I.
Die Klägerin als ehemalige Handelsvertreterin der Beklagten macht nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses gegen die im US-Bundesstaat Wisconsin ansässige Beklagte im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Buchauszug und Abrechnung sowie in zweiter Stufe auf Zahlung von Provisionen und auf Handelsvertreterausgleich geltend. Zwischen den Parteien ist streitig, aufgrund welcher vertraglichen Grundlage zuletzt die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte erfolgte. Nach dem jedenfalls unstreitig abgeschlossenen Vertrag vom 27.12.2004 (Anlage B 1) war die Anwendung des Rechts des Bundesstaats Wisconsin unter Ausschluss des UN-Kaufrechts vereinbart. Eine Gerichtsstandsvereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.
Die Klägerin hält die deutschen Gerichte international für zuständig, weil die Beklagte in Deutschland Vermögen habe; insbesondere sei sie alleinige Gesellschafterin der in Garching ansässigen H. GmbH (fortan: H.). Außerdem sei der Sitz der Klägerin Erfüllungsort für alle geltend gemachten Ansprüche. Bei der Klage vor einem Gericht in Wisconsin bestehe außerdem die Gefahr, dass die Anwendung der verbindlichen europäischen Handelsvertreterrichtlinie unterbleibe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Vorlage eines Buchauszuges, zur Erstellung einer Abrechnung über die im Zeitraum 01.01.2008 bis 30.04.2011 fällig gewordenen Provisionen, zur Zahlung der sich aus der Abrechnung ergebenden Provisionen sowie zur Zahlung des sich nach Auskunftserteilung ergebenden Handelsvertreterausgleichs zu verurteilen. Hinsichtlich des Wortlauts der Anträge wird im Einzelnen auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung (LGU 3 f) verwiesen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, deutsche Gerichts seien nicht zuständig. Es bestehe kein einheitlicher Erfüllungsort für die wechselseitigen Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis. Die Geschäftsanteile an der H... habe sie erst nach Klageerhebung erworben. Aus der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von derogierenden Gerichtsstandsklauseln ergebe sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gleichfalls nicht. Außerdem bestünden die geltend gemachten Ansprüche nicht.
Die Klage gegen die frühere Beklagte zu 2) hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.03.2014 zurückgenommen (Bl. 183 d. A.).
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe nicht.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzt und vertieft. Für den Gerichtsstand der Vermögensbelegenheit reiche der nachträgliche Erwerb von Vermögen aus. Die H.. sei wirtschaftlich betrachtet Nachfolger der Klägerin; die H... sei ausweislich der Bilanzen und insbesondere für die Beklagte werthaltig. Außerdem sei die Beklagte Inhaberin der Wortmarke „M.“.
Die Klägerin beantragt,
das landgerichtliche Urteil aufzuheben, sowie weiter:
Die Beklagte wird verurteilt, Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB vorzulegen über alle mit Abnehmern in Europa in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.04.2011 abgeschlossenen Geschäfte, eingegangenen Aufträge und in dieser Zeit getätigten Auslieferungen von Produkten mit der Marken H., S. und M. unter Angabe folgender Informationen:
Name und Anschrift des Kunden
Datum der Auftragserteilung
Umfang des erteilten Auftrags nach Stück und Wert
Datum der Auftragsbestätigung
Inhalt der Auftragsbestätigung nach Stück und Wert
Datum der Lieferungen bzw. Teillieferungen
Umfang der Lieferungen nach Stück und Wert
Gründe für Lieferunterschiede gegenüber den Auftragsbestätigungen
Datum und Nummer der Rechnungen
Rechnungsbeträge nach Stück und Wert
Datum der Zahlung(en)
Höhe der Zahlungen(en)
Angabe der Gutschriften gegenüber Kunden und ihre Gründe.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, eine Abrechnung über die in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.04.2011 fällig gewordenen Provisionen gemäß § 87 c Abs. 1 HGB zu erteilen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die aus der Provisionsabrechnung und dem Buchauszug sich ergebenden noch offenen Provisionen zu bezahlen sowie einen Handelsvertreterausgleich nach § 89 b HGB, die nach Vorlage der Provisionsabrechnungen und des Buchauszugs in zweiter Stufe der Klage beziffert werden, jeweils verzinslich mit 5% Zinsen ab Fälligkeit (§§ 352, 353 HGB) und 8% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Verzug (§§ 286, 288 BGB).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Das Vorbringen der Klägerin zu den Markenrechten der Klägerin sei verspätet. Das inländische Vermögen der Beklagten begründe keinen internationalen Gerichtsstand in Deutschland.
Zum sonstigen Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen auf das schriftsätzliche Vorbringen in beiden Instanzen, auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Instanzen, sowie auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint. Auch das ergänzende Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist ungeachtet der Regelung des § 513 II ZPO von Amts wegen zu prüfen (BGH v. 16.12.2003 - XI ZR 474/02, juris Rn. 12 ff).
1. Die Parteien haben unstreitig nicht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart.
2. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt nicht aus zwingenden europarechtlichen Bestimmungen.
a) Auf die „Ingmar“-Entscheidung des EuGH (09.11.2000 - C-381/98, NJW 2001, 2007) kann die Klägerin sich nicht berufen. Zwar hat der Gerichtshof dort entschieden, dass die Bestimmungen in der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG des Rates vom 18.12.1986) dahingehend auszulegen sind, dass die Bestimmungen über die nachvertraglichen Ansprüche des Handelsvertreters gegen den Unternehmer auch dann anzuwenden sind, wenn - wie vorliegend - der Unternehmer seinen Sitz in einem Drittstaat hat, dessen Recht vertragsgemäß auf den Handelsvertretervertrag zur Anwendung kommt, der Handelsvertreter aber seine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat der EU ausgeübt hat. Hiermit ist aber nur entschieden, dass die zwingenden Bestimmungen (vgl. Art. 17-19 der RL) nicht durch eine Rechtswahlklausel abbedungen werden können. Mit der Frage, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sein soll, befasst die Entscheidung sich hingegen nicht. Vor diesem Hintergrund wird es Aufgabe der Klägerin sein, die nach ihrer Auffassung zu ihren Gunsten zwingenden Vorschriften des Handelsvertreterrechts vor anderen als deutschen Gerichten durchzusetzen.
b) Auch die Entscheidung des erkennenden Senats vom 17.05.2006 (7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = IPRax 2007, 322) unterstützt nicht die Rechtsauffassung der Klägerin. Anders als im vorliegenden Fall (s. u. Ziff. 5) war im damals zu entscheidenden Sachverhalt die Zuständigkeit deutscher Gerichte aus § 23 ZPO zu bejahen (a. a. O. juris Rn. 24). Außerdem war im dortigen Fall nicht nur - wie hier - die Anwendung fremden Sachrechts, sondern - anders als vorliegend - zugleich ein US-amerikanischer Gerichtsstand vereinbart worden. Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass die Verbindung von Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarung nicht dazu führen darf, dass die im Sinne des Art. 34 EGBGB a. F. zwingenden nationalen Normen nicht zur Anwendung kommen (a. a. O. juris Rn. 41).
So verhält sich der vorliegende Fall indessen nicht. Die Parteien haben keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen. Die Notwendigkeit, Gerichtsstandsvereinbarung und Rechtswahl „im Zusammenhang“ (a. a. O. juris Rn. 36) zu behandeln, stellt sich daher vorliegend nicht. Insbesondere geht die Klägerin im vorliegenden Fall nicht durch eine Gerichtsstandsvereinbarung eines ansonsten gegebenen inländischen Gerichtsstands verlustig.
3. Die internationale Zuständigkeit kann, wie das Landgericht richtig erkannt hat, nicht aus Art. 5 Nr. 1 lit. b der VO 44/2001/EG (EuGVVO 2001) hergeleitet werden. Gem. Art. 66 I der VO 1215/2012/EG (EuGVVO 2012) findet die EuGVVO 2001 auf den vorliegenden Rechtsstreit noch Anwendung, weil dieser vor dem 10.01.2015 im Sinne dieser Vorschrift „eingeleitet“ worden ist. Gem. Art. 4 I EuGVVO 2001 kann aber die gerichtliche Zuständigkeit gegenüber der in den USA ansässigen Beklagten nicht auf die Verordnung gestützt werden, mithin auch nicht auf deren Art. 5. Vielmehr richtet sich die Zuständigkeit nach den nationalen Vorschriften des angerufenen Gerichts, also nach §§ 12 ff. ZPO (Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., Art. 4 EuGVVO Rn. 1).
4. Zu Recht hat das Landgericht auch die Zuständigkeit aus § 29 ZPO verneint. Denn beim Handelsvertretervertrag besteht i. d. R. und auch hier kein einheitlicher Erfüllungsort; vielmehr ist die Pflicht des Unternehmers zur Erteilung von Buchauszügen und Auskünften sowie zur Zahlung von Provisionen und Ausgleich am Sitz des Unternehmers, also hier nicht in Deutschland zu erfüllen (Zöller-Vollkommer, a. a. O., § 29 ZPO Rn. 25).
5. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt auch nicht aus § 23 ZPO. Die Beklagte hat kein „Vermögen“ im Sinne dieser Vorschrift in Deutschland.
a) Unrichtig ist allerdings die Auffassung des Landgerichts (LGU 6), für die Beurteilung dieser Frage komme es auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an; abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der vom Landgericht zitierten Entscheidung beiläufig den Zeitpunkt der Klageerhebung als relevant erwähnt (Urteil vom 18.03.1997 - XI ZR 34/96, NJW 1997, 2885, juris Rn. 20). Dies ist aber nur dahin zu verstehen, dass die Zuständigkeit begründet ist, wenn zu diesem Zeitpunkt Vermögen der Beklagtenseite in Deutschland vorhanden ist, und dass in diesem Fall die einmal begründete Zuständigkeit perpetuiert wird (Urteil v. 01.03.2011 - XI ZR 48/10, NJW 2011, 2515, Rn. 23). Dies heißt aber nicht, dass die Zuständigkeit nicht auch noch später (nämlich durch den Erwerb von Vermögen nach Klageerhebung) begründet werden kann. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es für die Begründung der internationalen Zuständigkeit ausreicht, dass sie im Laufe des Rechtsstreits eingetreten ist (Urteil v. 01.03.2011 - XI ZR 48/10, NJW 2011, 2515, Rn. 13 f). Zwar ist diese Entscheidung zu Art. 2 I EuGVVO 2001 ergangen, der dort ausgesprochene Rechtssatz ist aber verallgemeinerbar. So hält der Bundesgerichtshof für die Frage der internationalen Zuständigkeit denjenigen Zeitpunkt für maßgeblich, der dem tatsächlichen Erkenntnisstand des (dort: ausländischen) Urteils zugrunde liegt (BGH v. 29.04.1999 - IX ZR 263/97, BGHZ 141, 286, Rn. 23). Dass grds. der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblich ist, dass es aber ausreicht, wenn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen eintreten, ist überdies überwiegende Meinung in der Literatur (Beck-OK-Toussaint, Stand 01.01.2015, § 23 Rn. 10; MüKo-Patzina, ZPO, 4. Aufl., § 23 Rn. 21, jeweils m. w. N.; Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 36. Aufl., § 23 Rn. 6; undifferenziert Musielak-Heinrich, ZPO, 11. Aufl., § 23 Rn. 14).
b) Die anzunehmenden Vermögenswerte der Beklagten in Deutschland stellen aber kein „Vermögen“ im Sinne des § 23 ZPO dar und begründen die internationale Zuständigkeit daher nicht. Zwar reicht nach der älteren Rsp. des Bundesgerichtshofs hierfür jedes Vermögen aus, unabhängig davon, ob es pfändbar ist oder eine Befriedigung ermöglicht; die Relation von Streitwert und Vermögen soll hiernach nicht zu prüfen sein (BGH v. 12.11.1990 - II ZR 249/89, WM 1991, 384, juris Rn. 14; BGH v. 28.10.1996 - X ARZ 1071/96, WM 1996, 2351, juris Rn. 6). Ausreichend sollte also jeder Gegenstand, der einen - wenn auch geringen - Geldwert hat, sein (OLG München v. 17.05.2006, a. a. O., juris Rn. 24).
Die Zuständigkeit nach § 23 ZPO ist hingegen nach neuerer Rsp. zu verneinen, wenn ein schutzwürdiges und anzuerkennendes Interesse des Klägers schlechthin nicht besteht, insbesondere dann, wenn der mögliche Erlös aus der Zwangsvollstreckung aufgezehrt würde durch die Kosten (dort: nach § 825 ZPO) der Verwertung (BGH v. 22.09.2005 - IX ZR 1/05, BGHReport 2005, 1611, juris Rn. 1 f).
Diese Auffassung wird in der Literatur - vorbehaltlich der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme inländischer Zuständigkeit - grds. geteilt (BeckOK -Toussaint a. a. O., Rn. 6.2 ; MüKo-Patzina a. a. O., Rn. 8, 16; Musielak-Heinrich, a. a. O., § 23 Rn. 8).
c) Nach diesem Maßstab (kritisch hierzu OLG Celle v. 29.10.1998 - 13 W 106/98, NJW 1999, 3722, juris Rn. 7-9: „§ 23 ZPO ist einschränkend auszulegen“) besteht Vermögen der Beklagten im Sinne des § 23 ZPO in Deutschland nicht.
aa) Soweit die Klägerin auf in anderweitigen Rechtsstreitigkeiten rechtshängige Forderungen verweist, die die Beklagte gegen die Klägerin selbst erhebt und die die Klägerin dort in Abrede stellt, kann sich die Klägerin hierauf nicht berufen. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (LGU 5 f) vollumfänglich an. Hiergegen hat die Berufung Einwendungen nicht erhoben.
bb) Gleiches gilt für das klägerseits hier behauptete und anderweit bestrittene Eigentum der Beklagten an mehreren Gegenständen (LGU 6); auch hiergegen wendet die Berufung sich nicht.
cc) Auch die Beteiligung der Beklagten an der H. stellt kein Vermögen dar. Insbesondere war dem erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.04.2015 gestellten Antrag der Klägerseite auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der gleichfalls erstmals im Termin aufgestellten Behauptung, die H. habe einen Marktwert von 500.000 €, nicht nachzukommen.
(1) Die Klägerin hat erstinstanzlich lediglich die Beteiligung der Beklagten an der H. vorgetragen und ausgeführt, ihre Forderungen würden „nach Pfändung der Gesellschafteranteile“ aus dem Vermögen der H. zu realisieren sein (Schriftsatz vom 01.03.2012, S. 2 = Bl. 138 d. A.). Konkrete Wertangaben machte die Klägerin indessen nicht. Demgegenüber hat die Beklagte zu Recht darauf verwiesen (Schriftsatz vom 30.08.2012, S. 2 = Bl. 153 d. A.), dass Forderungen der H. gegen deren Kunden kein Vermögen der Beklagten darstellen; die H. habe ein Stammkapital von lediglich 25.000 €, es sei daher fraglich, ob dieser Betrag in einem angemessenen Verhältnis zum hiesigen Streitgegenstand (Streitwert: 510.000 €) stehe. Ergänzend hat die Beklagte zu Recht darauf verwiesen (Schriftsatz vom 22.04.2014, S. 4 = Bl. 193 d. A.), dass jeder klägerseitige Vortrag zum Wert des Gesellschaftsanteils und zu dessen Verhältnis zum Streitwert fehlt; die H. als reine Vertriebsgesellschaft habe aber bislang keine Gewinne erzielt.
(2) In der Berufungsbegründung finden sich keine Ausführungen zum Wert des Gesellschaftsanteils
(3) Auf den Hinweis des Vorsitzenden des erkennenden Senats in der Terminsverfügung vom 13.03.2015 (Bl. 239 d. A., unter Fristsetzung zum 13.04.2015 zum weiteren Vortrag zum Wert der Beteiligung der Beklagten an der H.), dass die Anwendung des § 23 ZPO ein adäquates Wertverhältnis von Streitwert und Vermögen voraussetzt, hat die Klägerin fristgerecht vorgetragen (Schriftsatz vom 26.03.2015, Bl. 238 ff d. A.), nach Auskunft der Creditreform (BK 5 betr. das Geschäftsjahr 2012) arbeite die H. mit einer Bilanzsumme von rd. 1,8 Mio. € und verfüge über Umlaufvermögen in Höhe von rd. 1,1 Mio. €. Nach der Bilanz 2013 belaufe sich das Umlaufvermögen auf rd. 1,6 Mio. €, allein der Kassenbestand betrage über 600.000 € (BK 6).
Dem hat die Beklagte zutreffend entgegengehalten (Berufungserwiderung S. 3 = Bl. 243 d. A.), der Umsatz sei für die Feststellung des Werts eines Unternehmens keine sinnvolle Größe. Der Wert des Vermögens der Beklagten bemesse sich nach dem durch Pfändung des Gesellschaftsanteils - insbesondere des Gewinnanspruchs - zu erzielenden Erlös. Die H. habe aber keine Gewinne, sondern vielmehr hohe Verluste erwirtschaftet. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass sich aus den klägerseits vorgelegten Anlagen hohe Verluste bzw. Jahresfehlbeträge ergeben (2012: rd. 650.000 € 2013: rd. 277.000 €). Maßgeblich ist insbesondere der Verweis der Beklagten auf eine Rangrücktrittsvereinbarung zwischen der Beklagten und der H. vom 18.12.2014 betreffend eine Forderung über 1 Mio. € (BB 1), die nach Darstellung der Beklagten sie und die H. zur Abwendung einer Überschuldung der H. getroffen haben. Hierzu hat die Klägerin nicht mehr Stellung genommen, sondern nur zur weiteren Frage von Sicherungsrechten anderer Unternehmen (Schriftsatz vom 22.04.2015, S. 5 = Bl. 258 d. A.).
Es ist daher für die Entscheidung des Rechtsstreits davon auszugehen, dass der Wert der Beteiligung der Beklagten an der H... im negativen Bereich liegt; die H. erzielt keine Gewinne und kann nur durch einen Rangrücktritt der Beklagten vor der Überschuldung und damit vor der Insolvenz bewahrt werden. Die Beteiligung stellt somit kein Vermögen im Sinne des § 23 ZPO dar.
(4) Die Klägerin hat weiter ausgeführt (Schriftsatz vom 26.03.2015, Bl. 238 ff d. A.), die H. sei wegen ihrer Stellung im Markt für die beklagte Muttergesellschaft äußerst wertvoll, so dass zu erwarten sei, dass die Beklagte zur Vermeidung eines Pfändungszugriffs zugunsten der Klägerin ausgeurteilte Verbindlichkeiten erfüllen werde. Dem hält die Beklagte zutreffend entgegen (Berufungserwiderung S. 6 = Bl. 246 d. A.), dass eine derartige Erwartung betreffend ein künftiges Verhalten der Beklagten kein „Vermögen“ der Beklagten selbst darstellt; hierunter fallen nämlich nur gegenwärtig vorhandene geldwerte Gegenstände, nicht aber künftige Rechte (Thomas/Putzo - Hüßtege, a. a. O., § 23 Rn. 6) und somit erst recht nicht bloße Erwartungen über künftiges mögliches Verhalten von Prozessparteien.
(5) Dem im Termin gestellten Beweisantrag der Klägerin betreffend den Wert der H. war nicht nachzukommen. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin die erwirtschafteten Verluste der H... nicht plausibel erklärt, muss der Vortrag, der Wert der H. betrage 500.000 €, als ins Blaue hinein aufgestellt betrachtet werden. Dem Senat sind aus zahlreichen Verfahren die Regelungen der Unternehmensbewertung nach dem Standard IDW S 1 hinlänglich geläufig. Für die Behauptung, dass aus den klägerseits allenfalls rudimentär dargestellten Umständen (Anlagen BK 4, 5 und 6) ein kapitalisierter Ertragswert (den der Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Recht als die insoweit maßgebliche Größe bezeichnet hat) von 500.000 € ableitbar sei, fehlt es an zureichenden Anknüpfungstatsachen, die die Klägerin darstellen müsste. So hat die Klägerin nicht vorgetragen, welche Kosten den Umsatzerlösen gegenüberstehen. Einzelne Parameter der Unternehmensbewertung, wie etwa die Marktrisikoprämie oder der Kapitalisierungszins, wären zwar durch einen Sachverständigen feststellbar. Es fehlt aber jeglicher Vortrag, der eine nach dem Standard IDW S 1 zwingend erforderliche Prognose des künftigen Geschäftsverlaufs erlauben würde.
Auch der Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, ein Konkurrent würde bei einer Versteigerung der Gesellschaftsanteile hohe Preise bieten, bleibt angesichts des unstreitig gebliebenen Umstandes, dass die H... hohe Verluste erzielt, ohne jeden Beleg. Substantiierter Vortrag dazu, welchen Wert die (nicht durch eine andere, ggfs. durch die Beklagte neu zu gründende Vertriebsgesellschaft übernehmbaren) Geschäftsbeziehungen der H. haben sollten, ist nicht erfolgt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die naheliegende Annahme ausschließen zu können, dass der Marktwert der H. ausschließlich auf ihrer Eigenschaft als Tochtergesellschaft gerade der Beklagten beruht.
Der Vortrag der Klägerin ist somit nicht ansatzweise präzise genug, um hierauf aufbauend die Einholung eines Gutachtens veranlassen zu können.
dd) Auch darauf, dass die Beklagte Inhaberin der Wortmarke „M.“ ist, kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen.
Hierzu hat die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen. Gleichwohl kann dieses Vorbringen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schlechthin als verspätet zurückgewiesen werden gemäß § 531 II ZPO. Denn mangels zulässigen Bestreitens durch die Beklagte hat als unstreitig zu gelten (und ist somit grds. zuzulassen; Thomas/Putzo-Reichold, a. a. O., § 531 Rn. 1), dass die Beklagte Inhaberin der Marke ist. Trotz Vorlage eines entsprechenden Auszugs (BK 3) aus dem Markenregister des Deutschen Marken- und Patentamts hat die Beklagte „offen gelassen“ (Berufungserwiderung S. 2 = Bl. 242 d. A.), ob dieser Vortrag zutrifft; gem. § 138 IV ZPO hätte sich aber die Beklagte, die wissen muss, ob sie Inhaberin der Marke ist, explizit hierzu erklären müssen.
Es fehlt aber jeglicher substantiierte Vortrag der Klägerin dazu, welchen Wert dieses Markenrecht hat. In der Berufungsbegründung (S. 5 f = Bl. 228 d. A.) finden sich hierzu keine Ausführungen. Im Schriftsatz vom 26.03.2015 (S. 3 = Bl. 240 d. A.) ist davon die Rede, dass die Marke in den „einschlägigen Verkehrskreisen“ sehr geschätzt sei; dies ist einer näheren Bewertung, insbesondere aber einem Sachverständigenbeweis über den Verkehrswert der Marke nicht zugänglich. Der Schriftsatz vom 22.04.2015 (Bl. 254 d. A.) befasst sich mit dem Wert der Marke nicht. Die Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung schließlich, die Marke „würde einen Käufer finden“, ist einerseits in der Tat verspätet, beinhaltet aber andererseits keine Aussage zu einem möglichen Veräußerungswert der Marke.
Einen vermögenswerten Gegenstand im Sinne des § 23 ZPO, nämlich einen die anfallenden Verwertungskosten übersteigenden Wert der Marke hat die Klägerin somit auch insoweit nicht dargestellt.
III.
Hinsichtlich der Kosten bleibt es betreffend die frühere Beklagte zu 2) bei dem Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 27.03.2014 (Bl. 188 d. A.). Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf §§ 91 I, 97 I ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO, zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des vorliegenden Beschlusses gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht; der Senat folgt der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere der Entscheidung vom 22.09.2005 - IX ZR 1/05, BGH-Report 2005, 1611, juris Rn. 1 f.