Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 24. Jan. 2017 - 5 W 1/17

24.01.2017
vorgehend
Amtsgericht Aschaffenburg, Rückersbach Blatt 1111-10, 15.12.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschaffenburg - Grundbuchamt - vom 15.12.2016 aufgehoben.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschaffenburg - Grundbuchamt - vom 15.12.2016 ist gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 73 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 Abs. 3 RPfIG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Notar kann als Vertreter ohne Vorlage einer Vollmacht gegen die auf den gestellten Eintragungsantrag ergangene Entscheidung für einen Antragsberechtigten Beschwerde gemäß § 15 GBO einlegen (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 15 Rn. 20).

Gemäß § 72 GBO ist das Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, wobei es gemäß § 81 Abs. 1 GBO in voller Besetzung des Senats zu entscheiden hat.

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 15.12.2016 hat Erfolg.

Gegenstand der Beschwerde ist nur das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst. Die angefochtene Zwischenverfügung ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückzugeben (vgl. OLG Nürnberg NotBZ 2013, 482 - 483 m.w.N.).

Das Erstgericht hat zu Unrecht mit der angefochtenen Zwischenverfügung ein Eintragungshindernis im Hinblick auf einen fehlenden Antrag auf Voreintragung der Erbengemeinschaft angenommen und zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Frist gesetzt. Das vom Erstgericht in der Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist vorliegend keine Voreintragung der Erbengemeinschaft erforderlich.

Zwar soll nach § 39 Abs. 1 GBO eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Gemäß § 40 Abs. 1 GBO ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO aber nicht anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und wenn die Übertragung oder Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll. Diese Voraussetzungen des § 40 GBO liegen vor. Die aus den beiden Antragstellern bestehende Erbengemeinschaft ist Erbe des im Grundbuch eingetragenen Berechtigten geworden. Mit der vorliegenden notariellen Urkunde vom 12.12.2016 erfolgte eine Übertragung des Rechts auf den Antragsteller LGS im Sinne des § 40 GBO. Mit der verfahrensgegenständlichen Urkunde des Notars B. erfolgte eine Erbauseinandersetzung. Der Beteiligte zu 2) übernimmt danach den Nachlass, bestehend aus dem Grundbesitz. Die Beteiligte zu 1) scheidet gegen Zahlung aus der Erbengemeinschaft aus. Insoweit liegt im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundbesitz im Sinne des § 40 GBO vor. Dass in einem solchen Fall einer Erbauseinandersetzung keine Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch erforderlich ist, vielmehr sofort der als Eigentümer verbliebene Erbe aufgrund der Erbauseinandersetzung eingetragen werden kann, ergibt sich auch aus der Regelung der Gebührenbefreiung nach Anm. 1 S. 2 zu Nr. 14110 KV GNotKG. Die Gebührenbefreiung gilt danach nur, wenn Miterben ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen werden. Wurde zunächst die Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen, ist die folgende weitere Eintragung eines oder mehrerer Erben aufgrund der Erbenauseinandersetzung nicht mehr gebührenbefreit (vgl. OLG München JurBüro 2016, 254 - 256). Der Gesetzgeber hat mit der zitierten Gebührenbefreiung gerade den vorliegenden Sachverhalt erfassen wollen. Wenn nun in einer solchen Fallgestaltung eine Voreintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümer gefordert werden würde, würde diese vom Gesetzgeber geregelte Gebührenbefreiung insoweit leer laufen, was dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde.

Etwas anders ergibt sich auch nicht aus der vom Erstgericht zitierten Entscheidung des OLG Köln vom 19.03.2014 (NotBZ 2014, 297). Unabhängig davon, dass das Oberlandesgericht Köln in der zitierten Entscheidung offen gelassen hat, ob bei einer sog. Abschichtung die Eintragung der verbliebenen Erben als Eigentümer erst nach Voreintragung der Erbengemeinschaft erfolgen kann oder ob in derartigen Fällen in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO die Voreintragung der Erbengemeinschaft entbehrlich ist, ist buch der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln unter Rdz 13 a.E. zu entnehmen, dass der Fall einer Erbauseinandersetzung von dem Fall einer Erbteilsübertragung oder einer sog. Abschichtung zu unterscheiden ist. Vorliegend erfolgte aber eine Erbauseinandersetzung, so dass insoweit bereits eine direkte Anwendung des § 40 GBO zu erfolgen hat. Selbst wenn man eine direkte Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO nicht annehmen würde, ist § 40 GBO auf die vorliegende Fallgestaltung zumindest analog anwendbar mit der Folge, dass eine Voreintragung der Erbengemeinschaft entbehrlich ist. Verbleibt nur ein Miterbe oder ein Dritter, besteht ein Unterschied zu dem in § 40 Abs. 1, 1. Fall GBO geregelten Fall nur insoweit, als der neue Eigentümer sein Recht nicht durch Verfügung über einen einzelnen Nachlassgegenstand, sondern durch Erwerb der Erbteile erlangt hat; die Gründe, die den Verzicht auf die Voreintragung bei § 40 Abs. 1, 1. Fall GBO begründen, treffen aber in gleicher Weise zu, so dass eine Analogie gerechtfertigt ist (vgl. OLG Nürnberg NotBZ 2013, 482 - 483).

Nach alledem ist der vom Erstgericht geforderte Antrag auf Voreintragung der Erbengemeinschaft nicht erforderlich mit der Folge, dass die Zwischenverfügung vom 15.12.2016 aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückzugeben war.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

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Grundbuchordnung - GBO | § 78


(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ode

Grundbuchordnung - GBO | § 18


(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fal

Grundbuchordnung - GBO | § 15


(1) Für die Eintragungsbewilligung und die sonstigen Erklärungen, die zu der Eintragung erforderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, können sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die ni

Grundbuchordnung - GBO | § 39


(1) Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. (2) Bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief erteilt ist, steht es der Eintragung des Glä

Grundbuchordnung - GBO | § 72


Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

Grundbuchordnung - GBO | § 81


(1) Über Beschwerden entscheidet bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat. (2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind entsprechend anzuwenden. (3) Die Vorsc

Grundbuchordnung - GBO | § 40


(1) Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn de

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(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.

(2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des § 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.

(1) Für die Eintragungsbewilligung und die sonstigen Erklärungen, die zu der Eintragung erforderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, können sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die nicht nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vertretungsbefugt sind. Dies gilt auch für die Entgegennahme von Eintragungsmitteilungen und Verfügungen des Grundbuchamtes nach § 18.

(2) Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen.

(3) Die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen sind vor ihrer Einreichung für das Grundbuchamt von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen. Dies gilt nicht, wenn die Erklärung von einer öffentlichen Behörde abgegeben wird.

Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

(1) Über Beschwerden entscheidet bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind entsprechend anzuwenden.

(3) Die Vorschrift des § 44 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über die Fortführung des Verfahrens bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden können. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden.

(1) Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.

(2) Bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief erteilt ist, steht es der Eintragung des Gläubigers gleich, wenn dieser sich im Besitz des Briefes befindet und sein Gläubigerrecht nach § 1155 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nachweist.

(1) Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird.

(2) Das gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.

(1) Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.

(2) Bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief erteilt ist, steht es der Eintragung des Gläubigers gleich, wenn dieser sich im Besitz des Briefes befindet und sein Gläubigerrecht nach § 1155 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nachweist.

(1) Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird.

(2) Das gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.