Oberlandesgericht München Beschluss, 02. Juni 2017 - 8 St (K) 1/17
Tenor
Der Antrag des Rechtsanwalts A. H. auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen.
Gründe
- 6 Besuchen mit einer Dauer von 1-2 Stunden bei der inhaftierten Angeklagten, aufgerundet auf je 2 Stunden = 12 Stunden
- einer Gesamtdauer der Hauptverhandlungstermine von aufgerundet 145 Stunden (einschließlich der Termine, an denen der Antragsteller gar nicht oder nur zeitweise anwesend war)
– sowie einem Aufschlag in gleicher Höhe der Terminsdauer für die etwaige Vor- und Nachbereitung der Termine, also weiteren 145 Stunden resultiert aus der Addition dieser Zeiten ein Aufwand (ohne Reisezeiten) von 462 Stunden. Berechnet man die zeitliche Inanspruchnahme durch das Mandat, so ergibt sich ab Mandatsübernahme am 23.09.2015 bis Urteilsverkündung am 15.03.2017, also bei knapp 18 Monaten anwaltlicher Tätigkeit, ein Durchschnitt von 462 h/18 Monate = 25,5 h/Monat durch das vorliegende Verfahren. Die Arbeitskraft des Antragsteilers war daher weder überwiegend noch im Wesentlichen durch das vorliegende Verfahren in Anspruch genommen.
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(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.
(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.
(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.
(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.
(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.
(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- 1. Der Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Verfügung des Vorsitzenden des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 2011 als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestellt. Gegenstand des Verfahrens war eine Revision der Staatsanwaltschaft.
- 2
- Rechtsanwalt L. hat an der Revisionshauptverhandlung vom 11. August 2011 teilgenommen. Diese dauerte von 9.15 Uhr bis 10.10 Uhr. In der Zeit von 9.40 Uhr bis 10.00 Uhr war die Sitzung unterbrochen.
- 3
- Mit Schreiben vom 4. November 2014 hat Rechtsanwalt L. beantragt , ihm für die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins gemäß § 51 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, weil für ihn ein zweitägiger Aufwand erforderlich gewesen sei, um den Termin wahrnehmen zu können. Das gesetzliche Abwesenheitsgeld reiche für eine Abgeltung nicht aus.
- 4
- 2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG für die Vorbereitung und Wahrnehmung der Revisionshauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof - nur insoweit ist der Bundesgerichtshof nach § 51 Abs. 2 Satz 2 RVG zuständig (BGH, Beschluss vom 8. September 1970 - 5 StR 704/68, BGHSt 23, 324) - liegen nicht vor.
- 5
- a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist Voraussetzung der Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, dass diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts nicht zumutbar ist. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 - 4 StR 73/10, Rn. 5; Beschluss vom 17. September 2013 - 3 StR 117/12, Rn. 5). Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265 mwN). Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwändigere , gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 - 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343).
- 6
- b) Gemessen daran erscheinen dem Senat die gesetzlichen Gebühren als angemessen und ausreichend. Die rechtlich nicht schwierige Strafsache hatte keinen besonderen Umfang. Dass die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins für den Verteidiger mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war, ändert daran nichts. Sie beruht auf in seiner Person liegenden Umständen und wird durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes ausgeglichen (Nr. 7003 ff. VV zu § 2 Abs. 2 RVG), der von dem Verteidiger offensichtlich auch geltend gemacht worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2002 - 4 StR 225/00 zu § 99 BRAGO; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. Dezember 2014 - 2 AR 36/14, Rn. 42 zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 - 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343; Kroiß in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 51 Rn. 23 Stichwort Reisekosten; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 51 Rn. 99). Dass die Nichtberücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Anreise zum Gerichtsort bei der Bemessung des Umfangs der Sache nach § 51 RVG zu einer Überschreitung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze führt, ist weder dargetan noch ersichtlich (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265).
Mutzbauer Quentin