Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil, 02. Dez. 2016 - 1 StL 14/16
Gericht
Tenor
I. Die Betroffene ist schuldig der schuldhaften Verletzung allgemeiner Berufspflichten.
II. Ihr wird deshalb ein Berufsverbot für die Dauer von einem Jahr
erteilt.
III. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und ihre eigenen notwendigen Auslagen.
Angewandte Bestimmungen:
Gründe
(abgekürzt gem. § 153 StBerG i. V. m. § 267 Abs. 4 StPO)
I.
… wurde am … in … geboren. Sie ist ledig und kinderlos und lebt mit dem anderweitig Verfolgten … zusammen. Die Betroffene besuchte die Grundschule und danach das Gymnasium. Nach dem Abitur im Jahr 1992 studierte sie in … an der … im Zeitraum von 1992 bis 1997 Betriebswirtschaft. Das Studium beendete sie mit dem Abschluss als Diplom-Kauffrau und war von 1998 bis 2000 in … wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ihren Plan, in diesem Bereich zu promovieren, stellte sie wegen ihres damaligen Partners zurück und strebte die Steuerberaterprüfung an. Ab dem Jahr 2001 war die Betroffene zunächst als Steuerassistentin bei der … in B. angestellt. Im April 2003 wurde sie nach erfolgreicher Absolvierung der Steuerberaterprüfung 2002/2003 zur Steuerberaterin bestellt. Bis Ende 2012 war die Betroffene bei der … beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete wegen der verfahrensgegenständlichen Straftaten und wurde formell Ende April 2013 mit einem Aufhebungsvertrag beendet.
„Ab 1994 war der Angeklagte … in der Kanzlei des … … mit Sitz in H., … als geschäftsführender Gesellschafter neben … Die Angeklagte … war bei der vorgenannten … im Zeitraum von 2001 bis Ende 2012 zunächst als Steuerassistentin, ab 2003 als Steuerberaterin angestellt.
… war bis Februar 2011 steuerliche Beraterin unter anderem der …, der …, der … sowie der …, hinter denen jeweils faktisch bestimmend stand.
… war bereits ab den 1970er Jahren über unterschiedlich organisierte Firmen zunächst auf dem Gaststättensektor gewerblich tätig und Anfang der 1980er Jahre in den Betrieb von Diskotheken eingestiegen. Ab 1986 hatte … begonnen, sein Tätigkeitsfeld auf den Betrieb von Heimen zu verlagern und gründete in diesem Zusammenhang in den folgenden Jahren bis in die strafbefangenen Zeiträume diverse Unternehmen.
… stand zum Teil als eingetragener, in der Regel aber nur als faktischer Geschäftsführer bzw. Gesellschafter hinter dieser Vielzahl miteinander verbundener, ihm und seiner Familie gehörender Unternehmen, bei denen – unabhängig davon, wer formalrechtlich Gesellschafter, Aktionär oder Geschäftsführer waraber jeweils er letztentscheidend tätig war.
… war bereits im Jahr 1997 in einem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung, in dem er sich bis Anfang Mai 1996 in Untersuchungshaft befand, rechtskräftig mit Urteil des Landgerichts Hof im Februar 1997 … zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war und die später erlassen wurde, verurteilt worden.
(…)
Zur Firmengruppe von … gehörte auch die, später in … umfirmierte, …, die das Alten- und Pflegeheim in … betrieb bzw. verpachtete. Gesellschafter der … waren zunächst die … und die … Ab Mitte Dezember 2003 war die … (im folgenden auch … genannt) deren Alleingesellschafterin. Geschäftsführer der … war von 1993 bis 2007 …, im Jahr 2005 zeitweise … Anschließend folgten ihr …, …, … und …
Im Dezember 2003 erwarb die … jeweils 100% der Anteile an der …, der … und der - ebenfalls zur Firmengruppe … gehörenden - … (im Folgenden: …).
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Erklärung |
Bescheid |
KSt 2004 |
01.08.2006 |
04.10.2006 |
GewSt 2004 |
26.01.2007 |
04.10.2006 |
KSt 2005 |
26.11.2007 |
01.07.2011 |
GewSt 2005 |
26.11.2007 |
01.07.2011 |
KSt 2006 |
26.11.2007 |
01.07.2011 |
GewSt 2006 |
26.11.2007 |
01.07.2011 |
KSt 2007 |
19.12.2008 |
01.07.2011 |
GewSt 2007 |
19.12.2008 |
01.07.2011 |
KSt 2008 |
23.12.2009 |
01.07.2011 |
GewSt 2008 |
23.12.2009 |
01.07.2011 |
KSt 2009 |
30.12.2010 |
01.07.2011 |
GewSt 2009 |
30.12.2010 |
01.07.2011 |
„Bescheide zur Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft“ dem Organträger, der … zugewiesen, die diesen mit Verlusten anderer Organgesellschaften verrechnete.
(…)
Erklärter Bilanzgewinn |
0.- |
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Vom … errechnete Summe der Einkünfte laut Erklärung (zuzüglich Hinzurechnungen): … € abgef. Jahresüberschuss + … Hinzurechnung nach § 60 EStDV + … Hinzurechnungen – … € abziehbare Zuwendungen - - - |
– …- |
- |
- |
Dem Organträger zuzurechnen |
…- |
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Gesamtbetrag der Einkünfte |
0.- |
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Veranlagte Körperschaftsteuer |
0.- |
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Fingierte Betriebsausgabe |
…- |
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Zu niedrig erklärte Summe der Einkünfte |
…- |
Tatsächlicher Gesamtbetrag der Einkünfte |
…- |
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Geschuldete Körperschaftsteuer (15% Körperschaftssteuer) |
…- |
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Verkürzte Körperschaftsteuer (abzüglich Zinsabschlag in Höhe von …-) |
…- |
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Verkürzter Solidaritätszuschlag (abzüglich Kapitalertragsteuer in Höhe von ...) |
… |
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Erklärter Gewinn aus Gew.betrieb |
0.- |
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Gewerbeertrag (wegen Organschaft) |
0.- |
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Gewerbesteuermessbetrag |
0.- |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
0.- |
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Gewerbeertrag lt Erklärung (Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzüglich gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen und abzüglich Kürzungen) …- aus Gewerbebetrieb + …- Hinzurechnungen – …- Kürzungen – …- (fehlende Organschaft) |
...- |
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Fingierte Betriebsausgabe |
...- |
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Zu niedrig erklärte Summe der Einkünfte |
…- |
Tatsächlicher Gewerbeertrag |
…- |
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Gewerbesteuermessbetrag (3,5%) |
…- |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
…- |
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Verkürzte Gewerbesteuer |
…- |
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Erklärter Bilanzgewinn |
0.- |
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Vom Finanzamt errechnete Summe der Einkünfte laut Erklärung (zuzüglich Hinzurechnungen): … abgef. Jahresüberschuss + … Hinzurechnung nach § 60 EStDV |
…- |
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Dem Organträger zuzurechnen |
… |
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Gesamtbetrag der Einkünfte |
0.- |
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Veranlagte Körperschaftsteuer |
0.- |
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Fingierte Betriebsausgabe |
…- |
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Zu niedrig erklärte Summe der Einkünfte |
…- |
Tatsächlicher Gesamtbetrag der Einkünfte |
…- |
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Geschuldete Körperschaftsteuer (15% Körperschaftssteuer) |
…- |
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Verkürzte Körperschaftsteuer (abzüglich Zinsabschlag in Höhe von …-) |
…- |
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Verkürzter Solidaritätszuschlag (abzüglich Kapitalertragsteuer in Höhe von …) |
… |
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Erklärter Gewinn aus Gew.betrieb |
0.- |
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Gewerbeertrag (wegen Organschaft) |
0.- |
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Gewerbesteuermessbetrag |
0.- |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
0.- |
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Gewerbeertrag lt Erklärung (Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzüglich gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen und abzüglich Kürzungen) … Gewinn aus Gewerbebetrieb – … Kürzungen – …(fehlende Organschaft) |
…- |
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Fingierte Betriebsausgabe |
…- |
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Zu niedrig erklärte Summe der Einkünfte |
…….- |
Tatsächlicher Gewerbeertrag |
…- |
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Gewerbesteuermessbetrag (3,5%) |
… |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
… |
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Verkürzte Gewerbesteuer |
... |
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(…)
Die ..., deren sämtliche Gesellschaftsanteile - wie ausgeführt - seit Mitte Dezember 2003 von der ... gehalten werden, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28.01.2000 gegründet. Unternehmensgegenstand ist der Betrieb von Wohn-, Pflege-, Kinder- und Seniorenheimen und sonstigen Massenunterkünften sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte, eingeschlossen Dienstleistungen in der Unternehmensberatung, im Management, Co-Management sowie Marketing war. Auch bei der … handelte es sich um ein Unternehmen der ...-Gruppe, hinter dem dominierend ... stand, der auch dort - wie die Angeklagten wussten - die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen traf.
6. Konkrete Steuerberechnungen
Erklärter Bilanzgewinn |
0.- |
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Vom Finanzamt errechnete Summe der Einkünfte laut Erklärung (zuzüglich Hinzurechnungen): … € abgef. Jahresüberschuss – … Abzug nach § 60 EStDV |
...- |
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Dem Organträger lt Erklärung zuzurechnen |
– ...- |
- |
- |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
0.- |
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Veranlagte Körperschaftsteuer |
0.- |
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abziehbare Verluste |
...- |
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Tatsächlicher Gesamtbetrag der Einkünfte |
…- |
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Geschuldete Körperschaftsteuer (15% Körperschaftssteuer) |
…- |
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Verkürzte Körperschaftsteuer (abzüglich Zinsabschlag in Höhe von …-) |
…- |
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|
Verkürzter Solidaritätszuschlag (abzüglich Kapitalertragsteuer in Höhe von …) |
... |
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Erklärter Gewinn aus Gew.betrieb |
0.- |
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Gewerbeertrag (wegen Organschaft) |
0.- |
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Gewerbesteuermessbetrag |
0.- |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
0.- |
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Gewerbeertrag lt Erklärung (Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzüglich gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen und abzüglich Kürzungen) ...- aus Gewerbebetrieb (fehlende Organschaft) |
…- |
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anrechenbarer Gewerbeverlust auf den 31.12.des Vorjahres |
…- |
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Tatsächlicher Gewerbeertrag nach Verlustabzug |
…- |
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Gewerbesteuermessbetrag (3,5%) |
…- |
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Gewerbesteuer (Hebesatz 380%) |
... |
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Verkürzte Gewerbesteuer |
.... |
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II.
III.
IV.
V.
„In den Katalog der berufsgerichtlichen Maßnahmen wird zusätzlich „Das Berufsverbot für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren“ aufgenommen. Dies entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, weil der zeitweise Ausschluss aus dem Beruf gegenüber dem dauerhaften Ausschluss aus dem Beruf einen weniger einschneidenden Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt.“
VI.
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Annotations
(1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alles, was in Ausübung des Berufs bekannt geworden ist. Sie gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(1a) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte dürfen nicht tätig werden, wenn eine Kollision mit eigenen Interessen gegeben ist.
(1b) Berät oder vertritt ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter mehrere Auftraggeber in derselben Sache, ist er bei Interessenkollisionen verpflichtet, auf die widerstreitenden Interessen der Auftraggeber ausdrücklich hinzuweisen und darf nur vermittelnd tätig werden.
(1c) Die Absätze 1a und 1b gelten auch für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ausüben, der einem Tätigkeitsverbot nach Absatz 1a unterliegt oder der nach Absatz 1b nur vermittelnd tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1 bleibt bestehen, wenn der dem Tätigkeitsverbot unterliegende Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Auftraggeber der Tätigkeit nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 1a oder Absatz 1b, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots oder einer Beschränkung auf vermittelnde Tätigkeit erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten auch ohne Einwilligung des Auftraggebers offenbart werden.
(2) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die ihr Beruf erfordert.
(2a) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet, sich fortzubilden.
(3) Mit dem Beruf eines Steuerberaters oder eines Steuerbevollmächtigten sind insbesondere vereinbar
- 1.
die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt, niedergelassener europäischer Rechtsanwalt oder vereidigter Buchprüfer; - 2.
eine freiberufliche Tätigkeit, die die Wahrnehmung fremder Interessen einschließlich der Beratung zum Gegenstand hat; - 3.
eine wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen; - 4.
die Tätigkeit eines Lehrers oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten, sofern der wissenschaftliche Mitarbeiter ihm übertragene Aufgaben in Forschung und Lehre überwiegend selbständig erfüllt; nicht vereinbar hingegen ist die Tätigkeit eines Lehrers oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschulen mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst; - 5.
eine freie schriftstellerische Tätigkeit sowie eine freie Vortrags- und Lehrtätigkeit; - 6.
die Durchführung von Lehr- und Vortragsveranstaltungen zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sowie die Prüfung als Wirtschaftsprüfer und vereidigter Buchprüfer und zur Fortbildung der Mitglieder der Steuerberaterkammern und deren Mitarbeiter.
(4) Als Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar sind, gelten insbesondere
- 1.
eine gewerbliche Tätigkeit; die zuständige Steuerberaterkammer kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist; - 2.
eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit Ausnahme der Fälle des Absatzes 3 Nr. 4 sowie der §§ 58 und 59. Eine Tätigkeit als Angestellter der Finanzverwaltung ist stets mit dem Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten unvereinbar.
(1) Für die Berufsgerichtsbarkeit sind ergänzend das Gerichtsverfassungsgesetz und die Strafprozeßordnung sinngemäß anzuwenden.
(2) Auf den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren sind die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes anzuwenden.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Ist gegen ein Mitglied der Steuerberaterkammer, das einer Verletzung seiner Pflichten beschuldigt wird, wegen desselben Verhaltens die öffentliche Klage im Strafverfahren erhoben oder ein Bußgeldbescheid erlassen, so kann gegen das Mitglied ein berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden, das aber bis zur Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens ausgesetzt werden muss. Ebenso muss ein bereits eingeleitetes berufsgerichtliches Verfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage im Strafverfahren erhoben oder ein Bußgeldbescheid erlassen wird. In den Fällen der Sätze 1 und 2 ist das berufsgerichtliche Verfahren vor der Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens fortzusetzen, wenn die Sachaufklärung so gesichert erscheint, dass sich widersprechende Entscheidungen nicht zu erwarten sind, oder wenn im Straf- oder Bußgeldverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Mitglieds der Steuerberaterkammer liegen.
(2) Wird das Mitglied der Steuerberaterkammer im gerichtlichen Verfahren wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung waren, ein berufsgerichtliches Verfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift oder einer Bußgeldvorschrift zu erfüllen, eine Verletzung der Pflichten des Mitglieds der Steuerberaterkammer enthalten.
(3) Für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren sind die tatsächlichen Feststellungen des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht. In dem berufsgerichtlichen Verfahren kann ein Gericht jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln; dies ist in den Gründen der berufsgerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.
(4) Wird ein berufsgerichtliches Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 fortgesetzt, ist die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen berufsgerichtlichen Verfahrens auch zulässig, wenn die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Verurteilung oder der Freispruch im berufsgerichtlichen Verfahren beruht, den Feststellungen im Straf- oder Bußgeldverfahren widersprechen. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann die Staatsanwaltschaft oder das Mitglied der Steuerberaterkammer binnen eines Monats nach Rechtskraft des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren stellen.
(1) Die berufsgerichtlichen Maßnahmen sind bei Verfahren gegen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte
- 1.
Warnung, - 2.
Verweis, - 3.
Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, - 4.
Berufsverbot für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren, - 5.
Ausschließung aus dem Beruf.
(2) Berufsgerichtliche Maßnahmen bei Verfahren gegen Berufsausübungsgesellschaften sind
- 1.
Warnung, - 2.
Verweis, - 3.
Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, - 4.
Berufsverbot für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren, - 5.
Aberkennung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen.
(3) Die berufsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und der Geldbuße können nebeneinander verhängt werden.
(1) Dem Mitglied der Steuerberaterkammer, das in dem berufsgerichtlichen Verfahren verurteilt wird, sind zugleich die in dem Verfahren entstandenen Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das berufsgerichtliche Verfahren wegen Erlöschens, Rücknahme oder Widerruf der Bestellung eingestellt wird und nach dem Ergebnis des bisherigen Verfahrens die Verhängung einer berufsgerichtlichen Maßnahme gerechtfertigt gewesen wäre; zu den Kosten des berufsgerichtlichen Verfahrens gehören in diesem Fall auch diejenigen, die in einem anschließenden Verfahren zum Zwecke der Beweissicherung (§§ 132 und 133) entstehen.
(2) Dem Mitglied der Steuerberaterkammer, das in dem berufsgerichtlichen Verfahren ein Rechtsmittel zurückgenommen oder ohne Erfolg eingelegt hat, sind zugleich die durch dieses Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Hatte das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so kann dem Mitglied der Steuerberaterkammer ein angemessener Teil dieser Kosten auferlegt werden.
(3) Für die Kosten, die durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens verursacht worden sind, ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.