Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 27. Apr. 2015 - 1 UF 52/15
Tenor
I. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Düsseldorf vom 03.03.2015 wird aufihre, der Kindesmutter, Kosten zurückgewiesen.
II. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Kindesmutter für ihre Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Beschwerdewert: 5.000 €.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die nach §§ 40 Abs. 2 IntFamRVG, 58 FamFG zulässige Beschwerde der Kindesmutter ist unbegründet. Das Amtsgericht hat auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, die Herausgabe des Kindes A zum Zweck der sofortigen Rückführung des Kindes nach Italien angeordnet.
4Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Ablehnung der Rückgabe gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ.
5Nach dieser Bestimmung hat die Anordnung der Rückgabe des Kindes nur dann nicht zu erfolgen, wenn der zur Herausgabe verpflichtete Elternteil nachweist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. Diese Ausnahmevorschrift ist in Ansehung der in Art. 1 HKÜ genannten Ziele des Haager Übereinkommens eng auszulegen (OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 185, 186). Denn das HKÜ geht von der Zielsetzung und der Regel aus, dass die Rückführung des Kindes seinem Wohl am besten entspricht (BVerfG, FamRZ 1996, 405). Es muss sich daher um ungewöhnlich schwerwiegende Gefahren handeln, die über die mit einer Rückführung gewöhnlich verbundenen Schwierigkeiten hinausgehen und denen nicht anderweitig begegnet werden kann.
6Eine solche Gefahr, für die die Kindesmutter darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2007, 1588 ff., juris Tz. 124), ist auch dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.
7Der Vortrag der Kindesmutter, die Rückführung berge die Gefahr eines schwerwiegenden seelischen Schaden des Kindes und werde bei ihm einen völligen psychischen und physischen Zusammenbruch sowie nachhaltige und irreparable Entwicklungsstörungen/Entwicklungsverzögerungen bewirken, lässt keine konkreten tatsächlichen Umstände erkennen, die solche Befürchtungen objektiv rechtfertigen. Dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Kindesanhörung sind für eine entsprechende Gefährdungslage ebenso wenig Anhaltspunkte zu entnehmen wie dem Bericht des Verfahrensbeistands. Vielmehr hat der Junge vor dem Amtsgericht ausdrücklich bekundet, er möge den Kindesvater sehr. Gegenüber dem Verfahrensbeistand hat A geäußert, er habe gerne in Italien gelebt und gerne mit dem Kindesvater gespielt, er wolle mit der Kindesmutter und mit dem Kindesvater leben.
8Das Vorbringen, der Junge werde durch moralische Einwirkungen des Kindesvaters eingeschüchtert und in seiner Lebensweise eingeschränkt, ist schon deshalb unerheblich, da es der Kindesmutter zuzumuten ist, mit dem Kind in den Herkunftsstaat Italien zurückzukehren, um etwaige Belastungen aus einem Wechsel der Obhutsperson abzuwenden (vgl. Senat, IPRspr 2011, Nr. 112, 241 ff., juris Tz. 16 f.; OLG Karlsruhe,FamRZ 2003, 956 ff., juris Tz. 44). Hierauf hat das Amtsgericht zutreffend hingewiesen.
9Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass zu weiteren Ermittlungen, insbesondere nicht zur beantragten Vernehmung der Zeugin B und zur Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens, zumal letztere dem im Rückgabeverfahren gemäß Art. 11 Abs. 1 HKÜ zu beachtenden Beschleunigungsgebot widerspricht (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 1141 f., juris Tz. 28 a.E.).
10II.
11Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14 Nr. 2 IntFamRVG, 84 FamFG.
12Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gemäß §§ 14 Nr. 2 IntFamRVG, 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO liegen mangels Erfolgsaussicht der Beschwerde nicht vor.
13Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 42 Abs. 3 FamGKG.
14Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 40 Abs. 2 Satz 4 IntFamRVG).
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(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.
(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.
(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.
Soweit nicht anders bestimmt, entscheidet das Familiengericht
- 1.
über eine in den §§ 10 und 12 bezeichnete Ehesache nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 2.
über die übrigen in den §§ 10, 11, 12 und 47 bezeichneten Angelegenheiten nach den für Kindschaftssachen geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.
(1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam.
(2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 Satz 1 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt.
(3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden.