Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 28. Dez. 2015 - 3 Ss OWi 1476/15

bei uns veröffentlicht am28.12.2015

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

3 Ss OWi 1476/15

Beschluss

vom 28. 12. 2015

Zum Sachverhalt:

Das OLG hat den Beschluss des AG vom 18.09.2015, mit welchem es die Rechtsbeschwerde des Betr. gegen sein nach § 74 II OWiG ergangenes Verwerfungsurteil vom 02.07.2015 als unzulässig verworfen hat, aufgehoben und zugleich die Rechtsbeschwerde des Betr. gegen das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen.

Aus den Gründen:

I. Der gemäß § 346 II 1 StPO i. V. m. § 79 III 1 OWiG zulässige, insbesondere fristgerecht innerhalb der Wochenfrist am 28.09.2015 eingegangene Antrag des Betr. vom 25.09.2015 auf Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht gegen den Beschluss des AG vom 18.09.2015, mit welchem das AG die Rechtsbeschwerde des Betr. vom 08.07.2015 gegen das Verwerfungsurteil nach § 74 II OWiG des AG vom 02.07.2015 als unzulässig verworfen hat, erweist sich aus den von der GenStA in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführten Gründen als begründet. Denn das AG hat über die Rechtsbeschwerde verfrüht, nämlich entgegen § 79 III 1 OWiG i. V. m. § 342 II 2 StPO vor rechtskräftiger Versagung des ebenfalls unter dem 08.07.2015 beantragten und am 11.07.2015 eingegangenen Gesuchs um Wiedereinsetzung des Betr. nach § 74 IV OWiG entschieden (vgl. neben Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 342 Rn. 2; KK/Gericke StPO 7. Aufl. § 342 Rn. 6; LR/Franke StPO 26. Aufl. § 342 Rn. 3; Satzger/Schluckebier/Widmaier-Widmaier/Momsen StPO 2. Aufl. § 342 Rn. 1, 3; KK/Senge OWiG 4. Aufl. § 79 Rn. 145; Rebmann/Roth/Herrmann OWiG Rn. 16b; Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 74 Rn. 49 und BeckOK/Bär OWiG [Stand: 15.10.2015] § 79 Rn. 113 schon BayObLG NJW 1972, 1724; BayObLG DAR 1984, 246; OLG Düsseldorf VRS 96 [1999], 27 = OLGSt StPO § 37 Nr. 5 und OLG Düsseldorf NJW 1988, 1681 = NStZ 1988, 318 = VRS 75 [1988], 54 = OLGSt StPO § 44 Nr. 18; siehe auch OLG Koblenz NStZ-RR 2004, 373 und OLG Hamm, Beschl. v. 08.10.2007 - 2 Ss 385/07 [bei juris]). Die insoweit maßgebliche versagende Beschwerdeentscheidung des LG, bis zu der eine Entscheidung über die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes ausgesetzt war, erging erst unter dem 27.10.2015.

II. Demgegenüber erweist sich die nach § 79 I 1 Nr. 2 OWiG zwar statthafte Rechtsbeschwerde des Betr. bereits als unzulässig, weil das jedenfalls sinngemäß (§§ 46 I OWiG i. V. m. § 300 StPO) im Rahmen des Wiedereinsetzungsgesuchs vom 08.07.2015 in zulässiger Weise mit der Sachrüge begründete (OLG Düsseldorf a. a. O.) und fristgerecht mit am 11.07.2015 eingegangenem (weiterem) Schreiben des Betr. vom 08.07.2015 eingelegte Rechtsmittel entgegen der dortigen ausdrücklichen Ankündigung des Betr. („innerhalb von 4 Wochen durch persönliche Vorsprache zu Protokoll“) nicht innerhalb der hier erst mit Ablauf des 14.08.2015 endenden Monatsfrist (zur Berechnung der Monatsfrist im Falle eines Abwesenheitsurteils vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 10.05.2007 - 3 Ss OWi 1532/06 = OLGSt OWiG § 345 Nr. 12 = VerkMitt 2008 Nr. 6 = VRR 2007, 354 [Gieg] m. w. N.). formgerecht begründet worden ist. Denn Zulässigkeitsvoraussetzung der Rechtsbeschwerde ist nicht nur, dass das Rechtsmittel rechtzeitig bei Gericht eingelegt wird. Vielmehr musste der Betr. außerdem innerhalb der Begründungsfrist entweder in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des AG erklären, in welchem Umfang er das Verwerfungsurteil vom 02.07.2015 angreift und seine Aufhebung beantragt, sowie diesen Antrag begründen (§§ 344, 345 I, II StPO i. V. m. § 79 III 1 OWiG). Dies ist hier jedoch nicht geschehen, obwohl der Betr. hierüber ausdrücklich mit Zustellung des Verwerfungsurteils am 04.07.2015 unter Mitübersendung des einschlägigen Belehrungsformblattes belehrt wurde. Damit verbleibt es bei dem Verwerfungsurteil des AG vom 02.07.2015. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung ist dem Senat von Rechts wegen verwehrt. [...]

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

Strafprozeßordnung - StPO | § 300 Falschbezeichnung eines zulässigen Rechtsmittels


Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Strafprozeßordnung - StPO | § 37 Zustellungsverfahren


(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der z

Referenzen

(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.

(3) Ist einem Prozessbeteiligten gemäß § 187 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung des Urteils zur Verfügung zu stellen, so ist das Urteil zusammen mit der Übersetzung zuzustellen. Die Zustellung an die übrigen Prozessbeteiligten erfolgt in diesen Fällen gleichzeitig mit der Zustellung nach Satz 1.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.