Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil, 10. Feb. 2014 - 6 O 3784/12

bei uns veröffentlicht am10.02.2014

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.223,06 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus 9.974,11 € im Zeitraum 20.03.2008 bis 23.07.2008, aus 9.696,68 € im Zeitraum 24.07.2008 bis 26.07.2009, aus 9.437,88 € im Zeitraum 27.07.2009 bis 27.07.2010, aus 9.159,63 € im Zeitraum 28.07.2010 bis 28.07.2011, aus 8.873,10 € im Zeitraum 29.07.2011 bis 19.12.2011 sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 8.873,10 € seit 19.12.2011 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung von 166 Anteilen an dem Immobilienfonds AXA IMMOSELECT, verbrieft als Miteigentumsanteil an der Globalurkunde zur International-Securities-Identification-Number (ISIN) DE0009846451 bzw. Wertpapier-Kennnummer (WKN) 984645.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 € freizustellen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der in Ziffer 1. benannten Anteile in Verzug befindet.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.

6. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Das Urteil ist für die Beklagte in Ziffer 4. vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 8.973,10 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger begehrt die Rückabwicklung ihrer Investition in einen offenen Immobilienfonds aufgrund fehlerhafter Anlageberatung.

Die Klägerin ist eine 1952 geborene Angestellte, die seit 1992 immer wieder in Festgeldanlagen und Aktien(fonds) investierte. Die Beklagte ist eine französische Bank mit einer Zweigniederlassung in Nürnberg, über die sie das Bankgeschäft in Deutschland betreibt. Im November 2006 eröffnete die Klägerin bei der Beklagten ein Depot, ein Wertpapierverrechnungskonto sowie ein Tagesgeldkonto. Im zugehörigen Antrag gab sie die Risikoklasse 4 an, die in dem Antrag wie folgt beschrieben wird: "Anlageziel: Spekulativ - Streben nach kurzfristig hohem Gewinn, Suche nach Renditechancen überwiegt Sicherheits- und Liquiditätsaspekt. Kursschwankungen erwünscht, Inkaufnahme von teilweisen Kapitalverlusten, kurzfristig, stark renditeorientiert. In der Risikoklasse enthaltene Wertpapiere: z. B. deutsche Aktien (Nebenwerte)." In der Folge erhielt die Klägerin die Beklagten-Broschüre "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Finanzierungsinstrumente", in der u.a. über das Schließungsrisiko bei Fonds informiert wurde.

Am 19.03.2008 rief die Klägerin bei der Beklagten an und wurde mit dem Zeugen X, einem Mitarbeiter der Beklagten, verbunden. Diesem teilte sie mit, über den Verkauf ihres Geldmarktfonds, dessen Wert stark abgenommen hatte, nachzudenken. X empfahl den Verkauf und bot ihr die Bestandskundenaktion "Super 6" - eine Kombination aus einer hälftigen Festgeldanlage mit einer Laufzeit von 6 Monaten und einem Jahreszins von 6 % sowie einer hälftigen Fondsanlage - als Anlagealternative zu Festgeld an. Hierzu stellte X der Klägerin den streitgegenständlichen, am 03.06.2002 aufgelegten offenen Immobilienfonds AXA IMMOSELECT, dessen Fremdkapitalquote ca. 26 % betrug, als konservative Anlage mit einer üblichen jährlichen Rendite von ca. 5,5 % vor. Der Fonds bietet, so X weiter, eine hohe Sicherheit. Auf die Ausgabegebühr in Höhe von 2,5 % sowie die regelmäßig wiederkehrende Verwaltungsvergütung in Höhe von 0,68 % wies er hin. Wegen dieser Gebühren empfahl er, den Fonds mindestens ein Jahr zu halten. Er erläuterte auf Nachfrage der Klägerin hinsichtlich der US-Immobilienkrise, dass der Fonds in europäische Gewerbeimmobilien investiert und deshalb keine Abhängigkeit von privaten Schuldnern in den USA besteht. Die Wertentwicklung des Fonds wurde anhand eines Charts auf der Homepage der Beklagten erörtert. Die von der Klägerin gewählte Risikoklasse sowie die Risikoklasse des Fonds wurden erörtert. Auf das Risiko der Aussetzung der Anteilsrücknahme sowie auf das Risiko der Schließung und Liquidation des Fonds wies X nicht hin. Die Klägerin verzichtete auf Nachfrage auf die Übersendung des Fondsprospekts und ließ sich stattdessen auf die Möglichkeit des Prospekt-Downloads auf der Beklagten-Homepage verweisen. Am Ende des insgesamt ca. 20 bis 30 Minuten dauernden Telefongesprächs entschied die Klägerin sich zu einer Investition in Höhe von 20.000 € im Rahmen der Aktion "Super 6" und erteilte den Auftrag, Anteile am streitgegenständlichen Fonds im Wert von 10.000 € zuzüglich Agio zu zeichnen.

Am 20.03.2008 wurden 166 Anteile zum Preis von 9.974,11 € auftragsgemäß erworben.

In den Folgetagen rief die Klägerin in ihrem Online-Account bei der Beklagten die zugehörige Wertpapierrechnung (Anlage K1) ab, druckte diese aus und nahm dabei auch folgenden Passus zur Kenntnis: "Ausgabegebühr regulär 5,00000 % - C... erhält die Ausgabegebühr zu 100 % rückvergütet."

Im Zeitraum 29.10.2008 bis 28.08.2009 war die Rücknahme der Fondsanteile ausgesetzt. Im November 2008 erfuhr die Klägerin aus der Zeitung von der Aussetzung. Sie konfrontierte den Zeugen X damit telefonisch. Dieser riet ihr von einem Anteilsverkauf über die Börse aufgrund der zu erwartenden Kursverluste ab.

Die Rückgabe der Anteile bei der Fondsgesellschaft war noch einmal vom 29.08.2009 bis 19.11.2009 möglich. Anschließend war die Anteilsrücknahme erneut (zumindest bis Klageerhebung) ausgesetzt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2011 forderte die Klägerin die Beklagte mit Fristsetzung bis zum 19.12.2011 zur Schadensersatzzahlung in Höhe von 9.974,00 € Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 23.12.2011 ab.

Im Zeitraum 24.07.2008 bis 19.12.2013 erhielt die Klägerin Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 2.751,05 €.

Die Klägerin behauptet, dass sie im Gespräch eine annähernd jederzeit verfügbare Geldanlage wünschte. In dem Telefonat im November 2008 habe X ihr mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass der Fonds bald wieder, in drei Monaten, öffnet. Bei ordnungsgemäßer Beratung hätte sie die Anteile nicht erworben. Die Klägerin vertritt hierzu die Rechtsansicht, dass die Beklagte sie auf die Risiken der Aussetzung der Anteilsrücknahme, der endgültigen Aussetzung der Anteilsrücknahme mit Liquidation und Abwicklung des Immobilienfonds sowie der erheblichen Abwertung des Sondervermögens und des Anteilswertes hätte hinweisen müssen. Die Beklagte hätte sie auch über die von ihr vereinnahmten Rückvergütungen aufklären müssen. Hätte X sie schließlich, wie es seine Pflicht gewesen wäre, nach dem Telefonat im November 2008 über die kurzzeitig wieder mögliche Rückgabe der Anteile informiert, hätte sie die Anteile sofort veräußert; sie sei davon ausgegangen, dass X, dem sie vertraut habe, sich in der weiteren Angelegenheit um sie kümmern werde.

Nach dem Erhalt von 4 weiteren Ausschüttungen im Gesamtwert von 1.650,04 € seit Klageerhebung beantragt die Klägerin zuletzt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 9.974,11 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit 20.03.2008 bis 19.12.2011 und nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.12.2011 abzüglich erhaltener Ausschüttungen zu einem Betrag von EUR 277,43 per 24.07.2008, EUR 286,53 per 29.07.2011, EUR 258,80 per 27.07.2009 sowie EUR 278,25 per 28.07.2010, EUR 307,10 per 27.07.2012, EUR 257,30 per 18.12.2012, EUR 288,84 per 25.07.2013 sowie EUR 796,80 per 19.12.2013 Zug um Zug gegen Aushändigung bzw. Übertragung von nominal Stück 166 Investmentfondsanteile (Inhaber-Anteile) an dem Immobilienfonds AXA Immoselect, verbrieft als Miteigentumsanteil an der Globalurkunde zur International-Securities-Identification-Number (ISIN) DE0009846451 bzw. Wertpapier-Kennnummer (WKN) 984645.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 891,31 freizustellen.

3.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der im Klageantrag zu Ziffer 1) benannten Anteile (Wertpapiere) in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte behauptet, dass die Klägerin eine erfahrene und risikoaffine Anlegerin war. Sie vertritt die Rechtsansicht, dass in dem Telefongespräch keine Anlageberatung, sondern lediglich eine Produktinformation erfolgte. Über ein etwaiges Schließungsrisiko sei im Frühjahr 2008 noch nicht zu berichten gewesen. Es habe sich um rein abstrakte Produktrisiken ohne konkreten Anlass gehandelt. Für den streitgegenständlichen Fonds habe es vor dem Herbst 2008 nicht den geringsten Anlass gegeben, der eine derartige Aufklärungspflicht hätte auslösen können. Eine detaillierte Darstellung der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Risiken unter Berücksichtigung aller denkbar möglichen Zukunftsszenarien sei nicht geschuldet gewesen. Sämtliche Ansprüche seien jedenfalls (mangels Kausalität bzw. wegen Mitverschuldens) ausgeschlossen, weil die Klägerin trotz vorübergehend wieder möglicher Anteilsrückgabe die Anteile behalten habe. Dass Fondsobjekte an Wert verlieren und es zu Immobilienkrisen kommen kam, sei auch für die Klägerin offensichtlich gewesen. Die Beklagte habe keine Rückvergütungen im Sinne der BGH-Rechtsprechung erhalten. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Die Vorschrift des § 37a WpHG sei anwendbar; es liege zumindest ein vorsatzausschließender Rechtsirrtum der Beklagten vor.

Wegen des weiteren Vortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 21.11.2012 und 29.01.2014.

Die Klage ging am 07.05.2012 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 08.06.2012 zugestellt. Das Gericht erhob Beweis durch Vernehmung des Zeugen X.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, ganz überwiegend begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückabwicklung ihrer Fondsbeteiligung (dazu I.) nebst Zinsanspruch zu (dazu II.). Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der verfahrensgegenständlichen Anteile im Verzug (dazu IV.). Eine Teilklageabweisung hatte nur mit Blick auf den Freistellungsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erfolgen (dazu III.).

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 7.223,06 € Zug um Zug gegen Rückübertragung der erworbenen 166 Anteile am offenen Immobilienfonds AXA IMMOSELECT gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 249 ff. BGB.

Die Klägerin kann sich auf eine unterlassene Aufklärung hinsichtlich des allgemeinen Risikos der endgültigen Schließung und Liquidation eines Immobilienfonds im Rahmen des Beratungsgesprächs am 19.03.2008 berufen (dazu 1.), nicht dagegen auf eine unterlassene Aufklärung sowohl hinsichtlich des allgemeinen Risikos einer Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen gemäß § 81 InvG als auch hinsichtlich der an die Beklagte geflossenen Rückvergütungen (dazu 2.). Nicht entscheidungserheblich ist, ob es im Rahmen des Telefongesprächs im November 2008 zu einer weiteren, der Beklagten zuzurechnenden Beratungspflichtverletzung kam (dazu 3.).

1.

a.

Zwischen den Parteien kam am 19.03.2008 entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ein Beratungsvertrag zustande.

Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21.03.2006, XI ZR 63/05).

So liegt der Fall hier: Die Klägerin rief am 19.03.2008 bei der Beklagten an, um mit Blick auf ihren im Wert stark abnehmenden Geldmarktfonds über eine rentablere Anlageform beraten zu werden. Gesprächspartner war der Zeuge X, ein Mitarbeiter der Beklagten. Dieser bestätigte in seiner Vernehmung glaubhaft, dass er der Klägerin zum Verkauf des Geldmarktfonds riet. Er habe die Klägerin über die aktuellen Konditionen einer festverzinslichen Anlage informiert und ihr als Alternative die Bestandskundenaktion "Super 6" vorgestellt, deren Bestandteil auch die streitgegenständliche Fondsbeteiligung war.

b.

Die Pflichtverletzung der Beklagten liegt in einer zumindest nicht objektgerechten Beratung der Klägerin. Diese wurde nicht über das allgemeine Risiko einer endgültigen Schließung und Liquidation der Fondsgesellschaft aufgeklärt. Ihr wurde insofern ein falsches Bild von der Anlage vermittelt.

aa. Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Objektgerechte Beratung bedeutet, dass der Berater über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung Bedeutung haben, informieren muss (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 280 Rn. 49). Während der Berater hierüber richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (u.a. BGH, Urteil vom 26.06.2012, XI ZR 316/11).

bb. Nach diesen Grundsätzen ist nach der Auffassung des Gerichts im Rahmen einer Anlageberatung zu einem offenen Immobilienfonds grundsätzlich ungefragt auf die Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme der Fondsanteile gemäß § 81 InvG hinzuweisen. Dies gilt auch für die Zeit vor der durch die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 ausgelösten Flucht der (institutionellen) Anleger (auch) aus offenen Immobilienfonds und unabhängig davon, ob es beim beratungsgegenständlichen Fonds bereits in der Vergangenheit zu einer Rücknahmeaussetzung kam (ebenso OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.02.2013, 9 U 131/11; a. A. OLG Dresden, Urteil vom 15.11.2012, 8 U 512/12; OLG Schleswig, Urteil vom 19.09.2013, 5 U 34/13).

Die Möglichkeit der jederzeitigen Rückgabe der Fondsanteile an die Fondsgesellschaft ist ein prägendes Strukturelement des offenen Immobilienfonds. Die Liquidität der Geldanlage ist für den Anleger gewährleistet, ohne dass er zu einem Verkauf an einer Börse oder auf einem sonstigen Sekundärmarkt gezwungen wäre (vgl. bereits OLG Frankfurt a.a.O.). Die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme ist damit eine Ausnahme, die ein Grundprinzip des offenen Immobilienfonds durchbricht, und damit systematisch / konstruktiv wesentlich.

Die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme ist darüber hinaus aber auch anlegerwesentlich. Denn mit dieser Aussetzungsmöglichkeit geht das Liquiditätsrisiko und das damit einhergehende Kapitalverlustrisiko - entgegen dem Grundkonzept der Anlage - auf den Anleger über: Im Fall der Aussetzung ist die Rückgabe der Anteile an die Fondsgesellschaft nicht möglich. Der dem Anleger dann womöglich noch verbleibende Verkauf der Anteile über eine Börse oder auf einem sonstigen Sekundärmarkt bringt das naheliegende Risiko mit sich, dass nur ein niedriger Preis als bei ordnungsgemäßer Anteilsrückgabe zu erzielen ist. Die Tatsache der Aussetzung der Anteilsrücknahme wird nämlich in aller Regel in den Kurs eingepreist und führt zu Abschlägen, die der Anleger hinnehmen muss (so bereits OLG Frankfurt a.a.O. m.w.N.). Dieses für den durchschnittlichen Anleger nicht ohne weiteres erkennbare Risiko ist auch ein anderes als das - weithin als bekannt anzunehmende - allgemeine Risiko von Kursschwankungen infolge von Schwankungen im Wert des Immobilienvermögens, das der Fonds verwaltet.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Rücknahmeaussetzung die Werthaltigkeit des Fondsvermögens grundsätzlich nicht berührt und sie überdies dem Schutz der Anleger davor dient, dass das unter Zeitdruck geratene Fondmanagement Fondsvermögen unter Wert verkauft. Entscheidend ist, dass der Anleger im Fall der Aussetzung die Werthaltigkeit des Fondsvermögens und damit seiner Anteile gegenüber der Gesellschaft überhaupt nicht und auf dem Markt allenfalls mit erheblichen Abschlägen realisieren kann und sich damit das beschriebene Risiko voll verwirklicht.

Entgegen der Ansicht der Beklagten handelte es sich bei der Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme im Frühjahr 2008 nicht mehr um ein rein abstraktes Produktrisiko bzw. ein rein theoretisches Zukunftsszenario, auf das im Rahmen der Anlageberatung nicht einzugehen war. Die von der Klägerin vorgelegten Artikel aus Fachzeitschriften, Tageszeitungen und Zeitschriften aus den Jahren 2005 und 2006 ("Anlagenkonvolut" Nr. 5-9) belegen eindrucksvoll zum Teil aufsehenerregende Rücknahmeaussetzungen, darunter bei einem prominenten Fonds, in den vorangegangenen Jahren. So wurde im Jahr 2005 bei einem Immobilienfonds der größten deutschen Bank die Anteilsrücknahme ausgesetzt. Auch wurde über Liquiditätsprobleme bei einem Sparkassen-Fonds schon im Jahr 2004 berichtet.

Hält man demnach den Anlageberater hinsichtlich des allgemeinen Aussetzungsrisikos für aufklärungspflichtig, so muss dies erst recht hinsichtlich des allgemeinen Risikos gelten, dass der Fonds dauerhaft geschlossen und liquidiert werden muss. Denn in diesem Fall ist dem Anleger die Rückgabe der Anteile endgültig verwehrt. Will er die - hinsichtlich der Dauer und des Resterlöses für den Anleger regelmäßig sehr ungewisse - Liquidation der Fondsgesellschaft nicht abwarten, muss er mit den zu erwartenden deutlichen Abschlägen an der Börse oder einem sonstigen Sekundärmarkt verkaufen.

Dabei verfängt der Einwand nicht, dass das Risiko der endgültigen Schließung und Liquidation des Fonds im Frühjahr 2008 von noch theoretischerer Natur als das Aussetzungsrisiko und daher erst recht nicht beratungsrelevant war. Der endgültigen Schließung und Liquidation der Gesellschaft gehen regelmäßig Rücknahmeaussetzungen als Vorboten voraus. Der Übergang kann auch nahtlos erfolgen, etwa wenn die gesetzlich zugebilligten Aussetzungszeiträume ausgeschöpft sind. Rücknahmeaussetzungen hatten aber, wie bereits aufgezeigt, bis zum Frühjahr 2008 bereits praktische Bedeutung erlangt. Letztlich kann man wohl niemals seriös und robust vorhersagen, ob es bei einer vorübergehenden Rücknahmeaussetzung bleibt oder ob, womöglich nahtlos, die endgültige Fondsschließung folgt.

cc. Unter Berücksichtigung der gesamten Beratungssituation ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte die Klägerin vorliegend nicht, wie geboten, über das allgemeine Schließungs- und Liquidationsrisiko aufklärte. Der Klägerin wurde ein falsches Bild von der Anlage vermittelt.

Der Berater X klärte - unstreitig - weder über das allgemeine Aussetzungsrisiko noch über das allgemeine Schließungs- und Liquidationsrisiko auf. X erklärte der Klägerin unstreitig, dass der Fonds hohe Sicherheit bietet. Er empfahl - ebenso unstreitig - der Klägerin, wegen der in jedem Fall zu zahlenden Zeichnungsgebühren den Fonds mindestens ein Jahr zu halten. Damit suggerierte er der Klägerin in der Gesamtschau sachlich unzutreffend, dass sie - wenn sie den Verlust der Ausgabegebühren in Kauf nehmen will - grundsätzlich jederzeit die Anteile bei der Fondsgesellschaft zum aktuellen Wert zurückgeben kann. Er suggerierte mithin jederzeitige Verfügbarkeit und damit jederzeitige Liquidität der Anteile.

Die Beklagte erfüllte ihre Aufklärungspflicht auch nicht dadurch, dass sie der Klägerin anlässlich der Depoteröffnung im Jahr 2006 die Broschüre "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Finanzierungsinstrumente" übersandte, in der auch über das Schließungsrisiko bei Fonds informiert wird. Neben dem zeitlichen Bezug - es vergingen ca. 2 Jahre - fehlt auch der konkret-sachliche Bezug zum streitgegenständlichen Anteilserwerb.

Die Aufklärungspflicht wurde auch nicht dadurch erfüllt, dass die Klägerin gegen Ende der telefonischen Beratung im März 2008 auf die Übersendung des Fondsprospekts verzichtete, sondern sich auf die Möglichkeit des Prospekt-Downloads auf der Beklagten-Homepage verweisen ließ. Der Berater X war am Ende des Telefonats von der Klägerin uneingeschränkt beauftragt, den Anteilskauf durchzuführen; der Vollzug erfolgte dann am nächsten Tag auch ohne weiteren Kontakt mit der Klägerin. X wusste am Ende des Telefonats auch, dass die Klägerin noch keinen Fondsprospekt hat. Dies ist rechtlich nicht anders zu beurteilen als der Fall, dass der Berater im persönlichen Beratungsgespräch dem Anleger den Prospekt erst zum Zeitpunkt der Zeichnung oder gar erst danach aushändigt. Es fehlt in beiden Fällen an der so rechtzeitigen Übergabe des Prospekts, dass dessen Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10).

c.

Der der Beklagten zuzurechnende Beratungsfehler - der unterbliebene Hinweis auf das allgemeine Risiko der endgültigen Schließung und Liquidation des Fonds - war ursächlich für den Anteilskauf der Klägerin.

aa. Derjenige, der eine vertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Es handelt sich um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10).

bb. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens wurde durch die Beklagte nicht widerlegt. Nach der Auffassung des Gerichts bleibt sogar überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung über das Schließungs- und Liquidationsrisiko von der Zeichnung Abstand genommen hätte.

Die Vermutung ist nicht dadurch widerlegt, dass die Klägerin ihre Fondsanteile nicht verkaufte, als die Rücknahmeaussetzung des Fonds im Zeitraum 29.08.2009 bis 19.11.2009 über fast 3 Monate hinweg nicht bestand. Unwiderlegt gab die Klägerin an, dass sie vom Aussetzungsende nicht erfuhr. Hätte sie dies gewusst, hätte sie sofort verkauft. Nicht unglaubhaft gab sie weiter an, dass sie - ohne ausdrückliche Absprache - davon ausging, dass X, dem sie vertraute, sich in dieser Angelegenheit nach ihrem Anruf im November 2008 um sie kümmern werde.

Die Vermutung ist auch nicht dadurch widerlegt, dass die Klägerin bei ihrer Depoteröffnung bei der Beklagten im Jahr 2006 die Risikoklasse 4 angab. Allgemein ist von nur eingeschränkter Aussagekraft einer solchen Einordnung auszugehen. Denn sie erfolgte nicht im Rahmen eines gründlichen Beratungsgesprächs, sondern es ist ein Selbsteintrag des Anlegers ohne fachkundige Unterstützung am PC. Hierbei kann es zu - dem Anleger letztlich nicht (als gravierend) anzulastenden - Irrtümern kommen. Vorliegend fällt dabei als potentielle Quelle für Missverständnisse das genannte Beispiel für diese Risikoklasse "deutsche Aktien" auf. Dass in Klammern ohne optische Hervorhebung "Nebenwerte" steht und was dies bedeutet, muss der durchschnittliche Anleger nicht zwingend in seiner gesamten Bedeutung erfassen. Die Risikoklasse der Klägerin und die Risikoklasse der Anlage wurden auch im Telefongespräch am 19.03.2008 erörtert. Dass bei diesem Anlass aber auch die Risikoklasseneinordnung der Klägerin auf Richtigkeit überprüft wurde, trägt die Beklagte nicht vor. Dies ist auch durchaus plausibel vor dem Hintergrund, dass die klägerische Risikoklasse nach der Beklagten-Klassifizierung für die streitgegenständliche Anlage unproblematisch genügte.

Ein wesentlicher Umstand - zu Gunsten der Klägerin - ist demgegenüber, dass diese - unstreitig - weder vor noch nach der vorliegenden Zeichnung in (offene) Immobilienfonds investierte. Sie legte Geld als Festgeld bzw. in (Mitarbeiter-)Aktien und Aktienfonds an.

Eher für die Klägerin spricht zuletzt auch ihr spontaner Anruf beim Zeugen X im November 2008, um ihn mit der aus der Zeitung erfahrenen Rücknahmeaussetzung zu konfrontieren.

Aus der informatorischen Anhörung der Klägerin und der Vernehmung des Zeugen X ergaben sich auch keine sonstigen, zu einer Beweislastumkehr führenden Umstände.

d.

Das gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutete Verschulden der Beklagten ist nicht widerlegt. Insbesondere beruft die Beklagte sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum, sondern - im Rahmen des § 37a WpHG - auf einen vorsatzausschließenden Rechtsirrtum.

e.

Der Schaden der Klägerin beträgt 7.223,06 €.

Die Klägerin ist gem. § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Beklagte sie pflichtgemäß beraten hätte. Demnach steht ihr ein Ersatzanspruch hinsichtlich des investierten Kapitals in Höhe von 9.974,11 € zu. Hiervon sind im Wege des Vorteilsausgleichs die bislang erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 2.751, 05 € in Abzug zu bringen. Im Hinblick auf die Zinsen aus dem Festgeldanteil der Aktion "Super 6" ist kein Vorteilsausgleich vorzunehmen. Aus dem Beklagtenvortrag ergibt sich lediglich ein Gesamtertrag für 6 Monate von 300 €. Der - allenfalls und allein abzugsfähige - Differenzbetrag, um den der Ertrag aus "Super 6" den üblichen Zinsertrag übersteigt, ist dagegen nicht dargelegt.

f.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt.

aa. Die Sonderverjährungsvorschrift des § 37a WpHG, dessen zeitlicher und sachlicher Anwendungsbereich grundsätzlich eröffnet ist, greift hier nicht zu Gunsten der Beklagten ein, obwohl zum Zeitpunkt der Klageerhebung die 3-Jahresfrist bereits abgelaufen war.

Nach § 37a WpHG verjähren Schadensersatzansprüche des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen fehlerhafter Anlageberatung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Fristlauf beginnt mit dem Vertragschluss (BGH, Urteil vom 08.03.2005, XI ZR 170/04). Im Fall einer vorsätzlichen Beratungspflichtverletzung kann die Bank sich indes nicht auf die kenntnisunabhängige 3-Jahres-Frist des § 37a WpHG berufen. Da die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht nur für den Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit, sondern auch für den Vorsatz gilt, trägt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, und zwar auch dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG verjährt ist. Ein vorsätzliches Organisationsverschulden des Unternehmens ist gegeben, wenn es seine Verpflichtung zur Aufklärung des Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären. Beruft sich die Bank auf einen Rechtsirrtum, muss sie diesen darlegen und beweisen (zum Ganzen BGH, Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07).

Nach diesen Grundsätzen gelang der Beklagten vorliegend nicht der Nachweis, dass die Aufklärungspflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht auf (zumindest bedingtem) Vorsatz beruhte: Die Beklagte beruft sich nicht auf ein singuläres Beratungsverschulden ihres Mitarbeiters X, sondern auf einen vorsatzausschließenden Rechtsirrtum. Dies kann das Gericht nur so verstehen, dass es keine Anweisung der Beklagten an ihre Berater gab, die Kunden über das allgemeine Schließungs- und Liquidationsrisiko bei offenen Immobilienfonds aufzuklären. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung verbleiben beim Gericht zu Lasten der Beklagten gehende Zweifel daran, dass dies lediglich infolge grob fahrlässiger Verkennung der Sachlage unterblieb. Denkbar bleibt, dass die Beklagte eine entsprechende Aufklärungspflicht für möglich hielt, eine entsprechende Anweisung gleichwohl bewusst unterblieb. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist, dass die Beklagte selbst in ihrer - im Jahr 2006 auch an die Klägerin übersandten - Broschüre "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Finanzierungsinstrumente" u. a. über das Schließungsrisiko bei Fonds informierte. Die Beklagte hatte somit schon frühzeitig Problembewusstsein. Warum sie ihre Berater dennoch nicht anwies, diese Risiken auch in der konkreten Beratung zu thematisieren, ist nicht nachvollziehbar erklärt. Die Beklagte führt insofern - sinngemäß - allein an, dass es sich bei den Aussetzungs-, Schließungs- und Liquidationsrisiken bei offenen Immobilienfonds zumindest im Frühjahr 2008 noch um "graue Theorie" handelte. Dies ist jedoch widerlegt. Entsprechende Risiken hatten sich bereits zuvor in der Praxis realisiert. In den Jahren 2005 und 2006 gab es, wie bereits ausgeführt, erste, zum Teil großes Aufsehen erregende Rücknahmeaussetzungen. Von einer Bank wie der Beklagten ist zu erwarten, dass sie all dies aufmerksam begleitet.

bb. Der Schadensersatzanspruch ist nicht nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.

Es ist nicht erwiesen, dass die Klägerin noch im Jahr 2008 davon Kenntnis erlangte, dass das Risiko der endgültigen Schließung und Liquidation der Fondsgesellschaft, über das sie nicht aufgeklärt wurde, besteht. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass dieses Risiko in dem von der Klägerin im November 2008 gelesenen Zeitungsartikel thematisiert war. Es ist auch nicht erwiesen, dass der Klägerin dieses Risiko noch im Jahr 2008 infolge grob fahrlässigen Verhaltens verborgen blieb. Ein entsprechender Anknüpfungspunkt ergibt sich insbesondere nicht aus dem Telefongespräch der Klägerin mit dem Berater X im November 2008. Nach der vom Zeugen X nicht bestrittenen, für möglich gehaltenen Einlassung der Klägerin teilte X ihr mit, dass er davon ausgeht, dass der Fonds in 3 Monaten wieder öffnet und dies abgewartet werden soll. Aufgrund dieser Aussage des Fachmanns X, dem die Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben noch immer vertraute, war der Klägerin der grundsätzlich naheliegende Blick auf die Gefahr einer endgültigen Schließung und Liquidation des Fonds weiterhin in nicht vorwerfbarer Weise verstellt.

2.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich dagegen nicht aus dem unterbliebenen Hinweis auf das allgemeine Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme sowie aus einer unterbliebenen Aufklärung über etwaige Rückvergütungen. Die Beklagte beruft sich jeweils mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung.

a. Die Klägerin erlangte nach ihren eigenen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2014 schon im November 2008 aus der Zeitung positive Kenntnis davon, dass die Anteilsrücknahme beim streitgegenständlichen Fonds ausgesetzt ist. Ein etwaiger Anspruch wegen unterlassenen Hinweises auf das allgemeine Aussetzungsrisiko verjährte damit am 31.12.2011 (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB), wogegen die Klage erst am 07.05.2012 bei Gericht einging. Zu anderweitigen Hemmungs- oder Unterbrechungstatbeständen wurde nicht vorgetragen.

b. Die Klägerin nahm nach ihren eigenen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2014 wenige Tage nach dem Erwerb der Fondsanteile, also jedenfalls noch im Frühjahr 2008, Kenntnis von dem Hinweis auf der Wertpapierabrechnung (Anlage K1), wonach die Beklagte die Ausgabegebühr in Höhe von 5 % zu 100 % rückvergütet erhält. Ein etwaiger Anspruch wegen unterbliebener Aufklärung über Rückvergütungen wäre gleichfalls am 31.12.2011 verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände sind nicht ersichtlich. Auch trägt die Klägerin nicht vor, dass die Rückvergütungsinformation auf der Wertpapierabrechnung inhaltlich falsch ist, sie mithin durch den Hinweis über eine tatsächlich höhere Provision getäuscht wurde.

3.

Mangels Entscheidungserheblichkeit kann offen bleiben, inwieweit beim Telefongespräch zwischen der Klägerin und dem Zeugen X im November 2008 ein weiterer Beratungsvertrag zustande kam (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21.03.2006, XI ZR 63/05) und inwieweit auch hieraus ein Schadensersatzanspruch resultiert, weil der Berater X selbst bei diesem Anlass nicht auf das Risiko einer endgültigen Schließung und Liquidation des Fonds hinwies.

II.

Der Zinsanspruch in Höhe von 4 Prozent beruht auf §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB i.V.m. § 287 ZPO. Der Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz beruht auf §§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind grundsätzlich gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB aus einem damals berechtigten Gegenstandswert von 8.873,10 € (Investition 9.974,11 € abzügl. Ausschüttungen 1.101,01 €) in Höhe von 718,40 € (1,3 Geschäftsgebühr in Höhe von 583,70 € + Pauschale 20,00 € + 19 % USt 114,70 €) ersatzfähig. Da diese offensichtlich noch nicht bezahlt sind, macht die Klägerin insofern zu Recht nur einen Freistellungsanspruch geltend.

Soweit die Klägerin einen weitergehenden Freistellungsanspruch geltend machte, war die Klage abzuweisen: Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts wurden die bis 22.11.2011 erhaltenen Ausschüttungen nicht berücksichtigt. Der Ansatz einer erhöhten Geschäftsgebühr ist nicht nachvollziehbar.

IV.

Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Fondsanteile der Klägerin in Annahmeverzug im Sinne der §§ 293, 298 BGB. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 22.11.2011 Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile geltend. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 23.12.2011 ab.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1 Satz 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich der Klägerin aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO, hinsichtlich der Beklagten aus §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

C.

Die Streitwertfestsetzung gründet auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Es wird berücksichtigt, dass der Zahlungsanspruch bereits in der Klageschrift um die bis dahin geleisteten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 1.101,01 € reduziert war. Für den Klageantrag Ziffer 3. wird pauschal ein Betrag von 100 € angesetzt.

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Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil, 10. Feb. 2014 - 6 O 3784/12 zitiert 15 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 298 Zug-um-Zug-Leistungen


Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07

bei uns veröffentlicht am 12.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 586/07 Verkündet am: 12. Mai 2009 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2006 - XI ZR 63/05

bei uns veröffentlicht am 21.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 63/05 Verkündet am: 21. März 2006 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ______

Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2005 - XI ZR 170/04

bei uns veröffentlicht am 08.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 170/04 Verkündet am: 8. März 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _________

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11

bei uns veröffentlicht am 26.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 316/11 Verkündet am: 26. Juni 2012 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 5 U 34/13

bei uns veröffentlicht am 19.09.2013

Tenor Auf die Berufung der Beklagten vom 28. Februar 2013 wird das am 8. Februar 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wir

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 63/05 Verkündet am:
21. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts durch ein Kreditinstitut
muss ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund
anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung
im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde.
BGH, Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, eines Elektrotechnikers, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Die Klägerin erbte von ihren Eltern ein Vermögen in Höhe von ca. 4 Millionen DM. 1,2 bis 1,3 Millionen DM wollte sie für drei bis fünf Jahre anlegen. Sie und der Zedent eröffneten 1998 zu gleichen Teilen ein Wertpapierdepot bei der Beklagten und erwarben zu 50% des Anlagebetrages Aktienfonds- und zu 30% Immobilienfondsanteile, die sämtlich von einer Fondsgesellschaft des D.-verbandes emittiert worden waren. Der Rest wurde bei niedriger Verzinsung liquide angelegt. Zunächst stiegen die Kurse und führten zu erheblichen Gewinnen. Im Frühjahr 2000 setzte ein Kursverfall ein. Deshalb erkundigte sich der Zedent am 30. Mai 2000, als die Anlage insgesamt noch in der Gewinnzone lag, bei der Beklagten, ob ein Verkauf ratsam sei. Der Leiter der Wertpapierabteilung der Beklagten äußerte die Erwartung, dass die Börse sich wieder nach oben entwickeln werde, und riet von einem Verkauf ab. Da der Kursverfall sich fortsetzte, fanden am 17. August 2000, 23. Oktober 2000, 9. Januar 2001 und 8. Februar 2001 Gespräche mit ähnlichem Inhalt statt. Am 21. März 2001 verkauften die Klägerin und der Zedent alle Fondsanteile.
3
Die Klägerin meint, die Empfehlung der Beklagten, die Fondsanteile nicht zu verkaufen, sei eine Beratungspflichtverletzung gewesen, und verlangt den Ersatz der Differenz zwischen dem Wert der Papiere am 30. Mai 2000 und dem am 21. März 2001. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 164.734 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Revision Die ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Klägerin Die habe gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die fehlerhafte Beratung am 30. Mai 2000 entstanden sei. Die Parteien hätten einen Anlageberatungsvertrag geschlossen, der nicht mit der Einrichtung des Depots geendet habe. Der Rat, die Papiere nicht zu verkaufen, sei objektiv falsch und aus damaliger Sicht nicht vertretbar gewesen. Da nach dem Vortrag der Beklagten am 30. Mai 2000 nicht absehbar gewesen sei, ob das Sinken der Kurse eine Regulierung aufgeblähter Kurse oder eine beginnende Talfahrt gewesen sei, sei es allein richtig gewesen, zum Verkauf zu raten. Die Papiere zu halten, wäre nur dann vertretbar gewesen, wenn zu erwarten gewesen wäre, dass die Kurse innerhalb des geplanten Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren zumindest das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. Da aber nach dem Vortrag der Beklagten nicht absehbar gewesen sei, ob die Talfahrt beendet gewesen sei, habe die Gefahr weiterer Verluste bestanden. Dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussagen könne, verstehe sich von selbst. Er müsse den Anleger aber über Risiken aufklären und darauf hinweisen, dass nicht absehbar sei, ob die Talfahrt beendet sei. Außerdem habe es damals ernst zu nehmende Stimmen gegeben, die vor einem Kurseinbruch gewarnt hätten. Selbst wenn es auch andere Auffassungen gegeben haben sollte, hätte die Beklagte die Klägerin über diese unterschiedlichen Meinungen informieren müssen.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
8
1.Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen.
9
Dabei kommt es nicht auf den vor dem Erwerb der Fondsanteile geschlossenen Beratungsvertrag an. Daraus ergaben sich über die Anlageentscheidung der Klägerin hinaus keine fortdauernden Überwachungsund Beratungspflichten der Beklagten hinsichtlich der erworbenen Wertpapiere (vgl. OLG Karlsruhe WM 1992, 577; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468, 1469; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 471, 473; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80; Horn, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 7/1278). Derartige Pflichten resultierten auch nicht aus dem Depotvertrag (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 2004 - XI ZR 137/03, WM 2005, 270, 271 m.w.Nachw.).

10
Zwischen den Parteien ist aber ein neuer Beratungsvertrag geschlossen worden, als der Zedent sich am 30. Mai 2000 bei der Beklagten erkundigte, ob ein Verkauf der Anteile ratsam sei, und die Beklagte ihm riet, die Papiere zu halten. Tritt ein Anleger an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Dasselbe gilt, wenn ein Kunde sich - wie hier - nach getroffener Anlageentscheidung bei der Bank erkundigt, wie er sich angesichts fallender Kurse verhalten soll (vgl. LG Essen NJW-RR 1993, 1392, 1394; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80).
11
2. Rechtlich nicht haltbar ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
12
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und voll- ständig zu sein hat (Senat, Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998 S. 235, 248). Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987 - IVa ZR 134/85, WM 1987, 531, 532). Auch Börsentipps liegen nicht im Rahmen der vertraglichen Haftung einer Bank für Rat und Auskunft (BGH, Urteil vom 18. Juni 1971 - I ZR 83/70, WM 1971, 987, 989).
13
b) Gemessen hieran hat die Beklagte ihre Beratungspflichten nicht verletzt.
14
Sie hat der Klägerin keine unrichtigen oder unvollständigen Informationen über die Anlageobjekte erteilt. Da die Klägerin ihre Anlageentscheidung bereits getroffen und in bestimmte Fondsanteile investiert hatte , war eine erneute Aufklärung über die damit verbundenen, von der Klägerin zu tragenden Risiken nicht erforderlich. Die Klägerin erwartete eine solche Aufklärung auch nicht, sondern wollte von der Beklagten wissen, ob angesichts der von ihr erkannten sinkenden Kurse ein Verkauf der Anteile ratsam sei.
15
Die auf diese Frage erteilte Empfehlung der Beklagten, die Anteile nicht zu verkaufen, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ex ante betrachtet nicht unvertretbar. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass im Zeitpunkt der Raterteilung am 30. Mai 2000 objektiv nicht vorhersehbar war, ob die Kurse weiter fallen oder innerhalb des Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. In dieser Situation handelte die Beklagte nicht pflichtwidrig, indem sie aufgrund ihrer Erfahrung und langjährigen Beobachtung der Kursentwicklung von einem entsprechenden Wiederanstieg der Kurse innerhalb der nächsten drei Jahre ausging und diese Entwicklung ihrer Empfehlung gegenüber der Klägerin zugrunde legte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien sind keine Umstände zu entnehmen, die diese Erwartung grundsätzlich oder jedenfalls angesichts der vom Berufungsgericht angenommenen Aufblähung oder Überhitzung der Börse ex ante betrachtet als unvertretbar erscheinen lassen könnten.
16
Die Beklagte musste der Klägerin, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht mitteilen, dass nicht absehbar sei, ob der Kursverfall beendet sei. Das Berufungsgericht geht selbst - rechtsfehlerfrei - davon aus, es verstehe sich von selbst, dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussehen könne. Auf eine Selbstverständlichkeit muss eine beratende Bank aber nicht ausdrücklich hinweisen.
17
Es bestand auch keine Pflicht der Beklagten, die Klägerin auf unterschiedliche Meinungen über die künftige Kursentwicklung, insbesondere auf ernst zu nehmende Stimmen, die vor einem Kurseinbruch warnten , hinzuweisen. Aus der Unsicherheit der künftigen Kursentwicklung folgt zwangsläufig, dass hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können. Auch dies musste die Beklagte deshalb nicht besonders erwähnen. Dass eine Bank, die für eine Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, diesen über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse unterrichten muss (Senat, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, WM 1993, 1455, 1457, insoweit in BGHZ 123, 126 ff. nicht abgedruckt), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat der Klägerin zwar empfohlen, bestimmte Fondsanteile nicht zu verkaufen. Bei dieser Empfehlung ging es aber, ebenso wie bei der zugrunde liegenden Anfrage der Klägerin, nicht um die Einschätzung der Fondsanteile als solcher, sondern allein um eine ersichtlich unsichere Prognose der künftigen Kursentwicklung.

III.


18
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herstellen.
Nobbe Müller Joeres
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 09.12.2003 - 4 O 179/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 20.01.2005 - 12 U 11/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 316/11 Verkündet am:
26. Juni 2012
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3
Satz 2 WpHG) besteht keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre
Gewinnspanne. Die beratende Bank ist auf Grund des Beratungsvertrages mit ihrem
Kunden auch nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb
im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt (Bestätigung Senatsurteile
vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 35 ff., 48 ff., für
BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 38 ff., 51 ff.).

b) Liegt dem Zertifikaterwerb ein Kommissionsvertrag zwischen dem Anleger und der
Bank zugrunde, so besteht keine Aufklärungspflicht der Bank über eine allein vom
Emittenten des Zertifikats an sie gezahlte Vergütung, sofern es sich dabei nicht
um eine Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze handelt.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2012 durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg, Maihold und
Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Juni 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
3
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
4
Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
9
Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
10
Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
11
Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
12
Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.

II.

13
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
14
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
15
2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
16
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
17
b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
18
aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
20
(a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
21
Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
22
(b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
23
(2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
24
(a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
25
Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
26
(b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
27
Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
28
Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
29
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
30
(1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
31
Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
32
Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
33
(2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
34
Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
35
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
36
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
37
bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.

III.

38
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39
1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
40
a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
41
b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
42
c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
43
Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
44
Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
45
d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
46
2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
47
3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
48
b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
49
4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.

IV.

50
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Joeres Grüneberg Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten vom 28. Februar 2013 wird das am 8. Februar 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert und die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht wegen behaupteter fehlerhafter Empfehlung der Umschichtung von Fondsanlagen Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Bank geltend.

2

Die Klägerin war bereits seit vielen Jahren Kundin der Beklagten und hatte am 6. September 2006 ein Depot bei der Beklagten eröffnet. Ende 2007 enthielt ihr Depot Wertpapiere im Gesamtwert von 17.853,16 €, davon zwei verlustbringende Aktienfonds im Gesamtwert von gut 3.000,00 €, einen Geldmarktfonds im Wert von ca. 3.800,00 € sowie 243 Anteile an dem offenen Immobilienfonds „hausInvest europa“ (WKN 980701) im Wert von 10.356,66 €.

3

Ende Mai 2008 legte die Beklagte über ein mit ihr verbundenes Unternehmen den Dachfonds „Premium Management Immobilien-Anlagen“ auf (WKN A0ND6C; im Folgenden: PMIA). Die Beklagte übernahm den Alleinvertrieb. Die Anteile am PMIA sollten zu einem Erstausgabepreis von 50,00 €, später dann zum Tageskurs zzgl. 5 % Agio veräußert werden. Der Ausgabeaufschlag und bis zu 70 % der jährlichen Verwaltungsvergütung von 1,5 % sollten der Beklagten als Vertriebsprovision zufließen. Im Vergleich zum Immobilienfonds „hausInvest europa“ verfügte der PMIA über eine größere geografische und objektspezifische Diversifikation, weil er nicht nur Objekte in Europa, sondern auch in Japan, Kanada und den USA enthielt. Zu den Zielfonds des PMIA gehörten auch der hausInvest europa und der hausInvest global, die in der Summe anfänglich etwas über 30 % des Anlagebetrages ausmachten und später auf etwa 27 % des Anlagebetrages zurückgeführt wurden. Die angestrebte Rendite des PMIA bewegte sich in einer Größenordnung von 3,5 % bis 5 %.

4

Im Mai 2008 wandte sich der Zeuge L. telefonisch an die Klägerin und vereinbarte für den 15. Mai 2008 einen Gesprächstermin in der Filiale der Beklagten in R..

5

Bei dem Beratungsgespräch am 15. Mai 2008 empfahl der Zeuge L. der Klägerin die Umschichtung ihrer hausInvest europa-Anteile in entsprechende Fondsanteile des neu aufgelegten Dachfonds PMIA. Die Klägerin sei - so der Berater L. - durch die Anlage in den Dachfonds PMIA breiter aufgestellt und dadurch verringere sich ihr Risiko. Der Berater L. war auch davon überzeugt, dass der PMIA im Vergleich zum hausInvest europa im Ergebnis „besser laufen würde“.

6

Die Klägerin orderte daraufhin 190 Anteile des PMIA zum Festpreis von 50,00 €/Stück plus Agio (5 % = 2,50 €), mithin in Höhe von insgesamt 9.975,00 € (190 x 52,50 €, vgl. die Abrechnung vom 19. Mai 2008, Anlage K IV, Bl. 30 GA). Gleichzeitig verkaufte sie die in ihrem Depot befindlichen hausInvest europa-Anteile (243 Stück, Rücknahmepreis von 43,38 €) für insgesamt 10.541,34 € (vgl. Abrechnung vom 15. Mai 2008, Anlage K III, Bl. 29 GA).

7

Die Anteile des PMIA verzeichneten zunächst einen verhaltenen Kursanstieg. Im Zuge der Finanzkrise im Herbst 2008 schlossen jedoch bereits die ersten Zielfonds.

8

Am 25. Februar 2010 kam es zu einem weiteren Gespräch zwischen den Parteien, dabei wurden auch die Angaben der Klägerin nach dem WpHG aktualisiert (vgl. Anlage K II, Bl. 26 - 28 GA). Demnach sollte die Anlagestrategie der Klägerin, die bis dahin entsprechend ihren Angaben gem. WpHG-Bogen vom 6.9.2006 noch „balanceorientiert“ war (d.h. Stufe 4 von 6; vgl. Anlage B1 Bl. 89 GA) künftig nur noch „rentenorientiert“ sein (Stufe 2 von 6). Das Gespräch führte die Klägerin mit der Zeugin K., die darüber ein Protokoll erstellt hat (vgl. Protokoll, Anlage V2, Bl. 225 - 227). Ausweislich des Beratungsprotokolls dauerte das Gespräch mehr als 45 Minuten. Die Klägerin behauptet, ihr sei durch die Zeugin geraten worden, am PMIA festzuhalten. Ausweislich des Protokolls empfahl die Zeugin K. der Klägerin jedoch den Verkauf ihrer PMIA Anteile, weil die Entwicklung des Fonds hinter den Erwartungen zurückgeblieben war und die Depotstruktur zu einseitig auf den Immobilienbereich ausgerichtet gewesen sei. Stattdessen empfahl die Zeugin der Klägerin den Erwerb einer Commerzbank Stufenzins Anleihe (WKN CZ22EQ). Die Klägerin folgte dieser Empfehlung jedoch nicht und behielt die PMIA-Anteile in ihrem Depot.

9

Am 24. September 2010 riet die Zeugin K. der Klägerin vor dem Hintergrund einer drohenden Schließung zum Verkauf der PMIA-Anteile. Die entsprechend erteilte Verkaufsorder konnte jedoch wegen der Schließung des Fonds nicht mehr rechtzeitig ausgeführt werden. Am 27. September 2010 setzte die nämlich die Fondsverwaltung (Allianz Global Investors GmbH) den Handel und damit die Rücknahme der PMIA-Fondsanteile aus. Hintergrund waren u.a. die Schließung zahlreicher Zielfonds sowie erhebliche Mittelabflüsse durch vermehrte Anteilsrückgaben, sodass bis dahin die Barmittel bzw. liquiden Vermögenswerte weitgehend aufgezehrt waren. Die Klägerin wurde darüber mit Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2010 (Anlage K12, Bl. 56/57 GA) informiert. Der PMIA ist seitdem nicht wieder eröffnet worden und wird derzeit abgewickelt. Die Anleger erhielten in der Zeit zwischen dem 19. Oktober 2011 und 8. Februar 2012 Substanzausschüttungen in Höhe von insgesamt 22,20 € pro Anteil (vgl. Anlagen K1a bis K1c, Bl. 31-33 GA).

10

Bis zur Schließung des PMIA-Fonds hatte die Klägerin unstreitig Gewinnausschüttungen in Höhe von insgesamt 2,72 €/Anteil erhalten (1,03 € zum 2. Juni 2009; 0,65 € zum 1. Juni 2010 und 1,04 € zum 16. Juni 2010).

11

Eine Schlichtung wurde durch den zuständigen Ombudsmann der privaten Banken am 27. Dezember 2011 abgelehnt, weil die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hatte (vgl. Nr. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Verfahrensordnung; Anlage B9, Bl. 207 GA). Die Klage wurde am 1. März 2012 bei dem zuständigen Landgericht L. eingereicht (Bl. 1 ff. GA).

12

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe sie durch den Berater L. am 15. Mai 2008 falsch beraten und „pure Provisionsschneiderei“ (sog. „churning“) betrieben. Sie sei über die Risiken des PMIA nicht richtig aufgeklärt worden. Den Emissionsprospekt habe sie nicht erhalten. Der PMIA sei aufgrund seiner globalen Anlagestruktur schon per se gegenüber dem hausInvest europa in eine höhere Risikoklasse einzuordnen. Es handele sich nicht um einen Immobilienfonds, sondern um einen Dachfonds, dem auch Investitionen in andere Kapitalmarktwerte, u.a. Aktien und REIT’s erlaubt gewesen seien. Sie sei auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Anteilsrücknahme ausgesetzt und sowohl die Zielfonds als auch der PMIA-Dachfonds geschlossen werden könnten. Bei der PMIA-Anlage handele es sich nicht um eine konservative Anlage und angesichts der Immobilienkrise in den USA und der aufkommenden Weltwirtschaftskrise, insbesondere der Bankenkrise in den USA, hätte auf die hiermit verbundenen Risiken gerade auch wegen des Zielfonds „Stanley Morgan P2 Value“ besonders hingewiesen werden müssen. Außerdem sei sie nicht darüber aufgeklärt worden, dass sich die Anlage wegen des 5 %-igen Ausgabeaufschlags und der mit dem hausInvest europa vergleichbaren Renditeerwartung nicht rechnen würde. Die Pflichtwidrigkeit der Anlageempfehlung ergebe sich ferner bereits daraus, dass ein Teil des Kapitals über dem PMIA wieder in den Zielfonds hausInvest europa investiert worden sei. Die Klägerin hat ferner behauptet, ihr stehe ein Anspruch auf entgangenen Gewinn zu, da sie durch festverzinsliche Wertpapiere eine Durchschnittsrendite von mindestens 3,5 % p.a. erzielt hätte. Außerdem habe sie einen Anspruch auf Freihaltung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten, wobei eine 2,2-fache Gebühr wegen besonderer Schwierigkeiten und wegen des Umfangs der Sache angemessen sei.

13

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

14

1. 190 Stücke des Premium Management Immobilien - Inhaber - Anteile P (WPK Nr. A0ND6C) Zug um Zug gegen Rückzahlung des Anlagebetrages in Höhe von 5.757,00 € mit Valuta 21.05.2008 zu Gunsten ihres Kontos aus dem Depot Nr. …. auszubuchen und ihr einen Zinsausfallschaden in Höhe von zumindest 3,5 % - abzüglich der Ausschüttungen - auf 9.975,00 € ab dem 21.05.2008 zu zahlen,

2. sie vom 5 %-igen Ausgabeaufschlag von 243 Stücke des hausInvest europa-Fonds (WKN 980701) mit Valuta 19.05.2008 freizuhalten,

3. sie von den entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG in Höhe von 1.180,48 € freizuhalten,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr den Differenzschaden aus den Ausschüttungen vom hausInvest WKN 980701 und der Gewinnausschüttung des PMIA WKN A0ND6C seit dem 21.05.2008 zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie hat die Einrede der Verjährung nach § 37a WpHG a.F. erhoben. Die Tauschempfehlung sei korrekt gewesen. Aus der maßgeblichen damaligen Sicht habe es sich bei dem PMIA um eine gute und solide Anlage für konservativ sicherheitsorientierte Anleger gehandelt, die im Vergleich zum hausInvest europa wesentlich breiter aufgestellt gewesen seien. Andere Risiken des PMIA seien damals (Mai 2008) noch nicht erkennbar gewesen. Obwohl einer der Zielfonds (KanAm US-grundinvest) bereits Anfang 2006 die Anteilsrücknahme vorübergehend ausgesetzt hatte, sei es nicht erforderlich gewesen, über das Schließungsrisiko der Zielfonds und des PMIA Dachfonds aufzuklären.

18

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung im Rahmen der Tauschempfehlung verletzt habe. Im Rahmen der Tauschempfehlung unterliege die Beklagte vor dem Hintergrund ihres eigenen Provisionsinteresses einer gesteigerten Aufklärungspflicht. Sie hätte die Klägerin auch über die wirtschaftlichen Nachteile der Umschichtung aufklären müssen, denn selbst bei einer Mehrrendite von 1 % hätte dieser Tausch erst nach 5 Jahren einen Mehrerlös für die Klägerin abgeworfen. Im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. aus dem Parallelprozess des Landgerichts Kiel (Az.: 11 O 211/11) vom 31. Oktober 2012 könne offen bleiben, ob der PMIA im Vergleich zum hausInvest europa insgesamt in eine höhere Risikokategorie einzuordnen gewesen sei. Es könne auch offen bleiben, ob eine Aufklärung über das Aussetzungsrisiko bei Immobilien- und Dachfonds notwendig gewesen sei. Der Anspruch sei nach § 37a WpHG nicht verjährt, weil sich die Beklagte im Hinblick auf die Vorsatzvermutung (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht entlastet habe. Der Schaden sei allerdings der Höhe nach um die Substanz- und Gewinnausschüttungen zu reduzieren. Die geltend gemachten entgangenen Anlagezinsen von 3,5 % p.a. seien gemäß § 252 BGB begründet, allerdings seien die jeweils erhaltenen Substanz- und Gewinnausschüttungen bei den jeweils zugrunde liegenden Depotwerten zu berücksichtigen.

19

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung im Rahmen der Tauschempfehlung verletzt habe. Im Rahmen der Tauschempfehlung unterliege die Beklagte vor dem Hintergrund ihres eigenen Provisionsinteresses einer gesteigerten Aufklärungspflicht. Sie hätte die Klägerin auch über die wirtschaftlichen Nachteile der Umschichtung aufklären müssen, denn selbst bei einer Mehrrendite von 1 % hätte dieser Tausch erst nach 5 Jahren einen Mehrerlös für die Klägerin abgeworfen. Im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. aus dem Parallelprozess des Landgerichts K. (Az.: 11 O ….) vom 31. Oktober 2012 könne offen bleiben, ob der PMIA im Vergleich zum hausInvest europa insgesamt in eine höhere Risikokategorie einzuordnen gewesen sei. Es könne auch offen bleiben, ob eine Aufklärung über das Aussetzungsrisiko bei Immobilien- und Dachfonds notwendig gewesen sei. Der Anspruch sei nach § 37a WpHG nicht verjährt, weil sich die Beklagte im Hinblick auf die Vorsatzvermutung (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht entlastet habe. Der Schaden sei allerdings der Höhe nach um die Substanz- und Gewinnausschüttungen zu reduzieren. Die geltend gemachten entgangenen Anlagezinsen von 3,5 % p.a. seien gemäß § 252 BGB begründet, allerdings seien die jeweils erhaltenen Substanz- und Gewinnausschüttungen bei den jeweils zugrunde liegenden Depotwerten zu berücksichtigen.

20

Dagegen richten sich die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung der Klägerin.

21

Die Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe über die Frage der Vertretbarkeit der Tauschempfehlung vom 15. Mai 2008 nicht aus eigener Sachkunde entscheiden dürfen. Zur Beurteilung der entsprechenden Fragen hätte es vielmehr eines Sachverständigen bedurft. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile des Tausches (5 % Agio plus Verwaltungsgebühren) hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass es sich hier um unterschiedliche „Tauschobjekte“ handelte. Soweit die eigene Researchabteilung wegen der globaleren Ausrichtung des PMIA-Dachfonds und der damit verbundenen breiteren Diversifikation ein geringes Risiko für den Anleger angenommen habe, habe die Beklagte einen Ermessensspielraum gehabt. Die breitere Streuung sei zumindest ein entscheidender Sicherheitsfaktor gewesen. Über das Schließungsrisiko sowohl des Zielfonds als auch des Dachfonds habe nicht aufgeklärt werden müssen, weil dies zum damaligen Zeitpunkt (Mai 2008) nicht vorhersehbar gewesen sei. Dass sich der Tausch wegen des Agios (5 %) möglicherweise eher langfristig gerechnet hätte, sei der Kundin bekannt gewesen. Bei einer entsprechend langfristigen Ausrichtung der Anlage wäre auch eine gute Rendite - es ante betrachtet - möglich gewesen. Den höheren Verwaltungskosten des PMIA-Dachfonds durch ein aktives Management stünden auch die damit verbundenen Vorteile gegenüber. Die Ansprüche seien im Übrigen verjährt. Weder der Kundenberater L., noch der Vorstand der Beklagten hätten vorsätzlich gehandelt. Im Hause der Beklagten sei man zum Beratungszeitpunkt davon überzeugt gewesen, dass die Anlage in den Dachfonds PMIA gut und insbesondere für Anleger mit einer Überallokation in europäischen Immobilienfonds besonders geeignet gewesen sei. Eine Halteempfehlung für den PMIA habe es bei der Nachberatung am 25. Februar 2010 nicht gegeben

22

Die Beklagte beantragt,

23

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussberufung,

26

1. das angefochtene Urteil bezüglich des Punktes a) des Tenors abzuändern mit der Maßgabe, dem Antrag zu 1. aus der Klagschrift in Höhe von 5.757,00 € stattzugeben und

2. das angefochtene Urteil bezüglich des Punktes d) des Tenors abzuändern mit der Maßgabe, dem Antrag zu 3. aus der Klagschrift vom 02.03.2012 in voller Höhe stattzugeben.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

29

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für richtig. Im Falle einer konkreten Tauschempfehlung auf Initiative der Bank müsse die Bank anhand objektiver Kriterien darlegen und nachweisen, dass die neue Anlage besser als die alte gewesen sei. Die Beklagte habe jedoch nicht nachgewiesen, dass die PMIA-Anlage sicherer und/oder renditeträchtiger gewesen sei. Die Tauschempfehlung sei im Gegenteil sogar objektiv für den Anleger nachteilig gewesen, da die Klägerin zunächst erheblich höhere Verwaltungskosten zu tragen gehabt hätte und zudem nochmals ein Ausgabeaufschlag fällig geworden sei. Die Beklagte habe zudem erheblich an der Vermittlung der PMIA-Fondsanteile verdient (5 % Ausgabeaufschlag; 70 % der jährlichen Verwaltungsvergütung von 1,5 %). Von einem verringerten Risiko infolge der breiteren Streuung könne keine Rede sein. Unstreitig seien der asiatische und amerikanische Immobilienmarkt von höheren Schwankungen betroffen gewesen als der europäische Markt. Gleiches gelte auch für Währungsrisiken. Im Hinblick auf die Anschlussberufung habe das Landgericht zu Unrecht die Gewinnausschüttungen von 2,72 €/Anteil bei der Schadensberechnung berücksichtigt. Gewinnausschüttungen sollten die Anlagesumme nicht beeinflussen. Insoweit handelte es sich um Zinserträge des Fonds. Deshalb seien die Gewinnausschüttungen nicht bereits im Hauptantrag substanzmindernd zu berücksichtigen, sondern erst im Rahmen der Berechnung des Zinsausfallsschadens.

30

Wegen der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts und der Rekonstruktion eines Beratungsgesprächs, das mehr als 5 Jahre zurückliege, seien höhere vorgerichtliche Anwaltskosten begründet. Dies rechtfertige die Anhebung der Mittelgebühr von 1,3 auf 2,2.

31

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.

32

Die Klägerin hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung, am 11. September 2013, einen Schriftsatz eingereicht, der, soweit er neuen Sachvortrag enthält, gemäß § 296a ZPO bei der Entscheidungsfindung nicht mehr zu berücksichtigen war. Der Schriftsatz gab keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

II.

33

Es kann offen bleiben, ob der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus der Beratung vom 15. Mai 2008 und der nachfolgenden Umschichtung von 243 Anteilen des offenen Immobilienfonds „hausInvest europa“ in 190 Anteile des damals neu aufgelegten Dachfonds PMIA vertragliche Schadenersatzansprüche zustehen, denn diese sind jedenfalls nach § 37 a WpHG a. F. verjährt. Weitere Pflichtverletzungen aus der Nachberatung durch die Zeugin K. vom 25. Februar 2010 sind weder dargelegt noch nachgewiesen. Im Einzelnen:

34

1. Beratung vom 15. Mai 2008 (Empfehlung zur Umschichtung von Fondsanteilen im Depot)

35

Zwischen den Parteien ist auf Initiative der Beklagten am 15. Mai 2008 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Der Zeuge L. hat der Klägerin anlässlich dieses Termins in der Filiale R. unstreitig den Verkauf der im Depot bereits vorhandenen hausInvest europa-Anteile und eine Anlage des Verkaufserlöses in den gerade neu aufgelegten Dachfonds PMIA empfohlen. Die Klägerin ist schließlich dieser Empfehlung gefolgt und hat ihre im Depot vorhandenen 243 hausInvest europa-Anteile verkauft und gleichzeitig 190 Stück PMIA-Anteile geordert.

36

Soweit von einem „Tausch“ der Anteile die Rede ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser Terminus rechtlich falsch und sachlich unklar ist. Es geht vielmehr um die Umschichtung von Wertpapieren in einem vorhandenen Depot, mithin rechtlich zum einen um eine Verkaufsempfehlung (hinsichtlich der hausInvest europa-Anteile) und zum anderen um eine Kaufempfehlung hinsichtlich des Dachfonds PMIA.

37

Soweit der Senat im Rahmen seiner Streitwertbeschwerdeentscheidung vom 6. August 2008 (Az. 5 W 40/12) vor dem Hintergrund des sog. Additionsverbots wegen wirtschaftlicher Identität (§§ 39 GKG, 5 ZPO) im Zusammenhang mit der Depotumschichtung von einem „wirtschaftlich einheitlichen Vorgang“ ausgeht, steht diese Entscheidung der hier gebotenen rechtlichen Betrachtung des Beratungsgesprächs und der Prüfung auf etwaige Pflichtverletzungen nicht entgegen.

38

2. Verkaufsempfehlung vom 15. Mai 2008 hinsichtlich der hausInvest europa-Anteile

39

Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (BGH, Urteil vom 6.7.1993, XI ZR 12/93, WM 1993,1455-1457 = BGHZ 123, 126, 128 f.). In Bezug auf das Anlageobjekt (anlagegerechte Beratung) hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung „wesentliche Bedeutung“ haben oder haben können. Dabei ist zwischen allgemeinen Risiken (z. B. Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken (z. B. Kurs-, Zins-, Währungs- und Emittentenrisiko) zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH WM 1993, 1455 ff.). Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH WM 2006, 851-853; WM 2011, 2261). Diese Grundsätze gelten auch für Verkaufsempfehlungen. Sie betreffen alle Fälle der Anlageberatung im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 9 WpHG. Diese Norm definiert die Anlageberatung und betrifft sowohl den Kauf als auch den Verkauf von Finanzinstrumenten.

40

Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Verkaufsempfehlung hinsichtlich der hausInvest-Anteile pflichtwidrig gewesen sein soll. In ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. September 2013 hat sie sogar ausdrücklich erklärt, dass „isoliert betrachtet gegen den Verkauf von hausInvest nichts einzuwenden wäre“. Aus den Jahresberichten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin (veröffentlicht im Internet unter www.bafin.de Menü: Registerdaten & Dokumente/Jahresberichte) - zum damaligen Zeitpunkt noch Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen - für die Jahre 2006 und 2007 ergibt sich, dass die deutschen offenen Immobilienfonds in ihrer Gesamtheit auf die Krise des Jahres 2006 reagierten, indem sie den Deutschlandanteil ihrer Immobilienportfolios reduzierten und gleichzeitig in Immobilien auf dem nordamerikanischen oder asiatischen Markt investierten. Diese Diversifikation hatte zur Folge, dass die in offene Immobilienfonds investierten Gelder in den Jahren 2006 bis zum Beginn der Finanzkrise im Oktober 2008 zunahmen und sich der Markt deutlich stabilisierte. Der hausInvest europa hatte hingegen ausschließlich in deutsche oder europäische Immobilien investiert. Insoweit deckt sich die Verkaufsempfehlung der Beklagten mit dem Ziel, eine „breitere Aufstellung“ zu erreichen, mit dem Verhalten anderer Marktteilnehmer.

41

Im Übrigen deckt sich der mit dem Klagantrag zu 1 geltend gemachte Schaden auch nicht mit etwaigen Pflichtverletzungen aus der Verkaufsempfehlung für die hausInvest europa-Anteile.

42

3. Kaufempfehlung hinsichtlich der PMIA-Anteile vom 15. Mai 2008

43

Auch insoweit gilt die grundlegende Rechtsprechung des BGH zur anleger- und anlagegerechten Beratung. Da es sich um eine Kaufempfehlung handelt, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein.

44

Von einer generell gesteigerten Aufklärungspflicht vor dem Hintergrund der Depotumschichtung und des eigenen Provisionsinteresses der Bank sowie der mit der Neuanlage für den Kunden verbundenen Kosten (zusätzlich 5 % Agio bei gleichbleibender Renditeerwartung) kann hier - entgegen der Auffassung einiger Landgerichte - nicht ausgegangen werden. Eine derartige Umschichtung innerhalb des eigenen Depots verbunden mit einer Änderung des Portfolios ist für sich genommen ein alltäglicher Vorgang, der - obwohl auch immer wieder Gegenstand der BGH-Rechtsprechung (z. B. BGH Urteil vom 25.10.2007, III ZR 100/06, WM 2007, 2228) - keine weitergehenden Beratungspflichten auslöst. Da bei einer Umschichtung zeitgleich sowohl eine Verkaufs- als auch eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden, müssen beide Empfehlungen lediglich anleger- und anlagegerecht sein. Hierfür sind die vom BGH- Rechtsprechung aufgestellten Kriterien (vgl. BGH vom 6.7.1993, XI ZR 12/93, a.a.O; WM 1993,1455-1457 = BGHZ 123, 126, 128 f) maßgebend.

45

Der Senat teilt auch nicht die Rechtsansicht (vgl. Landgericht Kiel Urteil vom 19.10.2012, 8 O 49/11 veröffentlicht in juris Rz. 32), dass hier wegen des in hohem Maße in Anspruch genommenen Vertrauens der Kunden die Vertretbarkeit der Empfehlung auf „objektiv nachvollziehbaren guten Gründen beruhen müsse, die eindeutig dafür sprechen, dass der empfohlene Fonds - bei ex ante-Betrachtung - tatsächlich sicherer sein müsse als das im Depot bereits vorhandene Tauschobjekt“. Diese Rechtsansicht impliziert, dass bei einer von der Bank empfohlenen Umschichtung - im Unterschied zu einer üblichen Anlage von Geld in Wertpapieren - die beratende Bank darlegen und nachweisen muss, dass es sich bei der „Tauschempfehlung“ objektiv tatsächlich um eine bessere, das heißt in diesem Fall sicherere und/oder renditeträchtigere Anlage handeln muss. Hierfür gibt es jedoch keinen Grund. Denn nicht jede einmal getroffene Anlageentscheidung erweist sich im Lichte neuerer Erkenntnisse - wiederum ex ante - als zutreffend. Derart gesteigerte Anforderungen an die Beratungsempfehlung einer Bank bei einer Umschichtung würden der beratenden Bank wegen des damit verbundenen objektiven Nachweises einer tatsächlich besseren Anlage (hinsichtlich der Kaufempfehlung) letztlich das Risiko des Erfolgs ihrer Empfehlung auflasten und damit nach Ansicht des Senats den Bogen der Anlageberatungspflichten überspannen. Letztlich würde dies dazu führen, dass es derartige Umschichtungsempfehlungen nicht mehr oder nur noch sehr zögerlich gäbe, was im Ergebnis zu einer „Versteinerung“ des Depots führen würde. An dieser grundsätzlichen Bewertung ändert auch der Umstand nichts, dass hier die Initiative zur Depotumschichtung von der Bank ausging.

46

Aus der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 16. Mai 2012 (14 U 291/10, VuR 2012, 484-485) ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es vielmehr:

47

„…Zu berücksichtigen ist bei der hier streitgegenständlichen Anlageentscheidung (Anlage in Lehmann-Papiere), dass es sich nicht um eine Neuinvestition handelte, bei der sich die Beratung allein auf die neu zu erwerbende Anlage beziehen musste, sondern um einen „Tausch“ zweier Wertpapiere, bei dem das zu erwerbende Zertifikat als besser dargestellt wurde. Die Entscheidung war hier unstreitig motiviert durch den Vergleich beider Zertifikate. Um beide Papiere vergleichen zu können, müssen daher die wesentlichen Informationen zu beiden Zertifikaten richtig und vollständig sein.“ (a.a.O., Rz. 43)

48

Das OLG Hamburg vertritt mithin die Meinung des Senats. Es hat in dem vorstehenden Fall eine Haftung der Bank nur deshalb angenommen, weil diese für das neue Produkt objektiv ein falsches Rating angegeben hatte.

49

Bei der Bewertung der objektiven Parameter eines Anlageprodukts (z. B. Renditeerwartung, Sicherheit/Ausfallrisiken, Entwicklung der Märkte) steht der Bank grundsätzlich ein Ermessensspielraum zu, weil es sich um eine Prognoseentscheidung handelt. Es bleibt deshalb auch bei einer zeitgleichen Umschichtung von verschiedenen Anlagen innerhalb des Depots bei dem Grundsatz, dass sowohl die Verkaufs- als auch die Kaufempfehlung - ex ante betrachtet - jeweils lediglich objektiv vertretbar sein müssen.

50

Ob vor dem Hintergrund der mit der Neuanlage verbundenen Kosten (5 % Agio und 1,5 % p. a. Verwaltungskostenanteil) und der von der Klägerin behaupteten höheren Risikostufe des PMIA Dachfonds im Vergleich zum hausInvest europa die Kaufempfehlung für den PMIA Dachfonds im Mai 2008 vertretbar war, ist im Wege einer Beweisaufnahme zu klären (zum Beispiel durch Beiziehung der bereits in Parallelprozessen vorliegenden Sachverständigengutachten). Falls der Klägerin der ihr obliegende Beweis gelingen sollte, wäre möglicherweise dem Beweisangebot der Beklagten, Herrn M., verantwortlich bei der Beklagten für den Produktbereich Wertpapier, als Zeugen zu vernehmen, nachzugehen. Diese Fragen können vorliegend jedoch offen bleiben, weil die Ansprüche der Klägerin verjährt sind.

51

4. Unterlassene Aufklärung über Rückvergütungen (Kick-backs)

52

Die Beklagte hat sich nicht pflichtwidrig verhalten, weil sie die Klägerin nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.

53

Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, sodass sie darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss. Nichts anderes gilt, wenn fremde Anlageprodukte im Wege eines Eigengeschäfts veräußert werden. Insoweit fehlt es an dem erforderlichen Drei-Personenverhältnis mit der Folge, dass die sog. Kick-back-Rechtsprechung auf diese Fälle keine Anwendung findet (BGH Urteil vom 27.09.2011, XI ZR 178/10, WM 2011, 2261, RdNr. 40; WM 2012, 1520, RdNr. 19; OLG Schleswig Beschluss vom 28.02.2011, 5 U 112/10 zitiert in juris; dies ist auch mit Art. 3 GG vereinbar, BVerfG Beschluss vom 31.7.2013, WM 2013, 1640 - 1641). Eine Aufklärungspflicht über die von der Emittentin gezahlte Provision ergibt sich auch nicht aus etwaigen kommissionsrechtlichen Herausgabe- und Rechenschaftspflichten (BGH Urteil vom 16.10.2012, XI ZR 368/11, GWR 2012, 564 = juris RdNr. 32).

54

Die Beklagte musste hier nicht über Rückvergütungen aufklären. Hier liegt ein Festpreisgeschäft im Wege des Eigengeschäfts vor.

55

5. Aufklärung über das Risiko der Aussetzung der Kapitalanteilsrücknahme nach §§ 37, 81 InvG

56

Über das Risiko der Aussetzung der Anteilsrücknahme musste die Beklagte die Klägerin nicht aufklären.

57

Das Investmentgesetz enthält unterschiedliche Regelungen für die Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen. Gemäß § 37 Abs. 2 InvG kann in den Vertragsbedingungen vorgesehen werden, dass die Kapitalanlagegesellschaft die Rücknahme der Anteile aussetzen darf, wenn„außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen“. Insofern ist auch eine unbefristete Aussetzung der Rücknahme möglich. Diese Regelung gilt gemäß Kapitel 2 Abschnitt 1 (§§ 30-45 InvG) für alle Sondervermögen.

58

Für Immobiliensondervermögen enthält Abschnitt 3 (§§ 66-82 InvG) eine speziellere und engere Regelung. Gemäß § 81 Abs. 1 InvG kann die Kapitalanlagegesellschaft die Rücknahme von Anteilen aussetzen, „wenn die Guthaben und der Erlös, der nach § 80 Abs. 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen“. Die Aussetzung nach § 81 InvG darf zunächst nur befristet erfolgen. Sodann ist eine gestufte Regelung (6 Monate, 12 Monate, 24 Monate und 30 Monate nach der Aussetzung der Rücknahme) gesetzlich vorgesehen, wonach es der Kapitalanlagegesellschaft auch erlaubt ist, Vermögensgegenstände des Sondervermögens zu veräußern, um weitere liquide Mittel zu beschaffen (vgl. § 81 Abs. 2, 3 und 4 InvG).

59

Nach Ansicht des Senats war hier zum streitgegenständlichen Beratungszeitpunkt (15. Mai 2008) weder eine Aufklärung über das spezielle Risiko der Aussetzung der Kapitalanteilsrücknahme bei Dachfonds nach § 37 InvG noch für Immobilienfonds nach § 81 InvG geschuldet.

60

Der Senat schließt sich der Auffassung des OLG Dresden (Urteil vom 15. November 2012, WM 2013, 363-366; a.A. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.2.2013, 9 U 131/11, ZIP 2013,1214-1217) an, dass jedenfalls im Frühjahr 2008 noch keine Aufklärungspflicht über die prinzipielle Möglichkeit der vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme für einen offenen Immobilienfonds bestand. Insoweit gelten auch für die Senatsentscheidung die nachfolgenden Erwägungen des OLG Dresden:

61

„…Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 und 4 WpHG müssen Kunden rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur Verfügung gestellt werden, die angemessen sind, damit die Kunden nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihnen angebotenen und von ihnen nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidung treffen können. Die Möglichkeit der vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme - einer Schutzmaßnahme zugunsten des Anlegers, die Kapitalverluste gerade vermeiden soll - stellt gemessen hieran kein aufklärungspflichtiges Risiko dar, welches zum damaligen Zeitpunkt die Kundenentscheidung nach vernünftigem Ermessen beeinflusst hätte. Eine Aussetzung der Anteilsrücknahme war fernliegend und in der Vergangenheit lediglich 2005/2006 wenige Male vorgekommen. … Bislang waren Beteiligungen während vorübergehender Schließung nicht im Wert gesunken, d.h. sie wurden anschließend in vertraglich vereinbarter Form wieder zurückgenommen. Ein Kapitalverlustrisiko allein aus einer vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme war somit zu diesem Zeitpunkt eher theoretischer Natur. … Eine Aufklärungspflicht folgt auch nicht aus § 42 Abs. 1 Nr. 12 InvG. Zwar ist dort festgehalten, dass auf die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme im Verkaufsprospekt hinzuweisen ist. Allerdings musste der Verkaufsprospekt nicht ungefragt übergeben, sondern lediglich angeboten werden, sodass sich hieraus nicht ableiten lässt, dass über dieses Risiko im Beratungsgespräch aufgeklärt werden musste. … Die Möglichkeit einer Anteilsveräußerung an der Börse bestand auch während der Aussetzung der Anteilsrücknahme, wenn auch ggf. mit Verlusten. Eine nur vorübergehende Aussetzung der Rücknahme bei gleichzeitiger Handelbarkeit an der Börse entspricht damit nicht der Situation bei geschlossenen Immobilienfonds, bei denen eine Anteilsveräußerung praktisch ausgeschlossen ist. Die Aufklärung über ein - aus damaliger Sicht nicht relevantes, sondern eher theoretisches - Risiko, während eines kurzen Zeitraums die Anteile nicht zurückgeben, sondern nur, eventuell mit Verlust, an der Börse veräußern zu können, birgt auf der anderen Seite die Gefahr, ein Beratungsgespräch derart mit Details zu überfrachten, dass die Anlageinteressenten erst recht eine Gewichtung und Unterscheidung, welche Risiken tatsächlich relevant sind und welche Risiken lediglich theoretischer Natur sind, erschwert werden. …“

62

Diese Annahmen werden durch den Jahresbericht der BaFin über den Wertpapierhandel und das Investmentgeschäft aus dem Jahr 2006 (a.a.O.) gestützt. Dort heißt es u.a.:

63

„…Nachdem Ende 2005 der Immobilienfonds „grundbesitz-invest“ der DB-Real-Estate sowie Anfang 2006 die beiden Immobilienfonds „grundinvest und US-grundinvest“ der Gesellschaft KanAm die Rücknahme von Fondsanteilen vorübergehend ausgesetzt hatten, beruhigte sich die Situation bei den offenen Immobilienfonds im Jahr 2006 deutlich. Beiden Kapitalanlagegesellschaften gelang es innerhalb von drei Monaten, die Aussetzung der Anteilsscheinrücknahme wieder aufzuheben. Seit März bzw. April 2006 können Fondsanteile wieder uneingeschränkt zurückgegeben werden. Bis Ende 2006 verwalteten deutsche Kapitalanlagegesellschaften 41 Immobilien Publikumsfonds mit einem Volumen von 77,8 Mrd. € und 108 Immobilienspezialfonds mit 19,6 Mrd. €. … Das Mittelaufkommen der offenen Immobilien-Publikumsfonds gestaltete sich im Berichtsjahr uneinheitlich. Während die Branche vor allem durch die vorübergehende Aussetzung der Anteilsrücknahme bei einzelnen Immobilien-Publikumsfonds, im ersten Quartal mit rund 8,9 Mrd. € erheblich Nettomittelabflüsse verzeichnen musste, verringerten diese sich in den Monaten April und Mai deutlich. Im Juni und Juli flossen der Branche erstmals wieder Anlagegelder netto zu. Nach weiteren Nettomittelabflüssen im August und September erzielte die Branche im vierten Quartal 2006 wieder Mittelzuflüsse. Die vorübergehend ausgesetzte Rücknahme von Anteilen scheint das von den offenen Immobilienfonds erwirtschaftete Ergebnis nicht nachhaltig beeinträchtigt zu haben. Die Performance der offenen Immobilien-Publikumsfonds verbesserte sich 2006 nach der BVI-Methode (= Vergleich der Rücknahmepreise) gegenüber dem Vorjahr um etwa 1 % auf rund 4 %. Der Anstieg der durchschnittlichen Wertentwicklung liegt vor allem an der verstärkten Ausrichtung der Immobilienportfolios auf die Auslandsmärkte und auf die im Berichtsjahr erfolgten Restrukturierungsmaßnahmen bei verschiedenen Fonds. Bei dem besonders gut performenden Fonds mit Wertentwicklung von zum Teil über 7 % handelt es sich vornehmlich um relativ junge Produkte mit einem hohen Auslandsanteil. …“

64

In einer gemeinsamen Erklärung des BMF, der Deutschen Bundesbank, der Spitzenverbände der Kreditwirtschaft und der Investmentbranche sowie der BaFin für offene Immobilienfonds vom 23.01.2006 heißt es (veröffentlicht unter www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Pressemitteilung/2006/pm_060123_gem_erkl.html ):

65

„Der offene Immobilienfonds ist eine seit mehr als vier Jahrzehnten über alle Marktzyklen hinweg wertstabile Anlage. Die vorübergehende Schließung einzelner Fonds hat nichts mit der Qualität des Produkts an sich zu tun. Das Investitionsverhalten in- und ausländischer Kapitalanleger in den zurückliegenden Monaten beweist, dass die Perspektiven für den deutschen Immobilienmarkt nachhaltig positiv sind. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt der offene Immobilienfonds nach unserer Überzeugung ein wichtiger Baustein für die Vermögensanlage des langfristig orientierten Privatkunden und wird auch die jetzige Bewährungsprobe bestehen. Die deutsche Kreditwirtschaft und die Investmentbranche stehen daher zu diesem Produkt. Wir sehen deshalb gute Gründe dafür, dass die Anleger dem Produkt auch in Zukunft vertrauen können.“

66

Im Jahresbericht 2007 der BaFin heißt es u.a.:

67

„…2007 normalisierte sich das Mittelaufkommen bei den Immobilien-Publikumsfonds weiter. Während das Vorjahr - bedingt durch die vorübergehende Aussetzung der Anteilsrücknahme bei einzelnen Immobilien-Publikumsfonds im ersten Quartal 2006 - per Saldo noch Nettomittelabflüsse von knapp 9 Mrd. € verzeichnete, weist 2007 Nettomittelzuflüsse von über 6 Mrd. € auf. Damit bewegt sich das Fondsvolumen wieder nahezu auf dem Niveau von Ende 2005. Die durchschnittliche Jahresperformance verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr von rund 4 % auf jetzt 5,7 %. Dieser weitere Anstieg der durchschnittlichen Wertentwicklung liegt abermals zum erheblichen Teil an der in 2007 weiter vorangetriebenen geografischen Neuausrichtung der Immobilienportfolien. Nach einer Untersuchung des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) vom Dezember 2007 war der Anteil deutscher Immobilien an den Portfolien im Jahresverlauf 2007 unter 1/3 gefallen, während sich das Engagement der Immobilienfonds im Auslandsmärkten inzwischen auf knapp 70 % belief. …“

68

Schließlich heißt es im Jahresbericht der BaFin für das Jahr 2008 dann:

69

„Die ... Die deutschen Immobilienfonds verwaltenden Kapitalanlagegesellschaften verzeichneten zwar in den ersten acht Monaten Nettomittelzuflüsse in Höhe von knapp über 5,9 Mrd. €. Allerdings kam es in dem Fondssegment im Oktober 2008 zu dramatischen Abflüssen. Die hohen Mittelabflüsse resultierten insbesondere aus dem Verhalten von institutionellen Investoren, die infolge der Marktverwerfungen erhöhten Liquiditätsbedarf hatten und ihre Anteile kurzfristig zurückgaben. Seit Anfang Oktober 2008 müssen die deutschen Kapitalanlagegesellschaften täglich die Mittelzu- und -abflüsse für sämtliche 45 Immobilien-Publikumsfonds an die BaFin melden. Wegen der massiven Anteilrückgaben waren Ende Oktober zehn Gesellschaften gezwungen, die Rücknahme von Anteilen bei insgesamt zwölf Immobilien-Publikumsfonds mangels ausreichend vorhandener Liquidität auszusetzen (§ 81 InvG). Dies entspricht knapp 40 % des Gesamtvermögens des Fondssegments. Die Aussetzung war bis auf eine Ausnahme bei allen Gesellschaften zunächst auf jeweils drei Monate, bei einer Gesellschaft auf sechs Monate befristet. Die Ausgabe von Anteilen ist jedoch weiterhin möglich. Zwei der Fonds wurden Ende Januar 2009 wieder geöffnet (DEGI International, Focus Nordic Cities). Bei acht Immobilien-Publikumsfonds verlängerten die Gesellschaften die Aussetzung der Rücknahme um bis zu neun Monate. … Insgesamt zogen Investoren bei den Immobilien-Publikumsfonds im Oktober 2008 Nettomittel von fast 5,1 Mrd. € ab. In nur einem Monat waren damit fast die gesamten Nettomittelzuflüsse aus den ersten drei Quartalen 2008 wieder abgeschmolzen. …“

70

Die vorgenannten Feststellungen der BaFin stützen die Feststellung, dass jedenfalls noch bis zur Finanzkrise im Oktober 2008 mit der vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrücknahme nach § 81 InvG kein Kapitalverlustrisiko verbunden war. Es handelte sich lediglich um ein vorübergehendes, befristetes Liquiditätsrisiko, das - entsprechend den Erfahrungen aus der Vergangenheit (Anfang 2006) - eher dem Schutz des Privatanlegers und damit seinem Vorteil diente und von seiner Risikointensität eher theoretischer Natur war. Der Umstand, dass es sich bei dem PMIA um einen Dachfonds handelte und deshalb nach § 37 Abs. 2 InvG gesetzlich auch die unbefristete Aussetzung der Rücknahme möglich war, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Auch ein Dachfonds muss, wenn er die Rückgabewünsche seiner Anleger nicht erfüllen kann, liquide Mittel beschaffen, um sie möglichst rasch erfüllen zu können. Genau dies wird ihm, von Ausnahmesituationen wie der Finanzmarktkrise abgesehen, regelmäßig deutlich schneller gelingen als einem offenen Immobilienfonds. Denn der Dachfonds muss keine Immobilien veräußern, sondern nur Anteile, die regelmäßig deutlich schneller und unkomplizierter zu Geld zu machen sind. Vor diesem Hintergrund war im Frühjahr 2008 die in § 37 InvG und § 81 InvG abweichend geregelte zeitliche Dimension der Aussetzungsmöglichkeit ein nur theoretisches Risiko, über das nicht belehrt werden musste. Zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung bestand auch kein konkretes Schließungsrisiko noch war es für die Beklagte und ihre Mitarbeiter vorhersehbar, dass es zu einem Liquiditätsengpass der Fondsgesellschaft kommen könnte.

71

6. Verjährung nach § 37 a WpHG a.F.

72

Etwaige Schadenersatzansprüche aus der Beratung vom 15. Mai 2008 sind verjährt. Die kenntnisunabhängige dreijährigen Verjährung nach § 37 a WpHG a.F. galt für Wertpapiergeschäfte bis zum 4. August 2009. Das Beratungsgespräch wurde am 15. Mai 2008 geführt. Damit begann die Verjährungsfrist nach § 37a WpHG a.F. bereits am 15. Mai 2008. Von der Klägerin wurden erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Mai 2011 Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die Drei-Jahres-Frist bereits abgelaufen. Mit Schreiben vom 22. August 2011 hat die Beklagte gleichwohl der Klägerin noch einmal an ihr ursprüngliches Vergleichsangebot erinnert und sich nochmals bereit erklärt, ihr auf dieser Basis entgegenzukommen. Auch dieses Angebot hat die Klägerin nicht angenommen. Etwaige Hemmungstatbestände nach § 203 ZPO sind nicht ersichtlich.

73

In Fällen einer vorsätzlichen Beratungspflichtverletzung kommt allerdings § 37a WpHG a.F. nicht zur Anwendung, sondern es bleibt bei der Regelverjährung gemäß §§ 195,199 BGB (BGH, Urteil vom 08.03.2005, WM 2005, 929-931). Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt die gesetzliche Verschuldensvermutung sowohl für den Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit, als auch den Vorsatz. Die Differenzierung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises ist nicht zulässig (BGH, Urteil vom 12.05.2009, WM 2009, 1274-1276). Damit muss die Bank darlegen und beweisen, dass die Falschberatung jedenfalls nicht vorsätzlich erfolgt ist. Ein vorsätzliches Organisationsverschulden wäre nur dann gegeben, wenn die Bank ihre Verpflichtung zur Aufklärung des Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hätte (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hätte, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären. Da der Vorsatz eine innere Tatsache ist, kann er nur anhand von äußeren Indizien belegt bzw. widerlegt werden (OLG Schleswig, Beschluss vom 09.11.2012, 5 U 96/12).

74

Selbst wenn man hier - mit dem Landgericht - eine Pflichtverletzung wegen fehlerhafter anleger- oder anlagegerechter Beratung annehmen oder eine Pflicht zur generellen Aufklärung des Kunden über die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme nach InvG bejahen wollte, handelt es sich nicht um einen vorsätzlichen Pflichtverstoß. Der Wechsel zum Fondsprodukt PMIA war von den Wertpapierexperten aus dem Haus der Beklagten insbesondere unter Sicherheitsgesichtspunkten („breitere Streuung“) empfohlen worden. Der Zeuge L. hat im Termin am 7. Dezember 2012 bekundet, dass sowohl er als auch seine Kollegen von der Qualität des Fondsprodukts überzeugt gewesen seien und der PMIA-Fonds auch von den eigenen Mitarbeitern der Beklagten gekauft worden sei. Die Schließung des Fonds zum 27. September 2010 sei überraschend gewesen. Von einer vorsätzlichen Falschberatung oder gar einem Betrug der Anleger, um die eigene Kapitalbasis der C-bank zu konsolidieren, kann deshalb keine Rede sein. Schließlich spricht auch der Umstand, dass der PMIA-Fonds der Klägerin unstreitig jedenfalls nicht wegen einer im Vergleich zum hausInvest europa besseren Rendite empfohlen worden ist, gegen die Annahme eines anlegerschädigenden Vorsatzes. Denn anderenfalls hätte der Beklagten jedes Mittel Recht sein müssen, die Umschichtung und damit den Vertrieb des PMIA-Fonds anzukurbeln, um damit den eigenen Gewinn zu erhöhen und die Eigenkapitalbasis zu stärken.

75

Die Einrede der Verjährung ist nicht treuwidrig und stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Die Verjährung nach § 37 WpHG a. F. regelt auch aus Gründen der Rechtssicherheit den kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginn. Der Gesetzgeber wollte nämlich mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96; vgl. BGH, Urteil vom 08. März 2005 - XI ZR 170/04 -, WM 2005, 929-931 = BGHZ 162, 306-313). Der Zweck dieser Vorschrift darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass mittels Anwendung des § 242 BGB letztlich systemwidrig doch wieder die Kenntnis des Schuldners oder subjektive Elemente bei der Verjährungsfrage eine Rolle spielen.

76

Die Beklagte hat die Klägerin nachfolgend auch nicht von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen abgehalten. Aus dem Beratungsprotokoll vom 25. Februar 2010 ergibt sich vielmehr, dass die Beklagte durch die Zeugin K. der Klägerin sogar ausdrücklich zum Verkauf der PMIA-Fondsanteile bzw. zur Umschichtung in eine C-bank-Stufenzinsanleihe geraten hat. Eine entsprechende Halteempfehlung - wie von der Klägerin behauptet - ist mithin nicht bewiesen (dazu sogleich).

77

Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, dass die Beklagte der Klägerin offenbar noch am 24. September 2010 zum Verkauf des Papiers geraten hat und die entsprechende Verkaufsorder der Klägerin jedoch wegen Schließung des Fonds am 27. September 2010 nicht mehr ausgeführt werden konnte, nicht die Unzulässigkeit der erhobenen Verjährungseinrede. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist insoweit nicht erkennbar.

78

7. Mögliche Pflichtverletzungen aus der Folgeberatung vom 25. Februar 2010

79

Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die Beklagte ihr noch im Februar 2010 geraten hat, am PMIA festzuhalten.

80

Eine mögliche Pflichtverletzung aufgrund der nachfolgenden Beratung durch die Zeugin K. Anfang 2010 ist nicht erkennbar. Aus dem Protokoll über das Beratungsgespräch vom 25. Februar 2010 ergibt sich vielmehr, dass zu diesem Zeitpunkt im Rahmen des mehr als 45 Minuten dauernden Gesprächs auch grundsätzlich über die Depotstrategie der Klägerin gesprochen wurde. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde der Klägerin eine Umschichtung ihrer PMIA-Anlage (ca. 9.000,00 €) in eine C-bank-Stufenzinsanleihe empfohlen. Ausweislich des Protokolls hatte die Zeugin K. mit der Klägerin auch über die Entwicklung des PMIA gesprochen und sie darüber informiert, dass dieser bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Die Zeugin konnte außerdem die Behauptung der Klägerin, es habe Anfang 2010 eine konkrete Halteempfehlung der Beklagten für den PMIA gegeben, im Rahmen ihrer Anhörung am 7. Dezember 2012 nicht bestätigen. Die Zeugin K. konnte sich vielmehr noch daran erinnern, dass sie ihre Kunden wegen der schwachen Entwicklung des PMIA sogar ausdrücklich angesprochen habe.

81

Schließlich hat auch die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung im Termin vom 7. Dezember 2012 selbst nicht bestätigt, dass es seinerzeit eine Halteempfehlung der Beklagten für den PMIA-Fonds gegeben habe. Die Klägerin hat zu Protokoll erklärt, dass „…es irgendwie wieder besser werden sollte. Ich hoffte darauf, dass mir die neue Beraterin ein Wunder versprechen könnte. … Das mit dem Stufenzins lohnt sich erst, wenn man das längere Zeit liegen lässt. Die hier in Rede stehende Anlage habe ich dann irgendwie aus dem Auge verloren. Man denkt ja nicht immer an seine Geldanlagen. …“.

82

Die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb zu diesem Zeitpunkt eine Warnpflicht der Beklagten über ein möglicherweise bestehendes Schließungsrisiko des PMIA-Dachfonds begründet gewesen sein soll. Die PMIA Anlage befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Depot der Klägerin. Eine Bank ist grundsätzlich ohne weitere Vergütung nicht verpflichtet, außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. BGH, Urteil vom 8.3.2005, XI ZR 170/04, WM 2005,929-931; OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257). Konkrete Anhaltspunkte für eine etwaige Kenntnis der Beklagten über ein konkret bevorstehendes Schließungsrisiko, die möglicherweise eine entsprechende Warnpflicht zur Folge gehabt hätte, sind nicht dargelegt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass - nach dem Vortrag der Klägerin - zu 20 % bereits entsprechende Zielfonds des PMIA (Morgan Stanley P 2; KanAM US Grundinvest; SEB Immoinvest; Degi Global Business) vorübergehend geschlossen waren bzw. sich in der Liquidation befanden. Aus dem von der Klägerin selbst eingereichten Halbjahresbericht des PMIA per 30.6.2010 ergibt sich nämlich, dass das Fondsmanagement zwischenzeitlich zahlreiche Maßnahmen zum gezielten Aufbau von Liquidität durchgeführt hatte (u.a. Verkauf der Anteile am UBS Euroinvest; Reduzierung des Anteilbestandes beim hausInvest europa und beim KanAM Grundinvest; die Kassenquote des Fonds betrug per Ende Juni 2010 rund 9 %). Es ist nicht nachvollziehbar dargelegt, dass im Februar 2010 aus Liquiditätsgründen ein konkretes Schließungsrisiko beim PMIA-Fonds bestand, dass möglicherweise eine entsprechende Warnpflicht der Bank hätte auslösen können. Im Übrigen ist der Senat aufgrund der Erklärungen der Klägerin im Termin vom 7. Dezember 2012 (s.o.) davon überzeugt, dass die Klägerin auch bei einer entsprechenden Aufklärung über das Aussetzungsrisiko die Anlage nicht verkauft hätte.

83

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

84

Die Anschlussberufung ist ebenfalls unbegründet. Mangels Haftungsgrund nach § 280 BGB können auch keine anwaltlichen Gebühren als Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht werden. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit umfangreich oder besonders schwierig gewesen ist. Es handelt sich um eine normale Kapitalanlagesache. Der erhebliche Umfang der Anspruchsbegründung sowie die Recherchen des Klägervertreters über das Anlageprodukt begründen noch nicht die besondere Schwierigkeit der Sache. Maßgeblich ist nämlich nicht der tatsächliche Umfang der Schriftsätze und Recherchen, denn anderenfalls hätte es der Anwalt selbst in der Hand, die Höhe seiner Gebühr festzulegen. Im Übrigen verteilt sich der einmalige Rechercheaufwand des Klägervertreters auf eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren.

85

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

86

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

87

Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die möglicherweise grundsätzliche Frage, ob im Rahmen einer objektgerechten Beratung über das Aussetzungsrisiko aufzuklären war, wird wegen der Verjährung nicht entscheidungserheblich.


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 170/04 Verkündet am:
8. März 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Der auf Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens
beruhende Schadensersatzanspruch entsteht bereits
mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere.

b) Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG gilt auch für deliktische Schadensersatzansprüche
, die auf einer fahrlässig begangenen Informationspflichtverletzung
beruhen. Für Ansprüche aus vorsätzlich falscher Anlageberatung verbleibt es bei
der deliktischen Regelverjährung.

c) Die zur Berufshaftung von Rechtsanwälten entwickelten Grundsätze der Sekundärverjährung
sind auf die Haftung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen
aus fehlerhafter Anlageberatung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. März 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.


b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.

c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.

a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.

b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).

III.


Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 63/05 Verkündet am:
21. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts durch ein Kreditinstitut
muss ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund
anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung
im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde.
BGH, Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, eines Elektrotechnikers, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Die Klägerin erbte von ihren Eltern ein Vermögen in Höhe von ca. 4 Millionen DM. 1,2 bis 1,3 Millionen DM wollte sie für drei bis fünf Jahre anlegen. Sie und der Zedent eröffneten 1998 zu gleichen Teilen ein Wertpapierdepot bei der Beklagten und erwarben zu 50% des Anlagebetrages Aktienfonds- und zu 30% Immobilienfondsanteile, die sämtlich von einer Fondsgesellschaft des D.-verbandes emittiert worden waren. Der Rest wurde bei niedriger Verzinsung liquide angelegt. Zunächst stiegen die Kurse und führten zu erheblichen Gewinnen. Im Frühjahr 2000 setzte ein Kursverfall ein. Deshalb erkundigte sich der Zedent am 30. Mai 2000, als die Anlage insgesamt noch in der Gewinnzone lag, bei der Beklagten, ob ein Verkauf ratsam sei. Der Leiter der Wertpapierabteilung der Beklagten äußerte die Erwartung, dass die Börse sich wieder nach oben entwickeln werde, und riet von einem Verkauf ab. Da der Kursverfall sich fortsetzte, fanden am 17. August 2000, 23. Oktober 2000, 9. Januar 2001 und 8. Februar 2001 Gespräche mit ähnlichem Inhalt statt. Am 21. März 2001 verkauften die Klägerin und der Zedent alle Fondsanteile.
3
Die Klägerin meint, die Empfehlung der Beklagten, die Fondsanteile nicht zu verkaufen, sei eine Beratungspflichtverletzung gewesen, und verlangt den Ersatz der Differenz zwischen dem Wert der Papiere am 30. Mai 2000 und dem am 21. März 2001. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 164.734 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Revision Die ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Klägerin Die habe gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die fehlerhafte Beratung am 30. Mai 2000 entstanden sei. Die Parteien hätten einen Anlageberatungsvertrag geschlossen, der nicht mit der Einrichtung des Depots geendet habe. Der Rat, die Papiere nicht zu verkaufen, sei objektiv falsch und aus damaliger Sicht nicht vertretbar gewesen. Da nach dem Vortrag der Beklagten am 30. Mai 2000 nicht absehbar gewesen sei, ob das Sinken der Kurse eine Regulierung aufgeblähter Kurse oder eine beginnende Talfahrt gewesen sei, sei es allein richtig gewesen, zum Verkauf zu raten. Die Papiere zu halten, wäre nur dann vertretbar gewesen, wenn zu erwarten gewesen wäre, dass die Kurse innerhalb des geplanten Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren zumindest das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. Da aber nach dem Vortrag der Beklagten nicht absehbar gewesen sei, ob die Talfahrt beendet gewesen sei, habe die Gefahr weiterer Verluste bestanden. Dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussagen könne, verstehe sich von selbst. Er müsse den Anleger aber über Risiken aufklären und darauf hinweisen, dass nicht absehbar sei, ob die Talfahrt beendet sei. Außerdem habe es damals ernst zu nehmende Stimmen gegeben, die vor einem Kurseinbruch gewarnt hätten. Selbst wenn es auch andere Auffassungen gegeben haben sollte, hätte die Beklagte die Klägerin über diese unterschiedlichen Meinungen informieren müssen.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
8
1.Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen.
9
Dabei kommt es nicht auf den vor dem Erwerb der Fondsanteile geschlossenen Beratungsvertrag an. Daraus ergaben sich über die Anlageentscheidung der Klägerin hinaus keine fortdauernden Überwachungsund Beratungspflichten der Beklagten hinsichtlich der erworbenen Wertpapiere (vgl. OLG Karlsruhe WM 1992, 577; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468, 1469; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 471, 473; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80; Horn, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 7/1278). Derartige Pflichten resultierten auch nicht aus dem Depotvertrag (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 2004 - XI ZR 137/03, WM 2005, 270, 271 m.w.Nachw.).

10
Zwischen den Parteien ist aber ein neuer Beratungsvertrag geschlossen worden, als der Zedent sich am 30. Mai 2000 bei der Beklagten erkundigte, ob ein Verkauf der Anteile ratsam sei, und die Beklagte ihm riet, die Papiere zu halten. Tritt ein Anleger an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Dasselbe gilt, wenn ein Kunde sich - wie hier - nach getroffener Anlageentscheidung bei der Bank erkundigt, wie er sich angesichts fallender Kurse verhalten soll (vgl. LG Essen NJW-RR 1993, 1392, 1394; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80).
11
2. Rechtlich nicht haltbar ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
12
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und voll- ständig zu sein hat (Senat, Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998 S. 235, 248). Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987 - IVa ZR 134/85, WM 1987, 531, 532). Auch Börsentipps liegen nicht im Rahmen der vertraglichen Haftung einer Bank für Rat und Auskunft (BGH, Urteil vom 18. Juni 1971 - I ZR 83/70, WM 1971, 987, 989).
13
b) Gemessen hieran hat die Beklagte ihre Beratungspflichten nicht verletzt.
14
Sie hat der Klägerin keine unrichtigen oder unvollständigen Informationen über die Anlageobjekte erteilt. Da die Klägerin ihre Anlageentscheidung bereits getroffen und in bestimmte Fondsanteile investiert hatte , war eine erneute Aufklärung über die damit verbundenen, von der Klägerin zu tragenden Risiken nicht erforderlich. Die Klägerin erwartete eine solche Aufklärung auch nicht, sondern wollte von der Beklagten wissen, ob angesichts der von ihr erkannten sinkenden Kurse ein Verkauf der Anteile ratsam sei.
15
Die auf diese Frage erteilte Empfehlung der Beklagten, die Anteile nicht zu verkaufen, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ex ante betrachtet nicht unvertretbar. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass im Zeitpunkt der Raterteilung am 30. Mai 2000 objektiv nicht vorhersehbar war, ob die Kurse weiter fallen oder innerhalb des Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. In dieser Situation handelte die Beklagte nicht pflichtwidrig, indem sie aufgrund ihrer Erfahrung und langjährigen Beobachtung der Kursentwicklung von einem entsprechenden Wiederanstieg der Kurse innerhalb der nächsten drei Jahre ausging und diese Entwicklung ihrer Empfehlung gegenüber der Klägerin zugrunde legte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien sind keine Umstände zu entnehmen, die diese Erwartung grundsätzlich oder jedenfalls angesichts der vom Berufungsgericht angenommenen Aufblähung oder Überhitzung der Börse ex ante betrachtet als unvertretbar erscheinen lassen könnten.
16
Die Beklagte musste der Klägerin, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht mitteilen, dass nicht absehbar sei, ob der Kursverfall beendet sei. Das Berufungsgericht geht selbst - rechtsfehlerfrei - davon aus, es verstehe sich von selbst, dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussehen könne. Auf eine Selbstverständlichkeit muss eine beratende Bank aber nicht ausdrücklich hinweisen.
17
Es bestand auch keine Pflicht der Beklagten, die Klägerin auf unterschiedliche Meinungen über die künftige Kursentwicklung, insbesondere auf ernst zu nehmende Stimmen, die vor einem Kurseinbruch warnten , hinzuweisen. Aus der Unsicherheit der künftigen Kursentwicklung folgt zwangsläufig, dass hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können. Auch dies musste die Beklagte deshalb nicht besonders erwähnen. Dass eine Bank, die für eine Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, diesen über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse unterrichten muss (Senat, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, WM 1993, 1455, 1457, insoweit in BGHZ 123, 126 ff. nicht abgedruckt), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat der Klägerin zwar empfohlen, bestimmte Fondsanteile nicht zu verkaufen. Bei dieser Empfehlung ging es aber, ebenso wie bei der zugrunde liegenden Anfrage der Klägerin, nicht um die Einschätzung der Fondsanteile als solcher, sondern allein um eine ersichtlich unsichere Prognose der künftigen Kursentwicklung.

III.


18
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herstellen.
Nobbe Müller Joeres
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 09.12.2003 - 4 O 179/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 20.01.2005 - 12 U 11/04 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.