Landgericht Offenburg Beschluss, 31. Juli 2012 - 6 Ns 302 Js 6694/11; 6 Ns 302 Js 6694/11 - 6 AK 5/12

published on 31/07/2012 00:00
Landgericht Offenburg Beschluss, 31. Juli 2012 - 6 Ns 302 Js 6694/11; 6 Ns 302 Js 6694/11 - 6 AK 5/12
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Tenor

1. Der Antrag der Staatsanwaltschaft ... auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.11.2011 - 2 Cs 302 Js 6694/11 - wird als unbegründet verworfen.

2. Die Berufung der Staatsanwaltschaft ... gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.11.2011 - 2 Cs 302 Js 6694/11 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten der Rechtsmittel und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.11.2011 - 2 Cs 302 Js 6694/11 - wurde A. vom Vorwurf der Geldwäsche freigesprochen.
Die Erklärung der Staatsanwaltschaft vom 16.11.2012, dass gegen das Urteil des Amtsgerichts ... Berufung eingelegt werde, wurde mit Fax von der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft, namentlich der Justizangestellten J., aus Versehen nicht an das Amtsgericht ..., sondern an die Kriminalaußenstelle ... übersandt. Diese leitete das Fax nicht an das Amtsgericht ... weiter.
Das Versehen wurde am nächsten Tag bei der Staatsanwaltschaft ... bemerkt, woraufhin die Staatsanwaltschaft mit Fax vom 17.11.2011 beim Amtsgericht ... Berufung einlegte und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist beantragte.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Staatsanwaltschaft den dargestellten Ablauf vorgetragen und zur Glaubhaftmachung auf die dienstliche Stellungnahme der Justizangestellten J. vom 17.11.2011 verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsfrist ist zulässig, jedoch unbegründet.
a. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist frist- und formgerecht gestellt.
b. Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber unbegründet. Die Staatsanwaltschaft ... hat nicht dargetan, dass sie ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten.
Daher liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 44 Satz 1 StPO nicht vor.
Der Umstand, dass die Berufungseinlegung am 16.11.2011 nicht dem zuständigen Amtsgericht ..., sondern der Kriminalaußenstelle übersandt wurde, stellt eine Unregelmäßigkeit im Geschäftsbetrieb der Staatsanwaltschaft dar, die ein Verschulden der Staatsanwaltschaft ... an der Versäumung der Berufungsfrist begründet, auch wenn die Unregelmäßigkeit nicht vom leitenden Oberstaatsanwalt oder dem sachbearbeitenden Staatsanwalt verursacht wurde. Die Staatsanwaltsacht muss sich die Nichteinhaltung der gebotenen Sorgfalt der in der Geschäftsstelle tätigen Justizangestellten bei Übersendung der Berufung mit Fax zurechnen lassen (vgl. Meyer-Goßner StPO 55. Aufl. § 44 Rdn. 21 m.w.N.), zumal es sich um eine Mitarbeiterin handelt, die - wenn auch als Vertreterin oder Beauftragte von Vorgesetzten oder auf deren Anordnung - mit einer gewissen Selbständigkeit innerhalb ihres Wirkungsbereichs auf die Sache einwirkend für die Behörde agiert, gleichviel ob entscheidend oder vorbereitend (vgl. Graalmann-Scheerer/Löwe-Rosenberg, StPO, 26.Auflage § 44 RdNr. 63).
10 
Ein Rechtsmittel bei einer nicht zuständigen Stelle anzubringen, ist grundsätzlich als schuldhaft anzusehen (OLG Naumburg, NStZ-RR 2001, 272). Denn der Antragsteller darf sich nicht darauf verlassen, dass eine unzuständige Behörde eine Rechtsmittelschrift weiterleiten wird.
11 
Die KASt ... war auch nicht verpflichtet, die Berufungsschrift an das Amtsgericht ... weiterzuleiten. Eine solche Pflicht zur Weiterleitung kann für eine Behörde lediglich dann bestehen, wenn sie in das Verfahren bereits involviert war und der Antragsteller somit darauf vertrauen durfte, dass sie die Rechtsmittelschrift weiterleiten wird. Dies war vorliegend nicht der Fall.
12 
2. Da die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet zu verwerfen war, war bei Eingang der Berufung beim Amtsgericht ... am 17.11.2011 die Berufungsfrist des § 314 Abs. 1 StPO, die mit Ablauf des 16.11.2011 endete, versäumt.
13 
Die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.11.2011 - 2 Cs 302 Js 6694/11- war daher als unzulässig zu verwerfen.
14 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

(1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten

Annotations

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 428 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.