Oberlandesgericht München Beschluss, 25. März 2019 - Verg 10/18
Tenor
1. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 1. Oktober 2018, ., wird in Ziffer 1. und 2. aufgehoben.
2. Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin vom 24. Juli 2018 wird zurückgewiesen.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners sowie der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen.
4. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für das Verfahren vor der Vergabekammer wird für den Antragsgegner für notwendig erklärt.
5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu € 440.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
In der Justizvollzugsanstalt M. sind zur Verbesserung der Sicherheit sicherheitstechnische vielschichtig Anlagen und Einrichtungen zu erneuern. Die Tätigkeiten sind innerhalb der Gebäude und in den Außenanlagen unter laufendem Betrieb zu verrichten.
Die Maßnahme gliedert sich in folgende Teilaufgaben:
Teilaufgabe A - Anstaltsmauer - Erneuerung der Beleuchtung des Sicherheitsstreifens. Teilaufgabe B - Sicherheitszaun - Die technische Ausstattung des Sicherheitszauns ist Gegenstand der Leistung.
Teilaufgabe C - Erneuerung der Videoüberwachungsanlage - Die Erneuerung der Videoüberwachungsanlage.
Teilaufgabe D - Umrüstung von Außenabschluss- und Innentüren mit Motorschlössern und Transponder.
Das Projekt ist kategorisiert als Maßnahme unter laufendem Betrieb und mit der Forderung eine Hochverfügbarkeit im Rahmen der Ausführung und Realisierung sicherzustellen. Die Leistung umfasst die Stromversorgung der 6 Überwachungstürme, die von der zentralen Energiezentrale 1 mit einer 690V-Strecke angedient werden. Für die Versorgung der Türme werden 8 Transformatoren von 63 kVA bis 400 kVA und dem notwendigen Kabeltiefbau benötigt. In Bezug auf den Kabeltiefbau sind über 2000 m Kabelgraben, 60 Videomasten und nahezu 50 Kabelschächte mit einer kabeltechnischen Andienung über Leerrohrandienung und/oder Erdverlegung einzubauen. Leistungssoll ist dazu ein Überspannungs- und Blitzschutz für Anlagen im Außenbereich und Innenbereich. Im Außenbereich sind die Videoanlagen auf Masten und Dächern mit über 100 HVI-Schutzeinrichtungen zu schützen. Darüber hinaus sind technische Einrichtungen entlang der ca. 1500 m langen Mauer mit einer Blitzschutzeinrichtung abzusichern, die alle 20 m mit Erdern an das Erdreich anzuschließen sind. Vorgenannte Einrichtungen dienen einer neuen Videoanlage, die für die Liegenschaft einzurichten ist. Die Mindestqualität ist für sämtliche Überwachungsbereiche mit der Forderung „Erkennen“ definiert und bedingt, dass für die Außen- und Innenüberwachung ca. 525 IPbasierte Kameras mit mind. 6 MP-Auflösung in Gebäuden und im Innenbereich, Außenbereich an Gebäuden und Masten, zu verbauen sind. Dazu ist ein hochleistungsfähiges Übertragungsnetz mit mehr als 50 km Lichtwellenkabel inkl. der aktiven Technik vorzusehen. Die kommunikationstechnische Infrastruktur bedingt, dass zwei modulare Core-Switche im Cluster betrieben werden und diese es vermögen dazu mind. ca 90 Gebäude- und Anwendungs-Switche zu bedienen. Dazu werden ca. 70 Stück 19Zoll-Schränke aufgebaut.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt ist, und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen der Antragstellerin zu verhindern, insbesondere, indem das Verfahren in den Stand vor Abgabe der Angebote zurückversetzt, die Ausschreibung in Lose aufgeteilt wird, die ausgeschriebenen VideoÜberwachungsanlagen produktneutral beschrieben werden und eine angemessene Frist zur Abgabe der Angebote gesetzt wird.
den Vergabenachprüfungsantrag zurückzuweisen.
-
1.Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 1. Oktober 2018, Az. wird aufgehoben.
-
2.Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin vom 24. Juli 2018 wird zurückgewiesen.
die sofortige Beschwerde des Antragsgegners sowie der Beigeladenen zurückzuweisen und den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 1. Oktober 2018, Az. … aufrechtzuerhalten.
II.
Verkündet am 25.03.2019
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(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Elektronische Mittel und deren technische Merkmale müssen allgemein verfügbar, nichtdiskriminierend und mit allgemein verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang von Unternehmen zum Vergabeverfahren nicht einschränken. Der öffentliche Auftraggeber gewährleistet die barrierefreie Ausgestaltung der elektronischen Mittel nach den §§ 4, 12a und 12b des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Der öffentliche Auftraggeber verwendet für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren ausschließlich solche elektronischen Mittel, die die Unversehrtheit, die Vertraulichkeit und die Echtheit der Daten gewährleisten.
(3) Der öffentliche Auftraggeber muss den Unternehmen alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen über
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.
(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit
- 1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt, - 2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie steht den am Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten zu.
(2) Die sofortige Beschwerde ist auch zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des § 167 Absatz 1 entschieden hat; in diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt.
(3) Über die sofortige Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht. Bei den Oberlandesgerichten wird ein Vergabesenat gebildet.
(4) Rechtssachen nach den Absätzen 1 und 2 können von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung anderen Oberlandesgerichten oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung, im Fall des § 171 Absatz 2 mit dem Ablauf der Frist beginnt, schriftlich bei dem Beschwerdegericht einzulegen.
(2) Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, - 2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
(3) Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
(4) Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.
(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.
(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit
- 1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt, - 2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
Tenor
I.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hin wird der Be- schluss der Vergabekammer Südbayern vom 2.1.2015 (AZ: Z3 319447-11/14) aufgehoben.
II.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren H.-Al.A9 Nürnberg-München, Seitenstreifenfreigabe AD H.-A., Bauabschnitt II-2 Fahrbahn A (Vergabenummer 14-DSM-19)H.-Al. in dem erforderlichen Umfang aufzuheben und bei fortbestehender Vergabeabsicht die Leistung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zur Losaufteilung neu auszuschreiben.
III.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird verworfen.
IV.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragstellerin einschließlich der Kosten des Nachprüfungsverfahrens.
V.
Es wird festgestellt, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer durch die Antragstellerin notwendig war.
Gründe
A.
I.
II.
- innerhalb der geplanten Baumaßnahmen die PWC-Anlage P. Feld liege, welche eine Nutzung zu baubetrieblichen Zwecken ermögliche und damit die Situation des Bauens unter starkem Verkehr entschärfe,
- die Lärmschutzwand in 12 aufeinanderfolgenden Abschnitten zu erstellen sei und diese sämtlich am Beginn der Streckenbaustelle lägen,
- die technischen Schnittstellen der Fachgewerke mit der der übrigen Fachgewerke mit der Lärmschutzwand nicht über den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad bei der Erstellung einer Lärmschutzanlage hinausgingen und dies selbst im Bereich der Brücke, d. h. der Überquerung der Staatsstraße St ... gelte. Hier könnten nämlich zunächst alle Gewerke den Bereich des Brückenbauwerks aussparen und nach Fertigstellung des Brückenbauwerks den Lückenschluss herstellen. Insbesondere seien auch für die Baumaßnahme keine strengen Lärmschutzauflagen vorgesehen (wie in dem Sachverhalt, über welchen das OLG Düsseldorf
- die extreme Komplexität der Gesamtsituation bei
- sehr engem Zeitrahmen und
- rollendem Verkehr.
B.
I.
II.
III.
IV.
I.
II.
- Witterung
- Baugrundverhältnisse bei schlecht dokumentiertem Bestand aus den 30er und 70er Jahren
- Nicht funktionierende Entwässerung
- Unklare Verhältnisse, insbesondere im Bereich von Brückenbauwerken
II.
III.
C.
I.
II.
D.
I.
II.
E.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
A.
- 1
- Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf eine zwischen der Antragsgegnerin (im Folgenden: VRR) und der Beigeladenen (im Folgenden : DB Regio) getroffene Änderungsvereinbarung vom 24. November 2009 (im Folgenden: Änderungsvertrag) zum Verkehrsvertrag vom 12. Juli 2004 (im Folgenden nur: Verkehrsvertrag), den der VRR mit der Rechtsvorgängerin von DB Regio, die inzwischen auf Letztere verschmolzen wurde, geschlossen hatte.
- 2
- DB Regio bezieht über den VRR einen Zuschuss pro gefahrenem Zugkilometer , dessen Höhe nach Maßgabe diesbezüglicher vertraglicher Regelungen fortgeschrieben wird. Die dafür erforderlichen Geldmittel erhält der VRR vom Land Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVG NRW). Aufgrund des Regionalisierungsgesetzes erhält das Land Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang überwiegend für die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs vorgesehene Bundeszuwendungen. Für den Fall, dass sich diese Mittel reduzieren, enthält der Verkehrsvertrag eine Revisionsklausel (§ 39 Abs. 5 des Vertrags), derzufolge der VRR bei entsprechenden Mittelkürzungen berechtigt ist, eine angemessene Anpassung des SPNV-Angebots zu verlangen. Außerdem vereinnahmt DB Regio den vertraglichen Regelungen zufolge für die Erbringung der Verkehrsdienstleistungen die Fahrscheinerlöse und de- ren Surrogate bei gesetzlich vorgesehener unentgeltlicher Fahrgastbeförderung (z.B. nach dem SGB IX).
- 3
- Nachdem die Mittel für Zuwendungen an die Länder auf der Grundlage des Regionalisierungsgesetzes 2006 gekürzt worden waren, entstand zwischen den Parteien des Verkehrsvertrages Streit über die gegenseitigen Pflichten, die zur Kündigung des Vertrages seitens des VRR und zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, aber auch zu Vergleichsverhandlungen zwischen den Vertragspartnern führten. Am 21./25. Juli 2009 gab der VRR die Absicht, mit DB Regio den Änderungsvertrag abschließen zu wollen, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt. Zu den vertraglichen Regelungen sollte danach gehören, dass DB Regio im Bereich der S-Bahn die Linien S 1 bis S 11 über das Ende des ursprünglichen Verkehrsvertrags hinaus bis Dezember 2023 bedient. Entsprechend wurde der Änderungsvertrag am 24. November 2009 geschlossen und der Vertragsschluss am 9. Dezember 2009 im Supplement zum Amtsblatt der EU bekannt gemacht.
- 4
- Die Antragstellerin (im Folgenden: A. R.), die an der Übernahme des Betriebs vornehmlich der S-Bahn-Linie 5 ab Dezember 2018 interessiert ist, meint, die Übertragung des S-Bahn-Betriebs über den Zeitraum nach Dezember 2018 hinaus auf DB Regio sei ein vergaberechtlich ausschreibungspflichtiger Vorgang. Sie hat bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster mit dort am 6. Januar 2010 eingegangenem Antrag ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und in der Sache beantragt, 1. festzustellen, dass der Änderungsvertrag über Leistungen im SPNV in den Kooperationsräumen 1 (VRR) und 9 (Niederrhein ) im Hinblick auf den Leistungsteil der Linie S 5 von Anfang an unwirksam ist; hilfsweise, 2. festzustellen, dass der Änderungsvertrag (insgesamt) von Anfang an unwirksam ist, 3. die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie an dem Beschaffungsvorhaben für die Linie S 5 festhält, zu verpflichten, den Auftrag über diese Leistungen in den Kooperationsräumen 1 (VRR) und 9 (Niederrhein) nur im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung zu vergeben.
- 5
- Der VRR und DB Regio haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Die Vergabekammer hat den Änderungsvertrag für unwirksam erklärt und außerdem ausgesprochen: Der Antrag der Antragstellerin auf Teilausschreibung der Linie S 5 und der Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, soweit sie an dem Beschaffungsvorhaben festhält, den Auftrag über diese Leistungen im SPNV in den Kooperationsräumen 1 und 9 im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung vor Ablauf der Vertragslaufzeit aus dem Verkehrsvertrag im Jahre 2018 zu vergeben, werden zurückgewiesen.
- 6
- Gegen den Beschluss der Vergabekammer haben A. R., DB Regio und nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf auch der VRR sofortige Beschwerde eingelegt. Der VRR und DB Regio begehren die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Vergabekammer und die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. A. R. beantragt, das Rechtsmittel des VRR als unzuläs- sig zu verwerfen, hilfsweise, es - ebenso wie die Beschwerde von DB Regio - zurückzuweisen. A. R. verfolgt mit dem Rechtsmittel ihren Antrag zu 3 weiter, jedoch mit der Maßgabe, dass die Worte "für die Linie S 5" entfallen und sich der Antrag somit auf das gesamte Vorhaben bezieht. Der VRR und DB Regio beantragen, die sofortige Beschwerde von A. R. zurückzuweisen.
- 7
- Das Oberlandesgericht erachtet den Nachprüfungsantrag von A. R. für zulässig und in weitem Umfang auch für begründet. Es sieht sich an einer eigenen Sachentscheidung aber durch entgegenstehende Rechtsprechung anderer Vergabesenate gehindert. Diese Divergenz betrifft in erster Linie die Frage, ob bei der Vergabe von Dienstleistungen des SPNV ein Nachprüfungsverfahren nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt zulässig ist, was das Brandenburgische Oberlandesgericht in einer Entscheidung vom 2. September 2003 (VergabeR 2003, 654) verneint hat.
B.
- 8
- Die Vorlage ist zulässig.
- 9
- Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Obergerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 - Rettungsdienstleistungen). So verhält es sich hier. Das vorlegende Oberlandesgericht bejaht die Kompetenz der Nachprüfungsinstanzen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 102 ff., § 116 Abs. 3 GWB) zur vergaberechtlichen Überprüfung des Änderungsvertrags. Es meint des Weiteren, dass der Vertrag nach § 101 Abs. 7 Satz 1 GWB, § 4 Abs. 1 VgV, § 1a Nr. 2 Abs. 2, § 3 VOL/A öffentlich hätte ausgeschrieben werden müssen. Damit würde das Oberlandesgericht seiner Entscheidung Rechtssätze zugrunde legen, die mit denjenigen nicht zu vereinbaren wären, auf denen der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. September 2003 beruht. Dieses vertritt die Ansicht, die Aufgabenträger der Eisenbahnverkehrsleistungen seien nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) berechtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie öffentlich ausschreiben oder die Leistungserbringung ohne förmliches Vergabeverfahren frei mit Eisenbahnverkehrsunternehmen vereinbaren wollen. Dieses Ermessen habe der Gesetzgeber des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 28. August 1998 (VgRÄG, BGBl. I S. 2512) nicht einschränken, sondern er habe den vom Allgemeinen Eisenbahngesetz erfassten Anwendungsbereich aus Gründen der Spezialität unverändert fortgelten lassen wollen.
- 10
- Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber, wie im Streitfall, für eine Beauftragung ohne Ausschreibung, ist auf der Grundlage der vom Brandenburgischen Oberlandesgericht vertretenen Rechtsauffassung von vornherein kein Raum für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wäre der vorliegende Nachprüfungsantrag unzulässig.
- 11
- Da die Vorlage hiernach zulässig ist, bedarf die vom vorlegenden Gericht außerdem ausgeführte Divergenz zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle (VergabeR 2010, 669) zu den vergaberechtlichen Konsequenzen einer zeitversetzten Dokumentation des Vergabeverfahrens an dieser Stelle keiner Erörterung.
C.
- 12
- Die sofortigen Beschwerden von DB Regio und des VRR bleiben in der Sache ohne Erfolg.
- 13
- I. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass auch der VRR in zulässiger Weise sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer eingelegt hat, auch wenn in dem dafür maßgeblichen Schriftsatz vom 8. April 2010 nicht ausdrücklich erklärt wird, dass gegen die Entscheidung der Vergabekammer "sofortige Beschwerde" eingelegt werde. Soweit die Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - dessen analoge Anwendung A. R. verficht - die Erklärung enthalten muss, dass gegen das angefochtene Urteil Berufung eingelegt wird, ist zu bedenken, dass die Frage, ob ein Rechtsmittel eingelegt ist, nach ständiger Rechtsprechung erforderlichenfalls im Wege der Auslegung der Rechtsmittelschrift und der sonst heranzuziehenden Unterlagen zu beurteilen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - VI ZB 89/08 Rn. 8). Das gilt auch für die nach § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehene Erklärung. Dementsprechend reicht es aus, wenn sich der unbedingte Wille des Antragsgegners , selbst sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer einzulegen, aus den gesamten Umständen ergibt. Dies ist der Fall. Zweifel daran können überhaupt nur aufkommen, weil zuvor bereits die Beigeladene dieses Rechtsmittel eingelegt hat, deren rechtliche Interessen sich nach Lage der Dinge mit denen des VRR decken. Dass mit dem Schriftsatz vom 8. April 2010 nur die bereits eingelegte Beschwerde von DB Regio unterstützt werden sollte, wie das vorlegende Gericht vorsorglich erwogen hat, liegt aber schon deshalb fern, weil der VRR im Verhältnis zu DB Regio Hauptpartei ist und jedenfalls nicht ohne Weiteres anzunehmen ist, dass der VRR ungeachtet dieser Parteirolle lediglich das Rechtsmittel der Beigeladenen unterstützen wollte.
- 14
- II. Die Vergabekammer hat die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags von A. R. im Ergebnis und auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des VRR und von DB Regio zu Recht bejaht.
- 15
- 1. Der DB Regio im Änderungsvertrag übertragene Betrieb der S-BahnLinien 1 bis 11 über den Dezember 2018 hinaus, bis 2023, fällt in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
- 16
- a) Dieser Anwendungsbereich ist im Gesetz nach Vertragsarten und -gegenständen prinzipiell umfassend bestimmt (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 Rn. 21 - Rettungsdienstleistungen; aA Prieß, NZBau 2002, 539 ff.). Von ihm sind - unter der im Streitfall nicht umstrittenen Voraussetzung, dass der jeweils einschlägige Schwellenwert erreicht ist - lediglich Arbeitsverträge und die Aufträge ausgenommen, die in § 100 Abs. 2 lit. a bis t GWB bezeichnet sind. Dieser Ausnahmekatalog ist grundsätzlich als abschließend anzusehen (vgl. BGHZ 179, 84 Rn. 21 - Rettungsdienstleistungen
).
- 17
- Bei den im von DB Regio vorgelegten Rechtsgutachten (im Folgenden: Privatgutachten) gegen den abschließenden Charakter der Regelung angeführten Beispielen der In-House-Geschäfte, der interkommunalen Zusammenarbeit und bei den sozialrechtlichen Beschaffungen handelt es sich nur um vermeintli- che Durchbrechungen des Ausnahmekatalogs von § 100 Abs. 2 GWB. In dieser Bestimmung sind bestimmte Aufträge wegen des jeweiligen Vertragsgegenstands bzw. wegen damit oder mit dem Auftraggeber zusammenhängenden Umständen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Die für InHouse -Geschäfte und die interkommunale Kooperation anerkannten Ausnahmen beruhen auf einer Rechtsfortbildung im Sinne einer teleologischen Reduktion durch den Gerichtshof der Europäischen Union, die nicht im Auftragsgegenstand oder in Merkmalen des Auftraggebers, sondern im rechtlichen Verhältnis der jeweiligen Vertragspartner zueinander ihren Grund hat. Soweit es Beschaffungen im Gesundheitssektor betrifft, war deren Zuweisung zum Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den ordentlichen Gerichten und denjenigen der Sozialgerichtsbarkeit umstritten, wurde vom Senat in einem obiter dictum bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2008 - X ZB 17/08, VergabeR 2008, 787 - Rabattvereinbarungen mwN) und ist erst danach vom Gesetzgeber abweichend geregelt worden (vgl. Art. 1 Nr. 1e und 2b Nr. 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15. Dezember 2008, GKV-OrgWG, BGBl. I S. 2426). Ob gemeinschaftsrechtliche Sonderregelungen in ganz speziellen Bereichen - wie etwa bei der im Privatgutachten angesprochenen Beschaffung von Euro-Banknoten gemäß der Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 16. September 2004 - im Einzelfall ausnahmsweise eine Relativierung der Auslegung von § 100 Abs. 2 GWB erforderlich machen könnten, bedarf im Streitfall keiner Beantwortung, weil hier eine solche Kollision entgegen den Annahmen des Privatgutachtens nicht besteht (insbesondere unten C II 1 d).
- 18
- b) Die Dienstleistungen, um deren Erbringung im SPNV durch DB Regio es hier geht, sind nicht infolge der Regelung in § 15 Abs. 2 AEG vom Geltungs- bereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen. Auch diese (ältere) Regelung, nach der die zuständigen Behörden , die beabsichtigen, die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen zu vereinbaren, diese Leistungen ausschreiben können, begründet keine Ausnahme von dem im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen definierten Anwendungsbereich seiner Vergabevorschriften.
- 19
- aa) Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat bei seiner gegenteiligen Auslegung auf den geäußerten Willen des Gesetzgebers zum Zeitpunkt der Schaffung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (1993) und des Vergaberechtsänderungsgesetzes (1998) abgestellt und gemeint, es sei dem deutschen Gesetzgeber bei Schaffung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen allein darum gegangen, die gemeinschaftsrechtlich eingeforderte Einräumung einklagbarer Rechtspositionen für Bieter zu schaffen und den fehlenden effektiven Rechtsschutz in laufenden Vergabeverfahren zu verbessern, während nicht ersichtlich sei, dass er darüber hinaus gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen einer Ausschreibungspflicht habe unterwerfen wollen. Dafür hätte er sich aber bewusst entscheiden müssen, weil seinerzeit eine Ausschreibungspflicht nach den Vergaberichtlinien der Europäischen Gemeinschaft nicht bestanden habe (Brandenburgisches OLG, aaO, S. 664).
- 20
- bb) Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist demgegenüber die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung (BVerfGE 1, 299, 312). Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann durch Motive, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben, nicht gebunden werden (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94, BGHZ 129, 38, 50 - Weiterverteiler ). Im Übrigen hat der Senat bereits am Beispiel der Regelung in § 126 GWB aufgezeigt, dass gerade der objektive Regelungsgehalt des den Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beinhaltenden Art. 1 des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2512) auch in anderem Sachzusammenhang über den subjektiven Willen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe hinausgeht (BGHZ 179, 84 Rn. 24 - Rettungsdienstleistungen
).
- 21
- cc) Die Regelung in § 15 Abs. 2 AEG, wonach die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen auf der Grundlage von Art. 1 Abs. 4, Art. 14 der VO (EWG) 1191/69 von den zuständigen Behörden ausgeschrieben werden können, hat gegenüber dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen keinen Vorrang unter dem Gesichtspunkt der Spezialität.
- 22
- (1) Die Regelung mag Vorbehalten gegen die Zweckmäßigkeit von Ausschreibungsverfahren und befürchteten negativen Auswirkungen eines verbes- serten Rechtsschutzes auf die Investitionstätigkeit im Allgemeinen geschuldet gewesen sein, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht ausführt (aaO, S. 661 f.; vgl. insoweit auch BGH, Beschluss vom 15. August 2008 - X ZB 17/08, VergabeR 2008, 787 Rn. 13 - Rabattvereinbarungen mwN). Auch wenn solche Vorbehalte grundsätzlich gerade auch dem an der Schwelle zur Öffnung für den Wettbewerb stehenden Schienenverkehr gegolten haben können , so herrschte darüber zwischen den beteiligten Gesetzgebungsorganen doch keineswegs Konsens. Die Gesetzgebungsmaterialien offenbaren diesbezüglich kontroverse Vorstellungen zwischen dem von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP, den damaligen Regierungsfraktionen, sowie von weiteren Abgeordneten eingebrachten Gesetzentwurf einerseits und dem Bundesrat andererseits. Nach dem Entwurf für § 13 Abs. 2 AEG (später: § 15 Abs. 2 AEG) sollten die fraglichen Leistungen obligatorisch ausgeschrieben werden. Die verabschiedete Fassung hat zwar den dagegen gerichteten Vorbehalten des Bundesrats (BR-Drucks. 131/93 S. 47) Rechnung getragen. Dies ist jedoch nach dem Wortlaut des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nicht in der Weise geschehen, dass es den zuständigen Behörden freigestellt worden ist, solche Leistungen direkt zu vergeben. Vielmehr ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Verpflichtung zur Ausschreibung lediglich zu einer Kann-Regelung abgeschwächt worden. Dies bietet schon mit Blick auf die gleichwohl bestehenden Meinungsverschiedenheiten unter den Organen des Gesetzgebungsverfahrens über die Wettbewerbsöffnung des Schienenverkehrs keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die in § 15 Abs. 2 AEG beschriebenen Leistungen nach dem rund vier Jahre später geschaffenen Vergaberechtsänderungsgesetz nicht in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fallen sollten, obwohl sie nicht unter den Ausnahmekatalog von § 100 Abs. 2 GWB gehören und auch die Materialien des Vergaberechtsänderungsgesetzes keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Gesetz- geber des Vergaberechtsänderungsgesetzes in § 15 Abs. 2 AEG eine Spezialregelung gesehen hat, die eine außerhalb dieses Gesetzes formulierte Ausnahme vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen begründen und damit aus der eisenbahnrechtlichen Möglichkeit zur Ausschreibung die Möglichkeit zur Direktvergabe machen sollte.
- 23
- (2) Von DB Regio wird unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien zu § 100 Abs. 2 GWB (§ 109 RegE GWB, BT-Drucks. 13/9340 S. 15 rechte Spalte vor "Zu § 110") und im Anschluss an das Privatgutachten eine Lesart des Ausnahmetatbestands vertreten, derzufolge dieser nicht so zu verstehen sein soll, dass außer den dort genannten Ausnahmen keine anderen möglich seien, sondern dass damit lediglich zum Ausdruck gebracht sei, dass alle Ausnahmen aus den umzusetzenden Richtlinien in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen übernommen worden seien, und der Katalog nur insofern abschließend sei, als keine weiteren Ausnahmen in der einschlägigen Richtlinie genannt seien. Dem kann nicht beigetreten werden. Die seinerzeit einschlägige Richtlinie 92/50/EWG (ABl. Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S. 1), deren Umsetzung auch Gegenstand des Vergaberechtsänderungsgesetzes war, bezog sich auch auf die hier interessierenden Dienstleistungen im Bereich "Eisenbahnen". Als im Anhang I B katalogisiert unterfielen diese Leistungen allerdings nur sehr begrenzten Regulierungen (Art. 9 i.V.m. 14 und 16 der Richtlinie ). Zu dieser Differenzierung verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien zum Vergaberechtsänderungsgesetz nicht. Aus dem Schweigen der Materialien zu diesen Regelungszusammenhängen der Richtlinie 92/50/EWG kann nicht pauschal auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, dass diese Leistungen nicht dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterstellt werden sollten. Das gilt umso mehr, als diese Leistungen bereits vor Verabschiedung des Vergaberechtsänderungsgesetzes Gegenstand von Maßnahmen zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vergaberichtlinien gewesen waren. Der durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) vom 26. November 1993 (BGBl. I S. 1928) in das HGrG eingefügte § 57a Abs. 1 HGrG hatte die Bundesregierung ermächtigt , zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften die Vergabe unter anderem von Dienstleistungsaufträgen durch Rechtsverordnung zu regeln. Nach § 1 der auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Vergabeverordnung vom 22. Februar 1994 (BGBl. I S. 321) in der Fassung der ersten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 29. September 1997 (BGBl. I 2384) hatten die "klassischen" öffentlichen Auftraggeber (§ 57a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 HGrG, jetzt: § 98 Nr. 1 bis 3 GWB) bei der Vergabe von Dienstleistungen und Erreichen der festgelegten Schwellenwerte die Bestimmungen des Abschnitts 2 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Mai 1997 (BAnz Nr. 163a vom 2. September 1997) anzuwenden. In Bezug auf die im Anhang I B der VOL/A aufgeführten , den Eisenbahnbereich einschließenden Dienstleistungen war gemäß § 1a VOL/A unter anderem die Ausschreibung nach dem ersten Abschnitt der VOL/A vorgeschrieben. Damit hatte § 1a VOL/A nicht nur haushaltsrechtlichen Charakter, sondern beinhaltete Wettbewerbsrecht, auf das sich die Unternehmen vor der Vergabekammer und den Vergabesenaten berufen konnten (Marx in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Komm. zur VOL/A (2006), 1. Aufl., § 1a Rn. 43). War die Vergabe von Dienstleistungen im Eisenbahnbereich bereits Gegenstand von Umsetzungsmaßnahmen, hätte der Gesetzgeber des Vergaberechtsänderungsgesetzes umso mehr Anlass gehabt, den etwaigen Willen, sie dessen Anwendungsbereich zu entziehen, kundzutun.
- 24
- c) Für einen Vorrang von § 15 Abs. 2 Satz 2 AEG spricht auch nicht, dass der Gesetzgeber Änderungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nach Inkrafttreten des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht zum Anlass genommen hat, § 15 Abs. 2 AEG zu ändern bzw. aufzuheben (aA Prieß, NZBau 2002, 539, S. 542).
- 25
- Zwar kann es bei der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung durchaus zu berücksichtigen sein, wenn der Gesetzgeber die Änderung anderer Bestimmungen eines Gesetzes nicht zum Anlass nimmt, (auch) eine konkrete weitere Regelung aufzuheben oder zu ändern. Daraus kann indes regelmäßig nicht ohne zusätzliche konkrete Anhaltspunkte die Schlussfolgerung gezogen werden , dass der unberührt gebliebenen Norm deshalb nur ein ganz bestimmtes Verständnis beigelegt werden kann. An entsprechenden Anhaltspunkten dafür, dass § 15 Abs. 2 AEG als lex specialis vom Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen bleiben sollte, fehlt es. Die Regelung in § 15 Abs. 2 AEG bedurfte angesichts ihrer die Ausschreibung ausdrücklich ermöglichenden Formulierung und nach dem Grundsatz, dass das ältere Gesetz von einer jüngeren Norm gleichen Rangs verdrängt wird, nicht der förmlichen Aufhebung. Zudem deutet der Erlass von § 4 Abs. 3 VgV durch die Erste Verordnung zur Veränderung der Vergabeverordnung vom 7. November 2002 (BGBl. I S. 4338) umgekehrt darauf hin, dass mit der Bundesregierung und dem Bundesrat zwei Gesetzgebungsorgane vom generellen Vorrang des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgegangen sind und die daraus resultierenden, von einer Vergabekammer ausgesprochenen Konsequenzen (VK Magdeburg, ZfBR 2002, 706 ff.) zum Anlass für eine modifizierende Regelung genommen haben (vgl. dazu BR-Drucks. 727/02).
- 26
- d) Verträge über die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung im SPNV sind nicht aufgrund einer durch die Verordnung (EG) 1191/69 vom 26. Juni 1969 (ABl. L 156 vom 28. Juni 1969, S. 1, geändert unter ande- rem durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 des Rates vom 20. Juni 1991, ABl. Nr. L 169 vom 29. Juni 1991, S. 1) begründeten Sonderrechtsordnung der Geltung der Vergaberichtlinien entzogen. Dem im Privatgutachten vertretenen Verständnis dazu, wie sich diese Regelungsmaterie zum gemeinschaftsrechtlichen Vergaberecht verhält, kann nicht nähergetreten werden. In jener Verordnung ging es um den Schutz der Eisenbahnunternehmen vor unkompensierten finanziellen Lasten und auch um den Abbau von Wettbewerbsverfälschungen (vgl. Fehling in: Kaufmann/Lübbig/Prieß/Pünder, Komm. zur VO (EG) 1370/2007 Einl. Rn. 18). Es sollten die Unterschiede beseitigt werden, die sich dadurch ergaben, dass die Mitgliedstaaten den Verkehrsunternehmen mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundene Verpflichtungen auferlegen; diese Unterschiede führten zu einer erheblichen Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen (Erwägungsgrund 1). Dazu sollten im Grundsatz die den Verkehrsunternehmen auferlegten, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf Antrag aufgehoben werden können (Art. 1 Abs. 3 VO 1191/69). Jedoch sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, um insbesondere unter Berücksichtigung sozialer, umweltpolitischer und landesplanerischer Faktoren eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherzustellen, mit einem Verkehrsunternehmen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes abschließen können. Von einem durch die Verordnung begründeten, die Anwendung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf den Eisenbahnbereich ausschließenden Sonderrecht könnte nur ausgegangen werden, wenn der Abschluss von entsprechenden Verträgen zwischen öffentlichen Auftraggebern und Eisenbahnverkehrsunternehmen im Wege förmlicher Vergabeverfahren sich schlechthin nicht in Einklang mit den Zielen der Verordnung bringen ließe. Davon kann keine Rede sein. Verträge über Dienstleistungen im Eisenbahnbereich konnten, ohne dass die Regelungsziele der Verordnung dadurch untergraben wurden, nicht allein im Wege von - wie es im Privatgutachten heißt - "formloskonsensualen Vertragsverhandlungen" verwirklicht werden. Das durch die Verordnung geschaffene Recht schloss eine vergaberechtlich geprägte Sicherstellung der Verkehrsbedienung nicht aus. Das ergibt sich auch daraus, dass die die Verordnung 1191/69 ersetzende Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (VO (EG) 1370/2007 (im Folgenden: VO 1370/2007)) ausweislich ihres 6. Erwägungsgrundes und Art. 5 Abs. 6 selbst davon ausgeht, dass vor ihrem Inkrafttreten, also unter Geltung der VO 1191/69, nationale Regelungen zur Vergabe von Eisenbahndienstleistungen existierten (und weiter Bestand haben können). Auch deshalb war es einem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt, den Eisenbahnbereich in die nationalen vergaberechtlichen Regelungen einzubeziehen. Die von DB Regio vertretene Ansicht, Art. 5 Abs. 6 VO 1370/2007 gelte nur für diesbezüglich neu geschaffenes nationales Recht, entbehrt der nachvollziehbaren Herleitung.
- 27
- 2. Der Nachprüfungsantrag ist nicht deshalb unzulässig, weil der über den Dezember 2018 hinausgehende S-Bahn-Betrieb DB Regio durch eine - vom Anwendungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommene - Dienstleistungskonzession übertragen worden wäre. Die Vertragsleistungen sind vielmehr als gewöhnliche entgeltliche Dienstleistungen i.S.v. § 99 Abs. 2 bis 4 GWB Gegenstand des Änderungsvertrages.
- 28
- a) Das Oberlandesgericht Düsseldorf und die Verfahrensbeteiligten gehen zu Recht davon aus, dass auf den Streitfall das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung anzuwenden ist. Nach der Übergangsbestimmung in § 131 Abs. 8 GWB (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009, BGBl. I S. 790) sind Vergabeverfahren, die vor dem 24. April 2009 begonnen haben, nach den bisher hierfür geltenden Vorschriften zu beenden. Für ein vor dem maßgeblichen Stichtag begonnenes Vergabeverfahren ist hier nichts ersichtlich. Zwar hatten der VRR und DB Regio schon geraume Zeit zuvor mit Vergleichsverhandlungen zur Beilegung ihrer Streitigkeiten aus dem Verkehrsvertrag begonnen. Solche einseitigen Verhandlungen eines öffentlichen Auftraggebers mit dem bisherigen Vertragspartner stellen jedoch kein Vergabeverfahren im Sinne der genannten Übergangsvorschrift dar. Davon kann nur die Rede sein, wenn der Auftraggeber ein konzeptionell auf die wettbewerbliche Auswahl eines Vertragspartners ausgerichtetes Verfahren in die Wege leitet. Daran fehlt es hier vor dem Stichtag. Als ein mögliches Ereignis, das als Publizitätsakt den Anforderungen der Übergangsvorschrift in § 131 Abs. 8 GWB in entsprechender Anwendung eventuell genügen könnte, kommt allenfalls die Bekanntgabe der Absicht des VRR im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 21./25. Juli 2009 in Betracht, mit DB Regio einen Vergleichsvertrag abzuschließen. Dieser Zeitpunkt liegt nach dem maßgeblichen Stichtag.
- 29
- b) Soweit dem Beschluss des Senats vom 1. Dezember 2008 (BGHZ 179, 84 Rn. 20 - Rettungsdienstleistungen) Zweifel daran entnommen werden können, dass Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen waren, bezog sich diese Entscheidung auf die bis zum 23. April 2009 geltende Fassung des Gesetzes. Jedenfalls seither ist das Gesetz nicht auf Dienstleistungskonzessionen anzuwenden. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit daraus, dass das Gesetz Baukonzessionen nunmehr ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezieht (§ 99 Abs. 6 GWB) und ergänzend in den Gesetzgebungsmaterialien durch positive Erklärung klargestellt worden ist, dass das Gesetz nicht auf Dienstleistungskonzessionen anzuwenden sein soll (vgl. BT-Drucks. 16/10117 S. 17). Wird in Gesetzgebungsmaterialien positiv zum Ausdruck gebracht, dass das geplante Gesetz auf einen bestimmten Gegenstand nicht anzuwenden sein soll, ist dem bei der Auslegung ein anderes Gewicht beizumessen, als im entgegengesetzten Fall, in dem trotz generellen Schweigens der Materialien zum Problempunkt und einer umfassenden Ausnahmeregelung auf die Weitergeltung älteren entgegenstehenden Rechts geschlossen werden soll, wie hier in Bezug auf Dienstleistungen im SPNV geltend gemacht wird (oben C II 1 cc).
- 30
- c) Das deutsche Recht definiert den Begriff der Baukonzession (§ 99 Abs. 6 GWB), nicht aber den der Dienstleistungskonzession. In den Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2004/17/EG und 2004/18/EG sind Dienstleistungskonzessionen übereinstimmend als Verträge definiert, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zu ihrer Nutzung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.
- 31
- In Anlehnung an den Begriff der Baukonzession in § 99 Abs. 6 GWB und die gemeinschaftsrechtliche Definition der Dienstleistungskonzession, die der Gesetzgeber bei seiner Entschließung, solche Konzessionen vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen, vor Augen gehabt hat (BT-Drucks. 16/10117 S. 17 rechte Sp.), sind unter Dienstleistungskonzessionen vertragliche Konstruktionen zu verstehen, die sich von einem Dienstleistungsauftrag nur dadurch unterscheiden, dass der Konzessionär das zeitweilige Recht zur Nutzung der ihm übertragenen Dienstleistung enthält und gegebenenfalls die zusätzliche Zahlung eines Preises vorgesehen ist. Der Begriff der Zuzahlung eines Preises ist unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten weit zu verstehen; es kommt lediglich darauf an, dass der Konzessionär zusätzlich zum Verwertungs- recht geldwerte Zuwendungen erhält (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 1. Februar 2005 - X ZB 27/05, BGHZ 162, 116 ff.).
- 32
- d) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Dienstleistungskonzession charakteristisch, dass der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung in der Weise den Risiken des Marktes ausgesetzt ist, dass er das damit einhergehende Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt (EuGH, VergabeR 2007, 604 Rn. 34 mwN; VergabeR 2010, 48 Rn. 77 - WAZV Gotha).
- 33
- Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Abgrenzung von Dienstleistungskonzessionen und öffentlichen Dienstaufträgen ist für die nationalen Gesetzgeber und Gerichte in dem Maße verbindlich, als dadurch positiv die materielle Reichweite der Richtlinien 2004/17/EG bzw. 2004/18/EG konkretisiert wird. Verträge dürfen nicht entgegen dieser Rechtsprechung als Dienstleistungskonzessionen eingeordnet und dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entzogen werden, wenn der Konzessionär das Betriebsrisiko nur zu einem unwesentlichen Teil im Sinne dieser Rechtsprechung übernimmt. Das ergibt sich aus den den Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 3 EUV obliegenden Verpflichtungen.
- 34
- Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beantwortung dieser Frage ist folgerichtig in die Hände des nationalen Richters gelegt (EuGH, VergabeR 2010, 48 Rn. 78 - WAZV Gotha).
- 35
- e) Bei der hierfür erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände sind insbesondere die in Bezug auf den Vertragsgegenstand herrschenden Marktbedingungen und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen , die beide ganz unterschiedlich gestaltet sein können. So kann die Dienstleistung sich, wie in dem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall des Wasser- und Abwasserzweckverbands Gotha beispielsweise auf einen Markt beziehen, bei dem einerseits das Risiko des Konzessionärs infolge der dafür bestehenden öffentlichrechtlichen Bestimmungen (Anschluss - und Benutzungszwang) von vornherein herabgesetzt erscheint, der Konzessionär aber andererseits sein Auskommen allein in den ihm seitens der Abnehmer zufließenden Einnahmen finden muss, weil eine Zuzahlung seitens des Konzessionsgebers nicht vorgesehen ist. Da marktregulierende rechtliche Rahmenbedingungen wie etwa ein Anschluss- und Benutzungszwang nach der auch vom Senat befürworteten Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Risikofrage außer Betracht zu bleiben haben, wird in Fällen, in denen keinerlei Zuzahlung erfolgt, regelmäßig eine Dienstleistungskonzession anzunehmen sein, weil jeder Bewerber das Risiko der Auskömmlichkeit der möglichen Einnahmen übernimmt.
- 36
- Soll, wie auch im Streitfall, neben dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung zusätzlich ein Preis gezahlt werden, kann demgegenüber, da die Zahlung eines Preises charakteristisch für einen - der Pflicht zur Ausschreibung unterliegenden - öffentlichen Dienstleistungsauftrag ist, je nach den Umständen des Einzelfalls zweifelhaft sein, ob der jeweilige Vertrag trotz dieser Zuzahlung als Dienstleistungskonzession einzuordnen und nicht als öffentlicher Dienstleistungsauftrag zu bewerten ist.
- 37
- f) Ist eine Zuzahlung vorgesehen, kann der Vertrag jedenfalls dann nicht als Dienstleistungskonzession vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder (Aufwands-)Entschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann, sondern sich darin zeigt, dass die aus der Erbringung der Dienstleistung möglichen Einkünfte allein ein Entgelt darstellen würden , das weitab von einer äquivalenten Gegenleistung läge.
- 38
- aa) Stehen die beiden Vergütungselemente in einem solchen Verhältnis zueinander, liegt kein Vertrag vor, bei dem die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen in dem Recht zu ihrer Nutzung zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht, sondern gleichsam umgekehrt ein Vertrag, bei dem eine Zahlung zuzüglich der Einräumung eines Nutzungsrechts erfolgt, was als Dienstleistungsauftrag zu behandeln ist. Zugleich wird die Übernahme der Dienstleistung bei einem solchen Verhältnis von auftraggeberseitigen Zahlungen auf der einen und den Verwertungsmöglichkeiten auf der anderen Seite regelmäßig auch indizieren, dass die Interessen des Vertragspartners des öffentlichen Auftraggebers durch die Zahlungen in einem Maße gesichert sind, dass mit der Übernahme der Dienstleistung für ihn kein wesentliches Vertragsrisiko im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einhergeht. Ein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtetes Unternehmen wird in einem von Beihilfen und Zuschüssen geprägten Geschäftsverkehr, in dem folglich die regulären Einnahmen aus dem Nutzungsrecht Auskömmlichkeit bei weitem nicht erwarten lassen, Verpflichtungen nur übernehmen, wenn die Auskömmlichkeit durch derlei Förderungsmaßnahmen gesichert erscheint.
- 39
- bb) Dieses Verständnis wird bereits durch die Auslegung des nationalen Rechts nahegelegt. Die Präposition "zuzüglich" impliziert einen Zusatz oder Annex , also eine Leistung bzw. Verpflichtung, die zu einer (Haupt-)Leistung hinzukommt und diese ergänzt und die dementsprechend auch quantitativ die im Verhältnis zur Hauptleistung geringere ist. Unterstützt wird dieses Verständnis durch die Verwendung des Adverbs "gegebenenfalls" in § 99 Abs. 6 GWB, das unterstreicht, dass die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung im Rahmen einer Dienstleistungskonzession an sich in der Verwertung der Dienstleistung besteht und nur dann, wenn dies unter Äquivalenzgesichtspunkten erforderlich ist, ausnahmsweise eine Zuzahlung seitens des öffentlichen Auftraggebers erfolgen kann, die aber schon deshalb nicht zu hoch ausfallen darf, weil ansonsten der Bereich zum entgeltlichen Dienstleistungsauftrag überschritten wird.
- 40
- g) Wann eine Zuzahlung im vorgenannten Sinne im Vordergrund steht und überwiegt, lässt sich wegen der Unterschiedlichkeit der möglichen Fallgestaltungen ebenso wenig einheitlich durch eine rechnerische Quote festlegen, wie sich auch sonst eine schematische Lösung verbietet. Es bedarf auch insoweit stets einer alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Gesamtschau. Dazu kann insbesondere gehören, ob der Konzessionär bei Nutzung der Dienstleistung monopolistisch oder sonst aus einer überlegenen Position heraus am Markt agieren kann bzw. inwieweit er dem Risiko ausgesetzt ist, seine Leistung im Wettbewerb mit Konkurrenten absetzen zu müssen. Ist Letzteres der Fall, kann es im Einzelfall unbedenklich sein, wenn der Auftraggeber die gleichwohl bestehende Bereitschaft zur Übernahme der Dienstleistung mit einer Zuzahlung prämiert, die vergleichsweise höher ausfällt, als sie unter monopolistisch geprägten Marktstrukturen angemessen wäre. Dagegen kann es für eine Einordnung als Dienstleistungsauftrag sprechen, wenn Dienstleistungen in ei- nem von öffentlichen Zuschüssen bzw. staatlichen Beihilfen geprägten geschäftlichen Verkehr erbracht werden sollen und diese einen wesentlichen Teil der Gegenleistung ausmachen. Dies kann ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass das beauftragte Privatunternehmen so weit abgesichert ist, dass ein eigenes wesentliches Risiko im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht anzunehmen ist.
- 41
- h) Im Streitfall liegt danach keine Dienstleistungskonzession vor.
- 42
- aa) DB Regio erhält nicht allein das Recht, die Dienstleistung zu verwerten , sondern Zuwendungen pro gefahrenem Zugkilometer, die zugestandenermaßen und ohne dass A. R. dies substanziell hätte überprüfen können, weil DB Regio die Höhe dieser aus öffentlichen Mitteln stammenden Pauschale und weitere betriebswirtschaftliche Daten als Geschäftsgeheimnisse deklariert hat, circa 64 % der bei Vertragsdurchführung anfallenden Gesamtkosten abdecken. Damit überwiegt die Zuzahlung seitens des VRR im Verhältnis zu den durch die Nutzung der Dienstleistung von DB Regio erzielten Einnahmen von vornherein ganz erheblich.
- 43
- bb) Hinzu kommt, dass DB Regio bei Verwertung der Dienstleistung keinem direkten Wettbewerb ausgesetzt ist, weil nicht vorgesehen ist, dass auch ein anderes Unternehmen gleichzeitig S-Bahn-Dienstleistungen im Vertragsgebiet anbietet. Aus welchen Gründen, wie DB Regio anführt, zusätzlich eine nennenswerte Verschiebung zu Gunsten anderer Verkehrsmittel im Linienverkehr zu besorgen sein könnte, als sie den Kalkulationen des Verkehrsvertrages und des Änderungsvertrages ohnehin zugrunde liegt, ist weder substanziiert vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr verbleibt den Fahrgästen als Handlungsalternative im Wesentlichen nur, auf den Individualverkehr auszuweichen. Damit erscheint das Risiko der Abwanderung von Fahrgästen in einer erheblichen Größenordnung - und damit zugleich auch das Vertragsrisiko von DB Regio - von vornherein als gering.
- 44
- cc) Soweit DB Regio mit einer jährlichen Fahrpreis- und Einnahmenerhöhung von 2,75 % kalkuliert, ergeben sich daraus keine zureichenden Anhaltspunkte für unzulängliche Einnahmeentwicklungen. Gegen ein erhebliches Marktrisiko spricht dabei, dass DB Regio sich im Gegenzug zu einer eigenen "Zuzahlung" in Gestalt einer weiteren - gewinnmindernden - Investitionszusage über bis zu 215 Mio. € für S-Bahn-Züge verpflichtet und in das "Kick-BackModell" nach Maßgabe von Anlage 39.2.3 zum Änderungsvertrag eingewilligt hat, durch das der VRR an die dort zugrunde gelegten Referenzwerte übersteigenden Einnahmen hälftig beteiligt wird.
- 45
- dd) Die weiteren von DB Regio als risikoerhöhend angeführten Faktoren (insbesondere Beschwerdebegründung S. 49 ff.) rechtfertigen nicht die Annahme realistischer Vertragsrisiken in einer Größenordnung, die die Einordnung als Dienstleistungsauftrag auch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union infrage stellen könnte.
- 46
- Ob bestimmte ungewisse Umstände geeignet sein können, Zweifel am Charakter einer Vereinbarung als Dienstleistungsauftrag aufkommen lassen können, kann nur durch eine Bewertung dieser Umstände geklärt werden, welche die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts berücksichtigt. Diese Wahrscheinlichkeit ist bei einigen angeführten Gesichtspunkten gering (Risiko von erheblichen und nachhaltigen Fahrgeldmindereinnahmen infolge von Attentaten wie in der Moskauer U-Bahn vom 28. März 2010, von Epidemien bzw. Pandemien oder von Stürmen). Ebenfalls wenig überzeugend erscheint die Hochrechnung der Verluste aus einer verschobenen Fahrpreiserhöhung von August 2010 auf Januar 2011 über die gesamte Laufzeit unter der Prämisse, dass diese nicht durch spätere überproportionale Erhöhungen aufgefangen werden können. DB Regio stellt nämlich gleichzeitig Modellrechnungen an, die von einer Steigerung von 4 % im Jahre 2012 ausgehen. Hinzu kommt, dass die Kick-Back-Regelung in Anlage 39.2.3 des Änderungsvertrages für den VRR nachhaltig Anreiz zu Fahrpreiserhöhungen in einer Höhe bieten kann, bei der der Verbund an den daraus resultierenden Einnahmesteigerungen teilhat. Mit Nachfrageeinbrüchen von 5 % im Jahr 2014 zu rechnen erscheint nicht nur spekulativ, sondern auch deshalb unerheblich, weil dies nicht repräsentativ für das Risiko von Einnahmenminderungen über die gesamte Laufzeit ist.
- 47
- 3. Der Änderungsvertrag konnte auch nicht deshalb ohne Weiteres geschlossen werden, weil mit seinem Abschluss der zwischen den Vertragsparteien herrschende Streit über die Durchführung des Verkehrsvertrages beigelegt werden sollte. Das Anliegen, im Wege beiderseitigen Nachgebens den Streit über die Abwicklung dieses Vertrages auszuräumen, berechtigt den öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich nicht zur vergaberechtsfreien Disposition über Dienstleistungen, die jenseits der Laufzeit des abgeschlossenen Vertrages zu erbringen sind, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Vergleichsvertrag nur mit dem bisherigen Leistungserbringer geschlossen werden kann. Ob eine Ausnahme davon zuzulassen ist, wenn es sich dabei um einen unbedeutenden Nachtrag handelt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. EuGH, VergabeR 2008, 758 - pressetext Nachrichtenagentur; VergabeR 2010, 643, insbesondere Rn. 36 Satz 1 - Wall AG). Die zum Gegenstand des Änderungsvertrags gemachte Verlängerung des S-Bahn-Betriebs im Verkehrsverbund über fünf Jahre kann nach Volumen und Wert dieser Leistungen nicht als unbedeutender Nachtrag angesehen werden.
- 48
- Im Übrigen kann auch die Bereitschaft von DB Regio zu nicht unerheblichen Investitionen, die dem Leistungsangebot im Verkehrsverbund zugute kommen sollen, aus Rechtsgründen nicht von der Anwendung der Regeln des nationalen Vergaberechts entbinden. Diese Bereitschaft kann nach dem gesetzlichen Regelungsrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge nicht außerhalb von wettbewerblichen Verfahren geregelt werden, indem der Zeitraum für die Leistungserbringung so verlängert wird, wie dies für eine hinreichende Amortisation der nachträglichen Investitionen erforderlich erscheint. Deshalb kann DB Regio als bisherige Leistungserbringerin auch nicht als ein nach § 3 Abs. 5 lit. l VOL/A (2009) zu privilegierendes Unternehmen behandelt und die Notwendigkeit einer Ausschreibung aus diesem Grunde verneint werden. Ebenso wenig können Bedürfnisse der Praxis nach einem fakultativen Einsatz einer Auftragsvergabe im Wettbewerb, auf die sich insbesondere DB Regio beruft, eine Abweichung von dem vom nationalen Vergaberecht vorgesehenen Rechtsrahmen rechtfertigen.
- 49
- 4. A. R. kann das für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags erforderliche Interesse am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB) nicht abgesprochen werden, auch wenn sich dieses Interesse auf den Betrieb der S-Bahn-Linie 5, gegebenenfalls in Verbindung mit dem der Linie 8, beschränkt.
- 50
- a) Für die Antragsbefugnis von A. R. kommt es nicht darauf an, dass der VRR im Änderungsvertrag DB Regio das gesamte S-Bahn-Linienbündel des Verkehrsverbundes en bloc außerhalb eines geordneten Vergabeverfahrens übertragen hat und A. R. dieses insgesamt nicht bedienen kann und will. Entscheidend ist vielmehr, ob der VRR ohne Verstoß gegen Vergaberecht so verfahren dürfte. Ein ihre Antragsbefugnis ausschließendes Interesse am Auftrag könnte A. R. allenfalls abgesprochen werden, wenn der VRR für den Fall der Vergabe der Leistungen im Wettbewerb unter keinen Umständen verpflichtet sein könnte, die Leistungen losweise so zu vergeben, dass sich A. R. um ein Teillos bewerben könnte. Dass der VRR berechtigt sein könnte, von einer losweisen Vergabe gänzlich Abstand zu nehmen, ist jedoch nicht anzunehmen, insbesondere rechtfertigen dies der Vergleichscharakter des Änderungsvertrages und der Wunsch, zusätzliche Fahrzeuge anzuschaffen und entsprechende Amortisationsmöglichkeiten durch Verlängerung der Vertragslaufzeit zu schaffen , nicht (oben C II 3).
- 51
- Das vorlegende Oberlandesgericht meint, die Vergabe des gesamten S-Bahn-Netzes ohne Losaufteilung verstoße gegen § 97 Abs. 1, Abs. 3 GWB und § 5 VOL/A (aF). Sachlich gegen diese Auffassung sprechende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Auf ein Vergabeverfahren werden aus gegenwärtiger Sicht die Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 2009 (VOL/A 2009) anzuwenden sein (§ 4 Abs. 4 VgV). In dieser Fassung ist nur noch bestimmt, dass Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben sind und darauf nur aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen verzichtet werden kann (§ 2 Abs. 2; § 2 Abs. 2 VOL/A-EG). Der in § 5 Nr. 1 VOL/A aF enthaltene funktionale Hinweis auf die mit der Losvergabe bezweckte Ermöglichung der Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen ist entfallen. Soweit in § 2 Abs. 2 VOL/A-EG vorangestellt ist, mittelständische Interessen seien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen, soll damit lediglich betont werden, dass der Mittelstand gerade auch bei den gemeinschaftsweiten Vergaben über eine Losvergabe vornehmlich berücksichtigen werden soll (vgl. Kus/Marx in: Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, Komm. zur VOL/A, 2. Aufl., § 3 Rn. 62 f.). Daraus folgt jedenfalls nicht, dass sich nur mittelständische Unternehmen - wie auch immer dieser Be- griff vergaberechtlich in diesem Zusammenhang zu verstehen sein mag - auf eine Losvergabe berufen können. Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner vertieften Erörterung, ob die Regelung in § 97 Abs. 3 Satz 1 GWB, wonach "mittelständische Interessen" bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind, speziell auf kleine und mittlere Unternehmen zu beziehen ist und unter welchen Gesichtspunkten insoweit eine Abgrenzung von anderen Unternehmen vorzunehmen ist. Wie das vorlegende Oberlandesgericht zutreffend und unter Hinweis auf die Materialien zu § 4 Abs. 3 VgV (BR-Drucks. 727/02), das Sondergutachten 55 der Monopolkommission und das Schrifttum ausführt, kann Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr nur im Wege der Bildung von Losen gefördert werden (vgl. zur Auslegung von § 97 Abs. 3 GWB speziell unter ökonomischen Gesichtspunkten Kirchner, VergabeR 2010, 725, 730 f.).
- 52
- b) Zweifel an der Antragsbefugnis von A. R. unter dem Gesichtspunkt des Interesses am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB) ergeben sich auch nicht daraus, dass das Unternehmen anfangs nur Interesse an der Bedienung der Linie S 5 bekundet hat. Der VRR hat dazu dargelegt, dass eine isolierte Vergabe dieser Linie als Teillos aus betriebstechnischen Gründen nicht in Betracht komme. Die Linie S 5 verkehrt im S-Bahn-System Rhein-Ruhr zwischen Dortmund und Hagen. Zwischen Dortmund und Witten besteht ein 30-Minuten-Takt. Eine Fahrt pro Stunde wird weiter nach Hagen geführt. Dieses Fahrzeug fährt von dort weiter auf der Linie S 8 Richtung Düsseldorf/Mönchengladbach; Gleiches gilt für die Gegenrichtung. Durch diese so genannte Durchbindung der Linien S 5 und S 8 wird die Linie S 5 in das gesamte S-Bahn-System Rhein-Ruhr integriert. Mit diesen Erläuterungen konfrontiert, hat A. R. erklärt, sich auch um ein ein Linienbündel betreffendes Teillos bewerben zu wollen. Damit ist das Interesse am Auftrag hinreichend dargetan. Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, können A. R. weitergehende Darlegungen zu ihrer Leistungsfähigkeit in Bezug auf denkbare Teillose nicht abverlangt werden, bevor der VRR nicht selbst ein Konzept zur Vergabe des S-Bahn-Betriebs für den Zeitraum nach Auslaufen des Verkehrsvertrages entwickelt und publik gemacht hat.
- 53
- 5. Entgegen der Auffassung von DB Regio kann A. R. das Interesse an einer Sachentscheidung auch nicht mit Blick darauf abgesprochen werden, dass inzwischen die VO 1370/2007 in Kraft getreten ist und den zuständigen Behörden gestattet, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr, worunter der hier interessierende S-Bahn-Betrieb fällt, unter bestimmten Voraussetzungen direkt zu vergeben (Art. 5 Abs. 6 VO 1370/2007). Die Verordnung lässt nämlich einer Direktvergabe entgegenstehendes nationales Recht unberührt.
- 54
- Wie bereits ausgeführt, steht das deutsche Recht der Direktvergabe insoweit entgegen, als die Vergabe der hier interessierenden Leistungen in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt. Ob die Übertragung ihrer Erbringung durch den Änderungsvertrag rechtsbeständig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags , sondern der Begründetheit.
- 55
- 6. Der Nachprüfungsantrag ist nicht infolge der Übergangsregelung in Art. 8 Abs. 3 VO 1370/2007 unzulässig. Nach dieser Regelung können bestimmte vor dem 3. Dezember 2019 vergebene Aufträge für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben. Diese Regelung berührt nicht die Frage, ob eine geschlossene Vereinbarung in Anwendung des nationalen Rechts gar keine Gültigkeit erlangt hat und die Unwirksamkeit nach nationalem Recht geltend gemacht werden kann.
- 56
- III. Die Vergabekammer hat den Änderungsvertrag zu Recht für unwirksam erklärt (§ 101b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB).
- 57
- 1. Der S-Bahn-Betrieb konnte DB Regio im Umfang des Änderungsvertrages nicht gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV wirksam übertragen werden.
- 58
- a) Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ist bei Verträgen, welche die Übertragung von mehr als einer einzelnen Linie bei einer Laufzeit von bis zu drei Jahren vorsehen , eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen im Rahmen von § 15 Abs. 2 AEG zulässig, wenn ein wesentlicher Teil der durch den Vertrag bestellten Leistungen während der Vertragslaufzeit ausläuft und anschließend im Wettbewerb vergeben wird, wobei die Laufzeit des Vertrages zwölf Jahre nicht überschreiten soll.
- 59
- b) § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ist dahin auszulegen, dass Leistungen, die einmal zum Gegenstand einer freihändigen Vergabe über eine Laufzeit von zwölf Jahren gemacht worden sind, grundsätzlich nicht abermals durch eine entsprechende Vereinbarung in dieser Weise vergeben werden können. Bereits die Vergabe einer einzelnen Linie ist nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 VgV nur einmalig und selbst dann nur für nicht länger als drei Jahre zulässig. In Anbetracht dieser Regelung kann nicht angenommen werden, dass § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ermöglichen will, Aufträge für den Betrieb einer Linie über mehr als drei Jahre oder für mehrere Linien über mehr als 12 Jahre durch Kettenverträge im Wege freihändiger Vergabe zu erteilen. Dies gilt umso mehr, als die Laufzeit einer entsprechenden Vereinbarung konsequenterweise erneut zwölf Jahre müsste betragen können. Dadurch würde der betreffende Dienstleistungsverkehr auf unannehmbar lange Zeit dem Wettbewerb vorenthalten. Einem solchen Normverständnis stünde unter diesem Gesichtspunkt ferner entgegen, dass § 4 Abs. 3 VgV gemäß Art. 2 der Ersten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 7. November 2002 am 31. Dezember 2014 außer Kraft tritt. Diese zeitliche Befristung der Regelung durch den Verordnungsgeber spricht ebenfalls dafür, dass mehrere aufeinander folgende Vereinbarungen nicht möglich sein sollen.
- 60
- c) Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Vorschrift es erlaubt hätte, im Rahmen einer zwischen dem VRR und DB Regio zur Beilegung der entstandenen Streitigkeiten getroffenen Vereinbarungen die Regelungen des Verkehrsvertrags sachgerecht zu modifizieren und dabei gegebenenfalls auch die Gesamtlaufzeit von zwölf Jahren in gewissem Umfang zu überschreiten, wie DB Regio unter Hinweis auf die Regelung in Art. 4 Abs. 3 und 4 VO 1370/2007 meint. Denn jedenfalls durfte eine solche vergleichsweise Änderung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV nicht in der Weise erfolgen, wie dies im Änderungsvertrag geschehen ist,
- 61
- Um den Tatbestandsmerkmalen der Norm wenigstens sinngemäß zu genügen , wäre erforderlich gewesen, auch bei einer Verlängerung der Laufzeit dem Grundgedanken der Vorschrift zu entsprechen, dass die freihändige Vergabe voraussetzt, dass ein wesentlicher Teil der vorgesehenen Leistungen während der Vertragslaufzeit in den Wettbewerb gegeben wird. Eine substanzielle Verlängerung der Laufzeit ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn nicht gleichzeitig auch die wettbewerbsfördernde Komponente des Vertrages verstärkt wird. An einer solchen Verstärkung fehlt es. Soweit es die Leistungen im Regionalbahn- und -expressverkehr betrifft, verbleibt es im Wesentlichen bei den bereits im Verkehrsvertrag getroffenen Regelungen (vgl. Anlage 16 zur Beschwerdebegründung von DB Regio und hierzu Beschwerdebegründung von DB Regio S. 17). Es werden nur im Interesse der Kompatibilität mit den Anschlussleistungen in angrenzenden Verkehrsräumen die Fahrpläne angepasst, was nicht ausreicht, um den Anforderungen von § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV zu genü- gen. Auch die S-Bahn-Leistungen laufen nicht während des Verlängerungszeitraums teilweise aus, sondern sollen nach dem Vertrag bis 2023 in vollem Umfang von DB Regio erbracht werden. Unter diesen Umständen steht jedenfalls eine Verlängerung der Laufzeit des Verkehrsvertrags um fünf Jahre mit § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV nicht in Einklang.
- 62
- 2. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag nach allem zu Recht für begründet erachtet, soweit A. R. die Feststellung der Unwirksamkeit des Änderungsvertrags insgesamt begehrt hat. Nach dem auf den Vertrag anwendbaren § 101b GWB (siehe oben C II 2 b) kann im Nachprüfungsverfahren die anfängliche Unwirksamkeit eines Vertrags festgestellt werden, wenn der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist. Wie ausgeführt, liegen diese Voraussetzungen vor. Der für die Feststellung der Unwirksamkeit nach § 101b Abs. 2 GWB vorgegebene zeitliche Rahmen ist gewahrt; A. R. hat den Nachprüfungsantrag vor Ablauf von 30 Kalendertagen nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union gestellt. Dass sie vornehmlich allein am Betrieb der Linie S 5 interessiert ist, ist für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit entgegen der Auffassung von DB Regio (Beschwerdebegründung S. 22 ff.) unerheblich (vgl. oben C II 4).
- 63
- 3. DB Regio rügt, dass die Vergabekammer die Gesamtnichtigkeit des Vertrags gemäß dem Hilfsantrag von A. R. ausgesprochen und die Unwirksamkeit des Vertrags nicht gemäß deren Hauptantrag isoliert auf den Leistungsteil der Linie S 5 beschränkt hat.
- 64
- Diese Rüge ist als das hilfsweise Begehren zu verstehen, dem Nachprüfungsantrag nach dem Hauptantrag von A. R. stattzugeben. Dem ist kein Erfolg beschieden. Dafür bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, inwieweit die Rechtsfolge der Unwirksamkeit gemäß § 101b GWB generell auf Teile des geschlossenen Vertrags beschränkt werden kann. Im Streitfall wäre dies - in entsprechender Anwendung der aus § 139 BGB ersichtlichen Grundsätze - allenfalls vorstellbar, wenn angenommen werden könnte, dass der VRR und DB Regio den Änderungsvertrag auch unter Ausklammerung des Betriebs der Linie S 5 geschlossen hätten. Diese Annahme ist indes nicht gerechtfertigt. Der VRR macht noch in der sofortigen Beschwerde und insoweit in Widerspruch zu dem hilfsweisen Begehren von DB Regio geltend, sowohl aus wirtschaftlichen als auch technischen Gründen hätte von einer Ausschreibung der Linie S 5 als Teillos abgesehen werden können, weil der isolie rte Betrieb nicht praktikabel sei (vgl. oben C II 4 b). In Anbetracht dieses Vorbringens kann nicht entsprechend § 139 BGB davon ausgegangen werden, dass der VRR und DB Regio den Änderungsvertrag unter Ausgliederung allein der Linie S 5 geschlossen hätten.
D.
- 65
- I. Die sofortige Beschwerde von A. R. ist zulässig. Dem Antragsteller im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu, wenn seinen Anträgen nicht voll entsprochen worden und er dementsprechend formell beschwert ist (vgl. Kuhlig in: Vergaberecht Kompaktkommentar , 12. Los, § 116 Rn. 29). Diese Voraussetzung ist erfüllt, nachdem die Vergabekammer den im tatbestandlichen Teil dieser Beschlussgründe unter Nummer 3 mitgeteilten Antrag von A. R. abschlägig beschieden hat.
- 66
- II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
- 67
- 1. Das Rechtsschutzbedürfnis für dieses Begehren kann A. R. nicht abgesprochen werden. Es ist zwar richtig, dass die von A. R. in erster Linie begehrte Unwirksamkeitserklärung des Änderungsvertrages faktisch darauf hinausläuft , dass ein förmliches Vergabeverfahren zu erfolgen hat. Das Rechtsschutzbedürfnis dafür, dass die Verpflichtung zur Ausschreibung ausgesprochen wird, ergibt sich für den Antragsteller im Nachprüfungsverfahren indes bereits aus dem vorangegangenen Verstoß des Auftraggebers gegen diese Verpflichtung.
- 68
- 2. Der zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemachte Antrag weicht sprachlich von dem vor der Vergabekammer gestellten insoweit ab, als er nicht mehr auf das Beschaffungsvorhaben für die Linie S 5 bezogen ist. Indes war schon der Antrag in der vor der Vergabekammer gestellten Fassung nicht so zu verstehen, dass der VRR verpflichtet werden sollte, die Linie S 5 isoliert auszuschreiben. A. R. hat mehrfach erklärt, einen Anspruch auf Ausschreibung eines auf die Linie S 5 beschränkten Einzelloses nicht erheben, sondern sich auch auf die Übernahme des Betriebs der kombinierten Linien S 5 und S 8 bewerben zu wollen, nachdem der VRR die gegen einen alleinigen Betrieb der Linie S 5 sprechenden betriebstechnischen Gründe dargelegt hat. Für einen ihrem Interesse am Auftrag entsprechenden prozessualen Erfolg musste A. R. aus den bereits dargelegten Gründen die gesamte Änderungsvereinbarung zu Fall bringen. So war ihr erstinstanzliches Begehren zu verstehen und so ist es im Beschwerdeantrag nunmehr auch ausdrücklich formuliert, wobei die begehrte Verpflichtung zur Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens antragsgemäß unter der Bedingung steht, dass der S-Bahn-Betrieb nach Dezember 2018 durch ein Beschaffungsvorhaben sichergestellt wird, also der VRR den Betrieb nicht in einer wie auch immer gestalteten Form von vergaberechtsfreier Eigenregie übernimmt, was nicht zu erwarten sein dürfte.
- 69
- 3. Der so verstandene Antrag ist schon deshalb begründet, weil der VRR die Erbringung der fraglichen Leistungen DB Regio vergaberechtswidrig übertragen hat. Die Vergabekammer hat dem Antrag ersichtlich auch nur deshalb nicht stattgegeben, weil sie ihn fälschlich dahin ausgelegt hat, dass A. R. die "umgehende" Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens begehre, worauf kein Anspruch bestehe. Diesem Verständnis des Antrags kann nicht beigetreten werden. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass A. R. jenseits des Antragswortlauts auf eine besonders beschleunigte Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens hinaus wolle, sind dem Vorbringen des Unternehmens im Nachprüfungsverfahren jedenfalls nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen.
- 70
- 4. Soweit es die vorherige europaweite Bekanntmachung betrifft, will A. R., wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, ihren Antrag dahin verstanden wissen, dass eine Vergabe nach Maßgabe des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgen soll. Dieser Zusatz bedarf keiner Erwähnung in der Beschlussformel, weil ein förmliches Vergabeverfahren ohnehin entsprechend den jeweils geltenden gesetzlichen Bedingungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung bestehender Ausnahmetatbestände, durchzuführen ist.
E.
- 71
- Für ein durchzuführendes Vergabeverfahren erscheinen noch folgende Hinweise angezeigt.
- 72
- Das vorlegende Oberlandesgericht meint, eine Ausschreibung werde im offenen Verfahren zu erfolgen haben. Die Wahl der etwa zulässigen Art der Vergabe (§ 3 VOL/A) bedarf indes im gegenwärtigen Stadium keiner näheren Erörterung. Mit Blick auf die von DB Regio erhobenen Einwendungen ist jedoch vorsorglich darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 VOL/A 2009 bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben mehrere - grundsätzlich mindestens drei - Bewerber zur Angebotsaufgabe aufgefordert werden sollen. Demzufolge wäre selbst eine freihändige Vergabe im Wege der Direktvergabe ohne Berücksichtigung weiterer geeigneter Anbieter unstatthaft.
- 73
- Das vorlegende Oberlandesgericht erörtert mit Blick auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle (VergabeR 2010, 669) zur notwendigerweise zeitnahen Dokumentation (Vergabevermerk), inwieweit es unter dem Gesichtspunkt unzureichender Dokumentation vergaberechtlichen Bedenken ausgesetzt sein könnte, dass der VRR lediglich zeitversetzt, erst im Nachprüfungsverfahren , dargelegt hat, dass nur eine gemeinsame Vergabe der Linien S 5 und S 8 in Betracht komme. Die Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit einer nachträglichen Dokumentation stellt sich indes nicht. Da der VRR gar kein förmliches Vergabeverfahren und insbesondere kein solches mit einer losweisen Vergabe durchgeführt hat, dürfte der Einwand, die Linie S 5 könne nicht isoliert, sondern nur im Verbund mit der Linie S 8 vergeben werden, nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation unberücksichtigt bleiben. Im Übrigen ist mit Blick auf die Dokumentationspflichten im Allgemeinen zu unterschei- den zwischen dem, was nach § 20 Abs. 1 und 2 VOB/A 2009 oder § 24 VOL/AEG im Vergabevermerk mindestens niederzulegen ist, und Umständen oder Gesichtspunkten, mit denen die sachliche Richtigkeit einer angefochtenen Vergabeentscheidung außerdem nachträglich verteidigt werden soll. Solche vorgetragenen Überlegungen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen, kann der Vergabestelle schwerlich generell unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation verwehrt werden. Der Auftraggeber kann im Nachprüfungsverfahren nicht kategorisch mit allen Aspekten und Argumenten präkludiert werden, die nicht im Vergabevermerk zeitnah niedergelegt worden sind. Vielmehr ist, soweit es die Frage der möglichen Heilung von Dokumentationsmängeln im Vergabevermerk betrifft, einerseits zu berücksichtigen, dass insbesondere die zeitnahe Führung des Vergabevermerks die Transparenz des Vergabeverfahrens schützen und Manipulationsmöglichkeiten entgegenwirken soll (vgl. Thüringer OLG, VergabeR 2010, 96, 100). Andererseits gibt das Gesetz der Vergabekammer - was für die Beschwerdeinstanz entsprechend zu gelten hat - vor, bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf zu achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird (§ 110 Abs. 1 Satz 4 GWB). Mit dieser dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz verpflichteten Regelung wäre es, wofür ersichtlich auch das vorlegende Oberlandesgericht hält (in diese Richtung auch OLG München, VergabeR 2010, 992, 1006), nicht vereinbar, bei Mängeln der Dokumentation im Vergabevermerk generell und unabhängig von deren Gewicht und Stellenwert von einer Berücksichtigung im Nachprüfungsverfahren abzusehen und stattdessen eine Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens anzuordnen. Dieser Schritt sollte vielmehr Fällen vorbehalten bleiben, in denen zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation lediglich im Nachprüfungsverfahren nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten.
F.
- 74
- Die im Verfahren vor der Vergabekammer angefallenen Gebühren und Auslagen (§ 128 Abs. 1 GWB) haben der VRR und DB Regio als Unterliegende gesamtschuldnerisch zu tragen (§§ 109, 128 Abs. 3 Satz 1, 2 GWB). DB Regio ist als Beigeladene Verfahrensbeteiligte (§ 109) und ebenfalls unterlegen. Als unterlegener Beteiligter ist ein Beigeladener jedenfalls dann anzusehen, wenn er vor der Vergabekammer zur Hauptsache einen Antrag gestellt hat und damit nicht durchgedrungen ist (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 - X ZB 14/06, BGHZ 169, 131 Rn. 58; OLG Düsseldorf VergabeR 2004, 126 f.).
- 75
- Der VRR und DB Regio haben als Beteiligte ferner A. R. deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (§ 128 Abs. 4 Satz 1 GWB). Die Mithaftung auch eines unterlegenen Beigeladenen entspricht der Rechtsprechung des Senats zu § 128 Abs. 4 GWB aF (BGHZ 169, 131 Rn. 58). Daran hat sich durch die Modifikation, die die Bestimmung durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts erfahren hat, nichts geändert. Das Gesetz sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, soweit die Vergabekammer sie aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Diese Klarstellung, die es den Vergabekammern nach den Gesetzgebungsmaterialien ermöglichen soll zu berücksichtigen, wie sich ein Beigeladener am Verfahren beteiligt hat, stellt die Kostenhaftung des den Auftraggeber unterstützenden Beigeladenen gegenüber dem obsiegenden Antragsteller nicht infrage (ebenso Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl., § 128 Rn. 26 i.V.m. Rn. 23.2). Da das Gesetz insoweit nicht ausdrücklich gesamtschuldnerische Haftung vorsieht, haften diese Beteiligten als Teilschuldner (BGHZ 169, 131 Rn. 58; ebenso OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 38, 40; OLG München NZBau 2006, 135 f.). Im vorliegenden Fall ist es nach der Interessenlage angezeigt, VRR und DB Regio die Aufwendungen von A. R. je zur Hälfte aufzuerlegen.
- 76
- Eine anteilige Haftung von A R. wegen Teilunterliegens ist nicht angezeigt. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass für die Kostentragung nicht schematisch auf die gestellten Anträge abzustellen ist, weil die Vergabekammer daran nicht gebunden ist (§ 114 Abs. 1 Satz 2 GWB), sondern darauf, ob der Antragsteller sein Ziel materiell erreicht hat (vgl. Noelle in: Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl. Rn. 1396; Brauer in: Kulartz/Kus/Portz, Komm. zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 128 Rn. 16).
- 77
- Materiell ist A. R. nicht teilweise unterlegen. Soweit es das Ziel, den Änderungsvertrag für unwirksam zu erklären, mit dem Hilfsantrag erreicht hat, ist zu bedenken, dass mit der Fassung des Hauptantrags bezweckt wurde, den Vertrag nur insoweit anzufechten, als es dem (begrenzten) Interesse von A R. am Auftrag entsprach. Diese Beschränkung kam den mutmaßlichen Interessen des VRR und DB Regio am weitestmöglichen Erhalt des Vertrages entgegen, ändert aber nichts daran, dass A. R. sein Rechtsschutzziel in diesem Punkt voll erreicht hat.
- 78
- Darüber hinaus ist die Kostenentscheidung der Vergabekammer zulasten von A. R. ersichtlich von ihrer unrichtigen Auslegung des Antrags zu 2 beeinflusst.
- 79
- Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts unter entsprechender Anwendung von § 78 GWB zu treffen (vgl. § 120 Abs. 2 GWB). Diese Bestimmung findet, was im Wortlaut nicht ganz klar zum Ausdruck kommt, auch auf die Gerichtskosten Anwendung (vgl. Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, aaO, § 128 Rn. 78 mwN). Soweit das Gesetz bei seinem Verweis auf § 78 GWB nicht zwischen Satz 1 und Satz 2 der Bestimmung unterscheidet, bedarf die für das Kartellverwaltungsverfahren umstrittene Frage, ob § 78 Satz 2 GWB nur für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt (vgl. Bechtold, Kartellgesetz, 5. Aufl. § 78 Rn. 5 ff.), auch in dem im Streitfall betriebenen Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB keiner Beantwortung. Denn jedenfalls entspräche es auch im Kartellbeschwerdeverfahren der Billigkeit, dem Beigeladenen, der selbst Beschwerde gegen die Verfügung der Kartellbehörde eingelegt hat und damit unterlegen ist, mit den Gerichtskosten und grundsätzlich auch mit den außergerichtlichen Kosten anderer Verfahrensbeteiligter zu belasten, soweit nicht die besonderen Umstände des Einzelfalls gemäß § 78 GWB ausnahmsweise eine abweichende Entscheidung geböten. Dementsprechend entspricht es vorliegend der Billigkeit, DB Regio als Beschwerdeführerin Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten von A. R. aufzuerlegen. Es entspricht in Anbetracht der Interessen des VRR und von DB Regio des Weiteren der Billigkeit, diesen Beteiligten die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten von A. R. je zur Hälfe aufzuerlegen.
- 80
- Die Festsetzung des Gegenstandswerts geht von einem jährlichen geschätzten Auftragsvolumen für die Linien S 5 und S 8 von 37.380.000 € aus, das in entsprechender Anwendung der Grundsätze in § 3 VgV für einen Zeitraum von 48 Monaten zugrunde zu legen (vgl. Kühnen in: Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl. Rn. 1512) und in diesem Rahmen nach § 50 Abs. 2 GKG zu begrenzen ist.
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -
(1) Bei der Festlegung der Fristen für den Eingang der Angebote und der Teilnahmeanträge nach den §§ 15 bis 19 sind die Komplexität der Leistung und die Zeit für die Ausarbeitung der Angebote angemessen zu berücksichtigen. § 38 Absatz 3 bleibt unberührt.
(2) Können Angebote nur nach einer Besichtigung am Ort der Leistungserbringung oder nach Einsichtnahme in die Anlagen zu den Vergabeunterlagen vor Ort beim öffentlichen Auftraggeber erstellt werden, so sind die Angebotsfristen so festzulegen, dass alle Unternehmen von allen Informationen, die für die Erstellung des Angebots erforderlich sind, unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis nehmen können.
(3) Die Angebotsfristen sind, abgesehen von den in § 41 Absatz 2 und 3 geregelten Fällen, zu verlängern,
- 1.
wenn zusätzliche Informationen trotz rechtzeitiger Anforderung durch ein Unternehmen nicht spätestens sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist zur Verfügung gestellt werden; in den Fällen des § 15 Absatz 3, § 16 Absatz 7 oder § 17 Absatz 8 beträgt dieser Zeitraum vier Tage, oder - 2.
wenn der öffentliche Auftraggeber wesentliche Änderungen an den Vergabeunterlagen vornimmt.
(1) Vor dem Beschwerdegericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen.
(2) Die §§ 65, 69 bis 72 mit Ausnahme der Verweisung auf § 227 Absatz 3 der Zivilprozessordnung, § 75 Absatz 1 bis 3, § 76 Absatz 1 und 6, die §§ 165 und 167 Absatz 2 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.
(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.
(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.
(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.
(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.
(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.
(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.
(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.
(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.
(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.
(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen
- 1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder - 2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.
(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert
- 1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und - 2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.
(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.