Oberlandesgericht München Beschluss, 08. Sept. 2015 - 10 W 1385/15

bei uns veröffentlicht am08.09.2015

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 03.08.2015 wird der Beschluss des LG Landshut vom 28.07.2015 abgeändert und der Ablehnungsantrag des Klägers gegen den Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) M. K. für begründet erklärt.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Gegenstand des Rechtsstreits sind Schadensersatzansprüche von noch 33.765,71 € zzgl. Zinsen aus einem Verkehrsunfall vom 31.01.2012 gegen 10.40 Uhr auf der BAB A 3 in Richtung Berlin bei km 0.566 (auf der Höhe der Gemeinde Al.), bei dem ein Anhänger mit LED-Vorwarntafel der Autobahnmeisterei des Klägers durch einen bei der Beklagten versicherten Sattelzug, dessen Fahrer zu spät reagierte, beschädigt wurde, was nach Behauptung des Klägers einen Schaden von 83.677,83 € verursachte, von dem ein Versteigerungserlös von 1.880,- € sowie vorprozessuale Zahlungen der Beklagten von 47.822,12 € abzuziehen seien.

Mit Schriftsatz vom 01.06.2015 lehnte der Kläger den Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) M. K. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 62/64 d. A.), wobei zur Begründung im wesentlichen vorgetragen wurde, dass der Sachverständige unter Hinweis auf Telefonate mit Mitarbeitern der Herstellerfirma (der Adolf Ni. Elektrobau GmbH & Co. KG) falsche Angaben über die Nutzungsdauer von Warnleittafeln gemacht habe. Dieser Antrag wurde nach Einholung einer Stellungnahme des Sachverständigen vom 08.07.2015 (Bl. 65/66 d. A.) mit Beschluss des LG Landshut vom 28.07.2015 zurückgewiesen (Bl. 69/71 d. A.).

Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 03.08.2015 sofortige Beschwerde ein (Bl. 73/74 d. A.), wobei der bisherige Vortrag dahin vertieft wurde, dass der Sachverständige wieder seine behaupteten Gesprächspartner nicht benannt habe, um so die Überprüfung seiner gutachtlichen Behauptungen zu verhindern. Das LG Landshut half der sofortigen Beschwerde nach Zurückleitung der Akten durch Senatsbeschluss vom 10.08.2015 (Bl. 79/82 d. A.) mit Beschluss vom 01.09.2015 nicht ab (Bl. 86/87 d. A.).

B. I. Die gem. § 567 I Nr. 1 ZPO i. Verb. m. § 406 V ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Nach §§ 406 I 1, 42 II ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit ist es nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige bei Gesamtbetrachtung (BGH NJW 1956, 271; OLG Dresden, Beschl. v. 25.01.2010 - 9 U 2258/05 [juris]; Senat in st. Rspr., zuletzt DAR 2014, 273 ff. und Beschl. v. 02.06.2015 - 10 W 946/15) parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. Dieser Anschein muss sich auf Tatsachen oder Umstände gründen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH IBR 2009, 53 m. w. N.); rein subjektive, unvernünftige oder eingebildete Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (BVerfG NJW 1993, 2230 m. w. N.; BGH NJW-RR 2003, 1220; IBR 2009, 53 m. w. N.; BayObLG in st. Rspr., zuletzt Beschl. v. 23.05.2002 - 2 ZBR 33/02; Senat a. a. O.).

2. Dies zugrunde gelegt kann der sofortigen Beschwerde des Klägers ein Erfolg nicht versagt werden. Es liegen Gründe vor, die geeignet sind, ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des vom Landgericht Landshut bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) M. K. zu rechtfertigen (§§ 406 I, 42 I ZPO).

a) Grundsätzlich gilt zwar folgendes:

aa) Das Verfahren der Ablehnung eines Sachverständigen ist nicht dazu bestimmt, zu überprüfen, ob die Verfahrensweise des Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung zutreffend ist oder nicht (OLG Saarbrücken OLGR 2008, 314; Senat a. a. O.).

bb) Auch die angebliche oder tatsächliche Unrichtigkeit einer sachverständigen Feststellung oder Bewertung kann grundsätzlich nicht im Wege einer Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit geltend gemacht werden, da diese grundsätzlich kein Mittel zur Fehlerkontrolle ist (BGH MDR 2011, 1373 [für Lücken und Unzulänglichkeiten im schriftlichen Gutachten]; OLG München Rpfleger 1980, 303; OLG Nürnberg MDR 2002, 291; OLG Naumburg OLGR 2007, 376 [377]; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.04.2007 - 5 W 90/07 [juris]; OLG Köln, Beschl. v. 26.07.2007 - 2 W 58/07 [juris]; Senat a. a. O.; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 406 Rz. 9; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 406 Rz. 3).

cc) Solche Einwände sind im Wege des § 411 IV ZPO durch schriftliche Ergänzung des Gutachtens (Senat, a. a. O.) oder durch Befragung des Sachverständigen in mündlicher Verhandlung (Senat a. a. O.) oder durch Erholung eines weiteren Gutachtens gemäß §§ 404, 408 I 2, 412 ZPO (OLG Frankfurt BauR 1995, 133; Senat a. a. O.; Zöller/Greger a. a. O.) zu berücksichtigen oder sie sind im Berufungsverfahren zu prüfen (Senat a. a. O.; Zöller/Greger a. a. O.).

b) Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, so bei einer Häufung schwerwiegender sachlicher Mängel (OLG Karlsruhe in MDR 2010, 230 = VersR 2010, 498; Senat a. a. O.) oder anderen schwerwiegenden Verstößen eines Sachverständigen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (Senat a. a. O.).

aa) Ein Fall eines solchen schwerwiegenden, die gesamte Gutachtertätigkeit in Frage stellenden Fehlers liegt in der grundlegende Missachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen der gutachterlichen Tätigkeit und/oder des zu begutachtenden Falles (Senat, Beschl. v. 12.06.2015 - 10 W 994/15; vgl. schon DAR 2014, 273 ff. und Beschl. v. 02.06.2015 - 10 W 946/15).

Ein Sachverständiger hat sich vertiefte Grundkenntnisse über die rechtlichen Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit, aber auch der Rechts- bzw. Versicherungsbereiche, auf denen er tätig wird, zu verschaffen. Insoweit gelten folgende Grundsätze (vgl. Senat, a. a. O. unter Hinweis auf die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für neurowissenschaftliche Begutachtung [DGNB], Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung [094/001 - S2k-Leitlinie, Stand 07/2013], S. 9 f., 21 ff.; Marx u. a., Allgemeine Grundlagen der neurologischen Begutachtung, in: Akt Neurol 2004, 1 [6 unter E]; Bayerlein, Praxis-Handbuch Sachverständigenrecht, 4. Aufl. München 2008 § 22 Rz. 23; ferner DIHK, Richtlinien zur Mustersachverständigenordnung (MSVO), 2011, §§ 3.2.3.2; 16.1; ZDH, Richtlinien zur Mustersachverständigenordnung (MSVO), 2011, § 3.4; Institut für Sachverständigenwesen e.V., Rechtskenntnisse Sachverständigentätigkeit, 10/2011):

Für den Sachverständigen ist es unverzichtbar, sich mit den allgemeinen und speziellen rechtlichen Aspekten der Begutachtung bzw. seines konkreten Auftrags auseinanderzusetzen. Er muss die wesentlichen Grundlagen und Begriffe des jeweiligen materiellen Rechts kennen und über die oft erheblichen Unterschiede zwischen den Versicherungs- und Rechtsbereichen informiert sein. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Kausalitätsbegriffe im Zivil-, Straf-, Sozial- und Verwaltungsrecht und die inkongruenten Regeln zu Beweismaß und -last. Hilfreich sind zusätzlich Kenntnisse über die einschlägige Rechtsprechung, da höchstinstanzlichen Urteilen oft maßgebliche Bedeutung für die Auslegung von Verträgen, allgemeinen Vertragsbedingungen und Gesetzen zukommt. Der Gutachter muss auch die für den juristischen Laien oft verwirrenden und mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht übereinstimmenden Definitionen juristischer Termini kennen. Dies gilt z. B. für Begriffe wie Unvermeidbarkeit eines Unfalls, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit, wesentliche Bedingung etc. Kann der Sachverständige Unklarheiten nicht selbst beseitigen, muss er mit dem Gericht Kontakt aufnehmen.

bb) Vorliegend hat der Sachverständige die Gesetzmäßigkeit der Befunderhebung ausschließende Fehler gemacht, obwohl ihm aufgrund der zu fordernden Rechtskenntnisse klar sein musste, dass seine Vorgehensweise nicht dem geltenden Recht entspricht, denn insoweit gilt folgendes:

(1) Befundtatsachen müssen offengelegt werden (BGH WM 2007, 1901 für Erkenntnisse eines Sachverständigen aus Gesprächen mit „Experten“, denen er Vertraulichkeit zugesichert hat; OLG Brandenburg, Urt. v. 12.08.2009 - 3 U 2/07 [juris, dort Rz. 26] für geheimgehaltene Vergleichsobjekte in einem Gutachten zur Nutzungsentschädigung bei Weiternutzung; Senat, Beschl. v. 27.03.2012 - 10 W 511/12 für geheimgehaltene psychologische Testverfahren zur Entlarvung von angeblichen Simulanten [1. Instanz: 73 O 1609/11 LG Landshut]; Bayerlein, a. a. O. Rz. 5; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 2. Aufl. 2014 Rz. 616; BL/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, § 286 Rz. 58 s. v. Tatsächliche Feststellungen des Sachverständigen).

(2) Ebenso sind im Übrigen geheimgehaltene Unterlagen wertlos, weil sie vom Gericht nicht verwertet werden dürfen (BGHZ 116, 47 = NJW 1992, 1817 für geheimgehaltene Geschäftsunterlagen; OLG Stuttgart NJW 1981, 2581; Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994, Rz. 1426; vgl. auch Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, Kap. 47 Rz. 33).

Gegen diese Grundsätze hat der Sachverständige sehenden Auges verstoßen und auch auf die berechtigten Einwände des Klägers nicht sachgerecht reagiert. Der Kläger ist angesichts der Tatsache, dass der Sachverständige auf angeblich seinen Standpunkt bestätigende Telefonate mit Mitarbeitern der Fa. Ni. verweist, gleichzeitig aber erklärt, seine Gesprächspartner seien zu einer schriftlichen Stellungnahme nicht bereit gewesen, was auch ihm „aufgefallen“ sei (Stellungnahme vom 08.07.2015, S. 2 = Bl. 66 d. A.), und der weiteren Tatsache, dass sich die Adolf Ni. Elektrobau GmbH & Co. KG ausweislich der Anlagen K 1, 5 und 6 als erstaunlich auskunftsfreudig erweist, wenn auch nicht unbedingt im Sinne des hier abgelehnten Sachverständigen, nachvollziehbar misstrauisch geworden. Es handelt sich bei diesem Misstrauen somit nicht um „rein subjektive, unvernünftige oder eingebildete Vorstellungen des Ablehnenden“.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die Kosten einer erfolgreichen Ablehnung eines Sachverständigen solche der Hauptsache und von dem letztlich Unterliegenden zu tragen sind; eine Kostenentscheidung ergeht in diesem Fall nicht (Senat DAR 2014, 273 ff.).

III. Einer Streitwertfestsetzung nach §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühr nach Nr. 1812 KV-GKG als Festgebühr (60,- €) ausgestaltet ist und ein Antrag nach § 33 I RVG auf Festsetzung des Gegenstandswerts (der nach zutreffender herrschender Ansicht ein Drittel des Hauptsachestreitwerts beträgt, vgl. BGH AGS 2004, 159; OLG Düsseldorf OLGR 2009, 334; OLG München [5. ZS] MDR 2010, 1012; Senat in Rspr., zuletzt Beschl. v. 15.09.2014 - 10 W 1694/14) nicht vorliegt (Senat, Beschl. v. 14.01.2014 - 10 W 2133/13 und v. 15.09.2014 - 10 W 1694/14).

IV. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 574 II ZPO nicht gegeben sind. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 11. Apr. 2007 - 2 W 58/07

bei uns veröffentlicht am 11.04.2007

Tenor Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Lübeck vom 19.12.2006 werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, von seine

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Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Lübeck vom 19.12.2006 werden aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, von seinen Bedenken Abstand zu nehmen.

Der Geschäftswert beträgt 3.000,00 Euro.

Gründe

I.

1

Am 4.09.2006 hat der Verfahrensbevollmächtigte der betroffenen GmbH (im folgenden: Notar) die von ihm öffentlich beglaubigte Handelsregisteranmeldung der Verschmelzung der GmbH und ihres Erlöschen nebst notariell beurkundetem Verschmelzungsvertrag vom 16.07.2006 beim Amtsgericht eingereicht. Dem war am 31.08.2006 ein Fax der Anmeldung vorausgegangen. Am 9.10.2006 hat der Notar die nicht von der Geschäftsführerin unterzeichnete Schlussbilanz der GmbH zum 31.12.2005 nachgereicht. Mit Schreiben vom 22.11.2006 hat das Amtsgericht dem Notar seine Absicht mitgeteilt, der Anmeldung nicht zu entsprechen, weil die Anmeldung der Verschmelzung in gehöriger - nämlich öffentlich beglaubigter - Form erst am 9.10.2006 eingegangen und deshalb die Bilanz auf einen Stichtag ausgestellt sei, der mehr als acht Monate vor der Anmeldung liege (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG). Außerdem sei die Bilanz entgegen § 41 GmbHG nicht unterschrieben. Der Notar hat diese Auffassung wegen des vorangegangenen, nach seiner Meinung fristwahrenden Faxes für fehlerhaft gehalten und im Schreiben vom 8.12.2006 um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten. Das Amtsgericht hat die Anmeldung aus den schon mitgeteilten Gründen zurückgewiesen. Hiergegen hat der Notar für die betroffene GmbH Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 3.01.2007 der Beschwerde nicht abgeholfen. Am 4.01.2007 hat der Notar eine unterschriebene Schlussbilanz der GmbH zum 31.08.2006 beim Amtsgericht eingereicht. In seiner Übersendungsverfügung an das Landgericht vom 4.01.2007 hat das Amtsgericht vermerkt, die nunmehr vorgelegte Bilanz genüge nicht zur Eintragung, da § 1c des Verschmelzungsvertrages entgegenstehe. (In dieser Bestimmung heißt es, dass der Verschmelzung die Schlussbilanz der GmbH zum 31.12.2005 als Schlussbilanz zu Grunde liege.) Am 22.01.2007 hat der Notar eine notarielle Änderungsurkunde vom 22.01.2007 zu § 1c des Verschmelzungsvertrages beim Landgericht eingereicht. Mit Schreiben vom 24.01.2007 hat das Landgericht dem Notar mitgeteilt, dass es die Auffassung des Amtsgerichts hinsichtlich des Formerfordernisses und der darauf beruhenden "verfristeten" Bilanz für zutreffend halte. Daran vermöge § 8a HGB n. F. nichts zu ändern. Es werde anheim gestellt, zu erwägen, einen neuen Antrag in öffentlich beglaubigter Form zu stellen, da auch der Verschmelzungsvertrag in wesentlichen Punkten geändert worden sei. Der Notar hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass nunmehr die vom Amtsgericht erhobenen Beanstandungen erledigt seien und die Sache an das Amtsgericht zum Vollzug der angemeldeten Tatsachen im Rahmen einer Abhilfeentscheidung zurückzugeben sei. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 24.01.2007 die Beschwerde " unter Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO)" zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Notars für die betroffene GmbH.

II.

2

1. Die weitere Beschwerde ist ohne weiteres nach §§ 27, 29 FGG; 24 Abs. 1 Satz 2 BNotO zulässig. Das Anmeldeverfahren nach § 16 ff. UmwG unterliegt den Vorschriften des FGG (Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 3. Aufl., § 19 Rn. 11 bis 13; Lutter/Bork, UmwG, § 16 Rn. 7). Einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Landgericht bedarf es nicht.

3

2. Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf Verletzungen des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO).

4

a) Dem Landgericht sind mehrere Verfahrensfehler unterlaufen. Zunächst fehlt dem angefochtenen Beschluss eine Darstellung des Sachverhalts (vgl. zu diesem Erfordernis Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25 Rn. 28). Diese wäre vorliegend schon wegen der sich in erster und zweiter Instanz ändernden Urkundenlage in Bezug auf die Registeranmeldung erforderlich gewesen. Ohne sie vermag das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachzuvollziehen, welchen Sachverhalt das Landgericht seiner Beurteilung zu Grunde gelegt hat. Ferner fehlt dem angefochtenen Beschluss zu wesentlichen Punkten eine rechtliche Begründung (§§ 25 FGG; 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 547 Nr. 6 ZPO; vgl. zu diesem Erfordernis Keidel/Sternal a.a.O. Rn. 30). Das Landgericht wiederholt ungeachtet der zwischenzeitlich geänderten Sachlage nur die Begründung des Amtsgerichts, ohne auf den Hinweis des Notars einzugehen, die neue Sachlage sei bei der Entscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen. Wegen dieser Fehler kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da weitere Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhalts nicht erforderlich sind, kann der Senat - soweit ihm möglich und geboten - in der Sache selbst entscheiden.

5

b) Allerdings waren die Beanstandungen durch das Amtsgericht entgegen der Auffassung des Notars berechtigt. Die Registeranmeldung per Fax am 31.08.2006 war formunwirksam, weil sie nach § 12 Abs. 2 Satz 1 HGB a. F. in öffentlich beglaubigter Form beim Amtsgericht hätte eingereicht werden müssen (Schmitt/Hörtnagl/Stratz a.a.O. § 16 Rn. 16). Diese Voraussetzung war erst am 4.09.2006 gegeben, so dass die "Geltungsdauer" der Schlussbilanz zum 31.12.2005 nach § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG zu dieser Zeit überschritten war und schon deshalb die Verschmelzung nicht eingetragen werden durfte. Hieran vermag die Einführung des elektronischen Handelsregister gemäß §§ 8, 8a, 12 HGB n. F. nichts zu ändern, denn zum einen gelten diese Vorschriften erst mit Wirkung vom 1.01.2007 und zum andern erfüllte das Fax nicht die Anforderungen einer elektronischen Anmeldung (vgl. § 12 Abs. 2 HGB n. F.; § 39a BeurkG n. F.; § 2 Nr. 3 SignaturG). Es traf ferner zu, dass die Schlussbilanz von der Geschäftsführerin zu unterschreiben war (Schmitt/Hörtnagl/Stratz a.a.O. § 17 Rn. 18) und der Verschmelzungsvertrag in seinem § 1c der Anpassung im Hinblick auf die Schlussbilanz per 31.08.2006 bedurfte.

6

c) Indessen waren die aufgezeigten Mängel allesamt behebbar, so dass bereits vom Amtsgericht entsprechende Zwischenverfügungen hätten erlassen werden können und müssen (§ 26 Abs. 2 HRV; Schmitt/Hörtnagl/Stratz a.a.O. § 19 Rn. 7, § 17 Rn. 47). Das gilt hier für die gültige Schlussbilanz und die Vertragsänderung. Nach zutreffender Auffassung kann die Schlussbilanz der Anmeldung nachgereicht werden, weil eine aktuelle Bilanz dem Schutz der Gläubiger dient und deren Interessen durch eine Nachreichung nicht beeinträchtigt werden (vgl. Schmitt/Hörtnagl/Stratz a.a.O. § 17 Rn. 46 m.w.Nw.). Ist es aber zulässig, eine zur Zeit der Anmeldung noch nicht vorhandene Bilanz nachzureichen, so bestehen auch keine Bedenken dagegen, den Anmeldenden auf die Ungültigkeit der eingereichten Bilanz hinzuweisen und ihm durch Zwischenverfügung die Einreichung einer gültigen Bilanz binnen angemessener Frist aufzugeben. Dies gilt entsprechend für die Anpassung der Vertragsbestimmung. Der Notar war auch ungeachtet seines Schreibens vom 8.12.2006 „nachbesserungswillig“, wie sein Verhalten im Verfahren zeigt. Im weiteren Verlauf hätte nach § 18 Abs. 1 FGG der Zurückweisungsbeschluss vom 19.12.2006 das Amtsgericht nicht gehindert, der neuen Urkundenlage - zuletzt zur Zeit seiner Übersendungsverfügung vom 4.01.2007 - durch eine neue (Zwischen)verfügung Rechnung zu tragen. Schon aus Kostengründen, aber auch aus organisatorischen Gründen im Zusammenhang mit der Umstellung auf das ab 1.01.2007 zwingend vorgeschriebene elektronische Anmeldungsverfahren (vgl. hierzu Mardorf SchlHA 2006, 413) war eine Zwischenverfügung einer neuen Anmeldung vorzuziehen und deshalb geboten. Eine "Heilung" dieses Verfahrensfehlers war dem Landgericht möglich, weil auch in der Beschwerdeinstanz Tatsachenänderungen bis zur Entscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. Keidel/Sternal a.a.O. § 23 Rn. 3, 11, 12 und 19). Durch die Beschwerde war ihm auch die volle Entscheidungskompetenz über die Anmeldung angefallen, die sich - je nach den gegebenen Voraussetzungen - von der Zurückweisung des Antrags über den Erlass einer Zwischenverfügung bis zur Anweisung an das Amtsgericht, der Anmeldung stattzugeben, erstreckte (vgl. BayObLG NJW-RR 2000, 181). Die vom Amtsgericht mit Recht beanstandeten Mängel der Anmeldung waren noch im zweiten Rechtszug schließlich behoben. Dies hätte das Landgericht in seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Das Versäumnis führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Beschlusses des Amtsgerichts. Er erscheint zweckmäßig, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen mit der Anweisung, dass dieses die am 4.09.2006 eingegangene Registeranmeldung unter Abstandnahme von seinen Bedenken neu prüft.