vorgehend
Landgericht Landshut, 54 O 3275/12, 10.07.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 10. Juli 2015, Az. 54 O 3275/12, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger € 5.626,12 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 5. Juni 2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das unter Ziffer 1 genannte Urteil zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 21%, der Beklagte 79%. Von den Kosten der Nebenintervention trägt der Kläger 21%, im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

4. Dieses Urteil und das unter Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts im Umfang seiner Aufrechterhaltung sind vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.167,50 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 10. Juli 2015, Az. 54 O 3275/12, hat teilweise Erfolg und war im Übrigen zurückzuweisen.

1. Der Kläger hat im tenorierten Umfang einen Anspruch gegen den Beklagten auf Bezahlung der vom Kläger bei dem Beklagten und dessen beiden Söhnen D. und O. durchgeführten ärztlichen Behandlungen, die der Kläger mit den als Anlagenkonvolut eingereichten Rechnungen abgerechnet hat.

a) Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass er Vertragspartner des Klägers hinsichtlich der bei ihm und seinen Söhnen durchgeführten ärztlichen Behandlungen geworden ist und diese - sofern der Kläger sie gemäß den gesetzlichen Bestimmungen abgerechnet hat - vergüten muss.

Anders als das Landgericht vermag sich der Senat allein aus der protokollierten Aussage der Zeugin K. keine Überzeugung dahingehend bilden, dass die Honorarforderungen generell noch nicht fällig geworden seien. Der Beklagte hat schon erstinstanzlich keine derartige Vereinbarung vorgetragen und auch die Zeugin selbst einen generellen oder sogar endgültigen Verzicht auf eine Forderung durch den Kläger bei Nichterstattung eines Betrages durch die Krankenkasse nur bezüglich der Fahrtkosten zu Hausbesuchen behauptet. Eine Auslegung der von der Zeugin geschilderten Äußerung des Klägers würde nach Überzeugung des Senats nach dem Empfängerhorizont lediglich die Stundung der Rechnungsbeträge für einen nach dem gewöhnlichen Lauf zu erwartenden Bearbeitungszeitraum bei der Krankenkasse ergeben, keineswegs aber - wie es hier der Fall wäre - für mehrere Jahre. Auch in der Berufungsinstanz hat der Beklagte sich nicht auf die vom Landgericht angenommene weit hinausgeschobene Fälligkeit berufen.

Zuvielforderungen hindern den Eintritt der Fälligkeit der Arztrechnungen nicht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006, III ZR 117/06, juris LS 1)

b) Der vom Gericht beauftragte Sachverständige, an dessen Sachkunde kein Zweifel besteht, hat in seinem gut verständlichen und gut nachvollziehbaren Gutachten (Bl. 285 ff.) unter Auswertung der anlässlich der Behandlungen erstellten und als Anlagen vom Kläger vorgelegten Krankenunterlagen unter Ergänzung und Erläuterung seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 dargelegt, dass die Abrechnung der medizinischen Leistungen durch den Kläger abgesehen von bestimmten - nachfolgend geschilderten - Unrichtigkeiten grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

Lediglich der Ansatz der Zuschläge für außerhalb der Sprechstunde erbrachte Leistungen, die Berechnung der Ziffern 1 und 4 sowie der Steigerungsfaktor 3,4 bei der Abrechnung der GoÄ-Ziffer 7 lasse sich häufig nicht durch die Dokumentation in den Krankenunterlagen rechtfertigen. In der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 hat der Sachverständige seine schriftlichen Ausführungen insoweit ergänzt, als in den zuletzt genannten Fällen die Ziffer 7 mit dem Steigerungsfaktor 2,3 abzurechnen sei. Hingegen sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass - bei Durchführung einer weiteren Untersuchung neben der symptomorientierten Untersuchung - bei einem gemäß Ziffer 50 bzw. 51 abgerechneten Haus- oder Mitbesuch auch die Ziffer 7 abgerechnet werde. Darüber hinaus könne ein Gespräch zwischen Arzt und Apotheker nach der GoÄ nicht als Konsilium abgerechnet werden.

Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht aus eigener Überzeugung an. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten vom 20. Juni 2016 (Bl. 285 ff.) Bezug genommen.

Dass - wie der Beklagte vorbringt - der Kläger Leistungen erbracht habe, die medizinisch nicht erforderlich gewesen seien, hat der Sachverständige nur für bestimmte Laboruntersuchungen bejaht. Dass der Kläger wie unstreitig vom Beklagten angefordert bei geklagten Beschwerden den jeweiligen Patienten untersucht hat, ist - wie auch der Sachverständige bekräftigt hat - keinesfalls zu beanstanden.

Soweit der Kläger behauptet, dass jeweils bestimmte Umstände vorgelegen hätten, weshalb die von ihm vorgenommene Abrechnung im Einzelfall entgegen den Ausführungen des Sachverständigen doch zutreffend gewesen sei, gilt, dass nach Bewertung des Sachverständigen insoweit jedenfalls die für eine Abrechnung erforderliche Dokumentation nicht vorliegt, weshalb ein Ansatz weiterer Ziffern als der vom Sachverständigen für ordnungsgemäß befundenen nicht möglich ist.

c) Wegegeld - wiewohl vom Sachverständigen unter GoÄ-Gesichtspunkten nicht beanstandet - kann der Kläger nicht vom Beklagten verlangen. Denn die vom Landgericht als glaubwürdig und glaubhaft beurteilte Zeugin K., die Ehefrau des Beklagten, hat dessen Behauptung, insoweit sei zwischen den Parteien ein bedingter Erlassvertrag geschlossen worden, bestätigt. Dass die Beweiswürdigung des Landgerichts hier fehlerhaft gewesen ist, ist nicht ersichtlich. Die Bedingung, die Nichterstattung des Wegegeldes durch die Krankenversicherung, ist unzweifelhaft eingetreten.

d) Da in den Krankenunterlagen für den 9. November 2009, den 26. März 2010, den 31. März 2010 und den 11. November 2010 keine Behandlungen dokumentiert sind, kann der Kläger die insoweit für den Sohn Daniel (9. November 2009 und 26. März 2010), den Sohn Oliver (31. März 2010) und den Beklagten (11. November 2010) abgerechneten Leistungen, deren Erbringung der Beklagte bestreitet, nicht in Rechnung stellen. Denn eine Leistungserbringung zu diesen Daten kann der Kläger nicht nachweisen.

Soweit der Beklagte rügt, dass der Sohn Daniel anders als abgerechnet am 6. und 7. März 2009, am 21. September 2009, am 1. November 2009, am 3. und 4. Dezember 2009, am 22. Juli 2010, am 25. Juli 2010, sowie am 11. November 2010 nicht behandelt worden sei, der Sohn Oliver entgegen der Abrechnung nicht am 6. März 2010, am 22. Juli 2010 und am 27. November 2010, kann er damit nicht gehört werden. Unabhängig davon, dass für diese Behandlungen - nach Beurteilung des Sachverständigen - für den Sohn Oliver lediglich € 72,60, für den Sohn Daniel € 276,70 anfallen, kann der Kläger eine Behandlung durch die fortlaufenden Einträge in die Krankenblätter nachweisen, denen schon wegen der berufsrechtlich und in § 57 Abs. 1 BMV-Ä geregelten Dokumentationspflicht erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt. Das Bestreiten des Beklagten dagegen stützt sich nicht auf konkrete Erinnerung - vielmehr hat er selbst vorgetragen, dass eine solche nicht mehr besteht - sondern auf Aufzeichnungen seiner Ehefrau (Anlage B 5). Allerdings konnte der Beklagte im Gegensatz zum Kläger keine zeitnah zu den einzelnen Behandlungen gefertigten Aufzeichnungen vorlegen; die Anlage B 5 wurde vielmehr für Zwecke dieses Prozesses und, wie sich aus dem Inhalt des Dokuments ergibt, erst angefertigt, als der Ehefrau des Beklagten auch die Krankenblätter vorlagen. Zudem ist die Dokumentation der Zeugin nicht fehlerfrei; so enthält sie keinen Eintrag für den 5. September 2009, obwohl zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger an diesem Tag beim Sohn Oliver eine Warze entfernt hat. Unter Gesamtwürdigung dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass die in den Krankenblättern dokumentierten Behandlungen tatsächlich auch stattgefunden haben.

e) Nach Vorstehendem sind von den Rechnungsbeträgen folgende Abschläge veranlasst:

aa) Für den Beklagten selbst ist von einem Gesamtrechnungsbetrag von € 517,97 ein Abschlag von € 173,08 zu machen (€ 66,47 von der Rechnung PQ04/2418, € 72,17 von der Rechnung PQ04/2586, € 14,33 von der Rechnung Nr. 821 sowie der Gesamtbetrag von € 20,11 von der Rechnung Nr. 822).

bb) Die in Rechnung gestellten Behandlungen des Sohnes Oliver in Höhe von insgesamt € 3.042,06 sind um € 954,53 zu kürzen (€ 502,59 von der Rechnung PQ04/2417, € 35,30 von der Rechnung PQ04/2585, € 165,69 von der Rechnung Nr. 824, € 39,89 von der Rechnung Nr. 827, € 29,49 von der Rechnung Nr. 828, € 52,28 von der Rechnung Nr. 829 und € 129,29 von der Rechnung Nr. 831).

cc) Die für die Behandlung des Sohnes Daniel in Gesamthöhe von € 4.081,35 gestellten Rechnungen sind um € 1.787,65 zu kürzen (€ 690,30 von der Rechnung PQ04/2164, € 529,70 von der Rechnung PQ04/2416, € 121,54 von der Rechnung PQ04/2584, € 319,31 von der Rechnung Nr. 832, € 80,41 von der Rechnung Nr. 834, € 42,31 von der Rechnung Nr. 836 und € 4,08 von der Rechnung Nr. 837).

f) Der hiernach geschuldete Betrag ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Tag nach Rechtshängigkeit mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht, insbesondere kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen ab den einzelnen Mahnungen des Klägers. Denn nahezu sämtliche Rechnungen beinhalteten eine erhebliche Zuvielforderung, der Beklagte konnte den tatsächlich geschuldeten Betrag nicht zuverlässig ermitteln (vgl. Palandt, BGB, § 286 Rn. 20 mwN). Dieser Mangel schlägt auch auf diejenigen, regelmäßig nur Kleinstbeträge betreffenden Rechnungen durch, die letztlich vom Sachverständigen nicht beanstandet wurden.

Mangels Verzugseintritts scheidet eine Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz von Mahn- und Inkassokosten aus.

2. Eine Interventionswirkung des im Verfahren 72 O 982/11 vor dem Landgericht Landshut am 7. Februar 2013 ergangenen Urteils besteht nicht. Denn das Landgericht hat die dortige Klage als unschlüssig abgewiesen, mithin keine abschließende Sachentscheidung über die Begründetheit der dort streitgegenständlichen Honorarforderungen, die sich mit den hier streitgegenständlichen teilweise decken, gefällt.

3. Die vom Beklagten hilfsweise geltend gemachte Aufrechnung mit behaupteten Schadensersatzansprüchen in Gestalt der ihm entstandenen Prozesskosten in dem vor dem Landgericht Landshut gegen seine Krankenversicherung geführten Verfahren, Az. 72 O 982/11, in Höhe von insgesamt € 5.749,13, wovon ein Betrag von € 5.626,12 von der hiesigen Aufrechnung betroffen ist, geht ins Leere. Denn der vom Beklagten insoweit behauptete Schadensersatzanspruch besteht nicht.

Eine zu einem Schadensersatzanspruch des Beklagten führende Pflichtverletzung des Klägers ist nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus der beigezogenen Akte des Landgerichts Landshut, Az. 72 O 982/11, dass der Kläger in dem dortigen Prozess pflichtgemäß mitgewirkt hat. So hat er Stellungnahmen erstellt und zum Inhalt der einzelnen Behandlungen umfassend als Zeuge ausgesagt. Bei dieser Gelegenheit hat er auch die Übergabe der Behandlungsunterlagen angeboten, was aber damals als unnötig erachtet und abgelehnt wurde. Ausweislich der beigezogenen Akte hat sich der hiesige Beklagte nach dem im Vorprozess ergangenen gerichtlichen Hinweis auf die Unschlüssigkeit seines Klagevorbringens auf den Inhalt der Zeugenaussage des hiesigen Klägers gestützt, die er mithin als umfassend und ausreichend angesehen hat. Dass der damalige Kläger den Inhalt der Zeugenaussage des Behandlers und hiesigen Klägers nicht schriftsätzlich wiedergegeben hat, was ihm oblegen hätte, weshalb zur Klageabweisung als derzeit unbegründet abgewiesen wurde, war damit nicht auf ein Versäumnis des Behandlers, des hiesigen Klägers, zurückzuführen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren entspricht dem Wert des geltend gemachten Zahlungsantrags zuzüglich eines Teilbetrags von € 5.626,12 aus dem behaupteten Schadensersatzanspruch, mit dem der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - III ZR 117/06

bei uns veröffentlicht am 21.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 117/06 Verkündet am: 21. Dezember 2006 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja GOÄ § 4 A

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 117/06
Verkündet am:
21. Dezember 2006
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GOÄ § 4 Abs. 2a, § 12; GOÄ GebVerz Nr. 2565, 2574, 5295

a) Die ärztliche Vergütung wird fällig, wenn die Rechnung die formellen Voraussetzungen
in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt; die Fälligkeit wird nicht davon berührt
, dass die Rechnung mit dem materiellen Gebührenrecht nicht übereinstimmt.

b) Zum Verzugseintritt, wenn sich in einem laufenden Rechtsstreit herausstellt,
dass eine in Rechnung gestellte Gebührenposition nicht begründet ist, der
Klage aber auf der Grundlage einer anderen, nicht in Rechnung gestellten
Gebührenposition (teilweise) entsprochen werden könnte.

c) Zur selbständigen Abrechenbarkeit der Durchleuchtung nach Nr. 5295 neben
einer Operation an der Halswirbelsäule.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - III ZR 117/06 - LG München I
AG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren aufgrund
der bis zum 16. November 2006 eingereichten Schriftsätze durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Dr.
Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des Landgerichts München I, 9. Zivilkammer, vom 5. April 2006 teilweise aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts München vom 28. Oktober 2005 teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.178,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 v.H. über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 26,23 € seit dem 14. Mai 2002 und aus weiteren 1.152,76 € seit dem 30. November 2002 sowie 14 € vorprozessuale Mahnauslagen zu zahlen.
Im Übrigen werden - soweit die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist - die Klage abgewiesen und die weitergehenden Rechtsmittel der Klägerin zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 44 v.H. und der Beklagte 56 v.H. zu tragen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, Trägerin eines Krankenhauses, verlangt vom Beklagten, der in der Zeit vom 6. bis 19. März 2002 aufgrund einer Vereinbarung über die Gewährung wahlärztlicher Leistungen durch den Chefarzt der Abteilung Neurochirurgie privatärztlich behandelt wurde, Zahlung des am 8. April 2002 in Rechnung gestellten Arzthonorars. Nach zum Teil vorprozessualen Zahlungen und einer teilweisen Klagerücknahme stritten die Parteien in der ersten Instanz zuletzt um einen restlichen Anspruch von 2.100,62 € nebst Zinsen. Der Hauptpunkt des Streits war, ob der Arzt, der eine Operation nach der Nr. 2565 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vorgenommen hatte, im Hinblick auf das Zielleistungsprinzip daneben Leistungen nach den Nummern 2577, 2289 und 5295 liquidieren darf.
2
Das Amtsgericht hat dies - sachverständig beraten - verneint und gemeint , anstelle der Gebührennummern 2577 und 2289 komme eine Liquidation nach den Nummern 2574, 2282 und 2284 in Betracht. Weil diese Leistungen indes nicht in Rechnung gestellt waren, hat es die Klage mangels Fälligkeit des Anspruchs abgewiesen. Die Klägerin hat mit ihrer Berufungsbegründung eine neue Rechnung des Arztes vom 21. November 2005 vorgelegt, in der Leistungen nach den Nummern 2574, 2282 und 2284 aufgeführt sind, und hat die Klage insoweit nur noch in Höhe von 1.178,99 € nebst Zinsen weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage in dem ermäßigten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision ist im Wesentlichen begründet.

I.


4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die vom Arzt erbrachten Leistungen eine Abrechnung nach den Nummern 2574, 2282 und 2284 rechtfertigen würden. Eine entsprechende Vergütung sei aufgrund der ersten Rechnung vom 8. April 2002 jedoch nicht fällig, weil diese Rechnung materiell nicht der Verordnung entspreche. Wolle man dies anders sehen und genügen lassen , dass die formellen Anforderungen des § 12 Abs. 2 GOÄ erfüllt seien, hätte dies zur Folge, dass ein Patient erst im Laufe des Prozesses erfahre, welchen Betrag er dem Arzt schulde, und er hierfür Prozesskosten und Verzugszinsen tragen müsse. Ein solches Ergebnis sei mit dem Zweck des § 12 Abs. 1 GOÄ, dem Patienten die Überprüfung einer Rechnung zu ermöglichen, nicht vereinbar. Die mit der Berufungsbegründung vorgelegte neue Rechnung stelle als ein die Fälligkeit auslösender Umstand ein neues Angriffsmittel dar, das nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen sei. Trotz eines Hinweises der Vorinstanz, dass es hinsichtlich der in Rede stehenden Gebührentatbestände an einer Rechnung fehle, habe die Klägerin die neue Rechnung erst in der Berufungsinstanz vorgelegt.

II.


5
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen. Die Klägerin hat zwar - mit Ausnahme der weiterhin geltend gemachten Gebührenposition 5295, die nur einen Betrag von 26,23 € ausmacht - nicht die Abweisung ihrer Klage mit der Begründung bekämpft, entgegen der Auffassung des Amtsgerichts dürfe sie die in der ersten Rechnung vom 8. April 2002 aufgeführten Gebührennummern 2577 und 2289 berechnen. Sie hat sich aber gegen die Auffassung des Amtsgerichts gewandt, der Vergütungsanspruch für die in dieser Rechnung nicht aufgeführten Gebührennummern 2574, 2282 und 2284 sei noch nicht fällig. Damit hat sie die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Dass sie daneben vorsorglich eine neue Rechnung überreicht und insgesamt ihre Klageforderung ermäßigt hat, bedeutet keine Veränderung des Streitgegenstands (vgl. zu einer ähnlichen Fragestellung bei der Schlussrechnung nach § 14 Nr. 3, § 16 Nr. 3 VOB/B BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - VII ZR 335/02 - NJW-RR 2004, 167).
7
2. Geht man wie das Berufungsgericht davon aus, die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs für die Gebührennummern 2574, 2282 und 2284 sei erst durch die im Berufungsverfahren vorgelegte Rechnung vom 21. November 2005 herbeigeführt worden (dazu sogleich unter 3.), würde diese Überlegung indes nicht rechtfertigen, diese Rechnung nach § 531 Abs. 2 ZPO als Angriffsmittel nicht zuzulassen. Wie der Bundesgerichtshof zu den Schlussrechnungen eines Bauunternehmers und eines Architekten sowohl zu § 527 Abs. 1, § 296 Abs. 1 ZPO a.F. als auch zu § 529 Abs. 1, § 531 Abs. 2 ZPO n.F. entschieden hat, handelt es sich hierbei nicht um Angriffs- und Verteidigungsmittel im prozessrechtlichen Sinne. Die prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften sollen die Partei anhalten , zu einem bereits vorliegenden Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen. Sie haben aber nicht den Zweck, auf eine beschleunigte Schaffung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hinzuwirken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 2003 aaO S. 167 f; vom 6. Oktober 2005 - VII ZR 229/03 - NJW-RR 2005, 1687 f). Für einen Vergütungsanspruch, dessen Fälligkeit nach § 12 Abs. 1 GOÄ von der Erteilung einer der Verordnung entsprechenden Rechnung abhängt, kann nichts anderes gelten. Das Berufungsgericht durfte daher - auch auf dem Boden seiner Auffassung - die Klage nicht mit der Begründung abweisen , es fehle an einer die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs auslösenden Rechnung.
8
3. Die vom Berufungsgericht für die Auslegung des § 12 Abs. 1 GOÄ als grundsätzlich angesehene Frage, ob es genüge, wenn die gestellte Rechnung die formellen Anforderungen des § 12 Abs. 2 GOÄ erfülle oder ob sie auch materiell korrekt sein müsse, ist für den Zeitpunkt der Fälligkeit und im Allgemeinen auch für den Verzugseintritt von Bedeutung.
9
a) Die Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung, die sich im Dienstvertragsrecht allgemein nach § 614 BGB richtet, ist für ärztliche Honoraransprüche erstmals in § 12 GOÄ vom 12. November 1982 (BGBl. I S. 1522) geregelt worden. Zuvor, nämlich nach § 2 GOÄ vom 18. März 1965 (BGBl. I S. 89), bemaß sich die Vergütung nach dem Einfachen bis Sechsfachen der Sätze des Gebührenverzeichnisses , und der Arzt konnte die Gebühren und Entschädigungen innerhalb dieses Rahmens unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Schwierigkeit der Leistung, des Zeitaufwandes , der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Zahlungspflich- tigen sowie der örtlichen Verhältnisse nach billigem Ermessen bestimmen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Neuregelung eine größere Transparenz der ärztlichen Rechnungen für den Zahlungspflichtigen erreichen und damit einen Beitrag zum Verbraucherschutz leisten (vgl. BR-Drucks. 295/82 S. 11). In der Einzelbegründung zu § 12 Abs. 1 wird hervorgehoben, dass die Vergütung fällig werde, wenn der Arzt dem Zahlungspflichtigen eine nachprüfbare, d.h. detaillierte Rechnung erteilt habe. Im Zusammenhang mit der Regelung in Absatz 2 über den Mindestinhalt der Rechnung wird im Einzelnen näher hervorgehoben und begründet, welche Angaben notwendig sind, um dem Zahlungspflichtigen eine Nachprüfung zu ermöglichen (aaO S. 15).
10
der In Folgezeit sind die Anforderungen an die Ausgestaltung einer nachprüfbaren Rechnung erweitert und verdeutlicht worden. Die Dritte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 9. Juni 1988 (BGBl. I S. 797) führte unter anderem den bisherigen Regelungsinhalt des § 6 Satz 2 GOÄ (jetzt § 6 Abs. 2 GOÄ), der die analoge Abrechnung nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommener Leistungen betrifft, aus systematischen Gründen in § 12 Abs. 4 GOÄ ein (vgl. BR-Drucks. 118/88 S. 53); mit der Vierten Verordnung zur Änderung der GOÄ vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) wurde unter anderem § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ dahin geändert, dass auch eine in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannte Mindestdauer in der Rechnung zu bezeichnen sei, und in § 12 Abs. 3 wurde die Begründungspflicht bei einer schwellenwertüberschreitenden Gebührenbemessung zur Verbesserung der Abrechnungstransparenz und der Nachvollziehbarkeit erweitert. Dabei wird in der Begründung des Verordnungsentwurfs hervorgehoben, die Begründungspflicht stelle nicht lediglich ein formales Rechnungskriterium dar, sondern erfülle eine materiell der Überprüfung der Angemessenheit der Gebührenhöhe dienende Funktion (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 92 f, 97).

11
b) In der Literatur wird, soweit sie diese Frage überhaupt eingehender behandelt, überwiegend angenommen, die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nach § 12 Abs. 1 GOÄ werde durch die Erteilung einer Rechnung herbeigeführt, die die formalen Voraussetzungen des §§ 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfülle (vgl. Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., Stand Oktober 2003, § 12 Rn. 1 unter 1; Lang/ Schäfer/Stiel/Vogt, GOÄ, 1996, § 12 Rn. 3; Narr, MedR 1986, 74 f). Zum Teil wird ergänzend ausgeführt, der Schutzzweck des § 12 GOÄ rechtfertige es nicht, die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs wegen einer geringfügigen materiellen Abweichung der Rechnung vom Gebührenrecht zu verneinen (Hoffmann, aaO; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO Rn. 3, 4; vgl. auch AG Kempten, ArztR 2001, 249). Dem steht die Auffassung gegenüber, nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 GOÄ komme es darauf an, dass die Rechnung insgesamt der Gebührenordnung entspreche und nicht nur den Vorgaben in den nachfolgenden Absätzen 2 bis 4. Darüber hinaus seien die formalen Anforderungen - etwa im Zusammenhang mit den Begründungspflichten nach § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ - untrennbar mit der materiellrechtlichen Begründetheit des Honoraranspruchs verknüpft (vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen , 2000, § 12 GOÄ Anm. 2).
12
c) Nach Auffassung des Senats hängt die Fälligkeit der Vergütung davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt.
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aa) Zweck der komplexen Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung ist es, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben. Hierzu ge- hört insbesondere die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen, deren Zuordnung zu einer bestimmten Gebührennummer sowie der jeweilige Betrag und der Steigerungssatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ). Dabei liegt es in der Natur der Sache, die auch in der Regelung des § 12 GOÄ ihre Entsprechung findet , dass die Anforderungen an die Liquidation einer bestimmten Gebührenposition unterschiedlich sein können, je nach dem, ob besondere Ausführungsschwierigkeiten geltend gemacht werden, die zu einer über dem Schwellenwert liegenden Vergütung führen sollen (vgl. § 12 Abs. 3 GOÄ), oder ob es um die Abrechnung von Leistungen geht, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen sind (vgl. § 12 Abs. 4 GOÄ).
14
Steht die Prüffähigkeit einer in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung im Vordergrund, kommt es für die Fälligkeit der Forderung nicht darauf an, ob sich der vom Arzt in Anspruch genommene Gebührentatbestand als berechtigt erweist. Wie bei jeder Prüfung, die durch die Bestimmungen in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ ermöglicht werden soll, ist es zunächst einmal offen, zu welchem Ergebnis sie führt. Hält der Zahlungspflichtige die Berechnung für nicht begründet, besteht kein Anlass, die Durchsetzung der Forderung im Rechtsweg etwa mit der Überlegung zu verzögern oder zu erschweren, der Arzt müsse zur Herbeiführung der Fälligkeit seinerseits die Berechtigung des in Anspruch genommenen Gebührentatbestands überprüfen und gegebenenfalls einen anderen (neu) in Rechnung stellen. Die Fälligkeit, die auch für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist für den Honoraranspruch von Bedeutung ist, setzt deswegen nicht voraus, dass die Rechnung (in dem fraglichen Punkt) mit dem materiellen Gebührenrecht übereinstimmt.
15
bb) Steht - wie hier - im Raum, dass eine in der Rechnung aufgeführte Gebührenposition nicht berechtigt ist, die ärztliche Leistung aber nach einer anderen Gebührennummer, die in der Rechnung nicht aufgeführt ist, zu honorieren wäre, ist freilich - was das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend sieht - zu beachten, dass ein Zahlungspflichtiger nicht mit der Bezahlung einer ärztlichen Leistung in Verzug geraten kann, die ihm nicht zuvor berechnet worden ist (in diesem Sinn wohl auch Brück, GOÄ, 3. Aufl., Stand 1. Juli 2004, § 12 Rn. 1.1). Denn unabhängig von dem Eintritt der Fälligkeit kommt ein Zahlungspflichtiger nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt , den er nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). Hiervon ist in der geschilderten Fallkonstellation in der Regel auszugehen. Dem Zahlungspflichtigen obliegt es nicht, eine ärztliche Gebührenrechnung unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob der verlangte Betrag auch nach anderen Gebührenpositionen begründet sein könnte.
16
Der Schutz des Zahlungspflichtigen erfordert es jedoch nicht, den Arzt in einem anhängigen Rechtsstreit, in dem über die Berechtigung der Gebührenforderung Beweis erhoben und entschieden wird, zu einer Umstellung seiner Rechnung zu zwingen, um eine Entscheidung über die Berechtigung seines Anspruchs aufgrund einer anderen Gebührenposition zu erreichen. Eine solche Handhabung würde das gerichtliche Verfahren nicht selten seines streitschlichtenden und befriedenden Sinnes berauben. Deutet sich - wie hier - im Rahmen einer Beweiserhebung durch Einholung eines Gutachtens an, dass eine vom Arzt in Anspruch genommene Gebührenposition nicht einschlägig ist, aber eine andere, nicht berechnete berechtigt wäre, muss sich der Arzt grundsätzlich die Möglichkeit offen halten können, die zu erwartende Entscheidung über die Unbegründetheit der von ihm in Anspruch genommenen Gebührenposition im Rechtsmittelwege überprüfen zu lassen. Ihm kann nicht zugemutet werden, sich von vornherein unter Verzicht auf einen weitergehenden Anspruch mit einem geringeren Betrag zufrieden zu geben, der sich aus einer - hier von den Vorin- stanzen verlangten - neuen Rechnung über eine erst im Laufe des Verfahrens ins Spiel gebrachte Gebührennummer ergeben könnte. Andererseits hat er ein Interesse daran, mit seiner Klage in dem maßgebenden Punkt wenigstens einen Teilerfolg zu erzielen als insoweit ganz zu unterliegen. Tritt in einem solchen Rechtsstreit daher hervor, welche Beträge bei Zugrundelegung anderer Gebührennummern berechtigt wären, gebietet es der Sinn des gerichtlichen Verfahrens, hierüber auch dann eine Entscheidung zu treffen, wenn es nicht zur Beschränkung der Klageforderung und zur Ausstellung einer neuen Rechnung gekommen ist. Wäre man insoweit anderer Auffassung, müsste - wie hier erstinstanzlich geschehen - die Klage abgewiesen werden, wenn eine neue Rechnung nicht gestellt würde, ohne dass über die Berechtigung des Anspruchs unter der Anwendung einer anderen Gebührennummer eine die Parteien bindende Entscheidung ergehen könnte. Der Senat hat daher auch keine Bedenken gesehen, in einem Rechtsstreit, in dem schwierige Fragen des Zielleistungsprinzips und der analogen Abrechenbarkeit von Gebührennummern gegenständlich gewesen sind, dem klagenden Arzt eine Vergütung zuzusprechen, die so nicht berechnet, aber Gegenstand der rechtlichen Erörterungen geworden war (vgl. BGHZ 159, 142, 152 f).
17
Die Rechte des Zahlungspflichtigen werden - bei richtiger Handhabung - durch eine solche Verfahrensweise nicht unzumutbar verkürzt. In der anhängigen Sache hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten die Gebührennummern 2577 und 2589 für unbegründet, dagegen die Gebührennummern 2574, 2282 und 2284 für berechtigt erachtet. Weil beide Parteien hiergegen Einwendungen hatten, hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert. Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 13. Juli 2005 im Einzelnen angeführt, welcher Betrag ihr zugesprochen werden müsste, wenn die Gebührennummern 2574, 2282 und 2284 dem eingeklagten Anspruch zugrunde zu legen seien. Das Amtsgericht hat den Parteien schließlich unter Bezugnahme auf das Beweisergebnis einen Vergleichsvorschlag gemacht. In diesem Stadium hatte der Beklagte mit der Beurteilung des Sachverständigen mehr Informationen zur Verfügung, als ihm mit der schlichten Übersendung einer Rechnung mit diesen Gebührennummern zuteil geworden wären. Wenn es ihm vielleicht noch nicht zuzumuten gewesen sein sollte, den der Klägerin zustehenden Betrag auf der Grundlage des erstatteten Gutachtens selbst zu ermitteln , war er jedenfalls nach der Bezifferung durch die Klägerin in der Lage, unter Verwahrung gegen die Kostenlast ein Anerkenntnis in Bezug auf diese erst im Prozessverfahren bezifferten Ansprüche abzugeben (zur Anerkennung eines erst später schlüssig gewordenen Klageanspruchs vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03 - NJW-RR 2004, 999). Ihn über diesen Zeitpunkt hinaus von Kostenrisiken freizuhalten, besteht kein begründeter Anlass. Spätestens dreißig Tage nach dieser Bezifferung (vgl. die Wertung des § 286 Abs. 3 BGB) geriet der Beklagte hinsichtlich der genannten Gebührenpositionen in Verzug. Der spätere Verzugseintritt ändert freilich nichts daran, dass der Beklagte ab Rechtshängigkeit zur Zahlung von Prozesszinsen verpflichtet ist.

III.


18
Der jetzt noch verfolgte Klageantrag ist in der Hauptsache begründet.
19
1. a) Soweit es um die bereits in der ersten Rechnung aufgeführte Gebührennummer 5295 - Durchleuchtung(en), als selbständige Leistung - geht, haben die Vorinstanzen die Abrechenbarkeit nach § 4 Abs. 2 GOÄ verneint. Der erstinstanzlich hinzugezogene Sachverständige hat die Berechnung zwar für gerechtfertigt gehalten und insoweit ausgeführt, bei Eingriffen an der Halswirbel- säule müssten regelmäßig unmittelbar präoperativ die Stellung, Beweglichkeit und Stabilität der zu operierenden Wirbelsäulenabschnitte beurteilt werden. Es bestehe ein klar diagnostischer Ansatz, der in der Lage sein könne, den Verlauf der Operation zu beeinflussen. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat er dies dahin ergänzt, die Durchleuchtung sei nicht allein intraoperativ bedingt, es wäre aber nicht lege artis, eine solche Operation ohne Durchleuchtung vorzunehmen. Aus der letztgenannten Bemerkung hat das Amtsgericht, dem das Berufungsgericht durch Bezugnahme gefolgt ist, geschlossen, bei dieser Leistung liege keine eigenständige Maßnahme im Sinn von § 4 Abs. 2 GOÄ vor.
20
b) Dem ist nicht zu folgen. Eine Durchleuchtung nach Nr. 5295 ist (nur) als selbständige Leistung abrechenbar. Das ist etwa dann zu verneinen, wenn sie integrierter Bestandteil der Röntgenuntersuchung ist. Als selbständige Leistung ist sie hingegen anzuerkennen, wenn sie als weiterführende Methode zur Klärung einer diagnostischen Frage eingesetzt wird (vgl. Brück, aaO, Stand 1. Januar 2002, Nr. 5295 Rn. 1; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt aaO, Anm. zu Nr. 5295; Hoffmann, aaO, Stand Oktober 2003, Nrn. 5000 bis 5380 Rn. 19b). Das hat der Sachverständige bejaht. Die Selbständigkeit der Leistung ist nicht im Hinblick auf § 4 Abs. 2a GOÄ zu verneinen. Die Durchleuchtung als Leistung aus dem Abschnitt O (Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin) ist keine Leistung im Sinn der Allgemeinen Bestimmungen im Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie), die nicht gesondert berechenbar wäre, weil sie als methodisch notwendiger Bestandteil der an der Halswirbelsäule vorgenommenen Operation anzusehen wäre. Sie ist insoweit auch kein methodisch notwendiger operativer Einzelschritt im Sinn des § 4 Abs. 2a Satz 2 GOÄ (vgl. hierzu näher Senatsurteile BGHZ 159, 142, 143 f; vom 16. März 2006 - III ZR 217/05 - NJW-RR 2006, 919 Rn. 6). Daran ändert auch der vom Sachverständigen hervorgehobene Umstand nichts, dass die Durchleuchtung bei der hier durchgeführten Operation lege artis erforderlich gewesen sei. Das berührt - ebenso wie bei Leistungen der Anästhesie - ihre Selbständigkeit nicht (vgl. Brück, aaO, Stand 1. Juli 1999, § 4 Rn. 4 unter 4.9).
21
Mit c) der Vergütung dieser 26,23 € ausmachenden Position befindet sich der Beklagte aufgrund der Rechnung vom 8. April 2002 im Hinblick auf die ihm erteilte Belehrung, die Rechnung sei innerhalb von 30 Tagen nach Zugang, spätestens bis 13. Mai 2002 zahlbar, danach komme er in Verzug, seit dem 14. Mai 2002 in Verzug (§ 286 Abs. 3 BGB). Die begehrten Verzugszinsen entsprechen § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
22
2. a) Soweit es um die im Schriftsatz vom 13. Juli 2005 angeführte und jetzt mit Rechnung vom 21. November 2005 allein noch geltend gemachte Vergütung für die Gebührennummern 2574, 2282 und 2284 geht, haben die Vorinstanzen die Abrechenbarkeit unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen bejaht. Der Beklagte hat hiergegen vor allem eingewandt, dem Operationsbericht sei eine Leistung nach Nr. 2574 nicht zu entnehmen, vielmehr liege nur eine Operation nach der - bereits bezahlten - Nr. 2565 vor, die Nr. 2282 sei bereits in der Nr. 2565 enthalten und daher nicht selbständig abrechenbar und die Nr. 2284 sei bereits anerkannt und an die Klägerin ausgekehrt. Hierauf hat der Beklagte sich auch in der Revisionsinstanz bezogen.
23
b) Die Einwände sind nicht berechtigt. Für die Frage, ob die Gebührennummern 2565 und 2574 nebeneinander abrechenbar sind, kommt es entscheidend darauf an, ob für beide Eingriffe unterschiedliche Zielgebiete vorliegen. Der Zentrale Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer, der aus Vertretern des Bundesministeriums für Gesund- heit und Soziale Sicherung, des Bundesministeriums des Innern, des PKVVerbandes , der Bundesärztekammer sowie eines nicht stimmberechtigten Vertreters der privatärztlichen Verrechnungsstellen gebildet ist, hat nach abschließender Beratung vom 23. Juli 2003 zur Abrechnung von Bandscheibenoperationen und anderen neurochirurgischen Eingriffen an der Wirbelsäule Beschlüsse gefasst, in denen eine nähere Abgrenzung selbständig abrechenbarer Leistungen vorgenommen wird (vgl. Deutsches Ärzteblatt vom 16. Januar 2004, S. B 115 f). Die Kommentierung folgt diesen Auslegungshinweisen (vgl. Brück, aaO, Stand 1. Juli 2005, zu Nrn. 2565 und 2574; Hoffmann, aaO, Stand Dezember 2000, Nrn. 2563 bis 2577 Rn. 3). Der Sachverständige hat in Kenntnis des Operationsberichts und des Umstands der vom Beklagten anerkannten Abrechnung der Nr. 2565 die zusätzliche Abrechnung nach den Nummern 2574, 2282 (die für sich gesehen im Zusammenhang mit einer Leistung nach Nr. 2565 nicht selbständig abrechenbar ist) und 2284 für gerechtfertigt gehalten, weil der Eingriff ein anatomisch anderes Zielgebiet betroffen habe. Es lässt keinen Rechtsfehler erkennen, wenn die Vorinstanzen - auch gegen das weitere Leugnen einer selbständigen Abrechenbarkeit der Nr. 2574 durch den Beklagten - insoweit dem Sachverständigen gefolgt sind. Soweit der Beklagte darauf hinweist , seine private Krankenversicherung habe bereits die Leistung nach der Nr. 2284 anerkannt, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus, wie sich aus der Gegenüberstellung der Restforderung der Klägerin im Schriftsatz vom 13. Juli 2005 und des jetzt nur noch verfolgten Klageantrags ergibt. Da die Höhe der Vergütung nach diesen Gebührennummern im Übrigen nicht streitig ist, schuldet der Beklagte hierfür noch 1.152,76 €. Insoweit folgt der Zinsanspruch aus § 291 BGB und ab Verzugseintritt auch aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB; der weitergehende Zinsanspruch ist unbegründet. Daneben schuldet der Beklagte noch 14 € für vorprozessuale Mahnauslagen.
24
3. Die Kostenentscheidung beruht für den ersten Rechtszug auf dem Maß des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens (§ 92 Abs. 1 ZPO); die Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Beklagte als die im Wesentlichen unterlegene Partei zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.10.2005 - 251 C 4798/03 -
LG München I, Entscheidung vom 05.04.2006 - 9 S 22030/05 -

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.