Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Feb. 2010 - L 11 KR 4761/09

bei uns veröffentlicht am23.02.2010

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung einer Brustverkleinerung in Höhe von 5.400,00 EUR streitig.
Die 1987 geborene Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, ist 158 cm groß und wiegt 48,6 kg. Das Gewicht ihrer Brüste betrug vor der Operation rechts 850 g, links 750 g; sie musste BH-Körbchengröße 70 D tragen.
Am 18. November 2008 unterzeichnete die Klägerin eine privatärztliche Honorarvereinbarung mit der Frauenklinik R. (Bl. 20 Senatsakte). Der am 8. Januar 2009 geplante Operationstermin wurde auf den 11. Mai 2009 verschoben. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 bei der Beklagten unter Vorlage ärztlicher Atteste der Allgemeinmedizinerin Dr. B. (eine schwere depressive Entwicklung drohe, die operative Verkleinerung der Brust solle eine Chronifizierung der bestehenden depressiven Entwicklung vermeiden) und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. (sie könne mit größter Wahrscheinlichkeit von einer kosmetischen Operation profitieren und die sehr beeinträchtigenden psychosozialen Belastungen würden dadurch weitgehend eliminiert) die Übernahme der Kosten für eine Brustverkleinerung.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. N. gelangte aufgrund der Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass keine ausreichende Begründung für die beidseitige Brustverkleinerung zu Lasten der GKV bestehe. Eine sogenannte Gigantomastie liege nicht vor, nur eine minimale Brustptose beidseits bei relativ zur Körpergröße großen Brüsten. Die Klägerin leide an leicht vermindertem Selbstwertgefühl, sozialen Ängsten und sozialem Rückzug, somit keiner eigentlichen psychiatrischen Erkrankung bei minimal depressiver Stimmungslage. Des Weiteren lägen rezidivierende nuchale (auf den Nacken bezogene) Verspannungen bei BWS-Kyphose und ein Zustand nach Appendektomie im Dezember 2008 vor. Vorrangig seien Maßnahmen wie Krankengymnastik, Funktionssport, Thermalgymnastik, Teilnahme an einer Selbsterfahrungsgruppe für Frauen, gegebenenfalls Selbstsicherheitstraining.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2009 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme mit der Begründung ab, die sozialmedizinischen Voraussetzungen für die Brustverkleinerung seien nicht erfüllt.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, eine Besserung durch Krankengymnastik sei nicht eingetreten, obwohl sie diese bereits regelmäßig in Anspruch genommen habe. Somit werde auch bestätigt, dass die Fehlbelastung des Rückens durch ihre zu großen Brüste und damit verbundenen Schmerzen Krankheitswert habe. Nur die Brustverkleinerung könne diese Probleme lindern. Funktionssport und Thermalgymnastik kämen für sie nicht in Betracht, da sie aus psychischen Gründen weder einen Badeanzug noch Sportkleidung in der Öffentlichkeit trage. Ihr Problem sei auch keinesfalls mangelndes Selbstwertgefühl, sondern ihre zu große Oberweite, sodass auch die Teilnahme an einer Selbsterfahrungsgruppe oder ein Selbstsicherheitstraining keinen Sinn mache. Das Maß des Notwendigen, auf das die Leistungsgewährung der Krankenkasse beschränkt sei, wäre somit einzig und allein eine Brustverkleinerung.
Sie legte dazu weitere Atteste von Dr. B. (der Eingriff sei keineswegs als „Schönheits-Operation“ zu beurteilen, sondern es zeige sich enormer Leidensdruck, der durch sehr beeinträchtigende psychosoziale Belastungen zu einer depressiven Entwicklung geführt habe) sowie von Dr. D. (die Klägerin sei in ihrer psychischen und sozialen Entwicklung nicht wesentlich beeinträchtigt, zeige allerdings erhebliche Unsicherheit im Kontaktverhalten und ziehe sich daher von sozialen Situationen, in denen sie ihre Körperformen nicht durch Kleidung verbergen könne, von anderen zurück; die Möglichkeiten einer psychotherapeutischen Bearbeitung seien begrenzt, es sei anzunehmen, dass durch einen kosmetischen Eingriff die Verunsicherung und die Irritation in einem Ausmaß rückläufig wäre, dass keine weiteren psychotherapeutischen Maßnahmen mehr erforderlich seien) vor.
Die Beklagte schaltete erneut den MDK ein. Dipl.-Med. L. führte in ihrem Gutachten nach Aktenlage aus, die Klägerin leide an einer Mamma-Hypertrophie beidseits, einer psychischen Beeinträchtigung bezogen auf die Mammahyperplasie (übergroße Brust) sowie einem Verdacht auf Dysmorphophobie (Angst, durch einen Defekt, der für andere nicht oder nur minimal erkennbar ist, entstellt zu sein). Nach der im Rahmen der Erstbegutachtung vorgenommenen körperlichen Untersuchung liege in Anbetracht der objektivierten Brustgewichtsmessung eine Gigantomastie (Brustgewicht mehr als 1500 g pro Seite) nicht vor, wohl aber eine mäßige bis ausgeprägte Mammahypertrophie, somit eine Normvariante der Natur und kein regelwidriger Körperzustand an der Brust. Regelwidrige Körperzustände, die die Größe der weiblichen Brust definierten, gebe es bislang nicht. Einigkeit bestünde aber darin, dass nur krankheitswidrige Extremfälle wie die entwicklungsbedingte Deformation der Mammae, ausgeprägte Asymmetrien und seitengleiche Gigantomastie eine operative Behandlung erforderten. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass der kosmetische Aspekt für den Operationswunsch im Vordergrund stünde. Das begründe keine operative Behandlungsnotwendigkeit. Die psychische Problematik müsse mit den Mitteln der Psychotherapie behandelt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2009 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch nach nochmalige Befassung des MDK sei bestätigt worden, dass eine medizinische Notwendigkeit für eine operative Brustkorrektur (Mammareduktionsplastik) nicht vorliege. Die psychischen Störungen bedürften der Behandlung durch eine vertragliche Psychotherapie.
10 
Die Klägerin ließ die Operation am 11. Mai 2009 durchführen. Dafür stellte ihr die Frauenklinik R. keine Rechnung, sondern die Klägerin überwies gemäß der privatärztlichen Honorarvereinbarung 5.400,00 EUR, wofür ihr ein Einnahmebeleg (Bl. 21 Senatsakte) ausgestellt wurde.
11 
Mit ihrer am 3. Juli 2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass das Brustgewicht auch in Relation zur Körpergröße stehen müsse. Bei ihr handele es sich um eine kleine, schlanke, zierliche junge Frau. Der Eingriff sei am 11. Mai 2009 erfolgreich durchgeführt worden. Sie habe zuvor an muskulären Dysbalancen mit erheblichen Schulter-, Nacken- und Brustwirbelsäulenbeschwerden, deutlicher Fehlhaltung und erheblichen Nacken- und Kopfschmerzen gelitten, die immer wieder manualtherapeutischen Behandlungen hätten zugeführt werden müssen.
12 
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2009, der Klägerin zugestellt am 2. Oktober 2009, hat das SG die Klage mit der Begründung zurückgewiesen, für eine Operation am gesunden Organ bedürfe es einer besonderen Rechtfertigung, denn es werde nicht gezielt die eigentliche Krankheit behandelt. Aufgrund der geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen scheide eine Leistungsgewährung durch die GKV für die Operation aus. Eine andere, die Notwendigkeit des operativen Eingriffs erforderlich machende Krankheit habe bei ihr nicht vorgelegen. Die bestehende Asymmetrie sei zwar als regelwidriger Zustand zu bewerten, erfülle jedoch nicht die Kriterien einer Krankheit, denn sie erfordere weder ärztliche Behandlungsmaßnahmen, noch rufe sie Arbeitsunfähigkeit hervor.
13 
Zur Begründung ihrer dagegen am 15. Oktober 2009 eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, dass die psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsversuche - weil letztlich nicht mehr als symptomatisch - ohne Erfolg geblieben wären. Eine Erkrankung habe lediglich in Form der übergroßen Brüste bestanden. Diese erfüllten auch den Krankheitsbegriff, nämlich aufgrund der objektivierten erheblichen Gewichtsunterschiede der einzelnen Brüste. Auch sei ihrer Körpergröße nicht ausreichend Berücksichtigung widerfahren, denn diese sei ein zwingendes Parameter, wenn es um Proportionszuordnungen gehe, wie es zB in der herrschenden medizinischen Meinung durch den anerkannten BMI zur Bestimmung des gesunden Gewichts und der Abgrenzung zur Adipositas längst der Fall sei.
14 
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ihr durch die Brustverkleinerung vom 11. Mai 2009 in der Frauenklinik R. entstandenen Kosten in Höhe von 5.400,00 EUR zu erstatten.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
19 
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 8. Dezember 2009 erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die nach den §§ 143, 155 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme durch die geltend gemachte Erstattungsforderung überschritten wird. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der durch die Brustverkleinerung vom 11. Mai 2009 in der Frauenklinik R. entstandenen Kosten in Höhe von 5.400,00 EUR.
22 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach hat die Beklagte der Klägerin die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die erste Alternative - unaufschiebbare Leistung - scheidet wegen Fehlens einer dringenden Behandlungsnotwendigkeit aus. Daher kommt als Rechtsgrundlage allein § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V in Betracht. Diese Rechtsnorm bestimmt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 20) : Bestehen eines Primärleistungs(Naturalleistungs-)anspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die Krankenkasse, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung.
23 
Ob dem Erstattungsbegehren der Klägerin bereits entgegen steht, dass ihr durch die abgelehnte Naturalleistungsgewährung möglicherweise erstattungsfähige Kosten nicht entstanden sind, kann der Senat dahin gestellt sein lassen. Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V zwar voraus, dass ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes wegen der Behandlung entstanden ist. Nötig hierfür ist auch eine ordnungsgemäße Abrechnung (vgl etwa BSG Urteil vom 13. Juli 2004, B 1 KR 11/04 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 4). Für die hier streitige Krankenhausbehandlung gilt grundsätzlich, dass ein Anspruch nur in Frage kommt, wenn die Abrechnung den weitgehend zwingenden Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntG) entspricht, das nach § 1 Abs 2 S 1 KHEntG auch für Privatpatienten gilt. Das setzt grundsätzlich voraus, dass die Abrechnung entsprechend § 7 KHEntG erfolgt, also gegenüber dem Patienten die Operation nach den Fallpauschalen, also mit der entsprechenden Diagnose sowie der Verweildauer, und ggfs Zusatzentgelten erfolgt. Soweit auch privatärztliche Leistungen abgerechnet wurden, so hat das BSG entschieden, dass ein Honoraranspruch als Grundlage für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V nur dann in Betracht kommt, wenn er nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte spezifiziert ist (BSG Urteil vom 15. April 1997, 1 RK 4/96, SozR 3-2500 § 13 Nr 14). Das setzt voraus, dass der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Arzt schriftlich bestätigt (§ 17 Abs 1 Nr 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Daran könnte es vorliegend fehlen, denn die Klägerin hat überhaupt keine Rechnung erhalten, sondern aufgrund der privatärztlichen Honorarvereinbarung vom 18. November 2008 mit der Frauenklinik R. die Kosten beglichen, wie sie auf ausdrückliche Nachfrage im Erörterungstermin bestätigt hat. Dies mag aber darauf beruhen, dass die Klinik die Operation als medizinisch nicht notwendig erachtet hat.
24 
Die geltend gemachte Kostenerstattung scheitert aus mehreren Gründen.
25 
Die Ablehnung der beantragten Operation durch die Beklagte war nicht kausal für die der Klägerin entstandenen Kosten. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Ursachenzusammenhang bestehen, an dem es fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Eine vorherige Entscheidung der Krankenkasse ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa aufgrund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststeht (BSG Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 5/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 8); dies gilt selbst dann, wenn es um Leistungen geht, die kraft Gesetzes ausgeschlossen sind (BSG Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 12).
26 
Die Klägerin hatte sich bereits am 18. November 2008 bei der Frauenklinik R. zu der Operation angemeldet und sich verbindlich dazu entschlossen diese durchzuführen. Der Senat stützt sich insoweit auf die vorgelegte privatärztliche Honorarvereinbarung mit der Frauenklinik R.. Der am 8. Januar 2009 geplante Operationstermin wurde lediglich, um die Frage der Kostenbeteiligung der Beklagten abzuklären, auf den 11. Mai 2009 verschoben. Deswegen erfolgte auch die Abrechnung der Kosten nach der am 18. November 2008 vereinbarten Vergütung. Die Klägerin hat keinen neuen Vertrag abgeschlossen, was zu erwarten gewesen wäre, wenn sie sich erst nach der Ablehnung tatsächlich zur Durchführung der Operation entschlossen hätte. Durch den Abschluss des Behandlungsvertrags hat sich die Klägerin damit auf die Operation endgültig festgelegt, die Ablehnung der Krankenkasse ist dann nicht kausal (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2008, L 4 KR 1357/07).
27 
Die Klägerin hat schließlich keinen Naturalleistungsanspruch auf die Brustverkleinerungsoperation gehabt, weil die Mammahyperplasie keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Brustoperation zur Behandlung einer psychischen Erkrankung nicht notwendig gewesen ist (vgl speziell zu einer Brustverkleinerungsoperation zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2008, L 5 KR 2638/07, zit nach juris; Hessisches LSG, Urteil vom 21 August 2008, L 1 KR 7/07, zit nach juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2008, L 9 KR 589/07, zit nach juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 21. November 2007, L 5 KR 80/06; zit nach juris). Sie kann nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 14).
28 
Bei der Klägerin besteht nach den Feststellungen der Gutachten des MDK, die in Auswertung der Befundberichte der behandelnden Ärzte und einer Untersuchung der Klägerin ergangen sind, lediglich eine Mammahyperplasie, die aber keine derartige äußerliche Entstellung bewirkt, dass dies einen Bedarf nach einer Mammaoperation hätte begründen können. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Brust liegt nicht vor. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 14).
29 
Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung zB das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Dagegen hat das BSG bei der Fehlanlage eines Hodens eines männlichen Versicherten eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust revisionsrechtlich abgelehnt (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 3/03 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 3). Die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anormalität an einer Entstellung leidet, ist in erster Linie Tatfrage (zum Ganzen BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
30 
Ausgehend von diesen Maßstäben handelt es sich im Fall der Klägerin, wie Dipl.-Med. L. zu Recht ausgeführt hat, um eine Normvariante der Natur und keinen regelwidrigen Körperzustand an der Brust.
31 
Soweit die Klägerin, ohne dass dies durch ärztliche Aussagen belegt ist, auf ihre Rückenprobleme hingewiesen hat, so besteht kein Nachweis dafür, dass diese in dem Brustgewicht ihre Ursache haben, zumal das ermittelte Resektionsgewicht dies kaum belegt und kein Nachweis der Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden erfolgt ist. Die behandelnden Ärzte haben deswegen die Operationsnotwendigkeit auch psychisch begründet und sie ausdrücklich als „Schönheitsoperation“ bezeichnet.
32 
Die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt aber ebenfalls keinen operativen Eingriff auf Kosten der GKV. Nach der Rechtsprechung des BSG können psychische Leiden einen Anspruch auf eine Brustoperation nicht begründen. Selbst wenn ein Versicherter hochgradig akute Suizidgefahr geltend macht, kann er regelmäßig lediglich eine spezifische Behandlung etwa mit den Mitteln der Psychiatrie beanspruchen, nicht aber Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
33 
Nach diesen Grundsätzen sind Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als "Behandlung" iS von § 27 Abs 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen. Dies beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen. Denn damit wird nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern es soll nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
34 
Die Berufung der Klägerin war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
35 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die nach den §§ 143, 155 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme durch die geltend gemachte Erstattungsforderung überschritten wird. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der durch die Brustverkleinerung vom 11. Mai 2009 in der Frauenklinik R. entstandenen Kosten in Höhe von 5.400,00 EUR.
22 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach hat die Beklagte der Klägerin die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die erste Alternative - unaufschiebbare Leistung - scheidet wegen Fehlens einer dringenden Behandlungsnotwendigkeit aus. Daher kommt als Rechtsgrundlage allein § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V in Betracht. Diese Rechtsnorm bestimmt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 20) : Bestehen eines Primärleistungs(Naturalleistungs-)anspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die Krankenkasse, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung.
23 
Ob dem Erstattungsbegehren der Klägerin bereits entgegen steht, dass ihr durch die abgelehnte Naturalleistungsgewährung möglicherweise erstattungsfähige Kosten nicht entstanden sind, kann der Senat dahin gestellt sein lassen. Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V zwar voraus, dass ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes wegen der Behandlung entstanden ist. Nötig hierfür ist auch eine ordnungsgemäße Abrechnung (vgl etwa BSG Urteil vom 13. Juli 2004, B 1 KR 11/04 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 4). Für die hier streitige Krankenhausbehandlung gilt grundsätzlich, dass ein Anspruch nur in Frage kommt, wenn die Abrechnung den weitgehend zwingenden Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntG) entspricht, das nach § 1 Abs 2 S 1 KHEntG auch für Privatpatienten gilt. Das setzt grundsätzlich voraus, dass die Abrechnung entsprechend § 7 KHEntG erfolgt, also gegenüber dem Patienten die Operation nach den Fallpauschalen, also mit der entsprechenden Diagnose sowie der Verweildauer, und ggfs Zusatzentgelten erfolgt. Soweit auch privatärztliche Leistungen abgerechnet wurden, so hat das BSG entschieden, dass ein Honoraranspruch als Grundlage für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V nur dann in Betracht kommt, wenn er nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte spezifiziert ist (BSG Urteil vom 15. April 1997, 1 RK 4/96, SozR 3-2500 § 13 Nr 14). Das setzt voraus, dass der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Arzt schriftlich bestätigt (§ 17 Abs 1 Nr 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Daran könnte es vorliegend fehlen, denn die Klägerin hat überhaupt keine Rechnung erhalten, sondern aufgrund der privatärztlichen Honorarvereinbarung vom 18. November 2008 mit der Frauenklinik R. die Kosten beglichen, wie sie auf ausdrückliche Nachfrage im Erörterungstermin bestätigt hat. Dies mag aber darauf beruhen, dass die Klinik die Operation als medizinisch nicht notwendig erachtet hat.
24 
Die geltend gemachte Kostenerstattung scheitert aus mehreren Gründen.
25 
Die Ablehnung der beantragten Operation durch die Beklagte war nicht kausal für die der Klägerin entstandenen Kosten. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Ursachenzusammenhang bestehen, an dem es fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Eine vorherige Entscheidung der Krankenkasse ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa aufgrund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststeht (BSG Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 5/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 8); dies gilt selbst dann, wenn es um Leistungen geht, die kraft Gesetzes ausgeschlossen sind (BSG Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 12).
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Die Klägerin hatte sich bereits am 18. November 2008 bei der Frauenklinik R. zu der Operation angemeldet und sich verbindlich dazu entschlossen diese durchzuführen. Der Senat stützt sich insoweit auf die vorgelegte privatärztliche Honorarvereinbarung mit der Frauenklinik R.. Der am 8. Januar 2009 geplante Operationstermin wurde lediglich, um die Frage der Kostenbeteiligung der Beklagten abzuklären, auf den 11. Mai 2009 verschoben. Deswegen erfolgte auch die Abrechnung der Kosten nach der am 18. November 2008 vereinbarten Vergütung. Die Klägerin hat keinen neuen Vertrag abgeschlossen, was zu erwarten gewesen wäre, wenn sie sich erst nach der Ablehnung tatsächlich zur Durchführung der Operation entschlossen hätte. Durch den Abschluss des Behandlungsvertrags hat sich die Klägerin damit auf die Operation endgültig festgelegt, die Ablehnung der Krankenkasse ist dann nicht kausal (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2008, L 4 KR 1357/07).
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Die Klägerin hat schließlich keinen Naturalleistungsanspruch auf die Brustverkleinerungsoperation gehabt, weil die Mammahyperplasie keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Brustoperation zur Behandlung einer psychischen Erkrankung nicht notwendig gewesen ist (vgl speziell zu einer Brustverkleinerungsoperation zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2008, L 5 KR 2638/07, zit nach juris; Hessisches LSG, Urteil vom 21 August 2008, L 1 KR 7/07, zit nach juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2008, L 9 KR 589/07, zit nach juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 21. November 2007, L 5 KR 80/06; zit nach juris). Sie kann nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 14).
28 
Bei der Klägerin besteht nach den Feststellungen der Gutachten des MDK, die in Auswertung der Befundberichte der behandelnden Ärzte und einer Untersuchung der Klägerin ergangen sind, lediglich eine Mammahyperplasie, die aber keine derartige äußerliche Entstellung bewirkt, dass dies einen Bedarf nach einer Mammaoperation hätte begründen können. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Brust liegt nicht vor. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 14).
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Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung zB das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Dagegen hat das BSG bei der Fehlanlage eines Hodens eines männlichen Versicherten eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust revisionsrechtlich abgelehnt (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 3/03 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 3). Die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anormalität an einer Entstellung leidet, ist in erster Linie Tatfrage (zum Ganzen BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
30 
Ausgehend von diesen Maßstäben handelt es sich im Fall der Klägerin, wie Dipl.-Med. L. zu Recht ausgeführt hat, um eine Normvariante der Natur und keinen regelwidrigen Körperzustand an der Brust.
31 
Soweit die Klägerin, ohne dass dies durch ärztliche Aussagen belegt ist, auf ihre Rückenprobleme hingewiesen hat, so besteht kein Nachweis dafür, dass diese in dem Brustgewicht ihre Ursache haben, zumal das ermittelte Resektionsgewicht dies kaum belegt und kein Nachweis der Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden erfolgt ist. Die behandelnden Ärzte haben deswegen die Operationsnotwendigkeit auch psychisch begründet und sie ausdrücklich als „Schönheitsoperation“ bezeichnet.
32 
Die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt aber ebenfalls keinen operativen Eingriff auf Kosten der GKV. Nach der Rechtsprechung des BSG können psychische Leiden einen Anspruch auf eine Brustoperation nicht begründen. Selbst wenn ein Versicherter hochgradig akute Suizidgefahr geltend macht, kann er regelmäßig lediglich eine spezifische Behandlung etwa mit den Mitteln der Psychiatrie beanspruchen, nicht aber Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
33 
Nach diesen Grundsätzen sind Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als "Behandlung" iS von § 27 Abs 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen. Dies beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen. Denn damit wird nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern es soll nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, aaO).
34 
Die Berufung der Klägerin war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
35 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Feb. 2010 - L 11 KR 4761/09 zitiert 10 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 21. Nov. 2007 - L 5 KR 80/06

bei uns veröffentlicht am 21.11.2007

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die R

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme für eine operative Brustverkleinerung.

2

Die 1947 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Im August 2003 legte sie der Beklagten einen Überweisungsschein des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. zur operativen Brustverkleinerung wegen eines Schulter-Arm-Syndroms bei Gewichtsbelastung der vergrößerten Mamma beidseits vor sowie ein ärztliches Attest des Frauenarztes Dr. I. vom 5. August 2003 mit ebenfalls der Empfehlung einer Brustverkleinerung. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Hamburg ein. Darin kam die Chirurgin Dr. K. am 23. September 2003 zu der Einschätzung, dass die Klägerin, die damals noch als Bankkauffrau arbeitete, über zunehmende Rückenbeschwerden im BWS- und HWS-Bereich klage. Zur Entlastung lasse sie sich gelegentlich Massagen verordnen, gehe zur Wassergymnastik und mache Übungen mit Hanteln in Eigenregie. Das Körpergewicht liege bei einer Körpergröße von 165 cm bei 81 kg. Das Gewicht einer Brust betrage ca. 1.300 g (BH-Größe 80 E). Es liege kein deutliches Überschreiten der Normvarianten vor. Mit den Rückenbeschwerden könne ein Zusammenhang nicht zweifelsfrei bestätigt werden, da ein eindeutiger, durch wissenschaftlich evaluierte Studien belegter Zusammenhang zwischen Brustgröße und Rückenbeschwerden einerseits sowie zwischen Größe des Reduktionsgewichtes und Besserung der Rückenbeschwerden andererseits bisher letztlich nicht nachgewiesen sei. Die beabsichtigte Operation könne nicht empfohlen werden. Die Beklagte erhielt eine ärztliche Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses (AK) W. vom 5. Januar 2004, in der darauf hingewiesen wurde, dass primär eine Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Kilogramm (dort wurde von einem Körpergewicht von 75 kg ausgegangen) durchzuführen sei. Im Anschluss daran solle eine Reduktionsplastik vorgenommen werden bei einem Resektionsgewicht von 600 bis 700 g auf jeder Seite.

3

Am 1. Oktober 2003 hatte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine operative Brustkorrektur abgelehnt. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2004 zurück.

4

Die Klägerin hat am 3. März 2004 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die sie behandelnden Ärzte hätten die Indikation zur Brustverkleinerung bestätigt. Die bei ihr bestehenden Rückenbeschwerden könnten durch die Brustverkleinerung verbessert werden. In einer weiteren Bescheinigung habe das AK W. ausgeführt, dass es prinzipiell allen Patientinnen vor geplanten Reduktions- oder Straffungsoperationen mögliche Gewichtsreduktionen empfehle, um das postoperative Ergebnis optimal halten zu können.

5

Die Beklagte hat vorgetragen, Brustverkleinerungen seien zwar nicht generell von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, allerdings bestehe darauf nur in seltenen Ausnahmefällen ein Anspruch. Das AK W. habe vornehmlich eine Gewichtsreduktion empfohlen. Selbst wenn diese Empfehlung so nicht gemeint gewesen sei, stehe der Beurteilung doch die Auffassung des MDK entgegen.

6

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Allgemeinmediziners M. und des Orthopäden Dr. S. sowie ein Gutachten des Chirurgen Dr. H. eingeholt. Ferner hat es diesen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2006 vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Das Beschwerdebild werde geprägt durch die ungünstige Belastung aufgrund des nach vorne ziehenden Gewichts der Brüste in Kombination mit den Folgen der ausgeprägten degenerativen Veränderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Bereits aufgrund dieser degenerativen Veränderungen sei eine vermehrte Haltearbeit der langen Rücken-Streckmuskulatur erforderlich, um Bewegungsausschläge sicher und schmerzfrei durchführen zu können bzw. schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. Dazu komme die vermehrt nach vorn einwirkende Gewichtsbelastung aufgrund der Mammahypertrophie. Die Krafteinwirkung aufgrund der vergrößerten Brüste könne aufgrund der bereits bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule durch die Rücken-Streckmuskulatur nicht kompensiert werden. Für die Verbesserung des Beschwerdebildes sei eine Mammareduktionsplastik notwendig. Andere medizinische Maßnahmen reichten nicht aus. Insbesondere seien krankengymnastische Übungshandlungen nicht geeignet, eine wesentliche Beschwerdelinderung zu erreichen. Eine wesentliche Vermehrung der langen Rücken-Streckmuskulatur könne durch eine derartige Behandlung nicht erreicht werden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. sei die lange Rücken-Streckmuskulatur normal ausgebildet und weise keine Verschmächtigung aus. Auch eine Gewichtsreduktion sei nicht geeignet, das Beschwerdebild der Klägerin wesentlich zu beeinflussen. Ausweislich der Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses W. vom 25. Mai 2004 sei eine derartige Gewichtsreduktion auch nicht vorrangig anzustreben. Damit sei eine operative Brustverkleinerung medizinisch notwendig, um das orthopädische Beschwerdebild der Klägerin zu verbessern. Eine derartige Operation sei nach Abwägung der Gesamtumstände des Falles nicht unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung des Operationsrisikos, der Erfolgsaussichten der Operation und des zu erzielenden Erfolges müsse wegen des bestehenden Beschwerdebildes der Klägerin von der Erforderlichkeit der operativen Behandlung ausgegangen werden.

7

Gegen das ihr am 21. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 20. September 2006. Zur Begründung trägt sie vor: Das Gutachten von Dr. H. überzeuge nicht. Dort benutzte Formulierungen wie „dürfte“ oder „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ seien zu unscharf. In einem weiteren Gutachten des MDK vom 8. Januar 2007 sei der Arzt G. zu der Auffassung gelangt, dass durch eine Resektion des Brustgewebes von 600 g pro Seite kein positiver Einfluss auf die geklagten Beschwerden zu erwarten sei. In erster Linie seien diese Beschwerden degenerativen Veränderungen zuzuschreiben. Rechtlich sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem gewünschten Eingriff um eine so genannte mittelbare Behandlung handele, da in ein gesundes Organ eingegriffen werde. Eine solche Behandlung bedürfe nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besonderer Rechtfertigung. Diese sei durch den Gutachter Dr. H. in keiner Weise nachgewiesen worden. Auch Dr. H. habe angegeben, dass die angeführten Beschwerden nicht allein auf die ausgeprägte Brustvergrößerung beidseits zurückzuführen sei. Außerdem habe der Gutachter weder Brust- noch Körpergewicht der Klägerin gemessen. Es sei auch nicht die Art der BH-Versorgung beschrieben worden. Es fehlten Erörterungen über die bisherige Behandlung der Klägerin. Die Feststellung, dass die Behandlungsalternativen bereits ausgeschöpft seien, wäre jedoch erforderlich, um eine Reduktionsplastik bei einer gesunden Brust zu rechtfertigen. Bei einem BMI von fast 30 seien zudem Maßnahmen der Gewichtsreduzierung vorrangig. Da im Übrigen bisher keine regelmäßigen krankengymnastischen Übungsbehandlungen durchgeführt worden seien, könne nicht festgestellt werden, ob diese bereits zu einer Linderung der Beschwerden führen könnten.

8

Die Beklagte beantragt,

9

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen

12

und trägt ergänzend vor: Unzweifelhaft liege bei ihr eine Erkrankung der Wirbelsäule vor, die durch die Brustlast der zu großen Brüste nicht kompensiert werden könne. Die entsprechende Reduzierung werde zu einer deutlichen Erleichterung führen. Aus dem Behandlungsbericht des Orthopäden Dr. S. ergebe sich, dass wiederholte Reizstrom- und Extensionsbehandlungen der HWS und BWS den Krankheitsverlauf nicht hätten bessern können.

13

Der Senat hat von dem Orthopäden Dr. L. ein schriftliches Gutachten eingeholt.

14

Zu diesem Gutachten trägt die Beklagte vor: Dr. L. bestätige ihre Auffassung, wonach bei der Klägerin eine sichere Erfolgsprognose durch eine Brustreduktion nicht zu stellen sei. Der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass eine krankengymnastische Übungsbehandlung als obligatorische Vorabbehandlung bisher nicht durchgeführt worden sei. Zudem habe er ausgeführt, dass eine operative Behandlung angesichts des erhöhten OP-Risikos bei deutlicher Übergewichtigkeit der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohnehin nicht in Frage käme. Der Gutachter habe insoweit eine deutliche Gewichtsreduzierung von 23 kg empfohlen.

15

Die Klägerin führt zum Gutachten aus: Es dokumentiere lediglich einen augenblicklichen Krankheitszustand. Die vom Sachverständigen angeführten konservativen Maßnahmen wie gymnastische Übungen, Massagen etc. könnten möglicherweise eine Besserung bringen. Ein Erfolg sei jedoch äußerst ungewiss. Letztlich bestätige Dr. L. das bestehende Krankheitsbild und dessen Therapiebedürftigkeit. Das Gutachten übersehe den fortschreitenden Trend der Krankheit, dem mit konservativen Therapiemethoden nicht zu begegnen sei.

16

In der mündlichen Verhandlung am 21. November 2007 hat der Senat den Sachverständigen vernommen und die Klägerin angehört.

17

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Mammareduktionsoperation zu gewähren. Die Klägerin hat keinen auf eine derartige Leistung gerichteten Anspruch.

19

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Liegen diese Voraussetzungen vor, umfasst die Krankenbehandlung eine notwendige ärztliche Behandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und eine Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V. Im Falle der Klägerin ist zu unterscheiden zwischen der Mammahyperplasie einerseits und den Folgeerscheinungen, die durch diese verursacht sein können, andererseits. Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine Krankheit einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand dar, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Heilbehandlung oder zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R -). Diese Begriffsdefinition erfordert die Behandlungsbedürftigkeit des Körperzustandes; der regelwidrige Körperzustand allein reicht bei dieser Definition für die Annahme einer Krankheit nicht aus. Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin sowohl hinsichtlich der Mammahyperplasie als auch der Folgeerscheinungen nicht erfüllt.

20

Wie das BSG in der oben zitierten Entscheidung auf die Revision gegen das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2003 (L 1 KR 7/03, dort ging es um ein Resektionsgewicht von jeweils 800 g) zutreffend ausgeführt hat, kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zu. Vielmehr liegt eine Krankheit nur dann vor, wenn die Versicherte in ihrer Körperfunktion beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Beides ist bei der Klägerin nicht der Fall. Folgeerscheinungen der übergroßen Brüste sind nicht mit der dafür notwendigen Wahrscheinlichkeit zu belegen.

21

Im Wesentlichen begründet die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch mit den von ihr geklagten Rückenbeschwerden. Übereinstimmend kommen die Gutachter auch zu dem Ergebnis, dass bei ihr Erkrankungen der Wirbelsäule vorliegen. So bestehen fortgeschrittene verformende Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit Schwerpunkt im unteren Halswirbelsäulenbereich sowie mäßiggradigen Veränderungen an der Brustwirbelsäule. In der Lendenwirbelsäule zeigt sich eine Gefügestörung LWK 3/4. Ob diese anlagebedingten Veränderungen alleinige Ursachen der von der Klägerin angegebenen Rückenbeschwerden sind, kann hier dahinstehen. Zutreffend weist die Beklagte nämlich darauf hin, dass nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung der operative Eingriff in ein gesundes Organ - hier die Brüste - nur dann gerechtfertigt ist, wenn keinerlei andere Behandlungsmethoden zum Erfolg führen können. Letzteres steht hier nicht fest. In dieser Einschätzung folgt der erkennende Senat dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L., der insbesondere krankengymnastische Übungsbehandlungen, gerichtet auf die Lockerung der Bindegewebsstruktur im Hals- und Brustkorbbereich, als vorrangige Therapien angesehen hat. Seiner Einschätzung ist insbesondere gegenüber der des in erster Instanz gehörten Sachverständigen Dr. H. Vorrang einzuräumen. Dies folgt bereits aus der höheren Sachkompetenz des Orthopäden (Dr. L.) gegenüber dem Unfallchirurgen (Dr. H.), wenn es um die Bewertung und Behandlung von Schäden am Skelettapparat geht. Überdies enthält das Gutachten von Dr. H. die von der Beklagten genannten Ungenauigkeiten und zum Teil nicht nachvollziehbare Äußerungen, wenn er etwa, ohne dies näher zu begründen, krankengymnastischen Übungen keinen Erfolg beimisst. In diesem Zusammenhang weist Dr. L. überzeugend darauf hin, dass gerade im Falle der Klägerin mit dem erhöhten Brustgewicht therapeutisch auf einen Ausgleich der Bindegewebsstrukturen und Rückenmuskulatur durch krankengymnastische Übungen vorrangig hinzuwirken ist. Die Bedeutung krankengymnastischer Übungen kennt der Senat auch aus Beweisaufnahmen anderer Verfahren, in denen es um den Anspruch auf operative Brustverkleinerung wegen Rückenbeschwerden ging. Auch dort stellten die Sachverständigen die vorrangige Stärkung der Rückenmuskulatur durch unter anderem solche Übungen in den Vordergrund (z. B. L 5 KR 62/06). Einem solchen therapeutischen Ansatz hat sich die Klägerin bislang jedoch nicht unterzogen.

22

Als weitere vorrangige Behandlungsform kommt bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion in Betracht. Es ist nicht zu übersehen, dass sie im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens nicht unerheblich an Gewicht zugenommen hat. So betrug das Körpergewicht bei der Begutachtung durch den MDK 81 kg. Bei der Untersuchung durch Dr. L. lag es bei 84,9 kg, was bei der von Dr. L. gemessenen Körpergröße von 158 cm einen Bodymaß-Index (BMI)von ca. 34 kg/qm bedeutet. Bei einem BMI in dieser Höhe besteht ein erhebliches Übergewicht. Es ist allgemein bekannt und Dr. L. weist in seinem Gutachten auch auf einen solchen Zusammenhang hin, dass sich eine derartige Adipositas negativ auf den Halte- und Stützapparat auswirkt und die bei der Klägerin unstreitig bestehenden Veränderungen an der Wirbelsäule negativ begünstigt. Den Umfang der notwendigen Gewichtsreduktion beziffert Dr. L. mit 23 kg. Ferner ist bei einer solchen Reduktion unter Berücksichtigung der Gewichtsverteilung nach Auffassung des Sachverständigen auch mit einer Reduktion des Brustgewichts zu rechnen. Damit könnte das Bestreben der Klägerin nach Brustverkleinerung, jedenfalls teilweise, ohne chirurgischen Eingriff erfolgreich sein. Hinzu kommt, dass das deutliche Übergewicht der Klägerin das Operationsrisiko erheblich erhöht. Nach Auffassung des Sachverständigen Dr. L. käme derzeit aufgrund des Übergewichts eine Operation angesichts dieses erhöhten Risikos ohnehin nicht in Frage.

23

Zwar weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch das Gutachten lediglich ein augenblicklicher Zustand dokumentiert werde. Dieser ist jedoch, da ein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht wird, für die Entscheidung des Senats maßgebend. Es kommt auf die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehenden Sachlage an (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, § 54 Rz 34).

24

Vorrangig sind krankengymnastische Übungen und Gewichtsabnahme auch deshalb, weil mit diesen nach allgemeiner medizinischer Erfahrung eine Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden einhergehen wird. Hingegen liegen keinerlei allgemeine Studiendaten vor, aus denen hervorgeht, dass ein Zusammenhang zwischen übergroßen Brüsten und Rückenbeschwerden besteht. Dr. L. hat darauf hingewiesen, dass randomisierte Studien hierüber nicht existieren. Dem erkennenden Senat ist auch aus anderen Verfahren, in denen es um die Kostenübernahme einer Brustverkleinerung ging, eine solche Studie nicht bekannt.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

26

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme für eine operative Brustverkleinerung.

2

Die 1947 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Im August 2003 legte sie der Beklagten einen Überweisungsschein des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M. zur operativen Brustverkleinerung wegen eines Schulter-Arm-Syndroms bei Gewichtsbelastung der vergrößerten Mamma beidseits vor sowie ein ärztliches Attest des Frauenarztes Dr. I. vom 5. August 2003 mit ebenfalls der Empfehlung einer Brustverkleinerung. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Hamburg ein. Darin kam die Chirurgin Dr. K. am 23. September 2003 zu der Einschätzung, dass die Klägerin, die damals noch als Bankkauffrau arbeitete, über zunehmende Rückenbeschwerden im BWS- und HWS-Bereich klage. Zur Entlastung lasse sie sich gelegentlich Massagen verordnen, gehe zur Wassergymnastik und mache Übungen mit Hanteln in Eigenregie. Das Körpergewicht liege bei einer Körpergröße von 165 cm bei 81 kg. Das Gewicht einer Brust betrage ca. 1.300 g (BH-Größe 80 E). Es liege kein deutliches Überschreiten der Normvarianten vor. Mit den Rückenbeschwerden könne ein Zusammenhang nicht zweifelsfrei bestätigt werden, da ein eindeutiger, durch wissenschaftlich evaluierte Studien belegter Zusammenhang zwischen Brustgröße und Rückenbeschwerden einerseits sowie zwischen Größe des Reduktionsgewichtes und Besserung der Rückenbeschwerden andererseits bisher letztlich nicht nachgewiesen sei. Die beabsichtigte Operation könne nicht empfohlen werden. Die Beklagte erhielt eine ärztliche Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses (AK) W. vom 5. Januar 2004, in der darauf hingewiesen wurde, dass primär eine Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Kilogramm (dort wurde von einem Körpergewicht von 75 kg ausgegangen) durchzuführen sei. Im Anschluss daran solle eine Reduktionsplastik vorgenommen werden bei einem Resektionsgewicht von 600 bis 700 g auf jeder Seite.

3

Am 1. Oktober 2003 hatte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine operative Brustkorrektur abgelehnt. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2004 zurück.

4

Die Klägerin hat am 3. März 2004 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die sie behandelnden Ärzte hätten die Indikation zur Brustverkleinerung bestätigt. Die bei ihr bestehenden Rückenbeschwerden könnten durch die Brustverkleinerung verbessert werden. In einer weiteren Bescheinigung habe das AK W. ausgeführt, dass es prinzipiell allen Patientinnen vor geplanten Reduktions- oder Straffungsoperationen mögliche Gewichtsreduktionen empfehle, um das postoperative Ergebnis optimal halten zu können.

5

Die Beklagte hat vorgetragen, Brustverkleinerungen seien zwar nicht generell von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, allerdings bestehe darauf nur in seltenen Ausnahmefällen ein Anspruch. Das AK W. habe vornehmlich eine Gewichtsreduktion empfohlen. Selbst wenn diese Empfehlung so nicht gemeint gewesen sei, stehe der Beurteilung doch die Auffassung des MDK entgegen.

6

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Allgemeinmediziners M. und des Orthopäden Dr. S. sowie ein Gutachten des Chirurgen Dr. H. eingeholt. Ferner hat es diesen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2006 vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Das Beschwerdebild werde geprägt durch die ungünstige Belastung aufgrund des nach vorne ziehenden Gewichts der Brüste in Kombination mit den Folgen der ausgeprägten degenerativen Veränderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Bereits aufgrund dieser degenerativen Veränderungen sei eine vermehrte Haltearbeit der langen Rücken-Streckmuskulatur erforderlich, um Bewegungsausschläge sicher und schmerzfrei durchführen zu können bzw. schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. Dazu komme die vermehrt nach vorn einwirkende Gewichtsbelastung aufgrund der Mammahypertrophie. Die Krafteinwirkung aufgrund der vergrößerten Brüste könne aufgrund der bereits bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule durch die Rücken-Streckmuskulatur nicht kompensiert werden. Für die Verbesserung des Beschwerdebildes sei eine Mammareduktionsplastik notwendig. Andere medizinische Maßnahmen reichten nicht aus. Insbesondere seien krankengymnastische Übungshandlungen nicht geeignet, eine wesentliche Beschwerdelinderung zu erreichen. Eine wesentliche Vermehrung der langen Rücken-Streckmuskulatur könne durch eine derartige Behandlung nicht erreicht werden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. sei die lange Rücken-Streckmuskulatur normal ausgebildet und weise keine Verschmächtigung aus. Auch eine Gewichtsreduktion sei nicht geeignet, das Beschwerdebild der Klägerin wesentlich zu beeinflussen. Ausweislich der Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses W. vom 25. Mai 2004 sei eine derartige Gewichtsreduktion auch nicht vorrangig anzustreben. Damit sei eine operative Brustverkleinerung medizinisch notwendig, um das orthopädische Beschwerdebild der Klägerin zu verbessern. Eine derartige Operation sei nach Abwägung der Gesamtumstände des Falles nicht unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung des Operationsrisikos, der Erfolgsaussichten der Operation und des zu erzielenden Erfolges müsse wegen des bestehenden Beschwerdebildes der Klägerin von der Erforderlichkeit der operativen Behandlung ausgegangen werden.

7

Gegen das ihr am 21. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 20. September 2006. Zur Begründung trägt sie vor: Das Gutachten von Dr. H. überzeuge nicht. Dort benutzte Formulierungen wie „dürfte“ oder „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ seien zu unscharf. In einem weiteren Gutachten des MDK vom 8. Januar 2007 sei der Arzt G. zu der Auffassung gelangt, dass durch eine Resektion des Brustgewebes von 600 g pro Seite kein positiver Einfluss auf die geklagten Beschwerden zu erwarten sei. In erster Linie seien diese Beschwerden degenerativen Veränderungen zuzuschreiben. Rechtlich sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem gewünschten Eingriff um eine so genannte mittelbare Behandlung handele, da in ein gesundes Organ eingegriffen werde. Eine solche Behandlung bedürfe nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besonderer Rechtfertigung. Diese sei durch den Gutachter Dr. H. in keiner Weise nachgewiesen worden. Auch Dr. H. habe angegeben, dass die angeführten Beschwerden nicht allein auf die ausgeprägte Brustvergrößerung beidseits zurückzuführen sei. Außerdem habe der Gutachter weder Brust- noch Körpergewicht der Klägerin gemessen. Es sei auch nicht die Art der BH-Versorgung beschrieben worden. Es fehlten Erörterungen über die bisherige Behandlung der Klägerin. Die Feststellung, dass die Behandlungsalternativen bereits ausgeschöpft seien, wäre jedoch erforderlich, um eine Reduktionsplastik bei einer gesunden Brust zu rechtfertigen. Bei einem BMI von fast 30 seien zudem Maßnahmen der Gewichtsreduzierung vorrangig. Da im Übrigen bisher keine regelmäßigen krankengymnastischen Übungsbehandlungen durchgeführt worden seien, könne nicht festgestellt werden, ob diese bereits zu einer Linderung der Beschwerden führen könnten.

8

Die Beklagte beantragt,

9

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen

12

und trägt ergänzend vor: Unzweifelhaft liege bei ihr eine Erkrankung der Wirbelsäule vor, die durch die Brustlast der zu großen Brüste nicht kompensiert werden könne. Die entsprechende Reduzierung werde zu einer deutlichen Erleichterung führen. Aus dem Behandlungsbericht des Orthopäden Dr. S. ergebe sich, dass wiederholte Reizstrom- und Extensionsbehandlungen der HWS und BWS den Krankheitsverlauf nicht hätten bessern können.

13

Der Senat hat von dem Orthopäden Dr. L. ein schriftliches Gutachten eingeholt.

14

Zu diesem Gutachten trägt die Beklagte vor: Dr. L. bestätige ihre Auffassung, wonach bei der Klägerin eine sichere Erfolgsprognose durch eine Brustreduktion nicht zu stellen sei. Der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass eine krankengymnastische Übungsbehandlung als obligatorische Vorabbehandlung bisher nicht durchgeführt worden sei. Zudem habe er ausgeführt, dass eine operative Behandlung angesichts des erhöhten OP-Risikos bei deutlicher Übergewichtigkeit der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohnehin nicht in Frage käme. Der Gutachter habe insoweit eine deutliche Gewichtsreduzierung von 23 kg empfohlen.

15

Die Klägerin führt zum Gutachten aus: Es dokumentiere lediglich einen augenblicklichen Krankheitszustand. Die vom Sachverständigen angeführten konservativen Maßnahmen wie gymnastische Übungen, Massagen etc. könnten möglicherweise eine Besserung bringen. Ein Erfolg sei jedoch äußerst ungewiss. Letztlich bestätige Dr. L. das bestehende Krankheitsbild und dessen Therapiebedürftigkeit. Das Gutachten übersehe den fortschreitenden Trend der Krankheit, dem mit konservativen Therapiemethoden nicht zu begegnen sei.

16

In der mündlichen Verhandlung am 21. November 2007 hat der Senat den Sachverständigen vernommen und die Klägerin angehört.

17

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Mammareduktionsoperation zu gewähren. Die Klägerin hat keinen auf eine derartige Leistung gerichteten Anspruch.

19

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Liegen diese Voraussetzungen vor, umfasst die Krankenbehandlung eine notwendige ärztliche Behandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und eine Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V. Im Falle der Klägerin ist zu unterscheiden zwischen der Mammahyperplasie einerseits und den Folgeerscheinungen, die durch diese verursacht sein können, andererseits. Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine Krankheit einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand dar, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Heilbehandlung oder zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R -). Diese Begriffsdefinition erfordert die Behandlungsbedürftigkeit des Körperzustandes; der regelwidrige Körperzustand allein reicht bei dieser Definition für die Annahme einer Krankheit nicht aus. Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin sowohl hinsichtlich der Mammahyperplasie als auch der Folgeerscheinungen nicht erfüllt.

20

Wie das BSG in der oben zitierten Entscheidung auf die Revision gegen das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2003 (L 1 KR 7/03, dort ging es um ein Resektionsgewicht von jeweils 800 g) zutreffend ausgeführt hat, kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zu. Vielmehr liegt eine Krankheit nur dann vor, wenn die Versicherte in ihrer Körperfunktion beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Beides ist bei der Klägerin nicht der Fall. Folgeerscheinungen der übergroßen Brüste sind nicht mit der dafür notwendigen Wahrscheinlichkeit zu belegen.

21

Im Wesentlichen begründet die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch mit den von ihr geklagten Rückenbeschwerden. Übereinstimmend kommen die Gutachter auch zu dem Ergebnis, dass bei ihr Erkrankungen der Wirbelsäule vorliegen. So bestehen fortgeschrittene verformende Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit Schwerpunkt im unteren Halswirbelsäulenbereich sowie mäßiggradigen Veränderungen an der Brustwirbelsäule. In der Lendenwirbelsäule zeigt sich eine Gefügestörung LWK 3/4. Ob diese anlagebedingten Veränderungen alleinige Ursachen der von der Klägerin angegebenen Rückenbeschwerden sind, kann hier dahinstehen. Zutreffend weist die Beklagte nämlich darauf hin, dass nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung der operative Eingriff in ein gesundes Organ - hier die Brüste - nur dann gerechtfertigt ist, wenn keinerlei andere Behandlungsmethoden zum Erfolg führen können. Letzteres steht hier nicht fest. In dieser Einschätzung folgt der erkennende Senat dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L., der insbesondere krankengymnastische Übungsbehandlungen, gerichtet auf die Lockerung der Bindegewebsstruktur im Hals- und Brustkorbbereich, als vorrangige Therapien angesehen hat. Seiner Einschätzung ist insbesondere gegenüber der des in erster Instanz gehörten Sachverständigen Dr. H. Vorrang einzuräumen. Dies folgt bereits aus der höheren Sachkompetenz des Orthopäden (Dr. L.) gegenüber dem Unfallchirurgen (Dr. H.), wenn es um die Bewertung und Behandlung von Schäden am Skelettapparat geht. Überdies enthält das Gutachten von Dr. H. die von der Beklagten genannten Ungenauigkeiten und zum Teil nicht nachvollziehbare Äußerungen, wenn er etwa, ohne dies näher zu begründen, krankengymnastischen Übungen keinen Erfolg beimisst. In diesem Zusammenhang weist Dr. L. überzeugend darauf hin, dass gerade im Falle der Klägerin mit dem erhöhten Brustgewicht therapeutisch auf einen Ausgleich der Bindegewebsstrukturen und Rückenmuskulatur durch krankengymnastische Übungen vorrangig hinzuwirken ist. Die Bedeutung krankengymnastischer Übungen kennt der Senat auch aus Beweisaufnahmen anderer Verfahren, in denen es um den Anspruch auf operative Brustverkleinerung wegen Rückenbeschwerden ging. Auch dort stellten die Sachverständigen die vorrangige Stärkung der Rückenmuskulatur durch unter anderem solche Übungen in den Vordergrund (z. B. L 5 KR 62/06). Einem solchen therapeutischen Ansatz hat sich die Klägerin bislang jedoch nicht unterzogen.

22

Als weitere vorrangige Behandlungsform kommt bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion in Betracht. Es ist nicht zu übersehen, dass sie im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens nicht unerheblich an Gewicht zugenommen hat. So betrug das Körpergewicht bei der Begutachtung durch den MDK 81 kg. Bei der Untersuchung durch Dr. L. lag es bei 84,9 kg, was bei der von Dr. L. gemessenen Körpergröße von 158 cm einen Bodymaß-Index (BMI)von ca. 34 kg/qm bedeutet. Bei einem BMI in dieser Höhe besteht ein erhebliches Übergewicht. Es ist allgemein bekannt und Dr. L. weist in seinem Gutachten auch auf einen solchen Zusammenhang hin, dass sich eine derartige Adipositas negativ auf den Halte- und Stützapparat auswirkt und die bei der Klägerin unstreitig bestehenden Veränderungen an der Wirbelsäule negativ begünstigt. Den Umfang der notwendigen Gewichtsreduktion beziffert Dr. L. mit 23 kg. Ferner ist bei einer solchen Reduktion unter Berücksichtigung der Gewichtsverteilung nach Auffassung des Sachverständigen auch mit einer Reduktion des Brustgewichts zu rechnen. Damit könnte das Bestreben der Klägerin nach Brustverkleinerung, jedenfalls teilweise, ohne chirurgischen Eingriff erfolgreich sein. Hinzu kommt, dass das deutliche Übergewicht der Klägerin das Operationsrisiko erheblich erhöht. Nach Auffassung des Sachverständigen Dr. L. käme derzeit aufgrund des Übergewichts eine Operation angesichts dieses erhöhten Risikos ohnehin nicht in Frage.

23

Zwar weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch das Gutachten lediglich ein augenblicklicher Zustand dokumentiert werde. Dieser ist jedoch, da ein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht wird, für die Entscheidung des Senats maßgebend. Es kommt auf die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehenden Sachlage an (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, § 54 Rz 34).

24

Vorrangig sind krankengymnastische Übungen und Gewichtsabnahme auch deshalb, weil mit diesen nach allgemeiner medizinischer Erfahrung eine Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden einhergehen wird. Hingegen liegen keinerlei allgemeine Studiendaten vor, aus denen hervorgeht, dass ein Zusammenhang zwischen übergroßen Brüsten und Rückenbeschwerden besteht. Dr. L. hat darauf hingewiesen, dass randomisierte Studien hierüber nicht existieren. Dem erkennenden Senat ist auch aus anderen Verfahren, in denen es um die Kostenübernahme einer Brustverkleinerung ging, eine solche Studie nicht bekannt.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

26

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.