Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 05. Nov. 2014 - VII-Verg 20/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 28. Mai 2014 (VK 2-35/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB werden der Antragstellerin auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 374.850 Euro
1
G r ü n d e :
2I. Die Antragsgegnerin, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, ließ durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als Vergabestelle im Januar 2014 den Abschluss einer Rahmenvereinbarung über Spot-Schaltungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Kino öffentlich ausschreiben. Ausweislich des Rahmenvertragsentwurfs sollten im Wesentlichen folgende Leistungen Vertragsgegenstand sein:
3- Unterbreiten von Vorschlägen hinsichtlich Schaltungsarten, Anzahl und Titel der Filme und Zielgruppe,
4- umfassende Beratung des Auftraggebers mit Blick auf die Auswahl von Spotschaltungen,
5- detaillierte Planung der Kinoschaltungen,
6- schriftliche Darstellung betreffend Anzahl der Kontakte, Schaltungsarten, Beginn und geplante Dauer, Titel und Anzahl der Filme, Auswahl der Kinos, Optimierung, Anzahl der benötigten Kopien und
7- Kostenkalkulation.
8Die Vergütung sollte „sämtliche Kosten des Auftragnehmers für alle anfallenden Leistungen einschließlich aller Schaltungskosten sowie Agentur-, Beratungs- und Planungsleistungen“ umfassen und so auch angegeben werden.
9Parallel dazu bestand resp. besteht federführend zwischen dem Ministerium des Innern und der D. GmbH & Co. KG (im folgenden: D.) bis zum 31. Dezember 2013 ein Rahmenvertrag über die Schaltung von Informationskampagnen in Medien, der für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 durch einen neuen Vertrag ersetzt worden ist. Diese Verträge hatten/haben im Wesentlichen zum Gegenstand:
10- Media
11Strategische Mediaanalyse und -beratung,
12Mediaplanung,
13Mediaeinkauf,
14- Gesamtrabattierung.
15Im Bereich Media (nicht: Gesamtrabattierung) ist die Antragstellerin Unterauftragnehmerin von D..
16Die Antragstellerin beteiligte sich mit einem Angebot an der eingangs bezeichneten Ausschreibung, sollte gemäß der Bieterinformation vom 17. April 2014 zugunsten der Beigeladenen jedoch nicht den Zuschlag erlangen, weil ihr Angebot wegen Änderung an den Vergabeunterlagen auszuschließen und außerdem nicht das wirtschaftlichste sei.
17Dies rügte die Antragstellerin mit einem Telefaxschreiben von Freitag, dem 25. April 2014. Etwa eine Dreiviertelstunde zuvor ließ sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigten einen Nachprüfungsantrag anbringen.
18Im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren haben die Verfahrensbeteiligten (mangels vorheriger Rüge) über die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags und über eine Präklusion nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, über eine unzulässige Doppeltvergabe sowie über einen Ausschluss des Angebots der Antragstellerin von der Wertung gestritten.
19Die 2. Vergabekammer des Bundes hat den Nachprüfungsantrag durch Beschluss vom 28. Mai 2014 (VK 2-35/14) abgelehnt. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
20Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und insbesondere ihre Ansicht hinsichtlich einer unstatthaften Doppeltvergabe vertieft. Außerdem sei die Vergabekammer, so die Antragstellerin, ihren Anträgen auf Vernehmung von Zeugen prozessual fehlerhaft nicht nachgegangen.
21Die Antragstellerin beantragt,
22der Antragsgegnerin unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Erteilung eines Zuschlags zu untersagen.
23Die Antragsgegnerin beantragt,
24die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
25Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer.
26Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der Vergabekammer und die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
27II. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist teils unzulässig und im Ergebnis insgesamt auch unbegründet.
281. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags
29a) Der Nachprüfungsantrag scheitert nicht daran, dass nicht prioritäre Dienstleistungen ausgeschrieben worden sind. Nach geltender nationaler Gesetzeslage unterliegen auch nicht prioitäre Dienstleistungen einer Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen, sofern der maßgebende Schwellenwert mindestens erreicht ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10 - S-Bahnverkehr Rhein-Ruhr; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Juli 2010 - VII-Verg 19/10). Letzteres ist der Fall.
30b) Allerdings ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig (§ 107 Abs. 2 GWB), soweit die Antragstellerin bei dem genannten Parallelvertrag Unterauftragnehmer von D. ist und als solcher begehrt, eine Beendigung der hier in Rede stehenden Ausschreibung durch einen Zuschlag zu untersagen, weil sie ihre Chancen auf Erteilung von Unteraufträgen infolge von Aufträgen aufgrund der bestehenden Rahmenvereinbarung mit D. gewahrt sehen will. Dabei handelt es sich lediglich um ein mittelbares Auftragsinteresse, das im Rahmen der Antragsbefugnis nicht schutzwürdig ist (vgl. OLG Rostock Beschl. v. 5.2.2003 - 17 Verg 14/02, NZBau 2003, 457; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.9.2006 - VII-Verg 40/06; BVerfG, Beschl. v. 23.4.2009 - 1 BvR 3424/08, VergabeR 2009, 777). Daraus folgt, dass die Antragstellerin eine unstatthafte Doppeltvergabe (§ 4 Abs. 1 Satz 3 VOL/A) im Prozess nicht zulässig geltend machen kann. Dies könnte nur D. tun. Die Gegenausführungen der Antragstellerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 1. Oktober 2014 geben zu einer davon abweichenden rechtlichen Beurteilung keine Veranlassung.
31Indes hat die Antragstellerin zu der Ausschreibung ein Angebot eingereicht. Da dieses von der Wertung ausgeschlossen worden ist und die Antragstellerin dies in rechtlicher Hinsicht angreift, ist die Antragsbefugnis insoweit nicht zu verneinen.
32c) Der Antragsgegnerin ist im Streitfall verwehrt, sich mit Erfolg auf eine Verletzung der Rügeobliegenheit zu berufen (§ 107 Abs. 3 Satz 1 GWB), weil die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag ohne vorherige Rüge bei der Vergabekammer angebracht hat.
33Die Vergabestelle hat die Telefax-Bieterinformation (§ 101a GWB) - wie außer Streit steht - am Gründonnerstag, dem 17. April 2014, gegen 17:00 Uhr, an die Antragstellerin versandt. Aufgrund dessen hat der Auftrag rechnerisch am Montag, dem 28. April 2014, erteilt werden können. Die Geschäftsführung der Antragstellerin hat von der Absage jedoch allerfrühestens im Laufe des Dienstags nach Ostern, d.h. am 22. April 2014, Kenntnis nehmen können. Von da an sind bis Freitag, 25. April 2014, allenfalls dreieinhalb Werktage verblieben, an denen sich die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag hat überlegen, einen Rechtsanwalt suchen und beauftragen (wobei die Beauftragung eines Rechtsanwalts im Streitfall angemessen und erforderlich war), sich von ihm hat beraten sowie ihm die erforderlichen Informationen hat zukommen lassen können, um durch Einreichen eines Nachprüfungsantrags und Information des Auftraggebers seitens der Vergabekammer ein Zuschlagsverbot zu bewirken (§ 115 Abs. 1 GWB). Der Nachprüfungsantrag hat am Freitag, dem 25. April 2014, der Vergabekammer so rechtzeitig vorliegen müssen, dass diese ihn zudem auf offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit hat prüfen und davon den Auftraggeber hat informieren können. Dies hat die Wartefrist des § 101a GWB von zehn faktisch auf drei Tage verkürzt. Tatsächlich hat die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag noch am 25. April 2014 eingereicht.
34Die Wahrung der Rügeobliegenheit durch den Antragsteller ist zwar eine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Nachprüfungsantrag. Jedoch liegt bei dieser oder einer vergleichbaren Sachlage aus Sicht des Antragstellers nahe anzunehmen, der Auftraggeber habe durch die Wahl des Zeitpunkts der Versendung der Bieterinformation die Überprüfungsfrist für den Antragsteller reduzieren und eine Nachprüfung der Auftragsvergabe mit Absicht beschränken oder verhindern wollen. Eine dahingehende Absicht des Auftraggebers muss in solchen Fällen indes nicht festgestellt werden.
35Es genügt auf Folgendes hinzuweisen: Die zeitlichen Auswirkungen einer solchen Vorgehensweise liegen offen zutage und sind dem Auftraggeber bekannt, weil er damit erfahrungsgemäß Überlegungen verbindet, zu welchem Zeitpunkt die Wartefrist endet und der Auftrag erteilt werden darf. Die dargestellte Vorgehensweise - hier die Wahl des Zeitpunkts der Bieterinformation in Ansehung der der Feiertage und der Wochenenden um Ostern 2014 - hat objektiv und unmittelbar zu einer drastischen Erschwerung für den Antragsteller geführt, effektiven Rechtsschutz gegen die Vergabeentscheidung zu erlangen. Innerhalb von drei Tagen nach Kenntnisnahme von der Bieterinformation in einem nicht einfach gelagertem Fall wie dem vorliegenden einen Nachprüfungsantrag einreichen zu müssen, ist dem Antragsteller nicht zuzumuten. Um die praktische Wirksamkeit der Rechtsschutzvorschriften des GWB zu gewährleisten, sind bei diesem Befund die Gerichte befugt, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet erscheinen, die objektiv eingetretene Erschwerung eines effektiven Rechtsschutzes auszugleichen und die Wirksamkeit des Rechtsschutzes wiederherzustellen. Zu den in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßnahmen zählt zum Beispiel die Auslegung, dass eine Bieterinformation der vorliegenden Art die Wartefrist des § 101a GWB nicht in Lauf setzen kann. Zu ihnen gehört aber auch der Verzicht darauf, dass der Nachprüfungsantrag von einer vorherigen Rüge durch den Antragsteller abhängig zu machen ist. Der Antragsteller darf sich in der Kürze der Zeit allein auf den Nachprüfungsantrag konzentrieren und der Auftraggeber kann sich in solchen Fällen nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Rügeobliegenheit berufen.
362. Begründetheit des Nachprüfungsantrags
37a) Ungeachtet dessen, dass es für die Entscheidung darauf nicht ankommt, liegt im Streitfall keine verbotswidrige Doppeltvergabe derselben Leistungen vor (§ 4 Abs. 1 Satz 3 VOL/A). Den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss pflichtet der Senat vorbehaltlos bei (VKB 15 bis 17). Darauf wird Bezug genommen. Einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung bedurfte es nicht.
38b) Die Antragstellerin ist bei den Preisangaben von den Vorgaben der Antragsgegnerin in den Vergabeunterlagen abgewichen. Sie hat Änderungen an den Vergabeunterlagen angebracht. Infolgedessen hat kein eindeutiges Preisangebot der Antragstellerin vorgelegen, sind die Angebote nicht miteinander vergleichbar und ist das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen gewesen (§ 16 Abs. 3 Buchst. d VOL/A). Dies hat die Vergabekammer rechtsfehlerfrei entschieden (VKB 17/18). Der Senat schließt sich ihrer treffenden Begründung unter Verweis darauf an.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.
40Der Streitwertfestsetzung ist mangels eines eindeutigen Preisangebots der Antragstellerin die Auftragswertermittlung der Vergabestelle zugrunde gelegt worden.
41Dicks Brackmann Rubel
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(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.
(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
II.
- 2
- Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
- 3
- 1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
- 4
- 2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
- 5
- Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
- 6
- Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
Dieser Abschnitt ist anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und die Ausrichtung von Wettbewerben durch öffentliche Auftraggeber.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.