Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht Beschluss, 15. Okt. 2009 - LVerfG 4/09

ECLI:ECLI:DE:LVGSH:2009:1015.LVERFG4.09.0A
bei uns veröffentlicht am15.10.2009

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

A.

1

Gegenstand des Verfahrens ist ein Eilantrag vom heutigen Tage im Zusammenhang mit einem Antrag auf abstrakte Normenkontrolle. Beide Anträge betreffen die Vereinbarkeit des § 3 Abs. 5 Satz 3 des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein (Gesetz vom 07. Oktober 1991, GVOBl. S. 442, ber. S. 637, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.09.2009, GVOBl. S. 583, im Folgenden: LWahlG) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (in der Fassung vom 13.05.2009, GVOBl. 223, im Folgenden: LV).

I.

2

Nach Durchführung der Landtagswahl vom 27. September 2009 wird der Landeswahlausschuss gemäß Ankündigung der Landeswahlleiterin vom 06. Oktober 2009 am 16. Oktober 2009 das endgültige Ergebnis der Landtagswahl in öffentlicher Sitzung feststellen. Der Landeswahlausschuss besteht aus der von der Landesregierung ernannten Landeswahlleiterin und den von ihr vor der Wahl nach den Vorschlägen der Parteien berufenen sechs Beisitzerinnen und Beisitzern. Als vorläufiges Ergebnis hatte die Landeswahlleiterin unter Berücksichtigung der sich ergebenden Mehrsitze und weiteren Sitze festgestellt, dass der künftige Landtag aus 95 Sitzen besteht und davon

3

34 Sitze auf die CDU,

4

25 Sitze auf die SPD,

5

15 Sitze auf die FDP,

6

12 Sitze auf DIE GRÜNEN,

7

4 Sitze auf den SSW und

8

5 Sitze auf DIE LINKE

9

entfallen.

II.

10

Die Antragsteller wenden sich im Wege der abstrakten Normenkontrolle gegen die Regelung des § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG. Sie sind der Auffassung, dass diese von der Landeswahlleiterin angewandte Vorschrift mit der darin vorgesehenen Begrenzung der weiteren Sitze auf das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze nicht mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 2 LV vereinbar sei.

11

Im Wege der zugleich beantragten einstweiligen Anordnung möchten die Antragsteller erreichen, dass die bevorstehende Feststellung des Wahlergebnisses durch den Landeswahlausschuss nur vorläufigen Charakter hat.

12

Die Antragsteller beantragen,

13

im Wege der einstweiligen Anordnung § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG für vorläufig nicht anwendbar zu erklären.

III.

14

Dem Landtag und der Landesregierung wurde der Antrag zur Kenntnisnahme übersandt.

15

Der Landtag tritt dem Antrag entgegen und führt u.a. aus, dass ein auf die vorläufige Außervollzugsetzung des § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG gerichtetes Verfahren zur Erlangung einer entsprechenden einstweiligen Anordnung unzulässig sei.

B.

16

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 30 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes (vom 10.01.2008, GVOBl. S. 25) ist unzulässig.

17

Zum einen fehlt ihm das erforderliche Rechtsschutzinteresse, denn soweit die Antragsteller nach der Begründung ihres Antrages das Ziel verfolgen, durch eine Entscheidung des Landesverfassungsgerichts eine Vorläufigkeit der anstehenden Entscheidung des Landeswahlausschusses zu erreichen, übersehen sie, dass derartige Entscheidungen des Wahlausschusses ohnehin nicht endgültig und unabänderbar sind. Diese erfolgen vielmehr vorbehaltlich der nachfolgenden und umfassenden Wahlprüfung durch den Landtag. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 LWahlG entscheidet der Landtag sowohl über Einsprüche Wahlberechtigter als auch von Amts wegen über die Gültigkeit der Wahl nach Vorprüfung durch einen hierfür bestellten Ausschuss. Gegen diese Entscheidungen des Landtages ist nach § 43 Abs. 2 Satz 1 LWahlG binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Landesverfassungsgericht zulässig.

18

Soweit die Antragsteller zum anderen nach dem Wortlaut ihres Antrages die vorläufige Unanwendbarkeit des § 3 Abs. 5 Satz 3 LWahlG festgestellt wissen wollen, kommt dies im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht in Betracht. Die einzig zulässigen Rechtsbehelfe ergeben sich aus den Vorschriften über die Wahlprüfung, die spezieller und vorrangig sind (Art. 3 Abs. 3 LV, § 57 LWahlG). Nach dem Willen des Verfassungsgebers und nach der Konzeption des Rechtsschutzes im Wahlverfahren ist der Rechtsschutz erst nach Durchführung einer Wahl und der sich anschließenden Wahlprüfung zu erlangen. Eine in das einstweilige Anordnungsverfahren vorverlegte Wahlprüfung, die sich gegen Entscheidungen und Maßnahmen im Wahlverfahren richtet, ist demnach unzulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.09.2009 - 2 BvQ 57/09 - in juris, Beschluss vom 13.09.2005 - 2 BvQ 31/05 - NJW 2005, 2982 m.w.N.; Berkemann in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 32 Rn. 59).

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Die Entscheidung ergeht einstimmig.


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Tenor § 1 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2, § 3 Absatz 5 und § 16 des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Oktober 1991 (Gesetz-und Verordnungsblatt Seite 442, berichtigt Seite 637), zuletzt geän