheren, prägnanten und individuellen Ausdrucksweise bedienten, deren Niveau gängige Mitteilungen in der Alltagssprache deutlich übersteige. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 75-81 der Klageschrift (Blatt 75/81 der Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, ihr stünden die ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Artikelauszügen zu, da sie sich diese auch vor dem Bekanntwerden der Nutzungsart Internet vertraglich von ihren fest angestellten und freien Autoren habe einräumen lassen und bei einer entsprechenden Einräumung aller wesentlichen Nutzungsrechte in ausschließlicher sowie räumlich und zeitlich unbegrenzter Art und Weise nach der gesetzlichen Übergangsregelung auch die Online-Rechte übergegangen seien, wenn - wie hier - keine Widersprüche der genannten Autoren erfolgt seien.

Die Klägerin ist daher der Auffassung, ihr stünden wegen der rechtswidrigen Nutzung der Artikelauszüge Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung zu. Weiter könne sie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehren.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2012 (Blatt 145/147 der Akte) hat die Beklagte den Streithelferinnen, drei Unternehmen des Zwischenbuchhandels, den Streit verkündet. Diese sind durch Schriftsatz vom 22.1.2013 (Blatt 175/206 der Akte) dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die ursprünglich im Hinblick auf 65 Artikel und Artikelauszüge erhobene Klage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.1.2013 (Blatt 149/174 der Akte) hinsichtlich der auf Seite 2 dieses Schriftsatzes (Blatt 150 der Akte) genannten Artikel und Artikelauszüge zurückgenommen. Ergänzend wird auf die Anlagen K 17, K 23, K 53, K 62, K 77, K 103, K 106, K 141, K 150, K 158, K 162, K 168, K 176 und K 183 Bezug genommen, welche die Verletzungsformen hinsichtlich des zurückgenommen Teils der Klage enthalten.

Die Klägerin beantragt im Wege der Stufenklage:

I.

Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann -wegen jeder Zuwiderhandlung, untersagt, die in der beigefügten Anlage A1 markierten Artikel bzw. Artikelauszüge zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Art, Umfang und Dauer der Nutzung von Artikeln bzw. Artikelauszügen gemäß Ziffer I.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren, über den in Ziffer II. genannten Betrag hinaus gehenden Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer III. entstanden ist.

Die Beklagte und die Streithelferinnen beantragen

Klageabweisung.

Die Beklagte wendet ein, nur eine von der Klägerin nicht vorgenommene Gegenüberstellung von Original und Entnahme ermögliche die Feststellung, ob und inwieweit den übernommenen Textpassagen überhaupt ein schöpferischer Gehalt und damit Werkcharakter zukomme. Ob es sich bei den verwendeten Rezensionsauszügen um besonders aussagekräftige, prägende, ausdrucksstarke und/oder originelle Passagen der jeweiligen Rezension handle oder lediglich um eine Wiedergabe der Handlung oder eine Sammlung allgemein gebräuchlicher Formulierungen, sei weder auszumachen noch zu beurteilen.

Die Beklagte ist der Auffassung, es sei zu beachten, dass die Rezensionsauszüge und Rezensionen nicht selbstständig von ihr auf ihre Internetseiten eingestellt worden seien, sondern sie von den Barsortimenten und deren Datenbanken mit den vollständigen bibliografi-schen Daten nebst Zusatzinformationen wie zum Beispiel auch den streitgegenständlichen Rezensionen bzw. Rezensionsauszügen beliefert werde.

Die von der Klägerin herausgegriffenen 15 Rezensionsauszüge seien im Übrigen nicht schutzfähig. Zum Teil handle es sich um banale kurze Ausschnitte, die nichts weiter als insbesondere für Buchbesprechungen alltägliche Feststellungen enthielten. In erheblichem Umfang seien auch Zitate und zusammengesetzte Zitate enthalten sowie rein beschreibende Inhaltsangaben übernommen worden. Die Rezensionen enthielten zum großen Teil schlichte Zustandsbeschreibungen in Alltagssprache, wobei selbst auf den ersten Blick individuell anmutende Wortschöpfungen bei näherer Betrachtung durchaus regelmäßig verwendet würden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 3-15 des Schriftsatzes vom 10.12.2012 (Blatt 126/138 Akte) Bezug genommen.

Die Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verwirkt. Da sie bereits seit dem Jahr 2006 von mehreren Lizenzanfragen der Beklagten gewusst habe und die Beklagte keines der Lizenzangebote der Klägerin angenommen hatte, sei in den folgenden fünf Jahren seitens der Klägerin nichts unternommen worden. Vielmehr habe die Klägerin trotz des Schweigens der Beklagten auf ihre Angebote nie wieder reagiert und die Verwendung von Rezensionsauszügen - wie sie im Verlagswesen seit jeher üblich sei - sang- und klanglos hingenommen. Infolgedessen habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass sie mit Ansprüchen der Klägerin wegen der Verwendung von Rezensionsauszügen nicht mehr zu rechnen brauche und habe sich darauf einrichten dürfen, da nicht einmal der Abschluss einer Lizenzvereinbarung nachgefragt worden sei. Der Klägerin habe die Verwendung der Auszüge auch nicht verborgen bleiben können, da diese in aller Öffentlichkeit, auf den Büchern, in den Buchprospekten, im Internet, bei den Verlagen und den Onlineshops genutzt worden seien. Aufgrund dieser Präsenz in der Öffentlichkeit habe die Beklagte mit der Billigung einer lizenzvereinbarungsfreien Nutzung der Rezensionsauszüge rechnen dürfen.

Im Übrigen sei die Verwendung von Auszügen aus Buchbesprechungen auf der Rückseite von Büchern auch gewohnheitsrechtlich gestattet und seit jeher auch bei den Verlagen gängige Praxis, deren Bücher von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Rezensionsauszügen vorgestellt worden seien.

Die Streithelferinnen sind ebenfalls der Auffassung, die Verwendung der Rezensionsauszüge und Rezensionen entspreche einer langjährigen, bisher von allen Beteiligten akzeptierten oder zumindest geduldeten und infolgedessen zum Gewohnheitsrecht erstarkten Branchenübung. Seit jeher hätten die Buchverlage den Zeitungsverlagen Rezensionsexemplare der von ihnen herausgegebenen neuen Bücher kostenlos überlassen und seit ebenso langer Zeit hätten die Zeitungsverlage keine Einwände dagegen erhoben, dass Rezensionsausschnitte in der Werbung für diese Bücher genutzt werden. Dies gelte für Umschlagrückseiten ebenso wie für die Klappentexte der Bücher, für Verlagsvorschauen ebenso wie für die Werbeanzeigen und für die Bewerbung der Bücher durch den Buchhandel. Dabei handle es sich um eine jahrzehntealte Branchenübung nicht nur in Deutschland sondern in einer Vielzahl von Ländern wie insbesondere auch den USA, Großbritannien, Österreich und der Schweiz. Der Entstehung von Gewohnheitsrecht stehe es nicht entgegen, dass die Klägerin der Beklagten ein Lizenzangebot unterbreitet habe und sie seit dem Jahr 2006 zusammen mit der... die in der Fachöffentlichkeit hinlänglich bekannten „Perlentaucher“-Verfahren geführt habe. Ein

Abweichen eines unbedeutenden Teils bzw. einer rechtlich unbeachtlichen Minderheit der Rechtsanwender von den gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen führe nicht zu deren Nichtgeltung.

Die Branchenübung erstrecke sich auch auf die Onlinebewerbung von Büchern, die seit ca. 10-15 Jahren ebenfalls unter Verwendung jener Texte erfolge, die auf dem Buchumschlag oder im Klappentext von Zeitungsverlagen übernommen würden, was von diesen ebenso wie die analoge Bewerbung der Bücher durch Umschlag- und Klappentexte geduldet und akzeptiert werde. Da es sich folglich um eine von allen Beteiligten als rechtmäßig angesehene langjährige Übung handle, sei von einer gewohnheitsrechtlich zulässigen Praxis auszugehen.

Überdies sei die Klägerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Rezensionsausschnitte und Rezensionen teilweise nicht aktivlegitimiert, da die von ihr vorgelegten Anstellungsverträge gemäß den Anlagen K 16, K 28, K 34, K 52, K 67, K 94, K 108, K 152, K 182 und K 187 keine Einräumung von Online-Nutzungsrechten enthielten und die gesetzliche Übergangsregelung für neue Nutzungsarten deswegen nicht anzuwenden sei, weil bereits vor Bekanntwerden des Online-Rechts nicht alle wesentlichen Nutzungsrechte von den Mitarbeitern und freien Journalisten an die Klägerin übertragen worden seien. Zudem habe sie auch keine ausschließlichen sowie räumlich und zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechte erworben, da die genannten Anstellungsverträge das Recht des jeweiligen Autors beinhalteten, seine in den Publikationen der Klägerin veröffentlichten Arbeiten in eigenen Büchern zu verwerten. Im Hinblick auf angestellte Redakteure, die bereits vor dem 1.1.2008, dem Stichtag für die gesetzliche Übergangsregelung zu den neuen Nutzungsarten, ausgeschieden seien, sei diese Regelung ohnehin nicht anzuwenden. Gleiches gelte für den Fall, dass einem Nutzungsrechtsinhaber, dem zuvor die ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt worden waren, am Stichtag des 1.1.2008 wegen des Ausscheidens des betreffenden Mitarbeiters nur noch die einfachen Nutzungsrechte zugestanden hätten. Auf die Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wirke sich die Stichtagsregelung dergestalt aus, dass Ansprüche hinsichtlich der Online-Rechte lediglich für Nutzungen ab dem 1.1.2008 in Betracht kommen könnten.

Aus den Manteltarifverträgen für Redakteurinnen und Redakteure (Anlagenkonvolut S3), die entsprechend den vorgelegten Arbeitsverträgen ergänzend Anwendung fänden, ergebe sich, dass die Rechte nicht zeitlich unbefristet eingeräumt worden seien, sondern die Redakteure über ihre Beiträge wieder verfügen könnten, wenn seit dem Erscheinen mindestens ein Jahr vergangen sei.

Hinsichtlich der Artikel gemäß den Anlagen K 39 und K 69 (Verträge gemäß den Anlagen K 40, K 70) fehle es an einer Rechteeinräumung, da die Verträge den Veröffentlichungszeitraum nicht umfassten. Im Hinblick auf die als Anlage K 24 und K 57 vorgelegten Artikel fehle es aufgrund entsprechender handschriftlicher Zusätze an einer ausschließlichen Rechteeinräumung. Im Hinblick auf den Artikel aus dem Jahr 1962 gemäß Anlage K 36 fehle es überhaupt an einer Einräumung der Onlinerechte, da eine Rechteübertragung für neue Nutzungsarten im Anstellungsvertrag von 1964 (Anlage K 37) nicht ausdrücklich kundgetan worden sei und die gesetzliche Übergangsregelung für neue Nutzungsarten überhaupt erst für nach dem 1.1.1966 geschlossene Verträge gelte.

Auch für sämtliche weiteren Rezensionen von angestellten Redakteuren (Anlagen K 18, K 39, K 48, K 69, K 81, K 90, K 116, K 122, K 131, K 140, K 142, K 148, K 163, K 169, K 171, K 177, K 178, und K 192) gelte aufgrund der Regelung in den Manteltarifverträgen, dass diesen von vornherein ein eigenes eingeschränktes Recht zur Nutzung ihrer Artikel verbleibe und der jeweilige Mitarbeiter nach seinem Ausscheiden seine Werke vollumfänglich verwerten dürfe. Insoweit sei die Rechtslage auch nicht damit vergleichbar, dass ein ausschließlicher Lizenznehmer aktivlegitimiert sei, obwohl die Rechte für einzelne Nutzungsarten beim Urheber verblieben sind bzw. der Lizenznehmer Unterlizenzen erteilt hat, durch die ihm fortlaufende materielle Vorteile erwachsen. Solche Vorteile habe die Klägerin gerade nicht, da die Redakteure keine Lizenzzahlungen schuldeten.

Im Hinblick auf die fehlende Urheberbenennung sei die Klägerin für Ansprüche auf einen hundertprozentigen Aufschlag ebenfalls nicht aktivlegitimiert, da diese als urheberpersön-lichkeitsrechtliche Anspruch nur vom Urheber selbst geltend gemacht werden könnten. Zu einer Abtretung oder gewillkürten Prozessstandschaft sei nichts vorgetragen.

In Übereinstimmung mit der Beklagten sind die Streithelferinnen weiter der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Rezensionsausschnitte mangels Schöpfungshöhe nicht urheberrechtlich schutzfähig seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 13-23 des Schriftsatzes vom 22.1.2013 (Blatt 187/197 der Akte) Bezug genommen. Insbesondere müsse beachtet werden, dass die Rezensionsausschnitte teilweise nur aus einzelnen Sätzen und Satzteilen bestünden, es für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit aber auf diese jeweiligen einzelnen Textstellen ankomme. Selbst die längeren Zitate seien oft rein beschreibend und höben sich in ihrer Formulierung nicht von der Alltagssprache ab.

Die streitgegenständliche Nutzung der Rezensionsausschnitte sei auch vom Zitatrecht gedeckt. Es gebe schließlich für einen Zitierenden keinen nachvollziehbareren und sachlich gerechtfertigteren Zweck, als das zu zitieren, was über ihn und sein Schaffen geäußert werde.

Die Klägerin erwidert, bei den vor Bekanntwerden der Nutzungsart Internet geschlossenen Anstellungsverträgen sei eine Einräumung aller wesentlichen ausschließlichen und zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechte enthalten gewesen. Die detaillierten Regelungen in den Anstellungsverträgen gingen auch denen der Manteltarifverträge vor, da diese nur ergänzend gälten, sofern die Parteien keine Regelung getroffen hätten, was vorliegend nicht der Fall sei. Auch der Umstand des Ausscheidens eines Redakteurs aus seinem Anstellungsverhältnis führe nicht zu einem Entfallen dieser Nutzungsrechte, da dies dem Regelungszweck der gesetzlichen Übergangsregelung zu den neuen Nutzungsarten vollkommen zuwiderlaufen würde. Auch habe diese Regelung keine Auswirkungen auf die geltend gemachten Aus-kunfts- und Schadensersatzansprüche, da das Gesetz gerade davon spreche, dass die Rechte hinsichtlich der neuen, vormals unbekannten Nutzungsart ebenfalls als eingeräumt gälten, so dass ein Gleichlauf der Rechte für bekannte und unbekannte Nutzungsarten vom Gesetzgeber gewollt gewesen sei und diese nicht erst beginnend ab dem 1.1.2008 als eingeräumt gelten könnten.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.7.2013 (Blatt 271/274 der Akte) sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist - soweit über sie auf der ersten Stufe der Stufenklage zu entscheiden war - begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung des Vervielfältigens und öffentlichen Zugänglichmachens der streitgegenständlichen Rezensionsausschnitte und Rezensionen in Anlage A1 sowie auf Auskunft und Rechnungslegung aus §§ 97 Abs. 1 Satz 1, 16 Abs. 1, Abs. 2, 19a, 101 Abs. 1 UrhG, 242, 259, 260 BGB zu. Weiter kann sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG begehren.

1. Die streitgegenständlichen Rezensionsausschnitte gemäß Anlage A1 sind nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 49 UrhG als Sprachwerke urheberrechtlich schutzfähig.

a) Grundsätzlich unterliegen Zeitungsartikel - wie bereits die Norm des § 49 UrhG zeigt - dem urheberrechtlichen Schutz, da sie in aller Regel aufgrund ihrer individuellen Prägung Werkcharakter im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG haben. Die vielfältigen Möglichkeiten, ein Thema in einer Zeitung darzustellen, und die fast unerschöpfliche Vielzahl der Ausdrucksmöglichkeiten führen dazu, dass journalistische Arbeiten nahezu unvermeidlich die Individualprägung ihrer Urheber enthalten. Sofern die Zeitungsartikel nicht lediglich eine Tatsachenberichterstattung beinhalten, sondern sich ihrerseits mit literarischem Schaffen befassen und literarische Werke feuilletonistisch darstellen, ist diese individuelle Prägung sogar noch eher anzunehmen als bei herkömmlichen Artikeln der Nachrichtenredaktionen oder anderer faktenorientierter Teile der Tagespresse.

Die Urheberrechtsfähigkeit ist auch bei bloßen Auszügen aus den betreffenden Artikeln anzunehmen, wenn sie einen gewissen Umfang erreichen und für sich gesehen selbstständige persönliche Schöpfungen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG darstellen. Unter dieser Voraussetzung kann auch kleinen Teilen eines Sprachwerks urheberrechtlicher Schutz zukommen. Lediglich bei sehr kleinen Teilen - wie einzelnen Wörtern oder knappen Wortfolgen - wird ein Urheberrechtsschutz meist daran scheitern, dass diese für sich genommen nicht hinreichend individuell sind (BGH NJW 2011, 761, 767, Tz. 54 - Perlentaucher; BGH GRUR 2009, 1046 - Kranhäuser; EuGH 2009, 1041 - Infopaq; BGH NJW1953, 1258- Lied der Wildbahn I).

b) Im vorliegenden Fall enthalten die Mehrzahl der Artikel in Anlage A1 derart umfangreiche Ausschnitte der Originalrezensionen, dass nach Auffassung der Kammer hierbei die Individualprägung ihrer Urheber, die in feuilletonistischer Art und Weise die Originalwerke besprechen, so deutlich zum Ausdruck kommt, dass ausreichendes individuell-schöpferisches Werkschaffen im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG festzustellen ist. Die in Anlage A1 enthaltenen längeren Auszüge bedienen sich trotz ihrer Beschränkung auf teilweise 15 bis 30 Textzeilen einer Ausdrucksweise, die die Alltagssprache deutlich übersteigt und infolgedessen aufgrund ihres individuellen Gepräges ausreichende Schöpfungshöhe erreicht.

Auch soweit in der Anlage A1 Rezensionsauszüge enthalten sind, die eher kurz ausfallen, übernehmen diese aus den vollständigen Artikeln gerade die eigenschöpferischen, durch die Individualität der Journalisten geprägten Stellen, die in aller Regel gezielt Stilmittel enthalten und die persönlichen Erfahrungen bei der Lektüre des rezensierten Werkes samt der unweigerlich aufkommenden Emotionen wiederzugeben versuchen.

In Anlage K 12 ist beispielsweise die Biografie Stefan Georges als ein Buch beschrieben, das so „frisch und frei“ erzählt ist, das „bewusst in seinen Auslassungen“ ist und das sich folglich „atemlos“ liest. Bereits in diesen wenigen Zeilen kommt die individuell-schöpferische Tätigkeit des Journalisten zum Ausdruck, der sein Leseerlebnis, das durch die Klarheit des Buches geprägt ist, darstellt, wie es nur aufgrund eigenen persönlichen Erlebens möglich wird. Die individuelle Darstellung bedient sich daher auch einer Sprache, die von der persönlichen Ausdrucksweise deutlich stärker geprägt ist als von Alltagsformulierungen.

Auch der Rezensionsausschnitt zu „Die Brüder Karamasow“ in Anlage K 14 erreicht Werkcharakter, zumal die individuell-prägende Formulierung von einem „gigantischen Teppich“ und der Appell „Fort mit Euch, ihr alten Übersetzungen!“ eine feuilletonis-tisch-schöpferische Stelle der Gesamtrezension zeigt, in die der Journalist seine Persönlichkeit hat einfließen lassen.

Gleiches gilt für den Auszug aus der Besprechung zu „Gewitternacht“ gemäß Anlage K 41, in der die stark eigenschöpferischen Adjektive „federleichte und gruseltiefe“ sowie die höchst pointierte Aufzählung „Himmel, Tod und Hunde“ enthalten sind.

Auch der Auszug zu „Dracula“ in Anlage K 44 enthält eine unterhaltende, aber dennoch prägnante, die individuelle Formulierungskraft des Journalisten wiederspiegelnde Beschreibung, die mit dem Stilmittel der Alliteration von der „Geburt des Vampirs aus dem Geiste unserer medialen Moderne als Gleichsetzungskritik“ spricht. Auch der Vergleich des Vampirs mit der heutigen Zeit, der „heilen Datenwelt“ hat Witz und zeigt die individuelle Ausdrucksweise des Autors.

Besonders kraftvoll in seiner Sprache zeigt sich der Autor des Rezensionsausschnitts zu dem Buch „Hitlers Volksstaat“ (Anlage K 68), der die Massenmorde des nationalsozialistischen Regimes drastisch als „kühl kalkuliertes Mittel der Steuerpolitik“ und „Inflationsdämpfer“ beschreibt. Der krasse Gegensatz zwischen dem historisch Geschehen und den ökonomischen Wirkungen wird in diesen Formulierungen ebenso klar wie offenbar im rezensierten Werk. Diese Formulierungen gehen weit über das in der Alltagssprache Übliche hinaus und zeigen die persönlich-geistige Auseinandersetzung des Autors mit dem besprochenen Buch.

Gleiches gilt auch für die Rezension von „Auf der anderen Seite der Welt“ gemäß Anlage K 49, in der der Autor auf individuelle Weise Formulierungen wie die „postapokalyptische Version des Zauberbergs“ oder ein „schwarzes Loch“ als Begriff für eine Zeitepoche verwendet.

Auch die übrigen kurzen Rezensionsausschnitte wie die Anlage K 97 („kühler Racheengel“, „zynischer Nihilist“ „Feuerwerk kriminalistischer Harmlosigkeit“), die Anlage K 109 („ein Roman der Abenteuer, der ungezügelten Leidenschaften, der großmütigen Taten und menschlichen Verirrungen“), die Anlage K 124 („vergast der Züchter seine Nerze, zerschlitzt der Schlächter das Kälbchen“), die Anlage K 144 („die unsichtbare Zündschnur (...) brennt knisternd, ehe uns die Sprengung ins Gesicht schlägt“), die Anlage K 116 („die Fähigkeit in aller Sinnlichkeit die verklungene Welt der eigenen Kindheit wiederzubeleben“) oder die Anlage K 173 („mit der Lust an lehrreichen Ausschweifungen“, „dass hier ein Humus ist, auf dem eine neue europäische Gemeinsamkeit wachsen könnte“) zeigen, dass sich in den Ausschnitten gerade die feuilletonistisch-prägenden und auf die individuelle Schreibweise des Autors hinweisenden Teile der Gesamtrezensionen wiederfinden, die es jeweils rechtfertigen, trotz deren Kürze von einer ausreichenden Schöpfungshöhe gemäß § 2 Abs. 2 UrhG auszugehen.

2. Die Klägerin ist für die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aktivlegitimiert, da sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für die Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) der Rezensionsausschnitte ist.

a) Die Klägerin hat sich von ihren freien Mitarbeitern sowie von ihren angestellten Redakteuren jeweils das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der angefertigten Arbeiten einräumen lassen, wobei sich die entsprechenden Verträge (vgl. beispielhaft die Anlage K 11, Anlage K 16, Anlage K 19, Anlage K 25) nicht hinsichtlich der Ausschließlichkeit der Rechte unterscheiden, sondern lediglich je nach Vertragsschlusszeitpunkt die bekannten Online-Rechte gemäß §§ 16, 19a UrhG bereits einschließen oder als zum Vertragsschlusszeitpunkt noch nicht bekannte neue Nutzungsart nicht enthalten.

b) Auch soweit die Online-Rechte gemäß §§ 16, 19a UrhG als neue Nutzungsart zum jeweiligen Vertragsschlusszeitpunkt noch nicht bekannt waren, hat sie die Klägerin mangels Widerspruch der einzelnen Redakteure und freien Mitarbeiter nach der Übergangsvorschrift des § 137 l UrhG aber erworben, da ihr bereits zuvor alle wesentlichen Nutzungsrechte räumlich und zeitlich unbeschränkt übertragen worden waren.

Gemäß § 137 l Abs. 1 Satz 1 UrhG gelten die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannten Nutzungsrechte als ebenfalls eingeräumt, wenn der Urheber zwischen dem 1.1.1966 und dem 1.1.2008 einem anderen alle wesentlichen Nutzungsrechte ausschließlich sowie räumlich und zeitlich unbegrenzt eingeräumt hat. Dass seitens der Redakteure und freien Mitarbeiter bis zum Ablauf der in § 137 l Abs. 1 Satz 2 UrhG genannten Frist am 31.12.2008 keinerlei Widersprüche gegenüber der Klägerin erfolgt sind, ist seitens der Beklagten und deren Streithelferinnen unbestritten.

aa) Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 137 l UrhG, wonach vermieden werden soll, dass im Hinblick auf bekannt gewordene neue Nutzungsarten mit den jeweiligen Urhebern neue Verträge geschlossen werden müssen, gilt diese Übergangsregelung auch bezüglich der Nutzungsrechte an Werken, die erst nach Wirksamwerden der Übergangsregelung geschaffen wurden, deren ausschließlichen Nutzungsrechte aber bereits zuvor vertraglich übertragen worden waren. Würde man die Regelung des § 137 Abs. 1 UrhG nur auf bereits entstandene Werke anwenden, würde das gesetzgeberische Ziel unterlaufen, da für später geschaffene Werke die bestehenden Altverträge doch wieder angepasst werden müssten. Eine derartige Aufspaltung zwischen zuvor erstellten Artikeln und später entstandenen Werken ergibt sich aus der Regelung des § 137 l Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht. Diese Auslegung folgt auch aus dem Vertrags- und Verwertungszweck, der den gegenständlichen Anstellungsverträgen und freien Mitarbeiterverträgen der Antragstellerin zugrunde liegt. Danach sollten sämtliche Verwertungsrechte zur Vervielfältigung und Verbreitung bei der Antragstellerin liegen.

bb) Soweit der Gesetzestext offenlässt, ob die neuen Nutzungsrechte ausschließlich oder einfach übertragen werden, ist der Auffassung zu folgen, dass an den Umfang der Rechte angeknüpft werden sollte, die der Rechteinhaber hinsichtlich der seinerseits schon bekannten Nutzungsrechte besaß, dass also vorliegend die vertraglich eingeräumten ausschließlichen Rechte übergegangen sind. Diese Auslegung folgt auch dem Wortlaut des § 137 l Abs. 1 Satz 1 UrhG, wonach die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannten Nutzungsrechte „als dem anderen ebenfalls eingeräumt“ gelten.

cc) Aus den genannten Überlegungen ist es auch unbeachtlich, ob ein Redakteur oder freier Mitarbeiter, der bereits zuvor der Klägerin die ausschließlichen zeitlich und räumlich unbegrenzten Nutzungsrechte eingeräumt hat, vor dem 1.1.2008 aus dem Vertrags oder Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Nach dem Regelungszweck des § 137 l Abs. 1 UrhG soll mangels Widerspruch des Urhebers gerade vermieden werden, dass für Altwerke neue Verträge geschlossen oder Vertragsanpassungen verhandelt werden müssen, was naturgemäß nicht nur dann der Fall ist, wenn das Vertragsverhältnis über den 1.1.2008 hinausbesteht, sondern erst recht gilt, wenn zu diesem Zeitpunkt das Vertragsverhältnis mit dem Urheber bereits gelöst worden ist. Macht der Urheber von der Möglichkeit des Widerspruchs keinen Gebrauch, überbrückt § 137 l Abs. 1 UrhG auch die Situation, dass nicht nur eine Nachverhandlung hinsichtlich neuer Nutzungsrechte erfolgten, sondern sogar ein vollständig neues Vertragsverhältnis geschaffen werden müsste. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt von § 137 l Abs. 1 UrhG ist die Nutzungsrechtseinräumung vor dem 1.1.2008, nicht das Fortbestehen eines Anstellungs- oder Dienstverhältnisses zu diesem Zeitpunkt.

dd) Im Hinblick auf die vor dem 1.1.2008 erfolgte Einräumung der ausschließlichen Nutzungsrechte schadet es für die Anwendung von § 137 l Abs. 1 UrhG auch nicht, dass in den Verträgen mit den festangestellten Redakteuren (dort § 3 Ziff. 2) diesen die Möglichkeit eingeräumt wird, die in den Publikationen der Klägerin veröffentlichten Arbeiten in eigenen Büchern zu verwerten, wenn die Arbeiten mit der Quellenangabe veröffentlicht werden. Insoweit spricht § 137 l Abs. 1 UrhG gerade davon, dass dem Nutzungsberechtigten alle wesentlichen Nutzungsrechte ausschließlich sowie räumlich und zeitlich unbegrenzt eingeräumt worden sein müssen, wodurch für geringe Ausnahmen der Enthaltungspflicht des Urhebers durchaus Raum ist. Wesentlich sind diejenigen Nutzungsrechte, mit denen der Vertragspartner den Verwertungszweck umfassend erreicht, was im Falle der Zeitungspublikationen der Klägerin durch die vertraglich eingeräumte Rechtsposition gewährleistet ist. Insoweit ist anhand der Gepflogenheiten der jeweiligen Branche von Werkart zu Werkart festzustellen, was jeweils zu dem umfassenden Verwertungszwecke zählt. Insoweit kann die Grenze dort gezogen werden, wo mit der betreffenden Nutzung dem Nutzungsberechtigten keine Konkurrenz gemacht werden kann, so dass dort auch die Enthaltungspflicht des Urhebers endet (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. § 137 l, Rn. 24, 25). Vorliegend ist gerade nicht ersichtlich, warum die Buchnutzung durch den Urheber zwingend von seiner Enthaltungspflicht umfasst werden müsste, zumal er mit einer nachfolgenden Buchveröffentlichung seiner Artikel nicht in eine Konkurrenzsituation zur Klägerin tritt, die auch im Feuilletonbereich auf eine gewisse, wenn auch abgemilderte Tagesaktualität achten wird.

c) Unmaßgeblich für die Anwendung von § 137 l Abs. 1 UrhG ist auch, ob nach den Manteltarifverträgen für angestellte Redakteure (Anlagenkonvolut S3) die Nutzungsrechtseinräumung zeitlich auf ein Jahr befristet ist oder nach dem Ausscheiden des Redakteurs aus dem Anstellungsverhältnis seine Enthaltungspflicht erlöschen soll. In den Anstellungsverträgen mit den fest angestellten Redakteuren (dort jeweils § 9 bzw. § 8 Ziff. 1) ist ausdrücklich klargestellt, dass die einzelvertraglichen Regelungen denen des Manteltarifvertrages vorgehen und die Bestimmungen der jeweils gültigen Manteltarifverträge nur ergänzend anzuwenden sein sollen. Infolgedessen hat die ausschließliche zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechtseinräumung mit der Ausnahme von der Enthaltungspflicht bei eigenen Büchern Vorrang vor den mantelta-rifvertraglichen Regelungen. Für einen Vorrang der Normen des Manteltarifvertrages gemäß § 4 TVG ist nichts ersichtlich, zumal die Beklagte nicht einmal selbst behauptet hat, dass die Parteien des hiesigen Rechtsstreits gemäß § 3 TVG tarifgebunden sind oder es zu einer Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 TVG gekommen wäre.

d) Hinsichtlich der von den Parteien noch diskutierten Einzelfälle gilt folgendes:

Es ist nicht ersichtlich, warum vor dem Hintergrund der oben genannten zeitlichen Anwendbarkeit des § 137 l Abs. 1 UrhG im Verhältnis zu den Redakteuren... und ... etwas anderes gelten sollte, zumal aus den vorgelegten Vereinbarungen gemäß den Anlagen K 211 und K 212 ersichtlich ist, dass von der Rechteeinräumung sämtliche jemals von diesen Urhebern verfassten, bei der Klägerin veröffentlichten Beiträge umfasst werden.

Im Hinblick auf die möglicherweise nicht ausschließliche Rechteeinräumung des Mitarbeiters ... im Vertrag gemäß Anlage K 25 ist keine Entscheidung mehr veranlasst, da der Rezensionsausschnitt gemäß Anlage K 23 nach der teilweisen Klagerücknahme nicht mehr streitgegenständlich ist. Im Hinblick auf den Vertrag mit dem Mitarbeiter . ist zwar über die Verletzungsform gemäß Anlage K 56 noch zu entscheiden und im Vertrag gemäß Anlage K 58 ist das Wort „ausschließliche“ gestrichen, die Vereinbarung gemäß Anlage K 213 enthält jedoch ebenfalls die vollständige Einräumung der ausschließlichen Online-Rechte für sämtliche bei der Klägerin veröffentlichten Beiträge.

Eine entsprechende ausschließliche Einräumung der Online-Rechte ist gemäß Anlage K 214 auch durch den Mitarbeiter . erfolgt, so dass unmaßgeblich ist, dass der ursprünglich vorgelegte Anstellungsvertrag vom 1.10.1964 (Anlage K37) nicht in den am 1.1.1966 beginnenden Anwendungszeitraum des § 137 l Abs. 1 UrhG fällt.

3. Die Beklagte hat auch keine Rechte zur Nutzung der streitgegenständlichen Rezensionsausschnitte erworben, da eine ausdrückliche oder konkludente Rechteeinräumung gemäß den §§ 31 ff. UrhG nicht erfolgt ist und sie sich nicht auf eine Branchenübung oder auf Gewohnheitsrecht berufen kann.

Zwar mag eine Branchenübung oder eine gewohnheitsrechtliche Handhabung grundsätzlich dann eine Rolle spielen, wenn bei einer tatsächlich erfolgten ausdrücklichen oder konkludenten Rechteeinräumung im Rahmen der Zweckübertragungslehre gemäß § 31 Abs. 5 UrhG deren Umfang zu bestimmen ist (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 31, Rn. 125). Vorliegend fehlt es aber an einer solchen ausdrücklichen oder konkludenten Rechtseinräumung und die Beklagte beruft sich isoliert auf eine branchenübliche oder gewohnheitsrechtliche Übung, wonach die Rezensionsauszüge seit jeher auf Klappentexten und in sonstiger Werbung für belletristische Werke und Sachbücher verwandt worden seien, ohne einer Lizenzierung zu bedürfen. Diesbezüglich vermag sich die Kammer jedoch keine Überzeugung zu bilden, dass tatsächlich Gewohnheitsrecht entstanden ist.

Die Entstehung von Gewohnheitsrecht bedarf grundsätzlich einer dauerhaften tatsächlichen Übung in der Rechtsgemeinschaft, muss allgemein sein und muss auf der Rechtsüberzeugung der Rechtsgemeinschaft beruhen (vgl. OLG München, ZUM 2007, 60, 65 - Fernsehwerbespots).

Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, hegt die Kammer bereits Zweifel daran, dass für den Onlinebereich überhaupt die für die Entstehung von Gewohnheitsrecht maßgebliche dauerhafte Übung festgestellt werden kann. Nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien ist nämlich allenfalls seit 10 bis 15 Jahren überhaupt eine Verwendung von Rezensionsausschnitten im Online-Buchhandel zu verzeichnen, was ein für die Entstehung von Gewohnheitsrecht zu kurzer Zeitraum sein könnte.

Entscheidend ist jedoch, dass selbst nach dem Vortrag der Beklagten und der Streithelferinnen nicht festgestellt werden kann, dass eine entsprechende Nutzung der Rezensionsauszüge im Onlinebereich auch tatsächlich auf einer Rechtsüberzeugung der Rechtsgemeinschaft beruht, zu der nicht nur die Online-Buchhändler als Nutznießer dieser Praxis, sondern gerade auch die in ihren Rechten betroffenen Zeitungsverlage wie die Klägerin gehören. Insoweit konnte sich eine Rechtsüberzeugung der Rechtsgemeinschaft dahingehend, dass eine lizenzfreie Online-Nutzung von Rezensionsausschnitten möglich sein soll, nicht bilden, da sich die Zeitungsverlage in Gestalt der Klägerin sowie der ... bereits in den so genannten Perlentaucher-Verfahren (LG Frankfurt am Main, BeckRS 2006, 14005 - Perlentaucher; OLG Frankfurt am Main, NJW 2008, 770 - Perlentaucher I; BGH, GRUR 2011, 134 - Perlentaucher; OLG Frankfurt am Main, ZUM 2012, 146 - Perlentaucher II) umfassend gegen die eher geringfügiger in ihre Rechte eingreifende Nutzung so genannter Abstracts gewehrt haben und damit innerhalb der Rechtsgemeinschaft zum Ausdruck gebracht haben, dass sie mit der Nutzung von Online-Rezensionen auch in bearbeiteter Form ohne die Einräumung von Lizenzen nicht einverstanden sind. In gleicher Weise hat dies die Klägerin gemeinsam mit der . auch in den vor dem hiesigen Gericht geführten Verfahren gegen die Online-Verwertung von Nachrichtenauszügen (LG München, 7 O 4277/11; 21 O 8455/11 und 33 O 9655/12) getan. Da somit die Klägerin sowie die . als die beiden bekanntesten Tageszeitungen im Qualitätssegment im Zeitraum zwischen 2006 und 2012 ihre von der Auffassung der Beklagten und der Streithelferinnen abweichende Rechtsmeinung in der Fachöffentlichkeit kundgetan haben, kann von einer einheitlichen Überzeugung der Rechtsgemeinschaft und einem allgemeinen Handeln danach keine Rede sein.

4. Zugunsten der Beklagten greift auch nicht die Schranke des Zitatrechts gemäß § 51 Satz 1 UrhG ein, da es bereits an einem Zitatzweck fehlt.

Grundsätzlich setzt ein Zitatzweck im Sinne von § 51 UrhG voraus, dass das zitierte Werk zur Erläuterung des Inhalts eines aufnehmenden Werkes des Zitierenden verwandt wird. Der Zweck des Zitats ergibt sich aus dessen Wesen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke oder Werkteile hinzugefügt werden (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 51, Rn. 2).

Vorliegend fehlt es aber an einem solchen Belegcharakter der Rezensionsauszüge, da diese nicht zur Erläuterung des Inhalts eines aufnehmenden Werkes der Beklagten verwandt werden, sondern ausschließlich zum Zwecke der Werbung für die von ihr vertriebenen Bücher auf ihre Internetseite gestellt wurden. Eine geistig-kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten der Rezensionsauszüge oder eine innere Verbindung des Textes mit einem eigenen Text der Beklagten fehlt aufgrund des rein werblichen Charakters der Webseite, die ausschließlich dem Verkauf der Bücher dient.

5. Die Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz sind auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Hierbei ist zu beachten, dass zwischen den Parteien in den Jahren 2006/2007 und 2010 bereits über einen möglichen Lizenzvertrag für die Verwendung von Rezensionsausschnitten verhandelt worden ist.

Grundsätzlich setzt eine Verwirkung gemäß § 242 BGB ein Zeit- und ein Umstands-moment voraus, d. h. der Berechtigte darf sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht haben und der Verpflichtete hat sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet und sich auch darauf einrichten dürfen, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in einer illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242, Rn. 47).

Im vorliegenden Fall fehlt es selbst nach dem eigenen Vortrag der Beklagten und der Streithelferinnen an einem Umstandsmoment, da allein aus dem fehlenden Tätigwerden der Klägerin zwischen den Vertragsverhandlungen in den Jahren 2006/2007 und 2010 und der Klageerhebung am 13.4.2012 seitens der Klägerin keinerlei Vertrauenstatbestände gesetzt wurden, aufgrund derer sich die Beklagte darauf hat verlassen dürfen, dass Ansprüche wegen der Verwendung der Rezensionsausschnitte nicht mehr geltend gemacht würden. Gerade das Verhandeln über Lizenzen zeigte die Auffassung der Klägerin, dass sie von der Notwendigkeit einer Rechteeinräumung ausging. Einen irgendwie gearteten Sinneswandel bei der Klägerin, welcher nach außen zu Tage getreten wäre, haben die Beklagte und die Streithelferin jedoch nicht darzulegen vermocht. Allein weil die Beklagte nach dem fruchtlosen Verlauf der Lizenzverhandlungen begonnen hat, Rechtsverletzungen zulasten der Klägerin zu begehen, deren Entdeckung, Dokumentation und Verfolgung eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat, führt nicht dazu, dass ihre Rechtsausübung illoyal und verspätet wäre.

Insoweit hat es der Beklagten auch nicht oblegen, im Sinne einer Marktbeobachtung ständig darauf zu achten, ob die Beklagte oder andere Online-Buchhändler unter Verstoß gegen die Nutzungsrechte der Klägerin Rezensionsausschnitte verwenden. Ohne Hinzutreten von weiteren Umständen geht die Rechtsprechung selbst im Falle der Verjährung auch bei einer Rechteeinräumung nicht von einer allgemeinen Marktbeobachtungspflicht des Lizenzgebers aus (BGH 2012, 1248, 1250 - Fluch der Karibik), was erst recht im Hinblick auf mögliche Verletzungen und den Verwirkungsein-wand gelten muss.

6. Da der bezifferte Schadensersatzantrag gemäß Ziffer II. von der Klägerin auf der ersten Stufe der Stufenklage nicht gestellt worden ist, war der Feststellungsantrag gemäß Ziffer IV. so auszulegen, dass er den über die Bezifferung hinausgehenden, sich aus der zu erteilenden Auskunft ergebenden Schaden erfassen sollte.

7. Die Kostenentscheidung war wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit dem Schlussurteil vorzubehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn

1.
einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,
2.
Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
3.
einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.
Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.