Landgericht Ulm Beschluss, 17. März 2006 - 2 T 32/04

bei uns veröffentlicht am17.03.2006

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird die Gebührenrechnung des Notariats I vom 17.07.2000 – AV 108, 109 – betreffend die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags vom 12.07.2000, UR Nr. .../2000, insoweit aufgehoben , als darin für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags auf der Grundlage des Geschäftswerts von DM 5.460.800,– Gebühren berechnet wurden.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Berechnung des Kostenansatzes zurückgegeben.

3. Im übrigen (Gebührenrechnung des Notariats I vom 12.07.2002 – AV II 205 – betreffend die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags vom 11.07.2002, UR Nr. .../2002) wird die Beschwerde zurückgewiesen.

4. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

5. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert:

DM 17.140,00 + Umsatzsteuer = DM 19.882,40

= EUR 10.165,71

        

+ EUR 18.974,78

        

EUR 29.140,49

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von Notargebühren, die die Kostenschuldnerin/Beschwerdeführerin in den Jahren 2000 und 2002 an den Kostengläubiger/Beschwerdegegner, einen beamteten Notar, im Zusammenhang mit der Verschmelzung der R bank I eG mit der E Bank eG und sodann mit der R bank D eG bezahlt hat.
Im Jahre 2000 schloss sich die E Bank eG mit der R bank I eG zusammen. Der Kostengläubiger beurkundete u. a. den Verschmelzungsvertrag vom 12.07.2000 und stellte der Beschwerdeführerin am 17.07.2000 – neben anderen, zwischenzeitlich nicht mehr streitigen Gebühren – ausgehend von einem Geschäftswert von ca. DM 5,4 Mio. Gebühren von DM 17.140,– einschließlich Schreibgebühren und Auslagen zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.
Im Juli 2002 wurde sodann auch die R bank D eG mit der nunmehr als R bank D-I eG firmierenden Kostenschuldnerin verschmolzen. Der beteiligte Amtsnotar beurkundete am 11.07.2002 den Verschmelzungsvertrag und stellte der Beschwerdeführerin am 12.07.2002 auf der Grundlage eines Geschäftswerts von ca. EUR 5,8 Mio. Gebühren einschließlich Schreibgebühren und Auslagen von EUR 16.357,57 zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.
Beide Rechnungen wurden bezahlt.
Mit Schreiben vom 04.05.2004 legte die Kostenschuldnerin gegen die genannten Gebührenrechnungen und 14 andere Gebühren- und Kostenrechnungen, die im Zusammenhang mit den beschriebenen Verschmelzungsvorfällen gestellt und bezahlt worden waren, Beschwerde ein. Zwischenzeitlich hat sie nach entsprechenden Hinweisen die Beschwerde auf die genannten beiden Gebührenrechnungen vom 17.07.2000 und vom 12.07.2002 beschränkt, hinsichtlich der erstgenannten Rechnung auf die Gebühren für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags vom 12.07.2000 in Höhe von DM 17.140,– zuzüglich Mehrwertsteuer. Sie geht davon aus, dass es sich bei den jetzt noch angegriffenen Gebühren nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des OLG Stuttgart um eine nicht richtlinienkonforme Steuer handle, weshalb die Beträge zurückzuzahlen seien. Verjährung ihrer Rückerstattungsansprüche sei nicht eingetreten.
Der Notar – Beschwerdegegner – hat Zurückweisung der Kostenbeschwerde beantragt und in seiner Stellungnahme vom 22.09.2004 die Auffassung vertreten, die Beschwerdeführerin verkenne die unterschiedlichen Notariatssysteme im badischen und württembergischen Landesteil. Die Entscheidungen des EuGH vom 21.03.2002 und des OLG Karlsruhe vom 24.09.2002 könnten auf die unterschiedlichen Notariatsformen in Württemberg nicht übertragen werden, da es hier auch nicht beamtete Notare gebe, zu denen die Bezirksnotare in unmittelbarer Konkurrenz stünden. Da die Gebühren für gesellschaftsrechtliche Beurkundungen durch nicht beamtete Notare in keinem Fall eine unzulässige Steuer im Sinne der EG-Richtlinie seien, fehle es im württembergischen Landesteil am wesentlichen Merkmal der "Steuer". In weiteren Stellungnahmen hat sich der Notar auf Verjährung des Rückforderungsanspruches berufen und darauf hingewiesen, dass die etwaige Steuereigenschaft jedenfalls nur die Gebühren für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrages und ggf. der Beschlussfassungen der Generalversammlungen betreffe.
Der Präsident des Landgerichts Ulm hat sich in seiner Stellungnahme vom 07.11.2005 dahingehend geäußert, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nach § 156 KostO nur die Kosten sein könnten, die der Notar in seiner Eigenschaft als öffentlicher Notar eingefordert habe, nicht aber auch Kosten, die daraus entstanden seien, dass er für die seinem Bezirk zugehörigen Grundbuchämter tätig geworden sei oder Gerichtskosten eingefordert habe. Was den Verschmelzungsvertrag vom 12.07.2000 angehe, so fielen die den Kostenrechnungen zugrunde liegenden Beurkundungen in den gegenständlichen Bereich der Richtlinie 69/335 und seien als richtlinienwidrig erhobene Steuern anzusehen. Damit seien diese Kostenrechnungen aufzuheben, da nur aufwandsbezogene Gebühren angesetzt werden könnten. Der Rückerstattungsanspruch sei nicht verjährt. Für die Kostenrechnung vom 12.07.2002 sei aufgrund der nunmehr geltenden Übergangsvorschriften der Steuercharakter der in Ansatz gebrachten Gebühr beseitigt, so dass diese Gebühr zulässig sei.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber auch in dem jetzt noch aufrecht erhaltenen Umfang nur zum Teil begründet.
1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 so auszulegen, dass die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines unter diese Richtlinie fallenden Rechtsgeschäfts in einem Rechtssystem, in dem die Notare Beamte sind und ein Teil der Gebühren dem Staat zufließt, der der Dienstherr der Notare ist und der diese Einnahmen für die Finanzierung seiner Aufgaben verwendet, als Steuer im Sinne der Richtlinie 69/335 in der geänderten Fassung anzusehen sind. Der Umstand, dass die für die notarielle Beurkundung eines Vertrags über die Gründung einer Kapitalgesellschaft erhobenen Gebühren, die proportional zu dem gezeichneten Nennkapital steigen, eine Obergrenze nicht übersteigen dürfen, kann diese Gebühren nicht zu (erlaubten) Abgaben mit Gebührencharakter im Sinne der Richtlinie machen, wenn diese Obergrenze nicht im angemessenen Verhältnis zu den Kosten der Leistung steht, die mit diesen Gebühren abgegolten wird (EuGH Beschluss 21.03.2002, C-264/00 – Gründerzentrum – ZIP 2002, 663). Dabei ist nicht entscheidend, wer im Außenverhältnis Kostengläubiger ist, ob also der Staat selbst die Gebühren einzieht und dem Notar einen Teil zukommen lässt oder ob der Notar Kostengläubiger ist und einen Staatsanteil abzuführen hat. Entscheidend ist vielmehr, wem die Gebühren letztlich zufließen (EuGH Urteil 30.06.2005, C-165/03 – Längst; die Entscheidung bestätigt diejenige vom 21.03.2002 für beamtete Notare im OLG-Bezirk Stuttgart).
10 
Gemäß § 6 UmwG bedurften die Verschmelzungsverträge der notariellen Beurkundung. Die an der Beurkundung beteiligten eingetragenen Genossenschaften und damit die beurkundeten Verträge fallen in den gegenständlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 69/335, da die Genossenschaften den in der Gesellschaftssteuerrichtlinie genannten Kapitalgesellschaften gleichzustellen und Verschmelzungen als Kapitalerhöhungen anzusehen sind, wenn eine oder mehrere Kapitalgesellschaften ihr gesamtes Gesellschaftsvermögen in eine oder mehrere Kapitalgesellschaften einbringen (OLG Stuttgart Beschluss 14.09.2005, 8 W 397/05, und Beschluss 07.02.2006, 8 W 532-534/05).
11 
2. a) Unter Anlegung dieser Kriterien war die Gebührenrechnung vom 17.07.2000 (AV 108, 109) aufzuheben, soweit für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags vom 12.07.2000 neben den zulässigerweise erhobenen Schreibgebühren und Auslagen eine vom Geschäftswert abhängige Gebühr von insgesamt DM 17.140,– zuzüglich Mehrwertsteuer berechnet wurde. Diese Gebühr richtete sich nicht nach den tatsächlich entstandenen Kosten der erbrachten Leistungen, was eine erlaubte Abgabe mit Gebührencharakter wäre, sondern ausschließlich nach dem Geschäftswert. Damit wurde sie unabhängig von den dem Notar tatsächlich entstandenen, ersichtlich geringeren Aufwendungen berechnet. Der größere Anteil dieser Gebühr floss dem Land Baden-Württemberg zu, das damit nicht nur den Aufwand finanzierte, der für den Betrieb des staatlichen Notariats entsteht, soweit dieses im Beurkundungswesen tätig wird, sondern das diese Beträge in den allgemeinen Staatshaushalt einfließen ließ und damit zur Finanzierung seiner allgemeinen Staatsaufgaben verwandte. Damit ist die berechnete Beurkundungsgebühr dieser Kostenrechnung als eine der Richtlinie 69/335 widersprechende Steuererhebung anzusehen, der der Rechtsgrund fehlt, soweit sie mit der Richtlinie nicht vereinbar ist (vgl. OLG Stuttgart Beschluss 14.09.2005). Die Kostenrechnung war daher, soweit sie gegenstandswertbezogene Gebühren zuzüglich Mehrwertsteuer umfasst, aufzuheben.
12 
b) Auf die Neuregelung der Notargebühren durch das Gesetz zur Änderung des Baden Württembergischen LJKG und des LFGG vom 28.07.2005, in Kraft getreten am 01.01.2006, kann sich der Kostengläubiger vorliegend nicht stützen. Zwar sieht die Übergangsvorschrift in Art. 4 § 2 des Änderungsgesetzes vor, dass für alle zwischen dem 01.06.2002 und dem 31.12.2005 entstandenen Beurkundungsgebühren in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten Art. 1 Nr. 6 (= § 11 Abs. 1 LJKG n. F.) insoweit gilt, als darin Gebühren den Notaren vollständig überlassen werden, wobei die Notare als pauschale Aufwandsentschädigung 15 % dieser Gebühren an die Staatskasse abzuführen haben. Im vorliegenden Fall datiert die streitige Kostenrechnung jedoch vom 17.07.2000, ist von der Neuregelung also nicht erfasst.
13 
c) Der Beschwerdegegner kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Rückforderungsanspruch verjährt sei.
14 
Der Rückerstattungsanspruch hinsichtlich überzahlter Notargebühren unterliegt der allgemeinen Verjährung nach BGB, nicht der Verjährungsfrist des § 17 Abs. 2 KostO (§ 143 Abs. 1 KostO in der Fassung bis zum 01.01.2002), weil der beamtete Notar selbst Kostengläubiger ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.09.2005, 8 W 397/05 m.w.N.). Damit galt die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren, § 195 BGB a. F., beginnend mit der Entstehung des Anspruchs, also dem Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung durch die Beschwerdeführerin Ende Juli 2000. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB endete die Verjährungsfrist des Rückerstattungsanspruchs am 31.12.2004. Durch die am 05.05.2004 beim Landgericht Stuttgart und nach Abgabe am 18.05.2004 beim Landgericht Ulm eingegangene Beschwerde wurde der Lauf der Verjährung entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. gehemmt.
15 
3. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Gebührenrechnung vom 12.07.2002 betreffend den Verschmelzungsvertrag vom 11.07.2002 über EUR 18.974,78 inklusive Schreibgebühren und Auslagen richtet.
16 
Für die Zeit vor dem Gesetz zur Änderung des LJKG und des LFGG vom 28.07.2005 stellte die Erhebung einer Gebühr nach § 47 KostO durch einen württembergischen Amtsnotar für die Beurkundung eines Verschmelzungsbeschlusses zweier eingetragener Genossenschaften oder einer Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung eines Verschmelzungsvertrags eine richtlinienwidrige Steuererhebung dar, weil der beamtete Notar verpflichtet war, einen Teil der Gebühren an den Staat abzuführen, der diese Einnahmen zur Finanzierung seiner allgemeinen Aufgaben verwendete. Nach der Neuregelung des § 11 Abs. 1 LJKG erhält die Staatskasse – vorbehaltlich hier nicht interessierender anderer Fälle – keinen Anteil mehr an den Beurkundungsgebühren in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten, die aufgrund zwingender gesellschaftsrechtlicher Vorgaben der notariellen Beurkundung bedürfen. Als pauschale Aufwandsentschädigung haben die Notare jedoch 15 % dieser Gebühren an die Staatskasse abzuführen. Diese Regelung gilt nach der bereits genannten Übergangsvorschrift im LJKÄndG vom 28.07.2005 für alle zwischen dem 01.06.2002 und dem 31.12.2005 entstandenen Beurkundungsgebühren in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten. Damit ist sie auf die vorliegend streitige Gebührenrechnung vom 12.07.2002 anwendbar.
17 
Abgaben mit Gebührencharakter, die einen konkreten Aufwand des Staates abdecken sollen und nicht der Finanzierung seiner sonstigen Aufgaben dienen, widersprechen der Gesellschaftssteuerrichtlinie 69/335 nicht (Art. 12 Abs. 1e der Richtlinie). Dass die im Einzelfall tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die konkrete Beurkundung pauschal mit 15 % berechnet werden, begegnet keinen Bedenken (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss 07.02.2006, 8 W 532-534/05). Damit stellt aber eine Gebührenerhebung, die dem Amtsnotar die eingenommenen Gebühren belässt und dem Staat nur einen geringen Teil zuweist, der dem tatsächlich entstandenen staatlichen Aufwand für die Stellung der notwendigen Infrastruktur (Notariatsgebäude, Schreibkräfte etc.) entspricht, keine unzulässige Steuer im Sinne der Richtlinie dar.
18 
Die Kammer teilt die Bedenken, die in dem erwähnten Vorlagebeschluss des OLG Stuttgart vom 07.02.2006 und in dem Beschluss des LG Stuttgart vom 17.01.2006 (19 T 288/02) zum Ausdruck gekommen sind, nicht. Zwar ist richtig, dass der beurkundende Notar Beamter und damit in die Verwaltungsorganisation eingebunden ist. Richtig ist weiter, dass auch nach der Neuregelung des LJKG der Amtsnotar einen Teil der Gebühren an die Staatskasse abzuführen hat. Dieser Staatsanteil ist durch die Neuregelung jedoch auf 15 % der Gebühren und damit – pauschaliert – auf den dem Staat im Zusammenhang mit den fraglichen Beurkundungen tatsächlich entstehenden Aufwand begrenzt worden, im Anwendungsbereich des § 47 KostO gedeckelt durch die Obergrenze von EUR 5.000,00, so dass der Staatsanteil sich maximal auf EUR 750,00 beläuft. Der dem Staat zufließende Gebührenanteil hat daher nicht den Charakter einer Steuer, die sich dadurch auszeichnet, dass sie ohne Bezug auf eine konkrete staatliche Leistung zur Finanzierung der allgemeinen Staatsausgaben dient. Vielmehr stellt dieser Staatsanteil eine auch nach der Richtlinie erlaubte, zweckbezogene und an den dem Staat entstandenen Kosten der erbrachten Dienstleistung orientierte Abgabe dar. Darauf, dass der Notar im Außenverhältnis eine höhere Gebühr berechnet, die den konkreten Aufwand übersteigt, kommt es deswegen nicht an, weil der Staat an diesem Gebührenanteil nicht partizipiert, dieses Gebührenaufkommen insbesondere nicht zur Deckung seiner allgemeinen Staatsaufgaben heranziehen kann. Dieser Teil der Gebühren kann schon deswegen nicht als Steuer angesehen werden, weil er dem Staat gar nicht zufließt. Damit ist es aber auch nicht gerechtfertigt, die den Gesellschaften im Außenverhältnis in Rechnung gestellten Gebühren insgesamt als staatliche Steuer anzusehen.
III.
19 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 156 Abs. 5 KostO.
20 
Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des OLG Stuttgart vom 07.02.2006, die weitere Beschwerde zugelassen, § 156 Abs. 2 KostO.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Umwandlungsgesetz - UmwG 1995 | § 6 Form des Verschmelzungsvertrags


Der Verschmelzungsvertrag muß notariell beurkundet werden.

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 14. Sept. 2005 - 8 W 397/05

bei uns veröffentlicht am 14.09.2005

Tenor 1. Die sofortige weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 8.7.2005 wird z u r ü c k g e w i e s e n

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Der Verschmelzungsvertrag muß notariell beurkundet werden.

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 8.7.2005 wird

z u r ü c k g e w i e s e n

und der weitere Antrag des Kostengläubigers wird

a b g e w i e s e n.

2. Der Kostengläubiger trägt die durch die Zurückweisung seiner weiteren Beschwerde angefallenen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Beschwerdewert: 9.761,42 EUR

Gründe

 
I.
Der Kostengläubiger, ein württembergischer Amtsnotar, beurkundete am 11.5.1999 den in der Generalversammlung gefassten Beschluss über die Verschmelzung zweier eingetragener Genossenschaften. Hierfür stellte er mit Kostenrechnung vom 17.5.1999 gemäß § 47 KostO 10.000,-- DM, insgesamt zuzüglich Schreibauslagen, Auswärtsgebühr, Nachtzulage und Umsatzsteuer 11.756,60 DM in Rechnung, die am 21.5.1999 beglichen wurden.
Am 17.12.2004 reichte die Beteiligte 2 beim Landgericht Ravensburg Beschwerde gegen die Kostenrechnung ein, weil die Gebührenerhebung gegen europäisches Recht verstoße.
Im Einverständnis aller Beteiligten ordnete das Landgericht Ravensburg mit Beschluss vom 11.2.2005 bis zur Entscheidung des EuGH auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 7.4.2003 das Ruhen des Verfahrens an. Nach der Entscheidung des EuGH vom 30.6.2005 (Az. C-165/03 „Längst“, EuZW 2005, 501) wurde die Kostenrechnung vom 17.5.1999 durch Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 8.7.2005 insoweit aufgehoben, als darin gemäß § 47 KostO eine Gebühr in Höhe von 10.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht wurde, und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Kostenansatz zurückgegeben. Im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Die Gebühr für die Beurkundung des Verschmelzungsbeschlusses verstoße gegen die Richtlinie 69/335/EWG des Rats vom 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf Ansammlung von Kapital (im Folgenden: Richtlinie 69/335), weil auch die Gebühren eines beamteten Notars für die notarielle Beurkundung eines unter die Richtlinie fallenden Rechtsgeschäfts eine Steuer im Sinne der Richtlinie darstellten. Wegen der Europarechtswidrigkeit der angesetzten Gebühr sei die Kostenrechnung insoweit aufzuheben und zur Berechnung der im Einklang mit der Richtlinie stehenden Gebühr an den Kostengläubiger zurückzugeben.
Die Gebühr für Schreibauslagen hätte nicht den Charakter einer Steuer im Sinn der Richtlinie, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass diese nicht dem erforderlichen Aufwand entspräche. Die Auswärts- und Nachtgebühr unterfielen nicht der Richtlinie, weil die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes ein auswärtiges Tätigwerden des Notars in den Abendstunden nicht vorschreiben und diesen Gebühren deshalb eine freiwillige Inanspruchnahme der Dienste des Notars zu Grunde liege.
Die weitere Beschwerde wurde zugelassen.
Gegen den dem Kostengläubiger am 20.7.2005 zugestellten Beschluss hat dieser am 16.8.2005 die weitere Beschwerde eingelegt. Anders als im badischen Rechtsgebiet müssten im württembergischen Rechtsgebiet von den Amtsnotaren Beurkundungen im Anwendungsbereich der Richtlinie 69/335 nicht aufwandsbezogen abgerechnet werden, sondern es entfalle im württembergischen Rechtsgebiet die in § 14 LJKG geregelte Verpflichtung des Amtsnotars, für solche Beurkundungen einen Gebührenanteil an die Staatskasse abzuliefern. Soweit die Gebühr für solche Beurkundungen den Aufwand des beamteten Notars übersteige und wegen der Richtlinie 69/335 nicht dem Land zufließen dürfe, gebühre sie dem Notar. Dies verdeutliche auch die Neufassung des Landesjustizkostengesetzes.
Der Kostengläubiger beantragt nunmehr, den angegriffenen Beschluss des Landgerichts Ravensburg aufzuheben und die Beschwerde der Kostenschuldnerin als unbegründet zurückzuweisen. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass ihm ein Rückforderungsanspruch gegen die Staatskasse insoweit zustehe, als die zur Staatskasse vereinnahmten Staatsanteile und Kürzungsbeträge den für die Beurkundung entstandenen tatsächlichen Aufwand des Landes übersteigen. Hilfsweise erhebt der Kostengläubiger die Einrede der Verjährung.
Die Bezirksrevisorin beim Landgericht Ravensburg ist der Auffassung, nicht die Gebührenberechnung nach der KostO, sondern die Abführungspflicht nach § 14 LJKG a.F. sei europarechtswidrig, weshalb - auch im Sinn der Gleichbehandlung mit anderen Notaren - die Gebühren erhoben werden und im wesentlichen beim Notar verbleiben müssten.
II.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
1.
10 
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Sie wurde vom Beschwerdegericht gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO zugelassen sowie frist- und formgerecht eingelegt.
11 
Die weitere Beschwerde hat die vom Beschwerdegericht nicht aufgehobenen Schreibauslagen sowie die Auswärts- und Nachtgebühr nicht zum Gegenstand. Durch die Abweisung der Beschwerde der Kostenschuldnerin ist der Kostengläubiger im Übrigen nicht beschwert.
2.
12 
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 8.7.2005 ist im Rechtsbeschwerdeverfahren allein darauf zu überprüfen, ob er auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO).
13 
Im Rechtsbeschwerdeverfahren können deshalb grundsätzlich keine neuen Sachanträge gestellt werden. Der Antrag des Kostengläubigers auf Feststellung, dass dem Notar ein Rückforderungsanspruch gegen die Staatskasse zustehe, ist als neuer Antrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässig und daher abzuweisen (vgl. BayObLG NJW-RR 2001, 1231, 1233 m.w.N.; Bassenge/Herbst/Roth FGG 10. Aufl. Einleitung RN 16; KKW-Meyer-Holz, FG 15. Aufl., § 27 RN 3).
14 
Im Übrigen können Gegenstand eines Verfahrens nach §§ 154, 156 KostO lediglich die nach der KostO zu erhebenden Gebühren und Auslagen (§ 141 KostO) sowie die Mehrwertsteuer (§ 151a KostO) und die vom Notar verauslagten Gerichtskosten (§ 154 Abs. 2 KostO) sein. Dieses Verfahren dient nicht der Regelung des Innenverhältnisses zwischen dem württembergischen Amtsnotar und dem Land Baden-Württemberg, weil insoweit die Tatbestände der KostO nur mittelbar Auswirkung haben und hier eine Gebührenfestsetzung gegen das Land Baden-Württemberg nach § 154 KostO nicht möglich ist.
3.
15 
Die Gebühr nach § 47 KostO ist vom Kostengläubiger der Höhe nach aufwandsbezogen und damit konform zur Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (im Folgenden: Richtlinie 69/335) neu zu berechnen. Die diesbezügliche Aufhebung der Kostenrechnung durch das Beschwerdegericht lässt Rechtsfehler nicht erkennen, weshalb die weitere Beschwerde des Kostengläubigers zurückzuweisen war.
16 
a) Der Kostengläubiger ist hier als Amtsnotar nach §§ 12 Abs. 1 Satz 2 LJKG, 3 LFGG a. F. Gläubiger der Beurkundungsgebühren nach § 47 KostO. Hiervon hat er jedoch einen nach § 14 LJKG a. F. zu berechnenden Anteil an die Staatskasse abzuführen, die diese Einnahmen zur Finanzierung seiner Aufgaben verwendet. Solche Gebühren eines beamteten Notars sind als Steuern im Sinn der Richtlinie 69/335 anzusehen (EuGH, Urteil vom 30.6.2005, AZ: C-165/03, EuZW 2005, 501; vgl. auch EuGH DNotZ 2002, 389 „Gründerzentrum“). Der Senat sieht sich an diese Rechtsprechung des EuGH gebunden, da Art. 234 (früher: 177) EGV dem Gerichtshof im Verhältnis zu den Gerichten der Mitgliedsstaaten die abschließende Entscheidungsbefugnis über die Auslegung des EG-Vertrags sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der dort genannten abgeleiteten gemeinschaftlichen Akte zuweist (BayObLG NJW 1999, 652, 653 m.w.N.; KG JurBüro 2003, 31).
17 
b) Die der Kostenrechnung vom 17.5.1999 zugrunde liegende Beurkundung fällt in den gegenständlichen Bereich der Richtlinie 69/335. Nach Art. 3 Abs. 2 werden den in der Richtlinie genannten Kapitalgesellschaften alle anderen Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristische Personen gleichgestellt, die einen Erwerbszweck verfolgen. An dem beurkundeten Verschmelzungsvertrag waren zwei eingetragene Genossenschaften beteiligt, die gemäß § 1 Abs. 1 GenG die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder bezwecken. Sie sind deshalb den in der Richtlinie genannten Kapitalgesellschaften nach Art. 3 Abs. 2 Richtlinie 69/335 gleich zu stellen (OLG Karlsruhe NZG 2003, 487, 488). Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13.2.1996, AZ: C-197/04 und C-252/94, ABl EG 1996, Nr. C 133, 3 - 4) stellen Verschmelzungen Erhöhungen des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art im Sinn von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c) Richtlinie 69/335 dar, wenn eine oder mehrere Kapitalgesellschaften ihr gesamtes Gesellschaftsvermögen in eine oder mehrere Kapitalgesellschaften einbringen, die gegründet werden oder bereits bestehen (EuGH a.a.O. Tz 34). Der Verschmelzung der beiden Genossenschaften liegt ein Vorgang zugrunde, der hier in der Erhöhung des Kapitals der übernehmenden Gesellschaft durch die Einbringung des gesamten Vermögens der übernommenen Gesellschaft besteht; darüber hinaus ist das Ziel dieser Kapitalansammlung die Stärkung der übernehmenden Gesellschaft. Dies rechtfertigt es, die beurkundete Verschmelzung der beiden Genossenschaften als einen von der Richtlinie 69/335 umfassten Vorgang anzusehen (EuGH a.a.O. Tz 36).
18 
Der Verschmelzungsbeschluss bedurfte nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG der notariellen Beurkundung.
19 
c) In Abweichung von den nach Art. 10 Richtlinie 69/335 verbotenen Steuern richtet sich die Höhe von Abgaben mit Gebührencharakter, deren Erhebung erlaubt ist (Art. 12 Abs. 1 lit. e) Richtlinie 69/335), nach den Kosten der erbrachten Dienstleistung. Eine Abgabe, deren Höhe keinen Zusammenhang mit den tatsächlichen Aufwendungen für diese bestimmte Dienstleistung aufweist oder sich nicht nach den Aufwendungen, für die sie die Gegenleistung darstellt, sondern nach den gesamten Betriebs- und Investitionskosten der mit dem betreffenden Vorgang befassten Stelle richtet, ist als Abgabe anzusehen, für die das Verbot des Art. 10 Richtlinie 69/335 gilt (EuGH DNotZ 2002, 389, 394 unter Tz. 31 „Gründerzentrum“ m.w.N.).
20 
Vorliegend wurde die Gebühr nach §§ 47, 32 KostO aF abhängig allein vom Geschäftswert und nicht vom tatsächlichen Aufwand erhoben. Trotz der Begrenzung der Gebühr nach § 47 S. 2 KostO wird durch die in Rechnung gestellten 10.000,-- DM zzgl. Mehrwertsteuer der nach der Richtlinie 69/335 berücksichtigungsfähige Aufwand für den Beurkundungsvorgang einschließlich darauf entfallender allgemeiner Kosten ersichtlich überschritten. Allein das Bestehen einer Obergrenze verleiht der Abgabe nicht den Charakter einer Gebühr, weil die Obergrenze nicht zu den entstehenden Kosten angemessen ist (EuGH a.a.O. Tz. 33).
21 
d) Soweit eine Gebührenerhebung einer der Gesellschaftssteuerrichtlinie 69/335 widersprechender Steuererhebung gleich kommt, fehlt der Einnahme der erforderliche Rechtsgrund. Da Art. 10 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 lit. e) Richtlinie 69/335 für die einzelnen Rechte begründet, kann er sich auf den Richtlinienverstoß vor dem nationalen Gericht berufen (Senat Rpfleger 2004, 380; EuGH, Urteil vom 2.12.1997, AZ: C-188/95, „Fantask“ EuZW 1998, 172, 176 unter Tz 55). Richtlinienwidrig erhobene Steuern sind nach dem nationalen Recht zu erstatten (Senat a.a.O.; EuGH a.a.O. Tz 33, 38 ff.; BayObLG a.a.O.; KG a.a.O.; OLG Karlsruhe Die Justiz 2003, 634, 635).
22 
Dabei führt die Richtlinie 69/335 nicht zur vollständigen Unwirksamkeit der betroffenen Rechtsgrundlage, die hier in § 47 KostO und nicht in § 14 LJKG zu finden ist, und zum völligen Wegfall der Abgabenerhebung. Vielmehr bleibt § 47 KostO im Regelungsbereich der Richtlinie 69/335 weiterhin Rechtsgrund für die Erhebung von Kosten, soweit sie mit der Richtlinie im Einklang stehen. Die Richtlinie verbietet nämlich nicht jegliche Abgabenerhebung, so dass Gebührentatbestände wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinie nicht gänzlich unwirksam werden. Die Richtlinie sanktioniert nur die Höhe der Abgabenerhebung, indem sie sie auf Abgaben mit Gebührencharakter, also aufwandsbezogene Gebühren, beschränkt (Art. 12 lit. e) Richtlinie 69/335). Durch ein solches Verständnis der Rechtsfolgen einer - gemessen an der Richtlinie - überhöhten Abgabenerhebung wird der Schutzzweck der Richtlinie gewahrt (im Erg. ebenso BayObLG a.a.O.; KG a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O.).
23 
Das Beschwerdegericht hat danach zu Recht die Kostenrechnung aufgehoben, soweit die Gebühr nach § 47 KostO zuzüglich Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht worden ist, und insoweit die Kostenrechnung zu erneuten Entscheidung über den Kostenansatz zurückverwiesen, da durch die Richtlinie 69/335 gemäß deren Art. 12 lit. e und f aufwandsbezogene Abgaben zuzüglich Mehrwertsteuer erhoben werden dürfen. Das Beschwerdegericht konnte aus eigener Anschauung einen danach berechtigten Betrag der angegriffenen Kostenrechnung nicht ermitteln.
4.
24 
Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers führen die Richtlinie 69/335 und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht dazu, dass der Amtsnotar bei unter die Richtlinie fallenden Beurkundungen von der Pflicht, aus den hieraus angefallenen Notargebühren einen Anteil an die Staatskasse abzuführen, befreit wäre. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob dies den Gebühren die Steuereigenschaft nach der Richtlinie nehmen würde (ablehnend Schlussanträge des Generalanwalts vom 18.1.2005 an den EuGH in der Rechtssache C-165/03 (Längst) Tz 50 und 51). Vorliegend ist eine Entscheidung hierzu jedoch nicht veranlasst. § 14 Abs. 1 LJKG a. F. ist für die Notare verbindlich. Es steht nicht in ihrem Ermessen, Gebührenanteile an die Staatskasse abzuführen oder nicht. Der Verstoß einer Gebührenerhebung gegen die Richtlinie 69/335 schafft den Notaren keinen entsprechenden Ermessensspielraum, sondern führt zur (teilweisen) Unwirksamkeit der Rechtsgrundlage der Kostenrechnung. Es ist Aufgabe nicht des einzelnen Notars, sondern des nationalen Gesetzgebers, richtlinienkonforme Gebührentatbestände zu schaffen. Ebenso obliegt eine Regelung, die Unterschieden in der Gebührenerhebung der Amtsnotare einerseits und der freien Nur- und Anwaltsnotare andererseits entgegenwirkt, nicht dem einzelnen Notar, sondern ggf. dem Gesetzgeber.
25 
Dementsprechend hat der Landesgesetzgeber am 28.7.2005 das Gesetz zur Abänderung des Landesjustizkostengesetzes und des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 28.7.2005 (GBl. vom 5.8.2005, Seite 580 ff.) erlassen. Ob diese Regelung richtlinienkonform ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil nach der Übergangsvorschrift in Art. 4 § 2 dieses Gesetzes rückwirkend der Verbleib von Beurkundungsgebühren in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten erst ab dem 1.6.2002 geregelt wurde. Die der angegriffenen Kostenrechnung zugrunde liegende Beurkundung ist vor diesem Zeitpunkt geschehen.
5.
26 
Die teilweise Aufhebung der Kostenrechnung scheidet nicht deshalb aus, weil ein eventueller Erstattungsanspruch der Kostenschuldnerin verjährt wäre. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es einem Mitgliedsstaat, der die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, grundsätzlich nicht, sich gegenüber Klagen auf Erstattung richtlinienwidrig erhobener Abgaben auf eine nationale Verjährungsfrist zu berufen, sofern diese Frist für die Geltendmachung auf Gemeinschaftsrecht gestützter Ansprüche nicht ungünstiger ist als für die Geltendmachung auf nationales Recht gestützter Ansprüche und die Verjährungsfrist die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Senat a.a.O.; EuGH EuZW 1998, 172, 176 Tz 52 „Fantask“).
27 
a) Ein noch zu berechnender Anspruch auf Rückerstattung von Notargebühren des § 47 KostO unterliegt der allgemeinen Verjährung nach BGB. Die Verjährungsfrist des § 17 Abs. 2 KostO ist gemäß § 143 Abs. 1 KostO (in der Fassung bis zum 1.1.2002 einschließlich) unanwendbar, weil hier die Gebühr nicht der Staatskasse, sondern nach § 12 Abs. 1 Satz 2 LJKG i.V.m. § 3 LFGG dem Amtsnotar als Kostengläubiger zufließt (vgl. Senat, Die Justiz 1994, 373; Korintenberg/Bengel/Tiedtke KostO 15. Aufl. § 143 RN 1; vor § 140 RN 2; Rohs/Wedewer KostO § 142 RN 12; Assenmacher/Mathias/Mümmler KostO 15. Aufl., „Baden-Württemberg“ Anm. 2; soweit dort jeweils § 10 Abs. 1 Satz 2 LJKG zitiert wird, entspricht dies seit 1993 § 12 Abs. 1 Satz 2 LJKG; Hartmann Kostengesetze 35. Aufl. Übersicht § 140 RN 8). § 143 KostO in seiner Fassung nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist unanwendbar, weil die Fälligkeit der Gebühr für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags gemäß § 7 KostO mit der Beendigung des gebührenpflichtigen Geschäfts und damit vor dem Inkrafttreten des § 143 KostO n. F. eingetreten ist (§ 161 Satz 1 KostO).
28 
Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 galt für den Rückerstattungsanspruch die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. von 30 Jahren (Assenmacher/Mathias/Mümmler a.a.O. „Verjährung“ Anm. 2.5; Korintenberg/Bengel/Tiedtke a.a.O. §143 RN 11; § 157 RN 4). Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB bestimmt sich der Beginn der Verjährungsfrist hier nach dem BGB a.F.. Nach § 198 S. 1 BGB a.F. begann die Verjährungsfrist von 30 Jahren mit der Entstehung des Anspruchs. Der Anspruch auf Rückerstattung entstand bereits mit der Überzahlung und nicht erst mit der Aufhebung oder Berichtigung des Kostenansatzes (Senat Rpfleger 2004, 380; KG AGS 2005, 295 m.w.N.; OLG Karlsruhe Die Justiz 2004, 422; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 296 m.w.N.; a. A. Korintenberg/Lappe a.a.O. § 17 RN 17; § 157 RN 4 jeweils zu § 17 KostO). Europarechtlich bestehen hiergegen grundsätzlich keine Bedenken (EuGH EuZW 1998, 172, 175 TZ 42 ff. „Fantask“). Die richtlinienwidrige Erhebung von Gebühren geschah von vornherein ohne Rechtsgrund, so dass schon zum Zeitpunkt der Zahlung ein Rückerstattungsanspruch entstanden ist, auch wenn die Kostenrechnung formal noch nicht aufgehoben oder abgeändert war. Die vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Begrenzung von Rückerstattungsansprüchen wäre in aller Regel wirkungslos, wenn die Verjährung erst nach der förmlichen Aufhebung des zugrunde liegenden Kostenansatzes beginnen würde (Senat a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.).
29 
Weil die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB n. F. von drei Jahren kürzer ist als die 30jährige Frist nach altem Recht, endete die Verjährungsfrist des Rückerstattungsanspruchs gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 31.12.2004.
30 
Die Verjährungsfrist ist durch die am 17.12.2004 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Beteiligten 2 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. analog gehemmt worden.
31 
b) Entgegen der Auffassung des Kostengläubigers endete die Hemmung der Verjährungsfrist nicht 6 Monate nach der Anordnung des Ruhens des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss vom 11.2.2005 (§ 204 Abs. 2 BGB n. F.). Einerseits wurde das Verfahren durch den Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 8.7.2005 vor Ablauf dieser 6 Monate wieder aufgenommen und fortgeführt. Andererseits ist § 204 Abs. 2 BGB n.F. nur anwendbar, wenn die Parteien ohne triftigen Grund untätig geblieben sind. Ein triftiger Grund ist nicht nur ein rechtlich zwingender Grund, vielmehr kann ein solcher Grund auch vorliegen, wenn eine Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits prozesswirtschaftlich vernünftig erscheint (BGH NJW 2000, 132).
32 
Darüber hinaus führt eine Untätigkeit der Parteien dann nicht zum Stillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 BGB n.F., wenn dessen Leitung beim Gericht liegt. Das Landgericht hatte nicht etwa durch den Beschluss vom 11.2.2005 und das allseitige Einverständnis, den Ausgang der Vorlage des Landgerichts Stuttgart an den Europäischen Gerichtshof abzuwarten, die Verfahrensleitung aus der Hand gegeben. Das Landgericht behielt seine Kompetenz und Verpflichtung, für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen (vgl. BGH a.a.O. Seite 133). Dieser Verpflichtung ist das Landgericht gerecht geworden, als es ohne weiteren Antrag eines Beteiligten alsbald nach Vorlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 30.6.2005 über die Beschwerde der Beteiligten 2 mit Beschluss vom 8.7.2005 entschieden hat.
33 
Angesichts der für das vorliegende Verfahren grundlegenden Rechtsfrage, die der Europäische Gerichtshof in dem Verfahren C-165/03 (Längst) zu entscheiden hatte, war die Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits durch das Abwarten dieser Entscheidung prozesswirtschaftlich vernünftig und entsprach auch der loyalen Zusammenarbeit der Gemeinschaftsgerichte und der nationalen Gerichte. Damit berücksichtigte das Beschwerdegericht die Aufgabe des EuGH, nicht als Rechtsmittelgericht in mitgliedsstaatlichen Verfahren tätig zu werden, sondern verbindlich über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden, was durch eine Vielzahl von gleich gelagerten, nicht zu einer Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen beitragenden Vorabentscheidungsersuchen beeinträchtigt worden wäre (vgl. BGH NJW 2005, 1947, 1948).
34 
Ob es daneben nicht auch vom Kostengläubiger treuwidrig ist, wenn er in ein Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in einem konkreten Verfahren zustimmt und er alsbald nach dem Ergehen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Einrede der Verjährung erhebt, kann danach dahingestellt bleiben.
6.
35 
Für die Gerichtsgebühren gilt § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Nachdem der Kostengläubiger die weitere Beschwerde aus eigenem Recht eingelegt hat und diese erfolglos geblieben ist, sind ihm gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten aufzuerlegen.
36 
Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde setzt sich zusammen aus der in der Kostenrechnung vom 17.5.1999 enthaltenen Gebühr gemäß § 47 KostO in Höhe von 10.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer und dem nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 LJKG abgeführten Anteil an die Staatskasse in Höhe von 7.491,67 DM. Der Gesamtwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt damit 19.091,67 DM = 9.761,42 EUR (§§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO).
37 
Eine Vorlage an den BGH gemäß §§ 156 KostO, 28 Abs. 2 FGG ist entbehrlich, weil die Entscheidung, soweit in Teilen der Begründung von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen wird, im Ergebnis darauf nicht beruht.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.