Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Okt. 2016 - I-3 Wx 215/16
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, die am 12. Februar 2016 im Handelsregister eingetragene Löschung der betroffenen Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen zu löschen.
1
Das Rechtsmittel der betroffenen Gesellschaft ist als befristete Beschwerde zulässig. Wird, wie hier, der Sache nach eine Anregung des Rechtsträgers auf Einleitung des Verfahrens zur Löschung der Löschungseintragung gemäß § 395 FamFG vom Re-gistergericht zurückgewiesen, ist hiergegen als statthaftes Rechtsmittel die Beschwerde eröffnet. Für das Amtslöschungsverfahren wie auch für das Beschwerdeverfahren ist die gelöschte Gesellschaft als fortbestehend anzusehen und, da in ihrer materiellen Existenz betroffen, beschwerdeberechtigt. Auch kann sie nach wie vor durch ihren bisherigen gesetzlichen Vertreter vertreten werden. All dies hat der Senat bereits in der Vergangenheit, namentlich in der vom Registergericht herangezogenen Entscheidung vom 1. März 2016 (DB 2016, 1802 ff = ZIP 2016, 1068 ff. = GmbHR 2016, 824 ff.) ausgesprochen; hierauf wird verwiesen.
2Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
3Durch seinen vorbezeichneten Beschluss hat der Senat – anders, als das Registergericht möglicherweise gemeint hat – seine vorangegangene Rechtsprechung zu §§ 394, 395 FamFG weder aufgegeben, noch auch nur modifiziert. Die dortige eingehende Darstellung zur gesetzlichen Ausgestaltung des Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG („Widerspruchslösung“) war veranlasst, weil seinerzeit dem erstinstanzlichen Gericht gerade keine Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen war und es deshalb trotz vorhandenen Gesellschaftsvermögens bei der Löschung zu verbleiben hatte. Damit ist nicht zugleich gesagt worden, dass die Anforderungen an die registergerichtliche Tätigkeit im Rahmen eines Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG gegenüber früheren Äußerungen des Senats verringert worden wären. Demzufolge hat es insofern bei denjenigen Anforderungen zu verbleiben, die der Senat in seiner – von der betroffenen Gesellschaft herangezogenen – Entscheidung vom 14. September 2012 (NZG 2013, 108 ff = FGPrax 2013, 33 ff), auf die Bezug genommen wird, zusammenfassend dargestellt hat.
4In Anwendung dieser Grundsätze sind dem Registergericht im vorliegenden Fall zwar keine Zustellungsfehler unterlaufen (solche werden mit dem Rechtsmittel auch nicht geltend gemacht). Ferner kann es dahingestellt bleiben, ob die Löschungsankündigung verfrüht und/oder mit unzureichendem Inhalt erfolgt ist. Denn jedenfalls fehlte es auch im Zeitpunkt der Löschungsanordnung an den gebotenen, nämlich nach Umfang und Intensität ausreichenden amtswegigen Ermittlungen (§ 26 FamFG) zur Vermögenslosigkeit der betroffenen Gesellschaft.
5Das Schreiben des Finanzamtes vom 19. Oktober 2015 enthält – da das Registergericht gerade um eigenständige Prüfung angegangen wurde – keinen Löschungsantrag, sondern lediglich die Anregung der Einleitung eines Löschungsverfahrens nach § 394 FamFG von Amts wegen. Konkretisierende Angaben zu den Steuerschulden, die auch unter Beachtung des § 30 AO möglich gewesen wären, machte das Finanzamt nicht, etwa zur Steuerart oder zu Alter und Entwicklung der Rückstände. Ebenso wenig wurde von gescheiterten Beitreibungsversuchen berichtet. Die vom Finanzamt angeführte Unerreichbarkeit der Gesellschaft und ihres Geschäftsführers war durch die zwischenzeitliche Eintragungsanmeldung der Gesellschaft vom 20. November 2015, der unter dem 30. November 2015 durch Vornahme der begehrten Eintragungen im Handelsregister auch entsprochen wurde, weitgehend in Frage gestellt. Zum einen erhielt die betroffene Gesellschaft einen neuen Geschäftsführer, der vom Registergericht auch letztlich ohne größere Probleme angeschrieben werden konnte; der erste Rückbrief zur Löschungsankündigung resultierte ersichtlich daraus, dass in den notariellen Unterlagen der Straßenname der Privatanschrift des neuen Geschäftsführers – mutmaßlich aufgrund eines phonetischen Versehens – falsch niedergelegt worden war („Adlerstraße“ statt „Artlandstraße“). Zum anderen umfasste die Anmeldung ausdrücklich die Erklärung, die inländische Geschäftsanschrift der betroffenen Gesellschaft laute unverändert, wie im hiesigen Beschlusseingang angegeben; dies hat das Registergericht nicht überprüft, obwohl ihm aus der Zeit zuvor keine eigenen Erkenntnisse über die Erreichbarkeit der Gesellschaft unter ihrer inländischen Geschäftsanschrift vorlagen. Die vom Registergericht eingeholte Stellungnahme der IHK vom 12. Januar 2016 erbrachte keinen weitergehenden, konkreten Anhaltspunkt für eine Vermögenslosigkeit der Gesellschaft. Das vom Registergericht angeschriebene Insolvenzgericht teilte mit Datum vom 27. November 2015 mit, dass dort gerade keine Vorgänge zur betroffenen Gesellschaft zu ermitteln seien. Erkundigungen über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle oder unmittelbar bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher hat das Registergericht nicht eingezogen. Damit stand dem Registergericht als Erkenntnisgrundlage allein der Umstand vorhandener Schulden der Gesellschaft zur Verfügung, ohne dass ersichtlich gewesen wäre, ob diese auf mangelnder Leistungsfähigkeit oder unzureichender Zahlungsmoral beruhten. Da es sich dabei (für sich betrachtet) nicht um ein tragfähiges Indiz für eine Vermögenslosigkeit handelte, konnte das Gericht auch aus dem Unterlassen von Darlegungen zu vorhandenem Vermögen der Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer im Widerspruchsverfahren keine auf die Vermögenslosigkeit bezogenen Rückschlüsse stützen konnte. Auf diesen Grundlagen durfte das Registergericht nicht von einer Vermögenslosigkeit der betroffenen Gesellschaft ausgehen.
6Schließlich kann auch im gegebenen Fall auf sich beruhen, ob die inhaltliche Unrichtigkeit der Löschung wegen Vermögenslosigkeit bereits im hiesigen Beschwerdeverfahren zu prüfen ist. Denn diese Unrichtigkeit ist aufgrund der substantiierten, in sich plausiblen und – teilweise durch Unterlagen der Finanzverwaltung – belegten Angaben der betroffenen Gesellschaft in ihrem Schriftsatz vom 28. April 2016, dem keine zuwiderlaufenden Erkenntnisse gegenüberstehen, zu bejahen. Danach verfügt die betroffene Gesellschaft nach wie vor nicht nur über verteilungsfähiges Aktivvermögen, sondern hat jederzeit bis heute einen laufenden Geschäftsbetrieb mit mehr als marginalen Umsätzen unterhalten; letzteres ergibt sich mittelbar auch aus den Umsatzsteueranforderungen der Finanzverwaltung.
7Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung, noch eine Wertfestsetzung, noch eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst.
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Referenzen - Gesetze
(1) Ist eine Eintragung im Register wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig, kann das Registergericht sie von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständischen Organe löschen. Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerks.
(2) Das Gericht hat den Beteiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. § 394 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.
(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.
(1) Ist eine Eintragung im Register wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig, kann das Registergericht sie von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständischen Organe löschen. Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerks.
(2) Das Gericht hat den Beteiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. § 394 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.
(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt.
(2) Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Registerbekanntmachungen bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören.
(3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist.
(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.
(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er
- 1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm - a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen, - b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit, - c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
- 2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
- 3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.
(3) Den Amtsträgern stehen gleich
- 1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs), - 1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen, - 2.
amtlich zugezogene Sachverständige, - 3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit
- 1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient, - 1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient, - 1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient, - 2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist, - 2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist, - 2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient, - 2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen, - 2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist, - 3.
die betroffene Person zustimmt, - 4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse - a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder - b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
- 5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn - a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen, - b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder - c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.
(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.
(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.
(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.
(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.
(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.
(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.
(11) Wurden geschützte Daten
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.