Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 11. Jan. 2017 - 8 U 50/16

published on 11/01/2017 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 11. Jan. 2017 - 8 U 50/16
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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Hof vom 18.03.2016 - Az.: 22 O 380/15 - abgeändert.

II.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.891,74 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen und zwar aus 404,17 Euro seit dem 31.10.2014, aus weiteren 404,17 Euro seit dem 30.11.2014, aus weiteren 404,17 Euro seit dem 31.12.2014, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.01.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 28.02.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.03.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 30.04.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 20.05.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.05.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 30.06.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.07.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.08.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 30.09.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.10.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 30.11.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.12.2015, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.01.2016, weiteren 404,17 Euro seit dem 29.02.2016, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.03.2016, weiteren 404,17 Euro seit dem 30.04.2016, weiteren 404,17 Euro seit dem 31.05.2016 und aus weiteren 404,17 Euro seit dem 23.06.2016.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.669,92 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2015 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreites in erster Instanz tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3. Von den Kosten des Rechtsstreites in zweiter Instanz tragen der Kläger 7/18 und die Beklagte 11/18.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach einem widerrufenen Darlehensvertrag geltend.

Die Parteien schlossen im Juli 2006 einen Darlehensvertrag über 100.000,00 Euro. Mit diesem Darlehen wurde ein vom Kläger bei der Beklagten im Jahr 2004 aufgenommenes und mit 4,35 % p.a. verzinstes Darlehen umgeschuldet. Für das neue Darlehen wurde ein Zinssatz von 4,85 % p.a. vereinbart bei monatlichen Zinszahlungen sowie der Rückzahlung der Darlehensvaluta am 30.06.2016. Zur Absicherung diente (u.a.) eine Buchgrundschuld i.H.v. 103.000,00 Euro.

Dem Darlehensvertrag vom 17.07.2006 war eine Widerrufsbelehrung folgenden Inhalts beigefügt:

Widerrufsbelehrung zu1 Kreditvertrag vom 13.07.2006

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).

[Es folgen die Kontaktdaten der Beklagten, die Postadresse, eine Faxnummer, eine E-Mail-Adresse und eine Internet-Adresse]

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen.

Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: ...“

[... Es folgen Ort, Datum, Unterschriften des Verbrauchers = Kläger]

Unterhalb des schwarzen Rahmens findet sich folgender Text:

Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.

Mit Schreiben vom 27.10.2014 bzw. 03.11.2014 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass der Widerruf nicht wirksam sei und verlangte die Vertragserfüllung bzw. - für den Fall der Kündigung - eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Der Kläger setzte daraufhin seine monatlichen Zinszahlungen i.H.v. 404,17 Euro fort und erhob Klage, mit der er u.a. die Feststellung der Wirksamkeit seines Widerrufs begehrte.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit seiner am 22.04.2016 und mit Schriftsatz vom 23.06.2016 begründeten Berufung hat der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hof

I. festzustellen, dass der Kläger der Beklagten aus dem Rückabwicklungsverhältnis, in das sich der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag vom 13.07.2006 mit der Nummer 001 über nominal Euro 100.000,00 mit Zugang des Widerrufs vom 03.11.2014 umgewandelt hat, zum 30.10.2014 (Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs) nicht mehr als Euro 60.913,04 schuldet;

II. die Beklagte zu verurteilen, die Löschungsbewilligung für die als Sicherheit für die Darlehen eingetragene Grundschuld (Abteilung III, des beim Amtsgericht X. geführten Grundbuches von Z., Band ... Blatt ..., Flurstück ..., Objekt in X. Z., Y.-Straße, ETW Nr. 8, Grundschuld in Höhe von EUR 103.000,00) abzugeben;

III. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 3.233,36 nebst Zinsen aus jeweils Euro 404,17 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils seit dem 31.10.2014, 30.11.2014, 31.12.2014, 31.01.2015, 28.02.2015, 31.03.2015, 30.04.2015 und 20.05.2015 zu bezahlen;

IV. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft des Urteils zum 30. eines jeden Monats gezahlten Raten in Höhe von je Euro 404,17 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils seit dem 31.05.2015, 30.06.2015, 31.07.2015, 31.08.2015, 30.09.2015, 31.10.2015, 30.11.2015, 31.12.2015, 31.01.2016, 29.02.2016, 31.03.2016, 30.04.2016, 31.05.2016 und 23.06.2016 zu erstatten hat;

V. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger den aus der Zurückweisung des am 03.11.2014 erklärten Widerrufes resultierenden Schaden zu ersetzen hat;

VI. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von Euro 3.243,23 freizustellen.

Für den Fall der Unbegründetheit der negativen Feststellungsklage hat der Kläger hilfsweise beantragt,

I. festzustellen, dass das Darlehen des Klägers bei der Beklagten vom 13.07.2006 mit der Nummer 001 über nominal Euro 100.000,00 am 03.11.2014 wirksam widerrufen wurde;

II. die Beklagte zu verurteilen, die Löschungsbewilligung für die als Sicherheit für die Darlehen eingetragene Grundschuld (Abteilung III, des beim Amtsgericht X. geführten Grundbuches von Z., Band ... Blatt ..., Flurstück ..., Objekt in X. Z., Y.-Straße ..., ETW Nr. 8, Grundschuld in Höhe von EUR 103.000,00) abzugeben;

III. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 15.209,28 nebst Zinsen aus Euro 12.724,26 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 bis Rechtshängigkeit und aus Euro 15.209,28 seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

IV. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger den aus der Zurückweisung des am 03.11.2014 erklärten Widerrufes resultierenden Schaden zu ersetzen hat;

V. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von Euro 3.243,23 freizustellen.

Die Beklagte hat

kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

beantragt.

Am 30.06.2016 führte der Kläger den Darlehensbetrag von 100.000,- Euro an die Beklagte zurück, worauf die Beklagte ihm die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde aushändigte.

Der Kläger nahm daraufhin mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.09.2016 den Antrag auf Abgabe der Löschungsbewilligung für die Grundschuld (Klageantrag Ziff. 2 und Berufungsantrag Ziff. II) zurück. Im Termin vom 21.09.2016 nahm der Kläger zudem den Feststellungsantrag bezüglich des aufgrund der Zurückweisung des Widerrufs geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (Klageantrag Ziff. 4 und Berufungsantrag Ziff. V) zurück. Beide Parteien erklärten den Feststellungsantrag zur Wirksamkeit des Widerrufs (Klageantrag Ziff. 1 und Berufungsantrag Ziff. I) übereinstimmend für erledigt.

Mit Zustimmung der Parteien war im schriftlichen Verfahren zu entscheiden (zu den Einzelheiten vgl. Sitzungsniederschrift vom 21.09.2016 und Beschluss vom 17.10.2016).

Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO (verbleibender Streitwert: 18.000,- Euro).

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm nach dem Widerruf unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Zinszahlungen i.H.v. 8.891,74 Euro. Weiterhin hat er einen Anspruch auf Nutzungsersatz für alle vor dem Widerruf von ihm erbrachten Leistungen, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe, vielmehr i.H.v. lediglich 1.669,92 Euro. Insoweit war das angefochtene Urteil abzuändern.

Darüber hinausgehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu. Insoweit waren die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.

1. Der Kläger hat den im Juli 2006 zustande gekommenen Darlehensvertrag wirksam widerrufen.

a) Der Kläger ist Verbraucher, ihm stand ein Widerrufsrecht zu. Dies ergibt sich aus §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 495 Abs. 1 BGB in der im Juli 2006 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB).

Bei dem hier streitgegenständlichen Kreditvertrag vom Juli 2006 handelt es sich nicht lediglich um eine Prolongationsvereinbarung. Grundsätzlich steht einem Verbraucher bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB a.F. zu, wenn mit der Bank nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen vereinbart werden (BGH, Urteil vom 28.05.2013, Az.: XI ZR 6/12, juris). Eine sog. unechte Abschnittsfinanzierung liegt allerdings nur bei solchen Krediten vor, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird (BGH, a.a.O., Rn. 22). Der Vertrag vom 25.08.2004 räumte dem Kläger allerdings ein solches langfristiges Recht noch nicht ein; vielmehr wurde er nur für eine vierjährige Laufzeit abgeschlossen, wenn auch zu einem für den Verbraucher günstigeren Zinssatz. Erst mit dem streitgegenständlichen Vertrag erhielt der Kläger ein langfristiges und damit ein „neues“ Kapitalnutzungsrecht.

Weil der ursprüngliche Vertrag noch bis zum 30.09.2008 fortgegolten hätte, der Kläger aber schon im Juli 2006 ein neues, nun langfristiges Kapitalnutzungsrecht zu einem höheren Zinssatz erhalten sollte, stand ihm als Verbraucher für den neuen Vertrag deshalb ein Widerrufsrecht zu.

b) Der Kläger konnte den streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom Juli 2006 auch noch mit (eigenem) Schreiben vom 27.10.2014 (Anlage K 2) bzw. mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 03.11.2014 (Anlage K 4) widerrufen. Denn die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen war noch nicht verstrichen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem in § 355 Abs. 2 BGB a.F. geregelten Deutlichkeitsgebot genügte.

Eine Belehrung, die sich - wie im vorliegenden Fall - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“, ist nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Beschluss vom 10.02.2015, Az.: II ZR 163/14, juris; BGH, Urteil vom 15.08.2012, Az.: VIII ZR 378/11, juris, m.w.N.). Die Formulierung „frühestens“ erweckt selbst dann den Anschein, dass die Widerrufsfrist auch zu einem späteren Zeitpunkt beginnen könnte, wenn dem Verbraucher die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung, wie vorliegend, gleichzeitig überlassen worden sind. Die Belehrung verdeutlicht nämlich nicht, von welchen über den Erhalt der Widerrufsbelehrung hinausgehenden Voraussetzungen der Fristbeginn abhängt und dass dies ausschließlich die Überlassung der Vertragsurkunde sein soll (OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az.: 14 U 2439/14, juris). Dass es zusätzlich nur auf den Erhalt der (eigenen) Vertragserklärung ankommt, findet in der konkret verwendeten Belehrung auch keine Erwähnung.

Zum anderen unterrichtete die Widerrufsbelehrung in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gab sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. grundsätzlich richtig mit „zwei Wochen“ an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelte die Belehrung indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers, die in seinem Fall geltende Frist selbst festzustellen (BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 564/15, juris). Dieses Fehlverständnis verhinderte weder der Umstand, dass sich der Zusatz in einer Fußnote befand, noch die Tatsache, dass der Fußnotentext neben dem Unterschriftsfeld des „Sachbearbeiters“ der Beklagten angebracht war. Die mangelnde Deutlichkeit wird auch durch den Umstand hervorgerufen, dass sich der Fußnotentext auf einem (dritten) Exemplar der Widerrufsbelehrung befindet, der explizit für den „Darlehensnehmer“ bestimmt ist.

c) Der Beklagten kommt auch nicht die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. zugute. Denn § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass „das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird“.

Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. greift nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung also nur dann, wenn der Unternehmer ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, nicht aber, wenn der Unternehmer den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (BGH, Beschluss vom 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, juris). Auch der Einschub von Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers kann, wenn der Text dadurch inhaltlich bearbeitet wird, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aufheben. Unschädlich ist es dagegen, wenn der Verwender den Text der Musterbelehrung lediglich an die gesetzliche Regelung anpasst (BGH, Urteil vom 18.03.2014, Az.: II ZR 109/13, juris; Beschluss vom 20.11.2012, Az.: II ZR 264/10, juris).

Im vorliegenden Fall erfolgte eine die Gesetzlichkeitsfiktion beseitigende eigene inhaltliche Bearbeitung jedenfalls in folgender Hinsicht:

Die Widerrufsbelehrung enthält - auch auf dem für den Darlehensnehmer bestimmten Exemplar - die Formulierung „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ... widerrufen“. Dies weicht vom Mustertext insoweit ab, als nach dem Wort „Wochen“ die hochgestellte Ziffer „2“ eingefügt ist und der zu dieser Fußnotenziffer gehörende Text lautet: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Folglich hat die Beklagte kein Formular verwendet, das dem Muster inhaltlich vollständig entspricht. Der Auffassung der Beklagten, durch die Positionierung des Fußnotentexts unterhalb des markierten Rahmens werde verdeutlicht, dass die Fußnote nicht zum Text gehöre und sich der Fußnotentext auch nur an Mitarbeiter der Beklagten wende, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn es gehört zum Wesen einer Fußnote, dass sich deren Text entweder am unteren Ende der Seite oder aber als sogenannte Endnote am Ende des gesamten Haupttextes befindet. Gleichwohl ist dieser Fußnotentext Teil der Gesamttextaussage, weil die im Haupttext befindliche Fußnotenziffer den Leser auf den Fußnotentext verweist und ihm ergänzende Informationen zu dem Passus des Haupttextes gibt, der mit der Fußnotenziffer abschließt (OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az.: 14 U 2439/14 Tz. 13, juris; BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 564/15, juris).

Ebenso wenig überzeugt die Argumentation der Beklagten, dass sich die Fußnote Ziffer 2 ersichtlich ausschließlich an Mitarbeiter der Beklagten wende. Das Gegenteil ist der Fall. Der maßgebliche Text ist in dem Exemplar der Widerrufsbelehrung enthalten, das für den Verbraucher bestimmt ist. Inhaltlich richtet sich die Bitte, die Widerrufsfrist im Einzelfall zu prüfen, damit aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers gerade an ihn selbst. Sie ergänzt den Widerrufstext, der zweifellos den Verbraucher unmittelbar anspricht („Sie können ...“) und ihn darüber informiert, dass er seine Vertragserklärung innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen könne.

Es kann dahinstehen, ob vorliegend weitere Umstände bestehen, welche die Gesetzlichkeitsfiktion ausschließen.

Mangels einer gesetzeskonformen Belehrung stand dem Kläger ein sogenanntes „ewiges“ Widerrufsrecht zu, das er auch noch im November 2014 ausüben konnte.

d) Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger habe sein Widerrufsrecht verwirkt. Sein Handeln stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar.

Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11). Im Bereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 18.10.2004, Az.: II ZR 352/02, Tz. 23 zum Haustürwiderrufsgesetz).

Vorliegend verweist die Beklagte darauf, der Kläger habe, nachdem er stets die vereinbarten Zinsleistungen erbracht habe, erst den unvorhersehbaren Eintritt einer Niedrigzinsphase zum Anlass genommen, gut 10 Jahre nach der ersten Kreditausreichung den streitgegenständlichen Darlehensvertrag zu widerrufen. Dies stehe im Widerspruch zum Schutzzweck des Widerrufsrechts. Hierzu ist auszuführen, dass auch die jahrelange unbeanstandete Durchführung eines Vertrages grundsätzlich nicht genügt, um eine Verwirkung anzunehmen (OLG Frankfurt, a.a.O. Tz. 33). Ein vom Verbraucher erklärter Widerruf bedarf grundsätzlich keiner besonderen, die Lösung vom Vertrag rechtfertigenden Motivation und auch keiner Begründung gegenüber dem Vertragspartner. Aus dem Umstand, dass ein Darlehensnehmer sich über Jahre vertragstreu verhält, folgt kein Vertrauen des Kreditgebers, dieser Vertragspartner werde von einem ihm zustehenden Recht, sobald er hiervon Kenntnis erlangt, keinen Gebrauch machen.

Zudem wäre die Beklagte auch nicht schutzwürdig. Denn derjenige, der eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet, muss regelmäßig mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechnen (vgl. (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, Juris Tz. 39). Es lag in der Hand der Beklagten, durch eine ordnungsgemäße Belehrung, ggf. auch durch eine Nachbelehrung nach Aufkommen von Zweifeln in Bezug auf die Konformität der verwendeten Widerrufsbelehrung mit den gesetzlichen Vorschriften, die Frist für die Ausübung des Widerrufsrecht durch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu begrenzen.

Die Ausübung des Widerrufs durch den Kläger stellt sich auch nicht als unzulässige Rechtsausübung dar. Dass der Kläger bis zur Ausübung des ihm eingeräumten Widerrufsrechts den bestehenden Darlehensvertrag anerkannt hat, begründet grundsätzlich kein rechtsmissbräuchliches Verhalten (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.09.2015, Az.: 23 U 24/15, Juris Tz. 42). Dass der Kläger sich nach der mit Schreiben vom 08.12.2014 erklärten Weigerung der Beklagten, seinen tatsächlich rechtswirksam erfolgten Widerruf anzuerkennen, dazu entschließt, den Vertrag so weiter zu erfüllen, wie dies die Beklagte von ihm verlangt und gleichzeitig eine gerichtliche Klärung des Streits anstrebt, ist in keiner Weise rechtsmissbräuchlich. Dies gilt auch für die vollständige Rückzahlung der Darlehensvaluta genau zu den ursprünglich mit der Beklagten vereinbarten Terminen. Der Senat kann die von der Beklagten insoweit vertretene und nochmals mit Schriftsatz vom 01.12.2016 wiederholte Argumentation nicht teilen. Tatsächlich ist es nicht widersprüchlich, wenn der Kläger - obwohl in der Sache im Recht - lediglich aus Vorsicht dem Verlangen der Beklagten, dass er den Vertrag als fortbestehend zu betrachten und zu erfüllen habe, folgt und zugleich Klage erhebt. Dies gilt auch für die Tatsache, dass der Kläger am 30.06.2016 die volle Darlehensvaluta zurückgezahlt hat. Es ist gerichtsbekannt, dass ein Kunde einer S. nach deren allgemeinen Geschäftsbedingungen Forderungen gegen die S. nur insoweit aufrechnen darf, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Dies ist für keine der Forderungen des Klägers, auf die sich das Ansinnen der Beklagten richtet, der Fall.

Die Hinweise und Argumentationen der Beklagten zur Treuwidrigkeit im Zusammenhang mit der vom Kläger unterlassenen Aufrechnung und damit auch zu § 814 BGB (Schriftsatz vom 01.12.2016, Seite 6 f.) sind ebenfalls nicht durchgreifend.

2. Nach wirksam erklärtem Widerruf hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Zinszahlungen nach Widerruf i.H.v. 8.891,74 Euro (= 22 monatliche Zahlungen i.H.v. (jeweils) 404,17 Euro).

Diese Zahlungen sind konkret am 31.10.2014, 30.11.2014, 31.12.2014, 31.01.2015, 28.02.2015, 31.03.2015, 30.04.2015, 20.05.2015, 31.05.2015, 30.06.2015, 31.07.2015, 31.08.2015, 30.09.2015, 31.10.2015, 30.11.2015, 31.12.2015, 31.01.2016, 29.02.2016, 31.03.2016, 30.04.2016, 31.05.2016 und 23.06.2016 erfolgt, nachdem der Widerruf den Verbraucherdarlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hatte. Der Anspruch auf Rückzahlung ergibt sich aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB, denn die Zahlung des Darlehenszinses nach wirksamem Widerruf (= ab November 2014) erfolgte ohne rechtlichen Grund. Nach dem Widerruf des Darlehensvertrags stand der Beklagten gegen den Kläger kein Anspruch auf Zinsen mehr zu, denn diese ergäben sich ausschließlich aus dem Vertrag, der, wie ausgeführt, in ein Rückabwicklungsverhältnis überführt war.

Die Verzinsung dieser Beträge unmittelbar ab Zahlung ergibt sich aus §§ 246 Abs. 2 Nr. 3, 4, 288 Abs. 1 BGB.

3. Der Kläger hat weiterhin einen Anspruch auf Nutzungsersatz für alle auch vor dem Widerruf von ihm erbrachten Leistungen, dies jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe von 5 Prozentpunkten (oder 2,5 Prozentpunkten) über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen Zahlungseingang, sondern lediglich i.H.v. 1,4 % seit dem jeweiligen Zahlungseingang bis zur Rechtshängigkeit.

Die Rechtsfolgen, die nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen eintreten, für die § 357 a BGB noch keine Anwendung findet, sind, trotz kritischer Stimmen vornehmlich in der Literatur, höchstrichterlich geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. Urteil vom 10.03.2009, Az.: XI ZR 33/08, bestätigt mit Beschluss vom 22.09.2015, Az.: XI ZR 116/15, juris) schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der widerleglich vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015, Rn. 7, a.a.O.).

Der Kläger hat die Darlehensvaluta zurückgezahlt und lässt sich den vereinbarten Zins für die Dauer des Bestehens des Darlehensvertrags als Nutzungsvorteil anrechnen, indem er die Zinszahlungen bis zum Widerruf nicht zurückfordert. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Sie behauptet keine über den vereinbarten Zins und die entsprechende Zahlung von 404,17 Euro monatlich hinausgehenden Nutzungsvorteile.

Die Beklagte schuldet allerdings noch die Herausgabe von Nutzungsersatz für die vor der Erklärung des Widerruf erhaltenen Beträge, die grundsätzlich an den Kläger herauszugeben wären und lediglich deshalb der Beklagten verbleiben, weil sie der Kläger (der Einfachheit halber und ohne, dass dem die Beklagte entgegengetreten wäre) mit dem eigenen Gebrauchsvorteil aus der Darlehensvaluta gleichgesetzt und bereits verrechnet hat; dies wegen der widerleglich vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs vom Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen.

Grundsätzlich besteht - unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - bei Zahlungen an eine Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2009, Az.: XI ZR 33/08, juris; OLG Köln, Urteil vom 23.01.2013, Az.: 13 U 69/12, juris). Allerdings gilt diese Vermutung jedenfalls dann nicht uneingeschränkt, wenn es sich - wie vorliegend - um einen grundpfandrechtlich abgesicherten Kredit handelt.

Die für Schadenersatzansprüche einer Bank entwickelte Rechtsprechung, nach der die Bank im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung als Verzögerungsschaden Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe geltend machen kann, ohne Angaben zur Schadenshöhe machen zu müssen, findet für Realkredite keine Anwendung (BGH, Urteil vom 18.02.1992, Az.: XI ZR 134/91, juris; BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az.: XI ZR 79/97, juris). Da die zugunsten einer Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens geltenden Grundsätze auch im Rahmen der Schätzung der von ihr gezogenen Nutzungszinsen Beachtung finden (BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az.: XI ZR 79/97, juris), ist es in Fällen des Realkredits rechtlich nicht begründbar, zum Nachteil der Bank eine Nutzungsziehung in Höhe des allgemeinen gesetzlichen Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) widerleglich zu vermuten, wenn die Bank ihrerseits, etwa bei Kündigung des Kredits wegen Zahlungsverzugs, gemäß § 497 Abs. 4 BGB n.F. vom Kunden nur einen Verzugszins i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - als abstrakt berechneten Verzugsschaden - verlangen dürfte (OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, Az.: 14 U 2439/14, juris; Anm.: die Revision der Bank hiergegen wurde mit Urteil des BGH vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 564/15, zurückgewiesen). Der Kläger hat nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die diesen gesetzlichen Verzugszins übersteigen. Die Beklagte hat hingegen konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter dem gesetzlichen Verzugszins § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., § 497 Abs. 4 BGB n.F. zurückblieben.

Vorliegend handelt es sich um einen unverbundenen Realkreditvertrag mit einem festen, auf 10 Jahre vereinbarten Zinssatz, bei dem die Refinanzierung regelmäßig durch ein laufzeit- und weitgehend konditionenkongruentes Darlehen mit ebenso fester Zinsbindung erfolgte und somit eine freie Nutzung der vom Darlehensnehmer gezahlten Darlehensraten ausscheidet. Der Darlehensgeber ist seinerseits zur Rückzahlung der Valuta und zur Zinszahlung verpflichtet, sodass ihm zur eigenen freien Nutzung lediglich die erzielte Nettozinsmarge bleibt (vgl. Schnauder, Die Rückabwicklung eines Realkreditvertrags nach Verbraucherwiderruf, NJW 2015, 2689, 2692). Darauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen. Als Marge ist zur Überzeugung des Senats (so schon im Urteil vom 01.06.2016, Az.: 8 U 138/15) der übliche Durchschnittsgewinn zur Zeit des Vertragsschlusses bei Banken gleichen Typs für Darlehen gleicher Art zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 01.07.1997, Az.: XI ZR 267/96, juris). Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Zinserträge und Zinsaufwendungen für S. in den Jahren 2007 bis 2013 (vgl. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom September 2014, Seite 79; dort: „Zinsüberschuss (Zinsspanne)“) in Höhe von durchschnittlich 2 % pro Jahr abzüglich 30 % = durchschnittlicher Verwaltungs- und Risikoaufwand (vgl. Weber, NJW 95, 2951, 2954) schätzt der Senat die durchschnittliche Nettozinsmarge der Beklagten auf 1,4 % pro Jahr. Eine nähere Feststellung ist nicht erforderlich, weil der Senat in entsprechender Anwendung des § 287 Abs. 2 ZPO eine eigene Schätzung innerhalb der skizzierten, relativ engen Bandbreite möglicher Ergebnisse vornehmen kann. Die exakte Ermittlung der hier tatsächlich anzusetzenden Zinsmarge (ab 2007) durch Beweisaufnahme ist in Anbetracht der relativ geringen zu verzinsenden Beträge nicht nur schwierig, sondern auch völlig unverhältnismäßig.

Daraus ergibt sich unter Zugrundelegung der klägerischen Auflistung zu den bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten, der die Beklagte hinsichtlich der Höhe und des Zeitpunkts der klägerischen Zahlungen nicht entgegen getreten ist, ein Anspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 1.669,92 Euro.

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Voraussetzungen der insoweit in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der §§ 286, 280 i.V.m. 257 BGB liegen nicht vor.

Die anwaltliche Gebührenforderung ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich die Beklagte noch nicht mit der Rückzahlung der aus dem Darlehensvertrag empfangenen Leistungen im Verzug befunden hat. Dies ergibt sich aus dem Widerrufsschreiben vom 03.11.2014, das von den Prozessbevollmächtigten des Klägers stammt und das bereits eine Vollmacht des Klägers enthielt. Mit diesem Schreiben wurden bereits Rückforderungsrechte geltend gemacht und zugleich die nun streitgegenständlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 3.243,23 Euro gefordert (Anlage K 4). Die Beklagte hat die von dem Kläger begehrte Rückabwicklung der Darlehensverträge jedoch erst mit Schreiben vom 08.12.2014 endgültig abgelehnt und befand sich erst seitdem im Verzug, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die klägerische Behauptung (vgl. Klagebegründung vom 20.05.2015, dort Seite 10), erst die Weigerung der Beklagten habe den Kläger gezwungen, seine Ansprüche anwaltlich geltend zu machen, ist somit zweifelsfrei widerlegt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Der Feststellungsantrag zur Wirksamkeit des Widerrufs (= ursprünglicher Berufungsantrag zu I), der nach der Rückzahlung der Darlehensvaluta (zum ursprünglich) vereinbarten Termin übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wäre ohne das erledigende Ereignis erfolgreich gewesen, d.h. die klägerische Berufung hätte auch insoweit zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils und zum Erfolg geführt. Es entspricht deshalb billigem Ermessen, die Beklagte auch insoweit mit den Kosten zu belasten.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 710 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 ZPO) liegen nach der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2016 (Az.: XI ZR 564/15) zu einer identischen Widerrufsbelehrung nicht (mehr) vor.

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published on 28/05/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 6/12 Verkündet am: 28. Mai 2013 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 15/08/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 378/11 Verkündet am: 15. August 2012 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR
published on 18/03/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I I ZR 1 0 9 / 1 3 Verkündet am: 18. März 2014 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewe
published on 20/11/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 264/10 vom 20. November 2012 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen
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Annotations

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein anderes bestimmt ist.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Soweit der Darlehensnehmer mit Zahlungen, die er auf Grund des Verbraucherdarlehensvertrags schuldet, in Verzug kommt, hat er den geschuldeten Betrag nach § 288 Abs. 1 zu verzinsen. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber einen höheren oder der Darlehensnehmer einen niedrigeren Schaden nachweisen.

(2) Die nach Eintritt des Verzugs anfallenden Zinsen sind auf einem gesonderten Konto zu verbuchen und dürfen nicht in ein Kontokorrent mit dem geschuldeten Betrag oder anderen Forderungen des Darlehensgebers eingestellt werden. Hinsichtlich dieser Zinsen gilt § 289 Satz 2 mit der Maßgabe, dass der Darlehensgeber Schadensersatz nur bis zur Höhe des gesetzlichen Zinssatzes (§ 246) verlangen kann.

(3) Zahlungen des Darlehensnehmers, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, werden abweichend von § 367 Abs. 1 zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf den übrigen geschuldeten Betrag (Absatz 1) und zuletzt auf die Zinsen (Absatz 2) angerechnet. Der Darlehensgeber darf Teilzahlungen nicht zurückweisen. Die Verjährung der Ansprüche auf Darlehensrückzahlung und Zinsen ist vom Eintritt des Verzugs nach Absatz 1 an bis zu ihrer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 bezeichneten Art gehemmt, jedoch nicht länger als zehn Jahre von ihrer Entstehung an. Auf die Ansprüche auf Zinsen findet § 197 Abs. 2 keine Anwendung. Die Sätze 1 bis 4 finden keine Anwendung, soweit Zahlungen auf Vollstreckungstitel geleistet werden, deren Hauptforderung auf Zinsen lautet.

(4) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen beträgt der Verzugszinssatz abweichend von Absatz 1 für das Jahr 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Die Absätze 2 und 3 Satz 1, 2, 4 und 5 sind auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge nicht anzuwenden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Kann der Gläubiger die Sicherheit nach § 709 nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten leisten, so ist das Urteil auf Antrag auch ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn die Aussetzung der Vollstreckung dem Gläubiger einen schwer zu ersetzenden oder schwer abzusehenden Nachteil bringen würde oder aus einem sonstigen Grund für den Gläubiger unbillig wäre, insbesondere weil er die Leistung für seine Lebenshaltung oder seine Erwerbstätigkeit dringend benötigt.