Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

Der Antrag von Rechtsanwältin W. vom 18.11.2016 auf Bewilligung einer (Netto-)Pauschgebühr in Höhe von 970 € wird zurückgewiesen.

Gründe

Mit Schriftsatz vom 18.11.2016 beantragte Frau Rechtsanwältin W., die der Nebenklägerin mit Beschluss vom 26.02.2015 als Nebenklägervertreterin ... beigeordnet worden war, ihr eine Pauschgebühr in Höhe von mindestens 970 € netto zu bewilligen, und zwar zusätzlich zur Grundgebühr nach Nr. 4100 VV-RVG eine Gebühr in Höhe von 360 €, eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV-RVG und eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 4112 VV-RVG auf 320 €.

Die Antragstellerin hat auf ihre Anträge hin bislang mit Beschluss vom 17.06.2015 einen Betrag in Höhe von 5.950,71 €, mit Beschluss vom 08.09.2015 einen Betrag in Höhe von 4.877,10 €, mit Beschluss vom 26.01.2016 einen Betrag in Höhe von 9.708,73 € und mit Beschluss vom 08.11.2016 einen Betrag in Höhe von 17.460,39 € als Vorschüsse auf die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen erhalten.

Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bamberg hat zu diesem Antrag am 17.01.2017 dahin Stellung genommen, dass die Bewilligung einer Pauschvergütung vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens grundsätzlich nicht veranlasst sei. Da es hier im vorliegenden Fall aber nicht um eine Pflichtverteidigung, sondern um eine Nebenklage gehe und das Ergebnis in der Richtung eindeutig erscheine, dass der Antrag abzulehnen sei, komme auch ohne Eintritt der Rechtskraft eine Entscheidung in Betracht.

Hierzu hatte die Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme, die sie mit Schriftsatz vom 27.01.2017wahrgenommen hat.

Der Senat hat festgestellt, dass das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

II.

Über den Antrag entscheidet gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 4 RVG der Einzelrichter des nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg zuständigen 1. Strafsenats. Eine Entscheidung des gesamten Senats ist nicht geboten, da die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 4 RVG nicht vorliegen.

Der Antrag ist abzulehnen, weil ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin auf Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 Abs. 1 RVG mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses jedenfalls derzeit nicht fällig ist.

Daran kann auch der Umstand, dass die Antragstellerin nur für einzelne – bereits abgeschlossenen - Verfahrensabschnitte ein Pauschgebühr begeht nichts ändern. Zwar sieht die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich die Möglichkeit vor, eine Pauschgebühr nicht nur für das ganze Verfahren, sofern auch für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen. Hiervon zu trennen ist indessen die Frage, wann der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr überhaupt fällig wird.

Während die Frage der Fälligkeit - bereits unter Geltung der früheren Regelung in § 99 BRAGO -in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt wurde, besteht nunmehr im Grunde Einigkeit, dass der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens entsteht (vgl. z.B. KG Berlin, NStZ-RR 2015, 296; OLG Braunschweig JurBüro 2016, 358; OLG Celle Beschluss vom 16.6.2016 - 1 ARs 34/16 = BeckRS 2016, 14863; OLG Bamberg Beschluss vom 26.08.2016 - 10 AR 19/16 und v. 21.10.2016 -10 AR 27/16). Erst bei rechtskräftigem Ab-schluss des Verfahrens kann nämlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt werden, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr gegeben sind und wenn ja, in welchem Umfang; denn eine Gesamtbetrachtung aller Verfahrensabschnitte kann ergeben, dass eine überdurchschnittliche Beanspruchung in einem Verfahrensabschnitt durch eine weitere Tätigkeit im Verfahrensablauf mit geringerem Arbeits- und Zeitaufwand ausgeglichen wird, was selbst bei einer Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht der Fall sein kann. Diese Betrachtung findet ihre Rechtfertigung in dem Charakter der Pauschgebühr als Vergütung für die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts, so dass, auch wenn das Verfahren verschiedene Instanzen durchläuft, die Fälligkeit des Pauschgebührenanspruchs erst mit Rechtskraft eintritt (vgl. OLG Bamberg a.a.O.) Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Antragsteller als Pflichtverteidiger oder als Nebenklägervertreter beigeordnet wurde.

Dass auch unter der Geltung des § 51 Abs. 1 RVG eine Gesamtbetrachtung erforderlich ist und dass in Betracht kommt, dass ein besonderer Umfang oder eine besondere Schwierigkeit innerhalb eines Verfahrensabschnitts durch einen unterdurchschnittlichen Umfang oder eine unterdurchschnittliche Schwierigkeit innerhalb eines anderen Verfahrensabschnitts ganz oder teilweise kompensiert wird, hat der Senat erst unlängst mit Grundsatzentscheidung vom 20.07.2016 (Az. 10 AR 10/16) dargelegt (ebenso KG, Beschluss vom 02.10.2015 - 1 ARs 26/13 - juris; OLG Hamm, Beschluss vom 13.03.2013 - 5 RVGs 108/12 - juris Tz. 16; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014-2 AR 36/14 - juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.05.2015 - 1 AR 2/15 - juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.06.2014 - 2 ARs 96/13 - juris Tz. 11).

Der Umstand, dass vorliegend der Antrag - jedenfalls unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens der Antragstellerin - auch bei Eintritt der Fälligkeit wohl wenig Aussicht auf Erfolg hätte, rechtfertigt vor dem Eintritt der Fälligkeit keine endgültige ablehnende Entscheidung.

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Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 07. Juni 2017 - 10 AR 30/16 zitiert 2 §§.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 51 Festsetzung einer Pauschgebühr


(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer

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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 30. Dez. 2014 - 2 AR 36/14

bei uns veröffentlicht am 30.12.2014

Tenor Herrn Rechtsanwalt M … wird für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger des Angeklagten H … im Hauptverfahren vor dem Landgericht Amberg (Az.: 11 KLs 106 Js 11453/11) eine Pauschgebühr in Höhe von 9.700 € bewilligt

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 20. Juni 2014 - 2 ARs 96/13

bei uns veröffentlicht am 20.06.2014

Tenor Dem gerichtlich bestellten Verteidiger, Rechtsanwalt wird auf seinen Antrag und nach Anhörung der Vertreterin der Staatskasse für die Verteidigung des Angeklagten im vorbereitenden und im gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Stu

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(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.

(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.

Tenor

Herrn Rechtsanwalt M … wird für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger des Angeklagten H … im Hauptverfahren vor dem Landgericht Amberg (Az.: 11 KLs 106 Js 11453/11) eine Pauschgebühr in Höhe von 9.700 € bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller war zunächst aufgrund Vollmacht vom 04.03.2013 als Wahlverteidiger des seit 31.08.2012 in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten H … in einem gegen insgesamt drei Angeklagte wegen Einfuhr von bzw. unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor dem Landgericht Amberg erstinstanzlich geführten Strafverfahren tätig.

Das Landgericht Amberg hat mit Beschlüssen vom 08.07.2013 die gegen den Angeklagten H … und die beiden Mitangeklagten getrennt erhobenen Anklagen der Staatsanwaltschaft Amberg zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und die Verfahren gegen alle drei Angeklagten zur gemeinsamen Hauptverhandlung verbunden.

Der Antragsteller trat für den Angeklagten als Wahlverteidiger in der am 16.07.2013 begonnenen und sogleich wieder ausgesetzten Hauptverhandlung auf.

Am 17.10.2013 wurde er dem Angeklagten als weiterer Pflichtverteidiger bestellt und nahm als solcher an der am 22.10.2013 neu begonnenen und sogleich wieder ausgesetzten sowie am 23.10.2104 neu begonnenen und bis 04.02.2014 dauernden Hauptverhandlung an insgesamt 15 weiteren Hauptverhandlungstagen (nämlich am 22.10., 23.10., 11.11., 13.11., 20.11., 26.11., 03.12., 11.12., 17.12., 18.12.2013, 14.01., 15.01., 21.01., 28.01. und 04.02.2014) teil.

Daneben war dem Angeklagten H … Rechtsanwalt Dr. G … als weiterer Pflichtverteidiger beigeordnet. Die anderen beiden Angeklagten wurden ebenfalls durch je zwei Pflichtverteidiger verteidigt.

Bis zum Beginn der Hauptverhandlung betrug der Umfang der den Angeklagten H … betreffenden Hauptakten rund 2.000 Seiten, der die beiden Mitangeklagten betreffenden Hauptakten sowie Beiakten und Sonderbände weitere rund 15.000 Seiten. Hinzu kommen fast 34.000 Seiten Verschriftungen der Telekommunikationsüberwachung.

Die Strafkammer hatte ursprünglich 48 Verhandlungstage, beginnend mit dem 22.10.2013 angesetzt. Aufgrund einer Verfahrensabsprache konnte das Verfahren am 16. Hauptverhandlungstag nach Wiederbeginn am 23.10.2013 abgeschlossen werden.

Mit Schreiben vom 20.06.2014 beantragte der Antragsteller wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit des Verfahrens über die üblichen Gebühren hinaus (diese betragen ohne Auslagen und Umsatzsteuer 6.132 €, siehe unten II.2.a) gemäß § 51 Abs. 1 RVG eine Pauschvergütung von 25.000 € (ohne Auslagen und Umsatzsteuer). Er begründete dies mit dem Umfang der Verfahrens- und TKÜ-Akten. Den Angeklagten seien in der Justizvollzugsanstalt Computer zur Verfügung gestellt worden, um die umfangreichen Audiodateien der zumeist in russischer Sprache geführten Gespräche auszuwerten. Der Antragsteller habe die Resultate mit dem Angeklagten H … außerhalb der Hauptverhandlung in zeitraubender Weise erörtert und bearbeitet. Während des Verfahrens sei durch die Staatsanwaltschaft eine weitere Audio-CD mit Daten aus niederländischer Telekommunikationsüberwachung vorgelegt worden. Durch die Sichtung der TKÜ-Verschriftungen seien durch die Verteidigung und die Angeklagten selbst Verfahrensverstöße bei der Telekommunikationsüberwachung aufgedeckt worden, da z. B. Kernbereichsgespräche sowie Anwalts- und Verteidigergespräche abgehört und aufgezeichnet worden seien. Dies habe dazu geführt, dass eine verfahrensverkürzende Absprache getroffen werden konnte, durch die letztlich die Hauptverhandlung erheblich abgekürzt worden sei.

Die zu der beantragten Erhöhung der Gebühren angehörte Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Schreiben vom 31.07.2014 beantragt, dem Antragsteller eine Pauschgebühr von nicht mehr als 6.700 € zu gewähren. Zur Begründung führt sie aus, dass aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit des Verfahrens die Festsetzung der Grundgebühr gemäß Nr. 4101 VV RVG auf 450 € und der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4113 VV RVG auf 400 € - also jeweils in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr mit Zuschlag - angemessen aber auch ausreichend sei. Eine Erhöhung der Terminsgebühren sei nicht veranlasst, da sich der Umfang und die Schwierigkeit der Sache hierauf nicht auswirke. Die Dauer der Hauptverhandlungstermine werde durch die gesetzlichen Längenzuschläge ausgeglichen.

Der Antragsteller hat hierzu mit Schreiben vom 24.08.2014 Stellung genommen. Er führte unter anderem aus, seine Arbeitskraft sei während der Hauptverhandlung vom 22.10.2013 bis 04.02.2014 nahezu durchgängig an zwei Hauptverhandlungstagen pro Woche durch dieses Strafverfahren gebunden gewesen. Er habe darüber hinaus am Tag der Anreise, die etwa fünfeinhalb Stunden beansprucht habe, für andere Tätigkeiten nur halbtags zur Verfügung gestanden. Damit habe in etwa die Hälfte des monatlichen Umsatzes durch dieses Verfahren bestritten werden müssen, wofür die gesetzlichen Gebühren bei Weitem nicht ausgereicht hätten. Bei einem durchschnittlichen Monatsumsatz von 10.000 €, die erforderlich seien, um die Kosten und den Lebensstandard zu sichern, liege die erforderliche Nettovergütung in der Größenordnung von 17.500 €.

Zudem sei das Verfahren rechtlich schwierig gewesen und habe der äußerst umfangreichen Vorbereitung bedurft. Es sei eine sehr intensive Sockelverteidigung mit den Verteidigern aller Angeklagten geboten gewesen. Dies habe Besprechungen nach im Grunde jedem Hauptverhandlungstag zur Folge gehabt. Insgesamt habe die Vorbereitung der Hauptverhandlung etwa 20 Arbeitstage beansprucht, wobei diese wegen der zweimaligen Aussetzung zweimal habe vorbereitet werden müssen (nämlich vor dem 16.07.2014 und vor dem 22.10.2014). Für das Vorverfahren reiche aus diesem Grund die Höchstgebühr nicht aus. Die Besuche in der Justizvollzugsanstalt im Vorfeld der Hauptverhandlung, die Besprechungen mit dem Mitverteidiger und die unentbehrliche Auswertung der Telefonüberwachung rechtfertigten eine Gebühr in der Größenordnung von 7.500 €. Nur durch die rechtlich und tatsächlich intensive Beschäftigung der Verteidigung mit den aus der TK-Überwachung gewonnenen Beweisergebnissen habe letztlich eine weitgehend einvernehmliche und vor allem zeitige Beendigung des Verfahrens erreicht werden können. Auch sei zu bedenken, dass durch die Berücksichtigung der durch die Verteidigung hierbei nachgewiesenen Kernbereichsverletzung juristisches Neuland betreten worden sei. Mit einer Überschreitung der Regelgebühren um ca. 600 € sei es daher nicht getan.

Im Einzelnen wird auf die genannten Schreiben und die Stellungnahme der Bezirksrevisorin verwiesen.

Der Einzelrichter hat die Sache gemäß § 51 Abs. 2 Satz 4, § 42 Abs. 3 Satz 2 RVG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

II.

Auf seinen nach § 51 Abs. 1 RVG statthaften und auch im Übrigen zulässigen Antrag ist dem Antragsteller eine Pauschgebühr von 9.700 € zu gewähren.

1. Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Gebühren hinausgeht, wenn diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind.

Die Bewilligung einer Pauschgebühr soll nach dem Willen des Gesetzgebers, der mit dem am 01.07.2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) die Vergütung der Rechtsanwälte insbesondere für den Bereich der Pflichtverteidigung erheblich verbessert hat, Ausnahmecharakter haben (BT-Drucks. 15/1971, S. 201, 202; OLG Frankfurt NStZ-RR 2009, 296 Rdn. 3 nach juris; OLG Hamm Beschlüsse vom 23.07.2012 - 5 RVGs 65/12, Rdn. 4 nach juris, und vom 13.03.2013 - 5 RVGs 108/12, Rdn. 47 nach juris; OLG Rostock NStZ-RR 2010, 326 Rdn. 13 nach juris m. w. N.; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., § 51 Rdn. 1, 10). Sinn und Zweck der Pauschgebühr nach neuem Recht ist es nicht, dem Verteidiger einen zusätzlichen Gewinn zu verschaffen; mit ihr soll nur eine unzumutbare Benachteiligung verhindert werden (Mayer/Kroiß, RVG 6. Aufl. § 51 Rdn. 2). Die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (BGH StRR 2013, 39 Rdn. 5 nach juris; BGH StRR 2014, 198 Rdn. 5 nach juris). Allein der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens rechtfertigen die Zubilligung einer Pauschgebühr noch nicht. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG zusätzlich erforderlich, dass dem Verteidiger die gesetzlichen Gebühren deshalb nicht zumutbar sind. Hierbei handelt es sich um eine inhaltliche Änderung der früheren Regelung des § 99 BRAGO. Danach konnte eine Pauschvergütung schon dann bewilligt werden, wenn der Pflichtverteidiger in einem „besonders schwierigen“ oder „besonders umfangreichen“ Verfahren tätig geworden war. Das zusätzliche Erfordernis der Unzumutbarkeit entspricht dem Willen des Gesetzgebers und ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 2007, 3420 Rdn. 5 nach juris). Nach der Begründung zum Entwurf des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sollte § 51 Abs. 1 RVG zwar im Wesentlichen der Vorgängernorm des § 99 Abs. 1 BRAGO entsprechen. Das neu aufgenommene Kriterium der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren sollte aber den praktischen Anwendungsbereich der Vorschrift einschränken und den Ausnahmecharakter der Regelung zum Ausdruck bringen (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 201). Gerechtfertigt sollte dies deshalb sein, weil in das Gebührenverzeichnis neue Gebührentatbestände aufgenommen wurden, bei denen die zugrunde liegenden Tätigkeiten in der Vergangenheit häufig bei der Bewilligung der Pauschvergütung berücksichtigt worden seien. Als Beispiele nennt die Begründung (a. a. O. S. 201) die nunmehr neu geschaffenen Gebührentatbestände für die Teilnahme an Vernehmungen im Ermittlungsverfahren (Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG) oder für die Teilnahme an Haftprüfungsterminen (Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG) - eine Vorverfahrensgebühr wurde bisher nur gewährt, wenn der Verteidiger an der Hauptverhandlung nicht teilnahm oder keine solche stattfand (§ 84 Abs. 1 BRAGO) - und die Zuschläge zur Terminsgebühr für mehr als fünf bzw. mehr als acht Stunden dauernde Hauptverhandlungstermine (vgl. etwa Nrn. 4116, 4117 VV RVG). Schließlich ist hier auch zu berücksichtigen, dass dem Pflichtverteidiger nach Nr. 4100 VV RVG neben der Verfahrensgebühr eine gesonderte Grundgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall zusteht, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt (vgl. OLG Saarbrücken, StRR 2012, 121 Rdn. 12 nach juris).

Gebührenanhebungen für Haftsachen und Erstattungen für Mandantenbesuche in der Justizvollzugsanstalt waren bereits nach altem Recht vorgesehen (vgl. § 97 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 83 Abs. 3, § 28 Abs. 1 und 3 BRAGO). Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gewährt für den Verteidiger eines nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigen Zuschläge zur Grundgebühr (Nr. 4101 VV RVG), Verfahrensgebühr (vgl. etwa Nr. 4113 VV RVG) und Terminsgebühr (vgl. etwa Nr. 4115 VV RVG) sowie für Besuche des Mandanten durch den Verteidiger in der Justizvollzugsanstalt einen Aufwandsersatz durch Fahrtkostenerstattung gemäß Nr. 7003 VV RVG und Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7005 VV RVG (vgl. OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 18 nach juris). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, in diesen Zuschlägen und Aufwandserstattungen einen angemessenen Ausgleich für den Umstand zu sehen, dass sich der Mandant des Pflichtverteidigers in Untersuchungshaft befindet (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420 Rdn. 9 nach juris).

Der Gesetzgeber hält die Pauschvergütungsregelung des § 51 RVG trotz des eingeschränkten praktischen Anwendungsbereichs für erforderlich, weil sich nicht alle von den Oberlandesgerichten bei der Gewährung einer Pauschgebühr herangezogenen Umstände durch entsprechende gesetzliche Regelungen berücksichtigen lassen. § 51 RVG erfasse insbesondere noch die Fälle, in denen der Pflichtverteidiger im Ermittlungsverfahren in weit überdurchschnittlichem Ausmaß tätig geworden ist, so z. B. beim Studium besonders umfangreicher Akten und Beiakten oder bei umfangreichen sonstigen Tätigkeiten, die im Vergütungsverzeichnis nicht im Einzelnen geregelt werden können (BT-Drucks. 15/1971, S. 201).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstößt eine den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift betonende Auslegung nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil auch bei ihr sichergestellt ist, dass der Pflichtverteidiger bei einem erbrachten „Sonderopfer“ eine zusätzliche Vergütung erhält (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420 Rdn. 6 nach juris; so auch OLG Saarbrücken, StRR 2011, 121, Rdn. 7 nach juris).

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 51 RVG liegen vor.

Da erst der Vergleich der Erschwerung der Verteidigertätigkeit mit seinem gesetzlichen Gebührenanspruch die Bewertung zulässt, ob dem Verteidiger eine zusätzliche Vergütung gewährt werden muss (OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 8 nach juris), sind zunächst die gesetzlichen Gebühren festzustellen.

a) Dem Antragsteller stehen für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger gesetzliche Gebühren in Höhe von 6.132 € zu.

Für die Frage der anwendbaren Gebührensätze der Pflichtverteidigervergütung ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG der Stichtag der Bestellung maßgeblich (vgl. auch BVerfG AGS 2009, 66 Rdn. 15 nach juris). Die Bestellung des Antragstellers erfolgte am 17.10.2013, also nach Inkrafttreten der durch Art. 8 des am 23.07.2013 verkündeten Zweiten Kostenmodernisierungsgesetzes am 01.08.2013 (vgl. dort Art. 50) bewirkten Änderungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Demgemäß richten sich die Gebühren nach der geänderten Fassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Antragsteller bereits vor der Gesetzesänderung als Wahlverteidiger tätig war. Nach § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG erhält der im ersten Rechtszug als Pflichtverteidiger bestellte Rechtsanwalt die (Pflichtverteidiger-) Gebühren auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt der Bestellung einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage. Für die Frage der Anwendung des § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG auf derartige Fälle hat sich der Senat der in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung stehenden (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 203 zu § 60), in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Literatur nahezu einhellig vertretenen Meinung (vgl. die Nachweise bei Volpert, in: Burhoff RVG a. a. O. Teil A Rdn. 1941) angeschlossen, wonach es auch hier entscheidend auf den Zeitpunkt der Bestellung als Pflichtverteidiger ankommt (vgl. Beschluss vom 11.10.2014 - 2 Ws 526/14; anders noch - zur Frage der Weitergeltung der BRAGO gemäß § 61 Abs. 1 RVG - Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 31.05.2005 - 1 Ws 321/05, NStZ-RR 2005, 328). Die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren errechnen sich somit gemäß den zutreffenden Ausführungen der Bezirksrevisorin wie folgt:

Nr. 4101 VV RVG: Grundgebühr mit Zuschlag gemäß Vorbem. 4 Abs. 4

192,00 €

Nr. 4113 VV RVG: Verfahrensgebühr mit Zuschlag gemäß Vorbem. 4 Abs. 4

180,00 €

Nr. 4115 VV RVG: Terminsgebühr mit Zuschlag gemäß Vorbem. 4 Abs. 4 (16 Termine a´ 312,00 €)

4.992,00 €

Nr. 4116 VV RVG: Teilnahme an Hauptverhandlung mehr als 5 bis 8 Stunden (6 Termine a´ 128,00 €)

768,00 € _________

Summe:

6.132,00 €

b) Gemessen am besonderen Umfang des Verfahrens ist eine Vergütung von 6.132,00 € für den Antragsteller nicht zumutbar.

aa) Bei der Prüfung, ob die gesetzlichen Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Tätigkeit des Verteidigers muss insgesamt das Durchschnittsmaß erheblich überschritten haben (Mayer/Kroiß, a. a. O. § 51 Rdn. 14) und sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch von überdurchschnittlichen Verfahren in exorbitanter Weise abheben (BGH StRR 2013, 39 Rdn. 5 nach juris; StRR 2014, 198 Rdn. 5 nach juris).

(1) Dies ist im Hinblick auf den besonderen Umfang der Fall, wenn der vom Verteidiger erbrachte Aufwand erheblich über dem Zeitaufwand liegt, den er in einer „normalen“ Sache zu erbringen hat, wobei als Vergleichsmaßstab gleichartige Verfahren heranzuziehen sind, die den Durchschnittsfall der vor dem jeweiligen Spruchkörper verhandelten Sachen darstellen (vgl. BGH Rpfleger 1996, 169 Rdn. 10 nach juris; OLG Celle, JurBüro 2013, 301, Rdn. 9 nach juris; OLG Hamm, JurBüro 1999, 194 Rdn. 3 nach juris; JurBüro 2003, 24 Rdn. 11 nach juris; OLG Saarbrücken, StRR 2011, 121, Rdn. 9 nach juris). Allerdings kann bei der Entscheidung über eine Pauschvergütung nicht ohne weiteres von der aufgewendeten Arbeitszeit des Verteidigers ausgegangen werden, die von individuellen Faktoren beeinflusst sein kann, die keinen Bezug zu Umfang oder Schwierigkeit der Sache aufweisen. Diese kann also nur Indiz für Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens sein, nicht aber unmittelbarer Maßstab für die Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschvergütung (BGH Rpfleger 1996, 169 Rdn. 9 nach juris). Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz will zwar im Gegensatz zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung den Zeitaufwand des Rechtsanwalts stärker berücksichtigen. Es hat aber nicht Zeithonorare eingeführt, sondern es grundsätzlich bei Betragsrahmengebühren belassen (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 13.03.2013 - 5 RVGs 108/12, Rdn. 19 nach juris) und lediglich bei den Terminsgebühren hinsichtlich der Zeitdauer der Hauptverhandlungstermine Abstufungen eingeführt. Maßgebend für die Höhe ist vielmehr das aufgrund objektiver Umstände zu beurteilende Gesamtgepräge des Verfahrens, das von Kriterien wie dem Umfang der Gerichtsakte, der Anzahl der vernommenen Zeugen und Sachverständigen, der Anzahl und Dauer von Vorbesprechungen mit dem Mandanten, dem sonstigen Vorbereitungsaufwand sowie der Anzahl und dem Umfang gefertigter Schriftsätze (vgl. OLG Celle StRR 2011, 240 Rdn. 11 nach juris; JurBüro 2013, 301, Rdn. 11 nach juris) bestimmt wird (vgl. auch BVerfG AGS 2009, 66 Rdn. 11 nach juris).

Demgegenüber hat die Frage, welcher anwaltliche Stundensatz üblich oder zur Kostendeckung erforderlich ist, für die Beurteilung, ob dem Verteidiger die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG zumutbar sind, keine erhebliche Bedeutung (vgl. OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 14 nach juris). Demgemäß kann die pauschalierte Vergütung auch nicht auf der Grundlage eines fiktiven Stundenlohns festgesetzt werden (KG NStZ-RR 2013, 232 Rdn. 6 nach juris; OLG München, Beschluss vom 09.09.2013 - 6 St (K) 1/13, [Volltext in www.burhoff.de]; OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 14 nach juris).

(2) Eine besondere Schwierigkeit liegt vor, wenn eine Sache aus besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen über das Normalmaß hinaus erheblich verwickelt ist (vgl. etwa OLG Celle, JurBüro 2013, 301, Rdn. 9 nach juris; OLG Saarbrücken, StRR 2011, 121, Rdn. 9 nach juris).

(3) Bei der Beurteilung, ob eine Sache besonders umfangreich oder besonders schwierig ist, kann die Erschwerung der Verteidigertätigkeit in einer Hinsicht (etwa wegen des Aktenumfangs und kurzer Einarbeitungszeit) durch ihre Erleichterung in anderer Hinsicht (z. B. durch die geringe Terminsdichte und eine unterdurchschnittliche Terminsdauer) ganz oder teilweise kompensiert werden (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2009, 296 Rdn. 4 nach juris; OLG Köln, StraFo 2006, 130 Rdn. 8 nach juris; OLG Saarbrücken, StRR 2011, 121, Rdn. 9 und 14 nach juris; OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 8 nach juris; kritisch Burhoff, RVG, a. a. O., § 51, Rdn. 53: nur innerhalb desselben Verfahrensabschnitts).

bb) Nach diesen Maßstäben liegt ein besonders umfangreiches Verfahren vor.

Bei dem gegenständlichen Strafverfahren handelt es sich im Vergleich mit anderen, in die erstinstanzliche Zuständigkeit der großen Strafkammer beim Landgericht fallenden Strafsachen im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität - wovon auch die Bezirksrevisorin in deren Stellungnahme ausgeht - um eine besonders umfangreiche Sache, die auch überdurchschnittlich umfangreiche Strafverfahren im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität noch exorbitant übersteigt. Das Strafverfahren wurde gegen drei Angeklagte geführt, die von insgesamt sechs Verteidigern verteidigt wurden. Bis zum Beginn der Hauptverhandlung betrug der Umfang der den Angeklagten H … betreffenden Hauptakten rund 2.000 Seiten, der die beiden Mitangeklagten betreffenden Hauptakten sowie Beiakten und Sonderbände weitere rund 15.000 Seiten. Hinzu kommen fast 34.000 Seiten Verschriftungen der Telekommunikationsüberwachung. Nicht nur der durchschnittliche, sondern auch der überdurchschnittliche Aktenumfang eines vor der großen Strafkammer geführten Strafverfahrens wurde hier deutlich überschritten. Die Strafkammer hat dem Umfang der Akten und des Verfahrens entsprechend ursprünglich 48 Verhandlungstage angesetzt.

cc) Eine besondere Schwierigkeit des Verfahrens im Sinne des § 51 RVG ist hingegen nicht erkennbar.

Der Umstand, dass erst durch die Sichtung der umfangreichen, fast 34.000 Seiten umfassenden TKÜ-Verschriftungen durch die Verteidiger der drei Angeklagten und auch durch letztere selbst mittels Abhören der Audiodateien (teilweise in russischer Sprache) Verfahrensverstöße gemäß § 160a StPO aufgedeckt wurden, begründet eine solche besondere Schwierigkeit nicht. Die Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots hinsichtlich abgehörter Telefongespräche rechtfertigt noch nicht die Annahme, das Verfahren hebe sich nach seiner Schwierigkeit im besonderen Maße von einem vergleichbaren Verfahren ab. Denn eine derartige Rechtsfrage ist für eine Strafkammersache nicht außergewöhnlich (vgl. zur Prüfung von Beweisverwertungsverboten auch OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 13 nach juris).

Nicht ausreichend zur Begründung einer besonderen Schwierigkeit der Sache gemäß § 51 RVG ist auch der Umstand, dass die Strafkammer gemäß Nr. 5 des Eröffnungsbeschlusses „wegen des Umfangs/der Schwierigkeit der Strafsache“ gemäß § 76 Abs. 2 GVG mit drei Berufsrichtern besetzt wurde.

dd) Der besondere Umfang des Verfahrens führt dazu, dass die Gewährung der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren für den Antragsteller unzumutbar ist.

(1) Allein der immense Aktenumfang erforderte objektiv einen hohen Zeitaufwand für die Einarbeitung in das Verfahren und die Vorbereitung der Verteidigungsstrategie, dessen Vergütung mit den Pflichtverteidigergebühren von 192,00 € (Grundgebühr) und 180,00 € (Verfahrensgebühr) ersichtlich für den Antragsteller unzumutbar ist (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall auch BVerfG NJW 2011, 3079 Rdn. 25 ff. nach juris). Dieser bringt nachvollziehbar vor, die Vorbereitung der Hauptverhandlung habe insgesamt etwa 20 Arbeitstage beansprucht. Der Umstand, dass dieser Zeitraum offensichtlich jedenfalls teilweise vor seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger lag, ändert nichts daran, dass der gesamte Zeitaufwand bei der Prüfung der Unzumutbarkeit heranzuziehen ist, da der Pflichtverteidiger bei der Bestellung im ersten Rechtszug gemäß § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG die Vergütung auch für seine Tätigkeit in Verfahrensabschnitten einschließlich des Ermittlungsverfahrens vor seiner Bestellung erhält (vgl. OLG Hamm StraFo 2012, 161 Rdn. 3 nach juris; s. auch Thüringer OLG StRR 2008, 479 Rdn. 8 f. nach juris).

(2) Demgegenüber liegt eine (weitere) Erschwerung der Verteidigertätigkeit nicht darin, dass ab Bestellung des Antragstellers zum Pflichtverteidiger am 17.10.2013 bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 22.10.2013 nur fünf Tage lagen. Die Länge der einem Pflichtverteidiger zur Verfügung stehenden Einarbeitungszeit ist zwar bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Pflichtverteidigergebühren ein zu berücksichtigender Umstand (vgl. OLG Celle, JurBüro 2013, 301, Rdn. 11 nach juris), der vor allem dann zum Tragen kommt, wenn aufgrund der späten Bestellung eine komprimierte Einarbeitung in das umfangreiche Verfahren kurz vor der Hauptverhandlung erforderlich ist (so OLG Hamm JurBüro 1999, 134 Rdn. 5 nach juris; OLG Saarbrücken, StRR 2011, 121, Rdn. 12 nach juris) und der Verteidiger während der zur Verfügung stehenden Zeit keine anderen Anwaltsmandate hat annehmen und führen können (vgl. etwa OLG Hamm NStZ 2000, 555 Rdn. 16 und 19 nach juris: gut sechs Wochen Einarbeitungszeit in einen insgesamt äußerst umfangreichen Verfahrensstoff). Vorliegend ist aber (nicht zuletzt wegen der Rückwirkung der Bestellung nach § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG) darauf abzustellen, dass der Antragsteller bereits im März 2013 mandatiert wurde und ihm somit ausreichend Zeit zur Verfügung stand, sich in das Verfahren einzuarbeiten.

(3) Die Unzumutbarkeit der Pflichtverteidigervergütung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass für den Angeklagten H … neben dem Antragsteller mit Rechtsanwalt Dr. G … ein weiterer Verteidiger tätig war.

Die Tätigkeit mehrerer Verteidiger für einen Angeklagten kann durch eine entsprechende Arbeitsteilung, die ein arbeitsökonomisches Vorgehen unter den Verteidigern ermöglicht (vgl. Fromm NJW 2013, 357, 358), zu einer Kompensation sowohl hinsichtlich der Schwierigkeit der Sache als auch hinsichtlich des Umfangs führen (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 13.03.2013 - 5 RVGs 108/12, Rdn. 19 nach juris; OLG Rostock NStZ-RR 2010, 326 Rdn. 15 ff. nach juris; Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 162 m. w. N.). Deshalb wird die Mehrzahl von Pflichtverteidigern zwar nicht stets (OLG Hamm AGS 1998, 138 Rdn. 5 nach juris; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 51 RVG Rdn. 21 „Wahlverteidiger“), aber in der Regel den Umfang oder die Schwierigkeit für den jeweils bestellten Anwalt verringern (OLG Hamburg JurBüro 1990, 354 Rdn. 6 nach juris; OLG Hamm JurBüro 1999, 134 Rdn. 5 nach juris; Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG Rdn. 11 „Mehrzahl von Pflichtverteidigern“; einschränkend Schneider, in: Schneider/Wolf RVG 7. Aufl. § 51 Rdn. 49, 51: „unter Umständen“). Vertreten zwei Verteidiger einen Angeklagten in der Hauptverhandlung, ist die Belastung für jeden der beiden Verteidiger regelmäßig geringer, als wenn - wie sonst durchaus auch in größeren Verfahren üblich - nur ein Verteidiger allein einen Angeklagten verteidigt, weil diese sich etwa die während der Hauptverhandlung an Zeugen zu richtenden Fragen und die Notierung der Antworten aufteilen können (so zutreffend OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 10 nach juris). Darüber hinaus kann der Umstand, dass für mehrere Angeklagte insgesamt mehrere Verteidiger tätig waren, die Tätigkeit des einzelnen Verteidigers in der Hauptverhandlung ebenfalls erleichtern, weil nicht jeder Verteidiger an alle Zeugen die gleichen Fragen richten muss (vgl. OLG Stuttgart a. a. O., Rdn. 9 nach juris).

So liegt es im Grundsatz hier, da der Angeklagte H … von zwei Rechtsanwälten verteidigt wurde, die sich sowohl das Aktenstudium bei der Einarbeitung in das Verfahren aufteilen als auch bei der Vertretung des Angeklagten in der Hauptverhandlung gegenseitig unterstützen konnten. Allerdings führt die mögliche Arbeitsteilung zwischen den beiden Verteidigern des Angeklagten H … bei der Einarbeitung in die Verfahrensakten und der Vorbereitung der Hauptverhandlung oder die faktische Arbeitsteilung mit den Verteidigern der weiteren Angeklagten innerhalb der Hauptverhandlung noch nicht dazu, die Voraussetzungen des § 51 RVG zu verneinen. Vielmehr weist trotz dieser Kompensationsmöglichkeiten das Verfahren - vor allem hinsichtlich des außerordentlichen Umfangs der Verfahrensakten - einen besonderen Umfang auf, der die Zuerkennung lediglich der gesetzlichen Pflichtverteidigervergütung für den Antragsteller unzumutbar macht und somit jeweils eine Pauschgebühr rechtfertigt. Allerdings ist die Möglichkeit einer ökonomischen Arbeitsteilung bei der Bemessung der Höhe der Pauschgebühr zu berücksichtigen.

(4) Die geltend gemachten Fahrtzeiten vom Kanzleisitz in B … zur Hauptverhandlung nach Amberg sind nach wohl überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur bei der Prüfung, ob dem Pflichtverteidiger überhaupt eine Pauschgebühr nach § 51 RVG zu bewilligen ist, nicht zu berücksichtigen (OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 6 nach juris; OLG Düsseldorf Rpfleger 2009, 644 Rdn. 11 nach juris; OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 18 nach juris; so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG 21. Aufl. § 51 Rdn. 22; Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG Rdn. 7; Baumgärtel/Hergenröder/Houben RVG 16. Aufl. § 51 Rdn. 5). Dies wird damit begründet, dass bei der Beurteilung des Umfangs des Strafverfahrens, in dem der Pflichtverteidiger tätig war, ein objektiver Maßstab zugrunde zu legen ist. Bei den vom Ort des Kanzleisitzes des Pflichtverteidigers abhängigen Fahrtzeiten handelt es sich hingegen nicht um einen verfahrensbezogenen, sondern um einen verteidigerbezogenen persönlichen Umstand (OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 6 nach juris; ähnlich OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 18 nach juris; so auch zu § 99 BRAGO OLG Nürnberg StV 2000, 441 Rdn. 7 nach juris). Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm werden aber die Fahrtzeiten, wenn aus anderen Gründen eine Pauschgebühr zu gewähren ist, bei deren Bemessung herangezogen (OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 7 nach juris; s. a. NJW 2007, 857 Rdn. 13 nach juris; Beschluss vom 17.01.2012 - 5 RVGs 38/11 Rdn. 12 nach juris; so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 22).

Auch das OLG Köln (StraFo 2006, 130 Rdn. 19 f. nach juris) vertritt die Auffassung, dass die Zeiten für An- und Abreise zur Hauptverhandlung im Regelfall die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht zu rechtfertigen vermögen. Der Gesetzgeber hat bei der Bemessung der gesetzlichen Gebühren ausdrücklich auf die Dauer der Hauptverhandlung abgestellt. Daraus entnimmt das OLG Köln, dass An- und Abreisezeiten, die notwendigerweise immer anfallen, grundsätzlich für die Vergütung des Verteidigers ohne Bedeutung sein sollen. Etwas anderes gelte allenfalls dann, wenn diese Zeiten im Verhältnis zur Hauptverhandlungsdauer besonders ins Gewicht fallen. Ein Missverhältnis zwischen Fahrtzeiten und Verhandlungsdauer könne bei Verteidigern, die ihren Kanzleisitz im Bezirk des jeweiligen Gerichts haben, grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die Grenze des Zumutbaren sei aber auch bei Verteidigern mit Kanzleisitz außerhalb des Gerichtsbezirks dann noch nicht überschritten, wenn bei einer Verhandlungsdauer von überwiegend mehr als fünf Stunden pro Verhandlungstag der Verteidiger Fahrtzeiten von eineinhalb Stunden aufwenden müsse. Dieser Aufwand gehe nicht wesentlich über das hinaus, was einem Verteidiger auch bei Fahrtzeiten innerhalb eines Gerichtsbezirks an zeitlicher Belastung entstehen könne.

Teilweise wird von den Oberlandesgerichten die Berücksichtigung der Fahrtzeiten generell abgelehnt, da es sich insoweit um notwendige Auslagen handele, die für die Bemessung der Höhe der zu bewilligenden Pauschgebühr ohne Bedeutung sind (vgl. OLG Celle JurBüro 2013, 301 Rdn. 11 nach juris; OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 18 nach juris).

Die Oberlandesgerichte Karlsruhe (StV 2006, 205 Rdn. 6 nach juris) und Stuttgart (Rpfleger 2014, 692 Rdn. 10 nach juris) beziehen hingegen bei der Bemessung des Zeitaufwands als besonders umfangreich die Fahrtzeiten zwischen Kanzlei und Verhandlungsort mit ein.

Das Bundesverfassungsgericht konnte aufgrund der Umstände des Einzelfalls offen lassen, ob allein die Nichtberücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Anreise zum Gerichtsort bei der Bemessung des Umfangs der Sache nach § 99 BRAGO zu einer Überschreitung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze führen kann und unter welchen Voraussetzungen dies im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung anzunehmen wäre. Denn die durch Reisezeiten bedingte zusätzliche Belastung des Pflichtverteidigers fiel schon aufgrund der nicht außergewöhnlichen Fahrtzeit von höchstens einer Stunde nicht erheblich ins Gewicht, zumal seine durchschnittliche Inanspruchnahme pro Verhandlungstag auch bei Einrechnung der An- und Abreise das übliche Maß noch nicht überschritt und die Kompensation mit der höheren Anzahl der Verhandlungstage nicht ausgeschlossen war (NJW 2005, 1264 Rdn. 9 nach juris).

Der Meinungsstreit, ob die Fahrtzeiten des Antragstellers bereits bei der Prüfung des besonderen Umfangs des Verfahrens zu berücksichtigen sind, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da der besondere Umfang schon aufgrund des Aktenumfangs zu bejahen ist und damit in der Gesamtschau Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zulassen, dass die gesetzliche Pflichtverteidigervergütung von 6.132 € wegen des besonderen Umfangs für den Antragsteller nicht zumutbar ist.

3. Der Senat hält eine Pauschgebühr von 9.700 € für angemessen aber auch ausreichend, um das Sonderopfer in einer dem Antragsteller zumutbaren Weise auszugleichen.

a) Für die Bemessung der dem Antragsteller zuzuerkennenden Pauschgebühr ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Da die Wahlverteidigergebühren regelmäßig eine angemessene Vergütung für die Tätigkeit des Verteidigers gewährleisten, sind diese als Maßstab für die Bemessung der Pauschgebühr heranzuziehen. Die jeweilige Wahlverteidigerhöchstgebühr bildet somit grundsätzlich auch die Obergrenze für die Pauschgebühr. Sie kann jedoch in Ausnahmefällen überschritten werden. Hierbei ist § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG, der die Obergrenze für die Pauschgebühr des Wahlverteidigers regelt, nicht entsprechend auf die Pauschgebühr des Pflichtverteidigers anwendbar.

aa) Nach der überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sind die gesetzlichen Gebühren eines Wahlverteidigers grundsätzlich Maßstab und Rahmen für die Höhe der Pauschvergütung (vgl. etwa KG NStZ-RR 2013, 232 Rdn. 4 nach juris; OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 11 nach juris; OLG Karlsruhe Rpfleger 2005, 694 Rdn. 8 nach juris; OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 20 nach juris). Dem ist beizupflichten, da die dem Wahlverteidiger gesetzlich zustehenden Gebühren - wovon auch die Begründung zum Entwurf des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausgeht - regelmäßig eine leistungsorientierte Vergütung gewährleisten (BT-Drucks. 15/1971, S. 2, 146) und die Aufteilung der Gebühren auf die verschiedenen Tätigkeiten eine aufwandsangemessene und für den Auftraggeber transparente Abrechnung der Anwaltsvergütung zulässt (BT-Drucks. 15/1971, Seite 146). Darüber hinaus sind durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und nochmals durch das am 23.07.2013 verkündete Zweite Kostenmodernisierungsgesetz Anpassungen der Gebühren an die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 144, 149; 17/11471, Seite 133 und 281 f.).

Die mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erstmals eingeführte Regelung des § 42 RVG ermöglicht es, auch für den Wahlanwalt auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte gerichtlich festzustellen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Wahlverteidigergebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Die Vorschrift erlaubt es somit, den erhöhten Arbeitsaufwand des Verteidigers angemessen zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 15/1971, Seite 198). Die Pauschgebühr darf jedoch gemäß § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG das Doppelte der Höchstbeträge nach Teil 4 VV RVG nicht übersteigen. Darüber hinausgehende Vergütungen muss der Verteidiger mit seinem Mandanten vereinbaren (so die Begründung des Gesetzgebers, BT-Drucks. 15/1971, Seite 198).

Wird dem Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr in Höhe der dem Wahlverteidiger zustehenden gesetzlichen Vergütung zuerkannt, führt dies wegen der im Grunde leistungsorientierten und erst jüngst an die wirtschaftliche Entwicklung angepassten Wahlverteidigergebühren grundsätzlich dazu, dass von einem unzumutbaren Sonderopfer nicht mehr gesprochen werden kann. Hierbei ist immer im Auge zu behalten, dass der Pflichtverteidiger durch die Gewährung einer Pauschgebühr nicht etwa einem Wahlverteidiger gleichgestellt, sondern lediglich außergewöhnliche und unzumutbare Belastungen des Pflichtverteidigers vermieden werden sollen (OLG Hamm JurBüro 1994, 101, 102). Demgemäß wird nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg (vgl. etwa die unveröffentlichten Beschlüsse vom 03.07.2009 - 1 ARs 22/09, und vom 10.05.2011 - 1 ARs 15/11) die Anhebung der Pflichtverteidigergebühren der Höhe nach grundsätzlich durch die einem Wahlverteidiger gesetzlich zustehenden Höchstgebühren begrenzt (so auch OLG Bamberg JurBüro 1980, 1043; 1982, 90, 92; Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG Rdn. 11 „Höchstgebühr“).

bb) Im Hinblick auf den dargestellten Charakter der Wahlverteidigergebühr als leistungsorientierte und der wirtschaftlichen Entwicklung angepasste Vergütung kann diese Grenze nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden. Ein solcher Fall wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Arbeitskraft des Verteidigers über einen längeren Zeitraum hinweg nahezu ausschließlich für seine Pflichtverteidigertätigkeit in Anspruch genommen wird oder eine Beschränkung selbst auf die Rahmenhöchstgebühr des Wahlverteidigers in einem grob unbilligen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts stehen und diesem ein unzumutbares Sonderopfer abverlangen würde (vgl. KG NStZ-RR 2013, 232 Rdn. 4 nach juris; OLG Bremen StraFo 2012, 39 Rdn. 6 nach juris; OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 12 nach juris; JurBüro 1999, 134 Rdn. 5 nach juris; JurBüro 1999, 134 Rdn. 8 nach juris; OLG Rostock NStZ-RR 2010, 326 Rdn. 12 f. nach juris; OLG Saarbrücken StRR 2011, 121 Rdn. 20 nach juris).

(1) Unter der Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung nahm das OLG Koblenz einen solchen Ausnahmefall an, wenn die Höchstgebühren eines Wahlverteidigers in einem derart groben Missverhältnis zur Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers stehen, dass auch der Wahlverteidiger nur für ein über den gesetzlichen Höchstgebühren liegendes Honorar tätig wird. Dies sei der Fall, wenn die Dauer des Verfahrens den Pflichtverteidiger über Jahre hinweg mit der Sache befasst hat, die Einarbeitung in die Materie und die Vorbereitung der Hauptverhandlung seinen ganzen Einsatz erforderten, so dass auch seine übrige Praxistätigkeit erheblich unter diesem überdurchschnittlichen langen Arbeitseinsatz gelitten haben dürfte (Rpfleger 1992, 268).

Das OLG Hamm bejahte einen solchen Ausnahmefall, der zu einer Angleichung an die Wahlverteidigerhöchstgebühr oder zu deren geringfügigen Überschreitung führen kann, bei einem außergewöhnlich umfangreichen Strafverfahren (Wirtschaftsstrafverfahren) mit einer Reihe besonders schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen, außergewöhnlichem Aktenumfang, einer Verfahrensdauer von fast zwei Jahren mit einer besonders komplexen Beweisaufnahme (Vernehmung von 105 Zeugen und 22 Sachverständigen), der Stellung einer großen Zahl von Befangenheitsanträgen und einem Urteilsumfang von 559 Seiten (OLG Hamm JurBüro 1994, 101, 102).

Auch wenn das Verfahren den Verteidiger nicht über einen sehr langen Zeitraum von vielen Monaten oder gar mehreren Jahren nahezu ausschließlich in Anspruch genommen hat, kann eine Pauschgebühr in der Nähe der Wahlverteidigerhöchstgebühren in Betracht kommen, wenn aufgrund der enormen Fülle des Aktenmaterials und aufgrund des Umfangs der Vorbereitung auf die Hauptverhandlung der Anwalt nachvollziehbar jedenfalls in diesem Zeitabschnitt andere anwaltliche Verpflichtungen kaum übernehmen und wahrnehmen konnte (OLG Hamm JurBüro 1998, 413, 414 JurBüro 1997, 84, 85).

(2) Unter der Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes wurden Überschreitungen der Wahlverteidigerhöchstgebühr teilweise bereits bei weniger gravierenden Einschnitten in die Berufsausübungsfreiheit des Verteidigers bzw. beigeordneten Rechtsanwalts zugelassen. So nahm das Kammergericht (NStZ-RR 2013, 232 Rdn. 5 nach juris) einen zur Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühr führenden Ausnahmefall bei einem Zeugenbeistand an, wenn dieser an sieben Sitzungstagen insgesamt etwa 24 1/2 Stunden in Anspruch genommen wurde und das erforderliche Vorgespräch unter erschwerten Bedingungen (Zeugenschutzprogramm) abgehalten werden musste.

Das OLG Bremen hielt eine Überschreitung der Höchstgebühr des Wahlverteidigers in einem Fall für vertretbar, in dem der Verteidiger sich zunächst in eine Akte von 11 Bänden mit einem Umfang von ca. 12.000 Seiten einarbeiten musste, wobei er auf den Aktenauszug eines weiteren Verteidigers zurückgreifen konnte, außerhalb der Hauptverhandlung eine umfangreiche Tätigkeit entfaltete, indem er eine umfangreiche Stellungnahme zur sehr umfangreichen Anklageschrift übersandte, weitere, teils mehrseitige Schriftsätze verfasste und dem Gericht weiteres Material zukommen ließ, bei zeitaufwändigen Verhandlungen und Abstimmungen über eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO mitwirkte, wobei der Mandant wegen des bundesweiten öffentlichen Interesses an dem Verfahren einem zusätzlichen hohen emotionalen Druck ausgesetzt war, was sich auch auf die Zusammenarbeit mit seinem Verteidiger ausgewirkt habe (StraFo 2012, 39 Rdn. 23 nach juris).

cc) Demgegenüber betrachten Teile der Rechtsprechung und die wohl überwiegende Kommentarliteratur die Wahlverteidigergebühren allenfalls als Anhaltspunkt und gehen davon aus, die Pauschvergütung dürfe die gesetzlichen Höchstbeträge der Wahlverteidigervergütung ohne Weiteres übersteigen (OLG Köln RVGreport 2006, 147 Rdn. 4 nach juris; Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 60 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 40; Rehberg, in: Göttlich/Mümmler, RVG 5. Aufl. „Pflichtverteidiger“ Anm. 13.3.1; Schneider, in: Schneider/Wolf RVG 7. Aufl. § 51 Rdn. 113) bzw. gewähren eine solche, ohne dies zu problematisieren (vgl. OLG Celle JurBüro 2013, 301 Rdn. 11 nach juris). Dies wird unter anderem wie folgt begründet: Während die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bislang Sinn und Zweck des früheren § 99 BRAGO eher darin gesehen habe, unzumutbare Belastungen zu vermeiden, sei in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durchaus mehr Gewicht auf die angemessene Honorierung des Pflichtverteidigers zu legen. Demgemäß sei eine Zurückhaltung bei der Bewilligung von Pauschgebühren nicht mehr angebracht. Eine gesetzliche Grundlage für eine Begrenzung auf die Höchstgebühr des Wahlverteidigers gebe es nicht. Letztere könne ohnehin kein Kriterium sein, da auch der Wahlverteidiger gemäß § 42 RVG über die Höchstgebühr hinaus eine Pauschgebühr bewilligt erhalten könne (vgl. Schneider, in: Schneider/Wolf RVG a. a. O. § 51 Rdn. 114).

dd) Ungeachtet dieser Gegenmeinung hält der Senat aus den unter aa) genannten Gründen mit der bisher überwiegenden Auffassung der Oberlandesgerichte an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Wahlverteidigerhöchstgebühr nur in Ausnahmefällen überschritten werden kann.

Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach ist die Bestellung eines Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Sinn der Pflichtverteidigung ist es nicht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen. Vielmehr besteht ihr Zweck ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen (§ 140 StPO) rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird. Angesichts der umfassenden Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers für Aufgaben, deren ordentliche Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liegt, hat der Gesetzgeber die Pflichtverteidigung nicht als eine vergütungsfrei zu erbringende Ehrenpflicht des Anwaltsstandes angesehen, sondern den Pflichtverteidiger honoriert. Der Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers liegt indessen erheblich unter den als angemessen geltenden Rahmengebühren des Wahlverteidigers. Diese Begrenzung ist durch einen vom Gesetzgeber im Sinne des Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich, der auch das Interesse an einer Einschränkung des Kostenrisikos berücksichtigt, gerechtfertigt, sofern die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist. In Strafsachen besonderen Umfangs, die die Arbeitskraft des Pflichtverteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nehmen, ohne dass er sich dieser Belastung entziehen könnte, gewinnt die Höhe des Entgelts für ihn existenzielle Bedeutung. Eine Verteidigung zu den verkürzten Gebühren des § 45 RVG könnte dann dem Pflichtverteidiger ein unzumutbares Opfer abverlangen. Schon das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) gebietet für solch besondere Fallgestaltungen besonders umfangreicher oder besonders schwieriger Verfahren eine Regelung, die es, wie § 51 RVG, ermöglicht, der aufgezeigten Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers Rechnung zu tragen und ihn entsprechend zu vergüten (vgl. BVerfGE 68, 237 Rdn. 42 f. nach juris; BVerfG NJW 2005, 3699 Rdn. 3 nach juris; NJW 2007, 3420 Rdn. 3 nach juris; NJW 2011, 3079 Rdn. 18 nach juris). Die Grenze der Zumutbarkeit muss gewahrt bleiben, wenn der Anspruch des Pflichtverteidigers auf Auslagenerstattung im Interesse des Gemeinwohls an einer Einschränkung des Kostenrisikos begrenzt wird (vgl. BVerfG, AGS 2009, 66, Rdn. 9 nach juris; NJW 2011, 3079 Rdn. 18 nach juris).

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich umgekehrt nicht ableiten, dass die Heranziehung der gesetzlichen Höchstvergütung des Wahlverteidigers als Maßstab und grundsätzliche Obergrenze für die Bemessung der Pauschvergütung ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Dieses hat ausgeführt, der bloße Hinweis eines Verteidigers darauf, die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren ergebe sich aus einem Vergleich mit der Gebühr, die ein Wahlverteidiger für die gleiche Tätigkeit hätte verlangen können, würde die Besonderheiten der Pflichtverteidigerbestellung verkennen. Dass diese deutlich unter der Vergütung eines Wahlverteidigers liegt bzw. liegen kann, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und ergebe sich aus dem der Vergütung des Pflichtverteidigers zugrunde liegenden Interessenausgleich (vgl. BVerfGE 68, 237, 253 ff. = Rdn. 42 f. nach juris; BVerfG NJW 2007, 3420 Rdn. 11 nach juris). Auch die pauschale Heranziehung der Wahlverteidigerhöchstgebühr als Vergleichsmaßstab sei nicht veranlasst, da die entsprechenden Gebührentatbestände (Nrn. 4101, 4100; 4103, 4102; 4105, 4104; 4107; 4106; 4109, 4108 VV RVG) als Rahmengebühren ausgestaltet sind, so dass die genaue Höhe nach Maßgabe der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu ermitteln ist (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420 Rdn. 11 nach juris).

Somit ist es immer eine Frage des Einzelfalls, ob auch die Gewährung einer Pauschgebühr in Höhe der gesetzlichen Höchstvergütung des Wahlverteidigers für den jeweiligen Verfahrensabschnitt angesichts des Aufwands und der Belastung des Pflichtverteidigers für diesen ein unzumutbares Sonderopfer darstellt. Dies wird nicht generell, kann aber in Ausnahmefällen der Fall sein.

ee) Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, der ein Überschreiten der Wahlverteidigerhöchstgebühr rechtfertigt, dann ist allerdings § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht analog anwendbar. Diese für die Pauschgebühr des Wahlverteidigers geltende Beschränkung auf das Doppelte der Höchstgebühr eines Wahlverteidigers gilt nicht entsprechend für die Pauschgebühr des Pflichtverteidigers (vgl. OLG München Beschluss vom 09.09.2013 - 6 St (K) 1/13 [Volltext in www.burhoff.de]; OLG Stuttgart Rpfleger 2008, 441, Rdn. 8 nach juris; Thüringer OLG BeckRS 2009 Nr. 86298; Burhoff, RVG, a. a. O., § 51 Rdn. 40; Schneider, in: Schneider/Wolf RVG a. a. O., § 51 Rdn. 115; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 40; a. A. - ohne Begründung - Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG, Rdn. 33). § 51 RVG enthält keine Obergrenze des Pauschvergütungsanspruchs. Insoweit handelt es sich nicht um eine planwidrige Regelungslücke; der Gesetzgeber hat die Pauschvergütungsregelungen der §§ 42 und 51 RVG zeitgleich und in bewusst gleicher Terminologie geregelt (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 198). Beide Regelungen unterschieden sich zudem darin, dass bei einer Pauschvergütung nach § 42 RVG die Gesichtspunkte des § 14 RVG - und damit auch die Bedeutung der Sache und die Einkommens-/Vermögensverhältnisse des Auftraggebers - zum Tragen kommen; dies spielt bei der Bemessung der Pauschvergütung nach § 51 RVG keine Rolle (Thüringer OLG NJW 2006, 933 OLG Stuttgart, Rpfleger 2008, 441 Rdn. 8 nach juris). Der Pflichtverteidiger hat auch nicht die Möglichkeit, eine über das Doppelte der Wahlanwaltshöchstgebühr hinausgehende Vergütung zu vereinbaren. Dies war aber - wie sich aus der Gesetzesbegründung entnehmen lässt (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 198) - der mitentscheidende Grund für den Gesetzgeber, die Höhe der Pauschgebühr für den Wahlanwalt nach § 42 RVG zu begrenzen (OLG Stuttgart, Rpfleger 2008, 441 Rdn. 8 nach juris; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 40).

b) Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, in welchem Maße in Ausnahmefällen die Höchstgebühr des Wahlanwalts überschritten werden kann, ist - den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geschuldet - uneinheitlich.

aa) Unter der Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung hat das Oberlandesgericht Nürnberg (AnwBl. 2000, 56 Rdn. 1 nach juris) eine Pauschgebühr in Höhe des Doppelten der gesetzlichen Gebühren zuerkannt, wobei mangels näherer Ausführungen nicht nachvollziehbar ist, in welchem Verhältnis diese Erhöhung zur Wahlverteidigerhöchstgebühr steht. Wegen der in § 97 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auf die Hälfte des Höchstbetrages begrenzten gesetzlichen Gebühren des Pflichtverteidigers dürfte die Pauschgebühr jedoch allenfalls die Wahlverteidigerhöchstgebühr erreicht haben.

Teilweise wurde eine Pauschvergütung leicht über der Wahlverteidigerhöchstgebühr bewilligt [vgl. die oben unter 3. a) bb) (1) zitierte Entscheidung des OLG Hamm JurBüro 1994, 101, 102; s. a. OLG Hamm NStZ 2000, 555 Rdn. 18 nach juris: besonders schwieriges und besonders umfangreiches Verfahren; 1.000 Seiten Hauptakten; rund 600.000 Seiten Beiakten; nur gut sechs Wochen Einarbeitungszeit; 22 Hauptverhandlungstage von durchschnittlich 5 1/2 Stunden].

Zum Teil lag die Pauschvergütung im Bereich des Doppelten der Wahlverteidigergebühren [vgl. OLG Köln JurBüro 2003, 81 (über 2 Jahre andauerndes Strafverfahren mit außerordentlichem Aktenumfang - ca. 4.500 Blatt Hauptakten bis zur Anklageerhebung; weit über einhundert Beweismittelordner sowie Bände mit Telefonüberwachungsprotokollen - und erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten; 104 Tage dauernde Hauptverhandlung; Teilnahme des Verteidigers an 4 Rechtshilfevernehmungen im Ausland mit insgesamt 21 Tagen Ortsabwesenheit; Beiordnung erst verhältnismäßig kurz vor Hauptverhandlungsbeginn; Schwierigkeiten hinsichtlich der teils ungenau übersetzten TKÜ-Protokolle. Verständigung mit im persönlichen Umgang schwierigen Mandanten auch außerhalb der Hauptverhandlung nur mit Dolmetscher möglich; 36 Besprechungstermine in der JVA zur Vorbereitung sowie während der Hauptverhandlung); OLG München JurBüro 1982, 93 f. (Verfahren ungewöhnlich umfangreich und schwierig, Teilnahme an 38 Hauptverhandlungstagen; Beanspruchung der Verteidiger auch außerhalb der einzelnen Verhandlungstage weit über den Rahmen des Üblichen hinaus, etwa durch umfangreiche Besprechungen mit den Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt)].

Andere Oberlandesgerichte lassen im Ausnahmefall weitere Erhöhungen zu (allgemein OLG Karlsruhe AnwBl. 1989, 113). Das OLG München hat das rund Vierfache der Wahlverteidigerhöchstgebühr zuerkannt, was dem rund Siebeneinhalbfachen der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren entsprach (AnwBl. 1977, 118, 119 f.). Dies betraf ein Verfahren allergrößten Ausmaßes mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (Aktenumfang zu Beginn der Hauptverhandlung 30 umfangreiche Bände, 20 weitere Straf-, Ermittlungs- und Zivilakten sowie außerdem umfangreiche Steuerstrafakten; 109 Hauptverhandlungstage über mehr als eineinviertel Jahre; Sitzungsniederschrift 1.300 sehr eng beschriebene Seiten, was normalerweise rund 2.000 Seiten entsprechen würde; Urteil 383 Seiten; Vielzahl von Anträgen und Beschwerden; Antragsteller war insgesamt drei Jahre mit Pflichtmandat betraut; äußerst schwierige Beweiswürdigung etc.).

Das OLG Bamberg (JurBüro 1980, 1043) hat in einem außergewöhnlichen Sonderfall, in dem die Höchstgebühr des Wahlverteidigers für die Abgeltung der Tätigkeit des Pflichtverteidigers ersichtlich nicht ausreichte, das Fünffache der Wahlverteidigerhöchstgebühr zuerkannt.

Soweit in der Kommentarliteratur (s. Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG Rdn. 11 „Höchstgebühr“) weitere Beispiele aus der Rechtsprechung für eine mehrfache Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühr genannt werden, finden diese in den zitierten Entscheidungen keine Stütze. Der als Beleg für eine dreifache Überschreitung zitierten Entscheidung des OLG Hamm (JurBüro 1997, 84, 85) lässt sich lediglich entnehmen, dass die Antragsteller mindestens das Dreifache der Wahlverteidigerhöchstgebühr begehrt haben. Hierbei handelte es sich - so das OLG Hamm - um ein sehr umfangreiches Verfahren, in dem eine Reihe besonders schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen zu klären war. Der Aktenumfang mit rund 30 Bänden Strafakten und zahlreichen Bänden Nebenakten als auch die Verhandlungsdauer mit 120 Hauptverhandlungstagen in rund eineinhalb Jahren mit der Vernehmung von mehr als 200 Zeugen und von mehreren Sachverständigen an 39 Hauptverhandlungstagen und die Haftfrage hatten das Verfahren geprägt und es gerechtfertigt, diese Sache innerhalb der besonders umfangreichen und besonders schwierigen Verfahren im oberen Bereich anzusiedeln. Gleichwohl habe es - so das OLG Hamm - noch nicht einen solchen Umfang aufgewiesen, dass die Gewährung einer Pauschvergütung in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr oder sogar der dreifachen Höchstgebühr eines Wahlanwalts gerechtfertigt gewesen wäre. Die Zubilligung einer Pauschgebühr in Höhe oder gar über der Höchstgebühr für einen Wahlverteidiger komme nur in Betracht, wenn das Verfahren, in dem der Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, seine Arbeitskraft über eine sehr lange Zeit hindurch ausschließlich oder fast ganz ausschließlich in Anspruch genommen hat. Das sei dann nicht der Fall, wenn die Hauptverhandlung mit etwa ein bis zwei Hauptverhandlungstagen in der Woche nicht sehr dicht terminiert war. Das OLG Hamm hielt in diesem Fall eine Pauschvergütung angemessen, die die Wahlverteidigerhöchstgebühr nur mäßig unterschreitet (JurBüro 1997, 84, 85).

In der als Beleg für eine fünffache Überschreitung zitierten Entscheidung bezeichnet das OLG Koblenz die Forderung nach einer Pauschvergütung in Höhe von mindestens dem Fünffachen als weit übersetzt (Rpfleger 1992, 268, 269). Soweit das OLG Hamm (JurBüro 1994, 102) als Beleg dafür herangezogen wird, über das Sechsfache der Wahlverteidigerhöchstgebühr hinaus sei gewährt worden, trifft dies ebenfalls nicht zu. Dieses hat eine über die Höchstverteidigergebühr (72.740 DM) geringfügig hinausgehende Pauschvergütung (75.000 DM) bewilligt, wobei die Anwälte mehr als das Sechsfache der ihnen jeweils zustehenden gesetzlichen (Pflichtverteidiger-) Gebühren forderten und hierbei die Höchstgebühren eines Wahlanwalts, die etwa dem Doppelten der gesetzlichen Gebühren entsprachen, noch ganz erheblich überschritten wurden (JurBüro 1994, 101, 102).

bb) Unabhängig hiervon können die zu § 99 BRAGO ergangenen Entscheidungen nur bedingt als Grundlage für § 51 RVG herangezogen werden, soweit es um die wegen des besonderen Umfangs des Verfahrens zuerkannte Pauschgebühr und deren konkrete Höhe geht (vgl. auch Burhoff, RVG a. a. O., § 51 Rdn. 15). Soweit die Rechtsprechung zu § 99 BRAGO eine Anhebung der Pauschgebühr auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr vornahm, erfasste diese regelmäßig auch die Terminsgebühr nach § 83 BRAGO. Demgegenüber trägt das am 01.07.2004 in Kraft getretene Rechtsanwaltsvergütungsgesetz dem erhöhten Zeitaufwand des Pflichtverteidigers bereits im Bereich der diesem zustehenden gesetzlichen Terminsgebühren durch die Längenzuschläge Rechnung. Dies hat zur Folge, dass eine Erhöhung der gesetzlichen Terminsgebühren für den Pflichtverteidiger auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr eher selten in Betracht kommt [vgl. unten c) bb) (2)]. Somit hat eine Erhöhung der Vergütung nach § 51 RVG auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr - weil sie in der Regel nur die Grund- und Verfahrensgebühren betrifft (zu einer Ausnahme siehe sogleich unter cc) - betragsmäßig wesentlich geringere Auswirkungen als unter der Geltung der BRAGO.

cc) Unter Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geht das OLG Celle davon aus, nur soweit eine Gesamtschau verschiedener Kriterien dem Verfahren das Gepräge gibt, dass die Arbeitskraft des Verteidigers in besonderer Weise gebunden war, sei eine Pauschvergütung im Bereich der Wahlverteidigerhöchstgebühr veranlasst, wobei es im Hinblick auf den überdurchschnittlichen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Einarbeitung des Verteidigers, der zehn Terminstagen entsprach, zehn zusätzliche Terminsgebühren eines Pflichtverteidigers ansetzte und für jeden der ersten 40 Sitzungstage wegen des erhöhten Arbeitsaufwands für die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen überschlägig eine zusätzliche Gebühr in Höhe der Differenz zwischen der bewilligten Pflichtverteidigergebühr und der entsprechenden Wahlverteidigerhöchstgebühr zuerkannte (StRR 2011, 240 Rdn. 11 f. nach juris).

Das Thüringer Oberlandesgericht erhöhte in einem Strafverfahren vor dem Jugendschöffengericht wegen des besonderen Umfangs der Sache die gesetzliche Grundgebühr (Nr. 4101 VV RVG) und die gesetzliche Verfahrensgebühr (Nr. 4107 VV RVG) des Pflichtverteidigers jeweils auf das Dreifache (StV 2006, 204 Rdn. 16 f. nach juris), was einen Betrag von 486 € bzw. 411 € ergab und somit (nach den damals geltenden Vergütungssätzen) zu einer Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühr von 375 € bzw. 312,50 € um rund das 1,3fache führte. Außerdem gewährte es einen Zuschlag zu den Terminsgebühren des Pflichtverteidigers von pauschal 500 € für den erhöhten Vorbereitungsaufwand auf später zusätzliche anberaumte Hauptverhandlungstermine (StV 2006, 204 Rdn. 18 nach juris).

Das OLG Köln hat in einer sehr zeitaufwändigen und schwierigen Auslieferungssache eine Pauschvergütung bewilligt, welche bei einer Vervielfachung der gesetzlichen Gebühren deutlich über der Höchstgebühr eines Wahlverteidigers lag (OLG Köln RVGreport 2006, 147 Rdn. 4 nach juris).

Das OLG Stuttgart hat in einem besonders umfangreichen und schwierigen Verfahren, bei dem der Umfang der Ermittlungsakten als auch die Dauer des Verfahrens von üblichen Ermittlungsverfahren gravierend nach oben abwichen, der vom Beistand betriebene Aufwand erheblich war, da über Jahre hinweg eine mehrfache Einarbeitung in den Sachverhalt und die Beweismittel nötig war, und der Verfahrensstoff komplex und schwierig war, dem Pflichtverteidiger für den Einarbeitungsaufwand vier (Pflichtverteidiger-) Grundgebühren gemäß Nr. 4100 VV RVG sowie für die im Verfahren entfalteten Tätigkeiten 12 (Pflichtverteidiger-) Verfahrensgebühren gemäß Nr. 4104 VV RVG bewilligt (Rpfleger 2008, 229). Dies blieb bei der Grundgebühr unter dem Zweifachen (rund 1,77) der Wahlverteidigerhöchstgebühr, während bei der Verfahrensgebühr die Wahlverteidigerhöchstgebühr um mehr als das Fünffache (rund 5,5) überschritten wurde. In einem anderen äußerst umfangreichen Verfahren hat das OLG Stuttgart zehn zusätzliche Verfahrensgebühren zuerkannt (vgl. OLG Stuttgart Rpfleger 2014, 692 Rdn. 11 nach juris).

Das OLG Bremen nahm in einem besonders umfangreichen und rechtlich besonders schwierigen Strafverfahren Erhöhungen der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG auf das Siebenfache (924 €) der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühr (132 €) und der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG auf das Zehnfache (1.240 €) der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühr (124 €) vor (StraFo 2012, 39 Rdn. 6, 10 nach juris). Dies führte (nach den damals geltenden Vergütungssätzen) zu einer Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühr um rund das Dreifache bei der Grundgebühr und um rund das 4,6fache bei der Verfahrensgebühr.

Das OLG München setzte im NSU-Prozess einen Vorschuss für die zu erwartende Pauschgebühr für das Vorverfahren fest, der die gesetzlichen Höchstgebühren des Wahlverteidigers um das 7,3-fache übersteigt [Beschluss vom 09.09.2013 - 6 St (K) 1/13, Volltext in www.burhof.de].

c) Vorliegend sind wegen des besonderen Umfangs des Verfahrens die dem Antragsteller zustehende gesetzliche Grundgebühr (Nr. 4101 VV RVG) um das Fünffache und die Verfahrensgebühr (Nr. 4113 VV RVG) um das Achtfache zu erhöhen. Bei der Terminsgebühr ist eine Anhebung um 12 mal 128 € geboten. Insgesamt wird mit der für das gesamte Verfahren auf 9.700 € festzusetzenden Pauschgebühr die Wahlverteidigerhöchstgebühr (unter Einbeziehung der Terminsgebühren) nicht überschritten.

aa) Mit der Grundgebühr wird gemäß Anmerkung (1) zu Nr. 4100 VV RVG die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall abgegolten, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Nach der Gesetzesbegründung betrifft dies das erste Gespräch mit dem Mandanten und die erste Beschaffung der erforderlichen Informationen (BT-Drucks. 15/1971 S. 222 zu Nr. 4100 VV); dies erfasst alle in zeitlich nahem Zusammenhang mit der Übernahme des Mandats stehenden Tätigkeiten, die notwendig für die ordnungsgemäße Erstbearbeitung des Rechtsfalles sind, also auch die erste Akteneinsicht (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O., VV 4100, 4101 Rdn. 1 und 10; Burhoff, RVG, a. a. O., Nr.4100 VV Rdn. 20 ff.).

Spätere sich anschließende Gespräche, die z. B. dem konkreten Aufbau der Verteidigungsstrategie dienen, werden nicht mehr von der Grundgebühr, sondern von der daneben gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entstehenden Verfahrensgebühr umfasst (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. VV 4100 Rdn. 11; zum Ganzen OLG München Rpfleger 2014, 445 Rdn. 19 nach juris). Diese entsteht für die Tätigkeit in jedem gerichtlichen Verfahren als Ausgangsgebühr, durch die bereits die Information als Bestandteil des „Betreibens des Geschäfts“ entgolten wird, während die Grundgebühr den zusätzlichen Aufwand entgelten soll, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt. Sie hat daher den Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert (BT-Drucks. 17/11471, Seite 281). Durch die Verfahrensgebühr wird somit die gesamte Tätigkeit des Pflichtverteidigers im Strafverfahren des ersten Rechtszuges nach Abschluss des vorbereitenden Verfahrens außerhalb der Hauptverhandlung abgegolten (Mayer/Kroiß, a. a. O. VV RVG Nrn. 4106-4123 Rdn. 3).

bb) Mit der Terminsgebühr - hier nach Nr. 4114 - 4117 VV RVG - wird die Teilnahme an jedem Hauptverhandlungstermin abgegolten (Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 1 VV RVG). Erfasst wird auch die Vor- und Nachbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins, nicht jedoch die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung. Die insoweit erbrachten Tätigkeiten werden - wie oben dargelegt - von der Verfahrensgebühr abgegolten (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O., VV 4108-4111 Rdn. 10).

(1) Bei der Bemessung der Terminsgebühr ist nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg eine Sitzungsunterbrechung während der Mittagszeit grundsätzlich in der üblichen Länge von etwa einer Stunde als Mittagspause abzuziehen und nicht als Teilnahme an der Hauptverhandlung anzusehen (so auch Thüringer OLG StRR 2008, 479 Rdn. 14 nach juris; weitergehend - unabhängig von der Länge der Mittagspause - OLG Celle JurBüro 2014, 301 Rdn. 8 nach juris m. w. N.). Hieran ändert der Vortrag des Pflichtverteidigers nichts, er habe die Verhandlungspausen in der Regel für Besprechungen mit dem Mandanten bzw. zur Vorbereitung von Anträgen genutzt.

(2) Eine Erhöhung der dem Pflichtverteidiger zustehenden gesetzlichen Terminsgebühr durch eine Pauschgebühr kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die Dauer der Hauptverhandlungstermine kann wegen der Einführung der Längenzuschläge - hier nach Nr. 4117, 4118 VV RVG - bei der Frage des besonderen Umfangs des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 RVG nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BGH StRR 2013, 39 Rdn. 6 nach juris; BGH StRR 2014, 198 Rdn. 6 nach juris; OLG Karlsruhe Rpfleger 2005, 694 Rdn. 5 nach juris; Thüringer OLG NJW 2006, 933 Rdn. 16 nach juris [zu § 42 RVG]; Mayer/Kroiß, a. a. O. § 51 Rdn. 2; s. auch Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 15; wohl auch OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 15 nach juris). Dies entspricht der Begründung zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, wonach aufgrund der an die Dauer des Hauptverhandlungstermins gebundenen Gebührenstaffelung das Zeitmoment, das bislang von den Oberlandesgerichten als wesentlich für die Bewilligung einer Pauschgebühr angesehen wurde, nur noch in Ausnahmefällen zur Verfügung steht (BT-Drucks. 15/1971, S. 201).

Grundsätzlich ist auch die erforderliche Vor- und Nachbereitung der einzelnen Hauptverhandlungstermine mit der jeweiligen Terminsgebühr abgegolten (vgl. OLG Hamm AGS 2006, 408 Rdn. 16 nach juris; StRR 2009, 438 Rdn. 15 nach juris; OLG Karlsruhe StraFo 2008, 439 Rdn. 7 nach juris; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O., VV 4118 - 4123 Rdn. 5 m. w. N..; Burhoff, RVG, a. a. O. Vorbemerkung 4 Rdn. 62 mit zahlreichen Nachweisen zur oberlandesgerichtlichen Rspr.). Auch der Bundesgerichtshof sieht in seiner jüngsten Rechtsprechung die Vor- und Nachbesprechungen des Verteidigers mit seinem Mandanten als durch die gesetzlichen Terminsgebühren abgegolten an (BGH StRR 2014, 39 Rdn. 6 nach juris; StRR 2014, 198 Rdn. 6 nach juris). Demgegenüber vertritt das OLG Bremen als - soweit ersichtlich - bisher einziges Oberlandesgericht zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Ansicht, die anwaltlichen Tätigkeiten, die der Vor- und Nachbereitung eines Hauptverhandlungstermins dienen (etwa das Verfassen von Beweisanträgen zu Beginn oder am Ende eines Tages, an dem ein Hauptverhandlungstermin stattgefunden hat), würden als Tätigkeit außerhalb der Terminsteilnahme durch die Verfahrensgebühr abgegolten (StraFo 2012, 39, Rdn. 11 nach juris). Dies steht jedoch nicht im Einklang mit der Gesetzesbegründung zur Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG (so auch Burhoff, RVG, a. a. O., Vorbemerkung 4 Rdn. 62), wonach der Verteidiger die Terminsgebühr grundsätzlich auch dann erhält, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Nach der Begründung „ist kein Grund ersichtlich, warum der Verteidiger, der zur Hauptverhandlung erscheint, hierfür keine Gebühr erhalten soll. Er erbringt unter Umständen einen nicht unerheblichen Zeitaufwand schon zur Vorbereitung des Termins. Soweit dieser wegen des Nichtstattfindens der Hauptverhandlung gering ist, lässt sich dies ohne weiteres bei der Bemessung der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens berücksichtigen“ (BT-Drucks. 15/1971, Seite 221). Der Senat schließt sich demgemäß der überwiegenden oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung an, wonach die Vor- und Nachbereitung der Hauptverhandlung von der Terminsgebühr umfasst wird.

Allerdings können die Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses, die auf die jeweilige Verhandlungsdauer abstellen, nicht in allen denkbaren Fällen die jeweils zugehörige Vor- und Nacharbeit berücksichtigen (vgl. Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 143; Hartmann, Kostengesetze a. a. O. § 51 RVG Rdn. 17 „Verfahrensdauer“), so dass in der Rechtsprechung zu § 99 BRAGO teilweise die Pauschgebühr für die Hauptverhandlung auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr erhöht wurde, wenn ein ganz erheblicher Zeitaufwand der Verteidiger erforderlich war, um die Hauptverhandlung bzw. die umfangreiche Beweisaufnahme vor- bzw. nachzubereiten (vgl. OLG Hamm JurBüro 1999, 134 Rdn. 4 nach juris; OLG Bamberg JurBüro 1988, 1347). Auch unter Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist nach Ansicht des Senats in Ausnahmefällen im Rahmen der Bemessung der Pauschgebühr eine Anhebung der dem Pflichtverteidiger gesetzlich zustehenden Terminsgebühr möglich (so auch Thüringer OLG StV 2006, 204 Rdn. 18 nach juris; StRR 2008, 479 Rdn. 17 nach juris). Dies kommt in Betracht, wenn an sich in die Hauptverhandlung fallende Vorgänge - etwa das Verlesen von Urkunden durch Anordnung des Selbstleseverfahrens - nach außen verlagert werden oder im Rahmen der Hauptverhandlung neue Unterlagen (etwa umfangreiche Gutachten) bekannt werden, die eine intensive Vor- oder Nachbereitung erfordern (vgl. Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 174). Beides rechtfertigt aber nur dann eine Gebührenanhebung, wenn hierdurch ein überproportionaler Arbeits- und Zeitaufwand entsteht, dessen Abgeltung durch die gesetzlichen Gebühren für den Pflichtverteidiger ein unzumutbares Sonderopfer darstellen würde. Hierbei ist etwa zu prüfen, ob der Zeitaufwand für das „Selbstlesen“ von Urkunden, die nach § 249 Abs. 2 StPO zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden, nicht bereits von der Verfahrensgebühr erfasst wird. Sind diese in den Akten enthalten, gehört das Lesen derselben zur allgemeinen Vorbereitung der (gesamten) Hauptverhandlung (vgl. KG JurBüro 2013, 361 Rdn. 4 nach juris).

Ein überproportionaler Zeitaufwand, der eine Erhöhung der Terminsgebühren rechtfertigt, kann auch durch Fahrtzeiten des Verteidigers vom Kanzleisitz zum Gerichtsort hervorgerufen werden. Solche können bei der Bemessung der Pauschgebühr berücksichtigt werden (vgl. OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 7 nach juris; s. a. NJW 2007, 857 Rdn. 13 nach juris; Beschluss vom 17.01.2012 - 5 RVGs 38/11 Rdn. 12 nach juris; so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 22). Der durch die Fahrten erbrachte Zeitaufwand wird zwar grundsätzlich durch Fahrtkostenersatz und Tagegeld (RVG-VV Nr. 7003 bis 7006) abgegolten (ständige Rechtsprechung des OLG Nürnberg, vgl. Senatsbeschlüsse vom 05.10.2010 - 2 ARs 338/10; vom 28.11.2014 - 2 AR 56/14; Beschluss des 1. Strafsenats vom 21.08.2014 - 1 AR 15/14; so auch OLG Frankfurt a.M., NStZ-RR 2003, 128). Die dort ausgeworfenen Sätze sind jedoch für Verteidiger, die eine längere An- und Abreise zu bewältigen haben, gegebenenfalls nur unzureichend bemessen. Im Einzelfall kann es somit aus Billigkeitsgründen angezeigt sein, einen angemessenen Ausgleich im Rahmen der Bemessung der Pauschgebühr vorzunehmen, um auswärtigen Verteidigern im Vergleich zu (gerichts-) ortsansässigen oder ortsnah tätigen Rechtsanwälten kein ungerechtfertigtes Sonderopfer abzuverlangen (OLG Hamm NJW 2007, 311 Rdn. 7 nach juris). Dies gilt vor allem dann, wenn die Fahrtzeiten im Vergleich zur Dauer der Hauptverhandlung besonders ins Gewicht fallen (OLG Köln StraFo 2006, 130 Rdn. 19 nach juris).

Dies entspricht auch der bisherigen (unveröffentlichten) Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg. So haben beide Strafsenate eine Berücksichtigung von Fahrtzeiten bei Besuchen des Mandanten in der Justizvollzugsanstalt abgelehnt, da derartige Besuche grundsätzlich zu den Aufgaben eines Pflichtverteidigers gehören, die durch die gesetzlichen Gebühren, nämlich die Haftzuschläge gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 4 VV RVG, abgegolten sind (Beschlüsse vom 27.06.2011 - 1 ARs 22/11; vom 31.10.2007 - 2 ARs 69/07) und im konkreten Fall die Entfernung nicht so erheblich war, dass überobligatorische Zeiten oder Kosten angefallen wären und die Besuche mit Hin- und Rückfahrt am selben Tag erledigt werden konnten (Beschluss vom 13.09.2010 - 1 ARs 33/10). Gleichwohl können die Besuche in der Haft in einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des Aktenumfanges dazu führen, von einem besonderen Umfang des Verfahrens auszugehen (Beschluss vom 31.10.2007 - 2 ARs 69/07). Demgemäß haben die Senate in Einzelfällen - etwa bei der Anreise des Verteidigers aus Berlin zu drei Anhörungen - beim zeitlichen Aufwand auch die Fahrtzeiten berücksichtigt (vgl. Beschluss vom 27.04.2010 - 1 ARs 20/10; s. a. Beschluss vom 08.12.2014 - 2 AR 64/14).

Eine eventuell gebotene Anhebung der Terminsgebühren kann in geeigneten Fällen durch den Ansatz von Längenzuschlägen (etwa gemäß Nrn. 4116, 4117 VV RVG) oder durch einen pauschalen Zuschlag zur gesetzlichen Terminsgebühr des Pflichtverteidigers erfolgen (vgl. Thüringer OLG StV 2006, 204 Rdn. 18 nach juris; StRR 2008, 479 Rdn. 17 nach juris).

cc) Der besondere Umfang des vorliegenden Verfahrens führt dazu, dass das Sonderopfer des Antragstellers durch die eingangs unter c) genannten Zuschläge auszugleichen ist.

(1) Der besondere Umfang kommt im außerordentlichen Umfang der Verfahrensakten, der Beiakten, der Audiodateien aus der Telefonüberwachung und deren Verschriftungen zum Ausdruck. Diesbezüglich waren Anhörungen der Audiodateien unter Beiziehung eines Dolmetschers, teilweise zusammen mit dem Angeklagten erforderlich. Der Verteidiger trägt nachvollziehbar vor, für die Einarbeitung und für die Vorbereitung der Hauptverhandlung rund 20 Arbeitstage benötigt zu haben. Dieser Zeitaufwand ist angesichts der Seitenzahl von rund 17.000 Blatt, auch wenn die Akten der hinzuverbundenen Verfahren der beiden Mitangeklagten zum Teil - etwa hinsichtlich der Vernehmungsprotokolle - identisch waren, und fast 34.000 Blatt TKÜ-Verschriftungen auch unter Berücksichtigung einer Arbeitsteilung mit dem weiteren Verteidiger des Angeklagten H … ohne weiteres nachvollziehbar.

Ein gewisser Zusatzaufwand bestand darin, dass der Antragsteller sich zweimal auf die Hauptverhandlung vorbereiten musste, nachdem diese zunächst am 16.07.2014 begann und sogleich wieder ausgesetzt wurde, um dann am 22.10. bzw. 23.10.2014 erneut anzufangen.

Ein weiterer besonderer Aufwand des Pflichtverteidigers liegt in dem Umstand begründet, dass er sowohl vor Beginn der Hauptverhandlung zu Besprechungen mit dem Angeklagten in die Justizvollzugsanstalt Weiden i. d. OPf. als auch zur Hauptverhandlung selbst von B … nach Amberg anreisen musste.

Der Angeklagte H … wurde vom Antragsteller und einem weiteren Pflichtverteidiger verteidigt. Hierdurch war eine ökonomische Arbeitsteilung möglich, die den Arbeitsaufwand für beide Verteidiger jeweils teilweise minderte. Da beide Verteidiger jedoch verschiedenen, noch dazu örtlich weit auseinanderliegenden Kanzleien angehören (B … und M …), wirken sich die Synergieeffekte nicht derart günstig aus als bei einem der Mitangeklagten, dessen Verteidiger etwa derselben Sozietät oder Bürogemeinschaft angehören.

Die von der Bezirksrevisorin vorgeschlagene jeweilige Anhebung der Grundgebühr (Nr. 4101 VV RVG) von 192 € und der Verfahrensgebühr (Nr. 4113 VV RVG) von 180 € auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr (also auf 450 € und 400 €) reicht angesichts des hohen Zeitaufwands des Antragstellers ersichtlich nicht aus, um die Unzumutbarkeit des Sonderopfers des Pflichtverteidigers zu beseitigen.

(2) Da der Zeitaufwand für die Einarbeitung in den Fall, die Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt Weiden i. d. OPf. und die Vorbereitung der Hauptverhandlung die Verfahrensabschnitte betrifft, die durch die Grundgebühr nach Nr. 4101 VV RVG und die Verfahrensgebühr nach Nr. 4113 VV RVG vergütet werden, sind für die Bemessung der Pauschgebühr zunächst diese beiden Gebührentatbestände angemessen anzuheben, wobei mit Rücksicht auf die Mitwirkung des Antragstellers bei der verfahrensverkürzenden Absprache die Verfahrensgebühr in einem größeren Umfang anzuheben ist. Dies beruht auf folgender Überlegung:

Der Umstand, dass die Hauptverhandlung ursprünglich auf insgesamt 48 Tage terminiert war und aufgrund der verfahrensbeendenden Absprache mindestens 31 bereits festgesetzte Hauptverhandlungstermine vom 05.02.2014 bis 25.06.2014 entfallen sind, rechtfertigt keine Anhebung der gesetzlichen Terminsgebühren. Allerdings wären bei Durchführung aller angesetzten Termine mindestens 9.627 € (312 € je 31 Termine) an weiteren Terminsgebühren entstanden, wobei unter der Annahme, dass rund die Hälfte der Termine über fünf Stunden (128 € x 15 Termine) und vielleicht zehn Prozent sogar über acht Stunden (256 € x 3 Termine) gedauert hätten, die hierfür anfallenden Zusatzgebühren je Pflichtverteidiger überschlägig rund 11.000 € betragen hätten. Gleichwohl ist durch den Wegfall der Termine kein vergütungsfähiger Mehraufwand im Verfahrensabschnitt „Hauptverhandlung“ entstanden. Die Pauschgebühr soll lediglich den tatsächlich entstandenen Aufwand für die Tätigkeit des Verteidigers abdecken (OLG Celle JurBüro 2013, 301 Rdn. 11 nach juris), darf aber grundsätzlich keinen Ausgleich im Sinne eines Verdienstausfalls bei den Pflichtverteidigerterminsgebühren selbst schaffen, zumal der Pflichtverteidiger durch die vorzeitige Verfahrensbeendigung grundsätzlich wieder die Möglichkeit hat, seine Arbeitskraft als Rechtsanwalt anderweitig einzusetzen.

Allerdings liegt es im Interesse einer effektiven, zeit- und kostensparenden Rechtspflege, wenn ein ungewöhnlich umfangreiches Verfahren aufgrund der intensiven Verfahrensvorbereitung durch den Pflichtverteidiger zügig erledigt wird (OLG Hamm JurBüro 1997, 85, 86; Burhoff, RVG a. a. O. § 51 Rdn. 192) oder durch die aktive Mitarbeit des Verteidigers letztlich erheblich abgekürzt werden kann (OLG Hamm JurBüro 2006, 29 Rdn. 11 nach juris; Baumgärtel/Hergenröder/Houben RVG a. a. O. § 51 Rdn. 6). Demgemäß entspricht es auch dem Interesse an einer effektiven Justiz, den Verteidiger trotz der damit in aller Regel verbundenen eher unterdurchschnittlichen Hauptverhandlungsdauer hierfür angemessen im Sinne einer Pauschvergütung zu entlohnen (OLG Hamm JurBüro 1997, 85, 86; Rehberg, in: Göttlich/Mümmler, RVG a. a. O. „Pflichtverteidiger“ Anm. 13.1). Dies steht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers, der in der Begründung zum Entwurf des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes folgendes ausgeführt hat (BT-Drucks. 15/1971, S. 219 f.):

„Die Verteidigertätigkeit beginnt heute in der Regel nicht erst mit der Hauptverhandlung, sondern setzt meist bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein. So erfordert eine sachgerechte Verteidigung ggf. eine Teilnahme des Rechtsanwalts an Vernehmungen seines Mandanten bzw. von Zeugen im Ermittlungsverfahren. Häufig ist diese Teilnahme im Interesse des weiteren Verfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Verwertbarkeit von Angaben des Beschuldigten bzw. von Zeugen (richtige Belehrung usw.), auch wünschenswert. Denn durch eine möglichst frühzeitige Einbindung des Rechtsanwalts in das Ermittlungsverfahren und eine damit sichergestellte kompetente Verteidigung des Beschuldigten kann das Hauptverfahren entbehrlich oder eine Hauptverhandlung erheblich abgekürzt werden. Die rechtzeitige Einbindung des Verteidigers ermöglicht ggf. eine frühzeitige (verfahrensbeendende) Absprache, was im Interesse der schnelleren Erledigung, insbesondere schwieriger Verfahren, zu begrüßen wäre. Die Neuregelungen sehen deshalb ein strukturell wesentlich geändertes Gebührensystem vor, das besser als bisher die BRAGO an die einzelnen Verfahrensabschnitte angepasst ist und vor allem die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Ermittlungsverfahren stärker berücksichtigt.“

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die zur zügigen Verfahrensbeendigung führende Tätigkeit des Verteidigers somit grundsätzlich im Rahmen desjenigen Verfahrensabschnitts honoriert werden, in dem die Tätigkeit entfaltet wird. Die verfahrensbeendende Absprache wurde zwar erst während des Endes der Hauptverhandlung getroffen. Sie beruhte aber im Wesentlichen auf der Herausarbeitung von Fehlern bei der Telekommunikationsüberwachung, die zu Beweisverwertungsverboten führten, im Rahmen der Durchsicht der TKÜ-Verschriftungen bzw. des Abhörens der Audiodateien. Dies erfolgte im Stadium der allgemeinen Vorbereitung der Hauptverhandlung, also in dem durch die Verfahrensgebühr honorierten Verfahrensabschnitt.

Der vor allem durch die Herausarbeitung der Verfahrensverstöße verursachte erhebliche Zeitaufwand des Pflichtverteidigers wäre jedenfalls teilweise durch die langdauernde, auf 48 Tage terminierte Hauptverhandlung und die hierfür anfallenden Terminsgebühren kompensiert worden. Diese Kompensationsmöglichkeit entfiel dadurch, dass aufgrund der intensiven Verfahrensvorbereitung der Verteidiger eine verfahrensbeendende Absprache zustande kam und die Hauptverhandlung erheblich abgekürzt wurde. In diesem Fall hält es der Senat über die gebotene gleichmäßige Anhebung der Grund- und Verfahrensgebühr hinaus für erforderlich, den intensiven Einsatz der Verteidiger - hierunter des Antragstellers - durch eine gegenüber der Erhöhung der Grundgebühr nochmalige Erhöhung der Verfahrensgebühr auszugleichen.

Insgesamt erachtet der Senat somit eine Erhöhung der dem Pflichtverteidiger gesetzlich zustehenden Grundgebühr nach Nr. 4101 VV RVG von 192,00 € um das Fünffache (also auf 960,00 €) und der Verfahrensgebühr nach Nr. 4113 VV RVG von 180,00 € um das Achtfache (also auf 1.440,00 €) für angemessen aber auch ausreichend.

(3) Der Umfang des Verfahrens rechtfertigt grundsätzlich keine Anhebung der dem Pflichtverteidiger zustehenden Terminsgebühr, zumal die Anzahl der Hauptverhandlungstermine (17 Verhandlungstage in der Zeit vom 22.10.2013 bis 04.02.2014) für eine erstinstanzliche Strafkammersache nicht außergewöhnlich (exorbitant) groß und deren Dichte eher gering war; in der Zeit vom 22.10.2013 bis 04.02.2014 fanden maximal zwei Termine pro Woche statt, wobei bereits die zweite Woche und auch die Zeit zwischen 19.12.2013 und 13.01.2014 terminfrei war. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine auf einzelne Termine bezogene besondere Vor- und Nachbereitung erforderlich gewesen wäre, deren Abgeltung durch die gesetzliche Pflichtverteidigervergütung als unzumutbar anzusehen wäre.

Allerdings führt der Zeitaufwand für die Anreise vom Kanzleisitz in B … zum Ansatz von Längenzuschlägen bei den Terminsgebühren. Dies beruht darauf, dass der Antragsteller nachvollziehbar für die Anreise zu den Hauptverhandlungsterminen je Kalenderwoche, in denen solche stattfanden, rund fünfeinhalb Stunden benötigte. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass er die Zeit der Anreise mit der Bahn jedenfalls auf der Strecke B … - N … bei einer Fahrtzeit von rund vier Stunden im ICE auch zur Erledigung von verfahrensbezogenen oder anderweitigen Arbeiten nutzen konnte. Der Senat hält demgemäß für die Anreise in den 12 Sitzungswochen, in denen der Antragsteller an der Hauptverhandlung teilnahm, in entsprechender Anwendung von Nr. 4116 VV RVG jeweils eine Gebühr von 128 € für angemessen.

(3) Somit ergibt sich folgende Berechnung:

Nr. 4101 VV RVG Grundgebühr mit Zuschlag fünffach (192,00 € x 5)

960,00 €

Nr. 4113 VV RVG Verfahrensgebühr mit Zuschlag achtfach (180,00 € x 8)

1.440,00 €

Nr. 4115 VV RVG: Terminsgebühr mit Zuschlag (16 Termine a´ 312,00 €)

4.992,00 €

Nr. 4116 VV RVG: Teilnahme an Hauptverhandlung mehr als 5 bis 8 Stunden (6 Termine a´ 128,00 €)

768,00 €

Zuschlag wegen Fahrtzeiten Nr. 4116 VV RVG analog: 12 mal 128,00 €

1.536,00 € _________

Summe

9.696,00 €

aufgerundet

9.700,00 €

Hierauf sind die bereits auf die gesetzliche Pflichtverteidigervergütung ausgezahlten Beträge anzurechnen.

Durch die Anhebung der Grund- und Verfahrensgebühr werden zwar die Wahlverteidigerhöchstgebühren, die gemäß Nr. 4101 VV RVG 450,00 € sowie gemäß Nr. 4113 VV RVG 400,00 € betragen, um das 2,1 bzw. 3,6 fache überschritten. Insgesamt reicht die Vergütung von 9.700 € an die dem Wahlverteidiger zustehende Höchstvergütung (ohne Berücksichtigung von § 42 RVG) für das gesamte Verfahren jedoch nicht heran, da diese 12.050 € (450,00 € gemäß Nr. 4101 VV RVG; 400,00 € gemäß Nr. 4113 VV RVG; 16 Verhandlungstage a´ 700,00 € = 11.200 € gemäß Nr. 4115 VV RVG) betragen würde.

Da dem weitergehenden Antrag nicht stattgegeben wird, ist dieser im Übrigen zurückzuweisen.

Tenor

Dem gerichtlich bestellten Verteidiger,

Rechtsanwalt

wird auf seinen Antrag und nach Anhörung der Vertreterin der Staatskasse für die Verteidigung des Angeklagten im vorbereitenden und im gerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart eine Pauschgebühr in Höhe von

108.888 Euro

(in Worten: einhundertundachttausendachthundertundachtundachtzig Euro)

bewilligt.

Die Pauschgebühr tritt an die Stelle folgender Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis:

VV Nrn. 4101, 4103, 4105, 4119, 4121-4123 RVG in der Fassung bis zum 31. Juli 2013.

Die Ansprüche des Verteidigers auf Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuer bleiben unberührt. Festgesetzte oder schon ausbezahlte Gebühren sind anzurechnen.

Der darüber hinausgehende Antrag des Verteidigers wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Verfügung des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2009 nach § 140 Abs. 1, Abs. 2 StPO als Verteidiger bestellt. Das gerichtliche Verfahren in der Jugendkammersache, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört hätte, richtete sich gegen 21 Angeklagte. Die Hauptverhandlung fand an 196 Tagen statt. Der Angeklagte wurde durch Urteil der Jugendkammer u.a. wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung zu der Jugendstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt, im Adhäsionsverfahren erging gegen ihn ein gesamtschuldnerisches Zahlungsurteil über 108.500 Euro zugunsten der Geschädigten, ein Feststellungsurteil betreffend die Ersatzpflicht für künftige Schäden und die Verurteilung zu einer gesamtschuldnerischen monatlichen Rentenzahlungsverpflichtung über 120 Euro an einen Geschädigten. Der gesetzliche Gebührenanspruch des Verteidigers beläuft sich nach der Berechnung der Vertreterin der Staatskasse in ihrer Stellungnahme vom 31. März 2014 im vorliegenden Verfahren, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, auf 107.838 Euro netto ohne Auslagen.
Der Verteidiger beantragt, ihm eine Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens zu gewähren. Die Vorsitzende der Strafkammer und die Vertreterin der Staatskasse sind dem Antrag entgegengetreten und regen an, ihn abzulehnen.
II.
Auf den Antrag des Verteidigers setzt der Senat nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 108.888 Euro fest, die sich aus den gesetzlichen Gebühren in Höhe von 107.838 Euro und einem Erhöhungsbetrag von 1.050 Euro zusammensetzt. Der darüber hinausgehende Antrag des Verteidigers wird abgelehnt.
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt in Strafsachen auf Antrag für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 - 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Im vorliegenden Fall wird die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren in Höhe von 107.838 Euro für den Verteidiger durch einen Aufschlag für seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren vor dem Beginn der Hauptverhandlung von zehn zusätzlichen Verfahrensgebühren VV Nr. 4119 RVG in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (im Folgenden: VV Nr. … RVG) beseitigt. Von diesem Erhöhungsbetrag zieht der Senat die Hauptverhandlungsgebühren für die Tage ab, an denen der Verteidiger weniger als eine Stunde lang an einer im Wesentlichen ganztägigen Hauptverhandlung teilgenommen hat, sowie diejenigen für einen weiteren, vergleichbaren Sitzungstag. Der Erhöhungsbetrag für den Antragsteller beläuft sich danach auf 1.050 Euro.
Es handelt sich um ein besonders umfangreiches Verfahren im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG. Der Aktenumfang war mit 63 Stehordnern an Ermittlungsakten erheblich, auch wenn 36 Stehordner hiervon auf Personenordner für einzelne Angeklagte entfielen, von denen der Verteidiger im Wesentlichen nur die seinen Mandanten betreffenden Ordner im Detail zu sichten hatte. Belegt ist der Verfahrensumfang auch durch den Umstand, dass das gerichtliche Verfahren gegen 21 Angeklagte geführt wurde und in der Hauptverhandlung 72 Zeugen vernommen und mehrere Sachverständige gehört wurden.
Weiter wies das Verfahren besondere Schwierigkeiten im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG bei der Vorbereitung des Verteidigers auf die Hauptverhandlung auf. Zwar wurde eine einzelne Tat verhandelt, an der sich beteiligt zu haben dem Angeklagten vorgeworfen wird. Gleichwohl waren mit ihrer gerichtlichen Aufklärung in einer Gesamtbetrachtung besondere Schwierigkeiten verbunden, die den Vorbereitungsaufwand des Verteidigers auf die Hauptverhandlung im Vergleich zu einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer im Sinne von VV Nrn. 4118 ff. RVG maßvoll erhöhten. Denn die Tat ereignete sich im Rahmen einer Auseinandersetzung zweier bandenmäßig betriebener Organisationen mit festen Strukturen, die Auswirkungen auf die individuelle Tatschuld der Angeklagten hatten. Die Beweiswürdigung im sich auf 618 Seiten belaufenden Urteil dazu nimmt - einschließlich der Phase der Planung der Tat durch die Täterorganisation - 88 Seiten ein.
Keine besonderen Schwierigkeiten im Vergleich zu einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer waren dagegen mit der Feststellung der Tatbeteiligung und der Tatbeiträge der einzelnen Angeklagten verbunden. Wesentliche Beweismittel hierfür waren die polizeilichen Angaben einzelner Angeklagter. Die nach der Stellungnahme der Vorsitzenden im vorliegenden Verfahren vom 19. April 2013 zunächst gewählte allgemeine Verteidigungsstrategie, die Einführung dieser polizeilicher Aussagen in die Hauptverhandlung zu verhindern, macht das Verfahren nicht zu einem besonders Schwierigen im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG. Das gilt auch für die zu klärende Frage, ob der Mandant bedingt vorsätzlich oder nur fahrlässig gehandelt hatte, denn diese stellt sich in Schwurgerichtssachen oft. Anhaltspunkte dafür, dass das Verfahren vor der Anklageerhebung besonders umfangreich oder schwierig gewesen ist, sind nicht ersichtlich.
Allein der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens rechtfertigen die Zubilligung einer Pauschgebühr nicht. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG zusätzlich erforderlich, dass dem Verteidiger die gesetzlichen Gebühren deshalb nicht zumutbar sind (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420f.). Dafür spricht auch, dass erst der Vergleich der Erschwerung der Verteidigertätigkeit mit seinem gesetzlichen Gebührenanspruch die Bewertung zulässt, ob dem Verteidiger eine zusätzliche Vergütung gewährt werden muss. Weiter geht der Senat mit der soweit ersichtlich einhelligen Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010, 1 AR 27/09 - zitiert nach juris -; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2009, 296; OLG Köln, StraFo 2006, 130) davon aus, dass innerhalb eines Verfahrens- (unter-) abschnitts im Sinne der VV Nrn. 4104ff. RVG die Erschwerung der Verteidigertätigkeit in einer Hinsicht durch ihre Erleichterung in anderer Hinsicht, etwa während einer langen Hauptverhandlung, ganz oder teilweise kompensiert werden kann.
Im vorliegenden Fall war die Verteidigertätigkeit während der ca. 2,5-jährigen Hauptverhandlung gegenüber einem gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren vor der Jugendkammer in einer Gesamtbetrachtung dieses Verfahrensabschnitts erleichtert. Die große Anzahl von bis zu 42 anwesenden Verteidigern in der Hauptverhandlung führte dazu, dass die meisten sachdienlichen Fragen an Zeugen und Sachverständige sowie sachdienliche Anträge bereits von Verteidigerkollegen, insbesondere dem weiteren Verteidiger des Mandanten des Antragstellers, soweit anwesend, gestellt waren oder noch nachträglich vor der Entlassung des Zeugen oder Sachverständigen gestellt werden konnten. Die tägliche Mittagspause an Sitzungstagen dauerte aus organisatorischen Gründen 1,5 bis 2 Stunden. In der Mittagspause waren Gefangenenbesuche in der Justizvollzugsanstalt bei anderen Mandanten des im Raum S. ansässigen Verteidigers möglich, da die Hauptverhandlung in der Justizvollzugsanstalt S. durchgeführt wurde. Weiter beruhte die Dauer der Hauptverhandlung nach der nachvollziehbaren Stellungnahme der Strafkammervorsitzenden vom 19. April 2013 - neben zahleichen erforderlichen kurzzeitigen Unterbrechungen, hauptsächlich um Angeklagten den Gang zur Toilette zu ermöglichen - auf unzähligen Anträgen einiger Verteidiger. So trugen etwa die Verteidiger H. und G. in den sieben Verhandlungstagen vom 25. April 2012 ab 14:10 Uhr bis zum 23. Mai 2012 um 14:21 Uhr einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter der Jugendkammer vor, in dem sie im Wesentlichen den bisherigen Gang der Hauptverhandlung referierten. Weiter wurde um die Sitzordnung im Verhandlungssaal gestritten. Dies wirkte sich entlastend für den Antragsteller aus (vgl. Stollenwerk, DRiZ 2014, 66). Eine erhebliche Belastung des Verteidigers war auch mit dem vom Gericht angeordneten Selbstleseverfahren betreffend Unterlagen, die in einen Stehordner passten, nicht verbunden. Denn nach der Stellungnahme der Strafkammervorsitzenden enthielt der Selbstleseordner lediglich Teile der Ermittlungsakte, mit denen sich der Verteidiger schon vorher zu befassen hatte.
10 
Auch der Gesichtspunkt, dass der allgemeine Kanzleibetrieb des Verteidigers und die Anbahnung anderer Mandate durch seine oft zwei Mal wöchentliche Teilnahme an der Hauptverhandlung über ca. 2 ½ Jahre hinweg belastet war, fällt im vorliegenden Fall nicht erheblich ins Gewicht. Diese Belastung war nämlich erheblich geringer als in anderen Schwurgerichtsverfahren bei der Jugendkammer, weil jeder Angeklagte durch zwei nach § 140 StPO bestellte Verteidiger vertreten wurde. Dies ermöglichte es dem Verteidiger, auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung dann zu verzichten, wenn sein Verteidigerkollege für den Mandanten anwesend war. In dieser Hinsicht wich das vorliegende Verfahren wesentlich vom Regelfall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 1, Abs. 2 StPO ab, in dem ein einzelner Rechtsanwalt die Verteidigung seines Mandanten insbesondere in der Hauptverhandlung durchgehend wahrzunehmen hat. Von dieser Verfahrenserleichterung, deren Einsatz zur Förderung seines allgemeinen Kanzleibetriebs und zur Anbahnung anderer Mandate dem Verteidiger möglich war, hat der Antragsteller regen Gebrauch gemacht. Die durchgeführte Überprüfung hat ergeben, dass der Antragsteller an 73 Hauptverhandlungstagen, an denen er anwesend war, mindestens 30 Minuten der Sitzungsdauer nicht wahrgenommen hat. Verhandelt wurde an den 196 Hauptverhandlungstagen, wenn es sich um Ganztagstermine handelte, aufgrund von Unterbrechungen größenordnungsmäßig fünf Stunden täglich. An 24 der o.a. 73 Verhandlungstage war der Antragsteller mehrere Stunden lang nicht in der Hauptverhandlung anwesend. An weiteren 5 Hauptverhandlungstagen war er gar nicht anwesend. Die Strafkammervorsitzende hat in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2013 zu Recht darauf hingewiesen, dass bei dieser Sachlage die Behinderung der Berufsausübung des Verteidigers durch das vorliegende Verfahren gegenüber dem Gesichtspunkt in den Hintergrund trat, dass durch die Teilnahme daran regelmäßige Einkünfte des Verteidigers, die sich insgesamt auf 107.838 Euro netto beliefen, gesichert waren. Der Senat hat bei der Bewertung der Verteidigertätigkeit in diesem Stadium die vom Antragsteller angeführten zwei zusätzlichen Termine in der Sache an Nichtverhandlungstagen am 24. Februar 2010 (Informationsveranstaltung des Gerichts), am 18. Mai 2011 (Verständigungsgespräch) und zwei vom Verteidiger gefertigte Haftprüfungsanträge, fünf Besuche des Mandanten in Haft, die aufwändige Akteneinsichtnahme während laufender Hauptverhandlung sowie die Fahrtzeiten zwischen Kanzlei und Verhandlungsort mit in die Betrachtung einbezogen. Die Belastung des Verteidigers in diesem Stadium des Verfahrens war insgesamt gleichwohl geringer als bei einer gewöhnlichen Schwurgerichtssache vor der Jugendkammer.
11 
In einer Gesamtbetrachtung aller Umstände geht der Senat davon aus, dass die Erschwerung der Verteidigertätigkeit durch die Sichtung der umfangreichen Akten und die Vorbereitung auf die Hauptverhandlung durch ihre Erleichterung während der Hauptverhandlung teilweise kompensiert wird. Die nicht kompensierte Erschwerung gleicht der Senat mit zehn zusätzlichen Verfahrensgebühren VV Nr. 4119 RVG in Höhe von insgesamt 3.220 Euro aus.
12 
Hiervon zieht der Senat jedoch die Sitzungsgebühren für fünf weitere, bei den o.a. 73 Sitzungstagen, die der Verteidiger nur teilweise wahrgenommen hat, nicht berücksichtigte Tage ab. Es handelt sich um die Hauptverhandlungstage am 13. April 2011, 28. September 2011, 12. Dezember 201, 12. März 2012 sowie am 11. April 2011. An den vier erstgenannten Sitzungstagen hat der Verteidiger weniger als eine Stunde lang an einer im Grundsatz ganztägigen Hauptverhandlung teilgenommen, am 11. April 2011 war er nur sechs Minuten lang in einer Halbtagssitzung anwesend. In wertender Betrachtung nahm er damit an diesen Hauptverhandlungstagen im Wesentlichen nicht teil. Er machte aber gleichwohl die Sitzungsgebühren dafür geltend, die ihm auch gewährt wurden und die im hier zugrunde gelegten gesetzlichen Gebührenanspruch von 107.838 Euro enthalten sind. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob diese Gebühren tatsächlich verdient sind. Jedenfalls bei der Berechnung der Pauschgebühr sind sie aber vom Erhöhungsbetrag abzuziehen. Denn insoweit hat der Verteidiger bereits selbst für seine finanzielle Entlastung gesorgt und das Ausmaß der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren verringert. Dadurch vermindert sich der dem Antragsteller zu gewährende Erhöhungsbetrag um fünf Gebühren VV Nr. 4121 RVG, also um 2.170 Euro, auf 1.050 Euro. Gerechtfertigt wird der Abzug durch die o.a. Überlegung, dass bei der Prüfung der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren die Erschwerung der Verteidigertätigkeit mit den erzielten gesetzlichen Gebühren verglichen werden muss. Mit dem so errechneten Erhöhungsbetrag ist nach der Auffassung des Senats die Indienstnahme des selbständig tätigen Antragstellers als bestellter Verteidiger im Verfahren zu öffentlichen Zwecken auf ihm zumutbare Weise ausgeglichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2008, Az. 2 BvR 1173/08, in juris Rn. 8f.).
13 
Der Senat hat im Übrigen erwogen, eine Pauschgebühr aus dem Grund zu gewähren, weil die regelmäßige Einkunftsquelle des Verteidigers mit der Verkündung des Urteils in vorliegender Sache am 15. Oktober 2012 wegfiel, zumal die Strafkammer bereits gebeten hatte, noch weitere Hauptverhandlungstermine zu reservieren. Dieser Gesichtspunkt führte im Fall eines Verteidigerkollegen im Verfahren vor der Jugendkammer zu einer weiteren Erhöhung der Pauschgebühr. Beim Antragsteller ist dies aber nicht gerechtfertigt, weil er wie oben dargelegt - anders als der genannte Verteidiger - an insgesamt 83 von 196 Hauptverhandlungstagen jedenfalls zum Teil nicht teilgenommen hat. Die so gewonnene Zeit konnte er zur Gewinnung und Ausführung von anderen Mandaten sowie Anschlussmandaten nutzen.
14 
Der Vortrag des Antragstellers, die Rechtsanwaltskammer St. habe ermittelt, dass ein anwaltlicher Stundensatz von 150,00 Euro netto üblich sei, ist für die Frage, ob dem Verteidiger die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht zumutbar sind, ohne erhebliche Bedeutung. Vielmehr ergibt sich aus VV Nrn. 4121, 4122 RVG in der hier anzuwendenden Fassung, dass das RVG den Stundensatz des bestellten Verteidigers, wenn keine Pauschgebühr festzusetzen ist, in Schwurgerichtssachen auf bis zu 76,50 Euro netto, nämlich 434 + 178 Euro auf acht Stunden, und in allgemeinen Strafkammersachen auf bis zu 45,38 Euro netto (VV Nr. 4115 mit 4116 RVG) absenkt.
15 
Die Verteidigung des Mandanten im Adhäsionsverfahren führt nach § 51 Abs. 1 Satz 2 RVG zu keiner Erhöhung der Pauschgebühr, weil insoweit Wertgebühren nach VV Nr. 4143 RVG entstanden sind (Burhoff in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 51, Rn. 8 RVG).
16 
Somit ist eine Pauschgebühr von 108.888 Euro netto festzusetzen und der Antrag im Übrigen abzulehnen.