Landgericht Waldshut-Tiengen Beschluss, 06. Juni 2006 - 4 Qs 15/05

bei uns veröffentlicht am06.06.2006

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bad Säckingen vom 09.12.2004 rechtswidrig war.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschuldigten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Durchsuchungsbeschluss war rechtswidrig. Die Voraussetzungen einer Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten lagen nicht vor. Es fehlte der nach § 102 StPO erforderliche Anfangsverdacht einer vom Beschwerdeführer begangenen Straftat.
Die Spuren am Tatort ließen keinen konkreten Bezug zum Beschwerdeführer erkennen. Die – dem Amtsgericht bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses allerdings noch nicht vorliegenden – Lichtbilder lassen die Einschätzung der ermittelnden Polizeibeamtem, dass der Täter sich in den Betriebsräumen des Geschädigten ausgekannt haben müsse, fraglich erscheinen. Danach durchwühlten die Einbrecher die Büroräume vielmehr so umfassend, wie dies auch ein mit den betrieblichen Abläufen nicht vertrauter Dritter getan hätte. Dass sie dabei auf die Schlüssel zu den Büroschränken stießen, belegt ebenfalls keine Insiderkenntnisse. Bereits deshalb war eine Eingrenzung des Kreises der Tatverdächtigen auf – ehemalige – Mitarbeiter der Fa. ... nicht sachgerecht. Im Übrigen lag die Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Betrieb des Geschädigten im Zeitpunkt des Einbruchs bereits weit mehr als ein Jahr zurück. Dies machte einen Tatbezug noch weniger wahrscheinlich. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer mit Einbruchsdiebstahlsdelikten bereits früher in Erscheinung getreten und deshalb auch vorbestraft sein soll, reicht für die Begründung des nach § 102 StPO erforderlichen Verdachts jedoch nicht aus. Denn bloße Vermutungen, die sich nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte oder ausreichend konkrete kriminalistische Erfahrungen stützen können, genügen hierfür nicht. An solchen hinreichend konkret auf eine Täterschaft des Beschwerdeführers hindeutenden Indizien fehlte es vorliegend jedoch.
Deshalb war, da eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach deren Vollzug nicht mehr möglich ist, die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses vom 09.12.2004 festzustellen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 102 Durchsuchung bei Beschuldigten


Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowo

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Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.