Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 12. März 2018 - 3 OWi Qs 62/17

published on 12/03/2018 00:00
Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 12. März 2018 - 3 OWi Qs 62/17
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Amtsgericht Erlangen, 1 OWi 912 Js 143781/17, 17/10/2017

Gericht

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Tenor

I. Der Beschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 17.10.2017 wird aufgehoben.

Dem Betroffenen wird auf seinen Antrag vom 02.10.2017 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Hauptverhandlungstermins beim Amtsgericht Erlangen am 13.09.2017 gewährt.

II. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Betroffene.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt Viechtach erließ am 31.05.2017 gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen des Verdachts einer am 29.01.2017 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung. Hierin wurde eine Geldbuße von 240,00 EUR gegen den Betroffenen festgesetzt und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet. Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der Verteidiger des Betroffenen fristgerecht Einspruch ein.

Mit Verfügung vom 19.07.2017 legte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth das Verfahren dem ' Amtsgericht Erlangen vor, welches zunächst Termin zur Hauptverhandlung auf den 06.09.2017, 08.50 Uhr bestimmte. Dieser Termin wurde nach Stellung eines Terminsverlegungsantrages durch den Verteidiger des Betroffenen auf den 13.09.2017, 8.40 Uhr verlegt. Die Ladung zu diesem Termin wurde dem Verteidiger des Betroffenen am 30.08.2017 zugestellt. Der Betroffene selbst wurde zu diesem Termin mit Postzustellungsurkunde, zugestellt am 29.08.2017, geladen. Die Ladung des Betroffenen enthielt auch die Belehrung gemäß § 74 Abs. 3 OWiG.

Mit Schriftsatz vom 13.09.2017, eingegangen beim Amtsgericht Erlangen am selben Tag um 7.30 Uhr, beantragte der Verteidiger des Betroffenen, den Hauptverhandlungstermin vom selben Tag aufzuheben, da der Betroffene bettlägerig erkrankt sei. Dem Schriftsatz beigefügt war ein ärztliches Attest des Dr. med. vom 13.09.2017 aufgrund Vorsprache des Betroffenen am selben Tag, Darin wurde dem Betroffenen ein grippaler Infekt attestiert, aufgrund dessen der Betroffene vom 11.09.2017 bis 14.09,2017 bettlägerig gewesen sei.

Zum Hauptverhandlungstermin am 13.09.2017 erschienen weder der Betroffene noch sein Verteidiger. Der Richter am Amtsgericht Erlangen verwarf den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 31.05.2017 mit Urteil vom selben Tag gemäß § 74 Abs. 2 OWiG, da der Betroffene ohne Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden sei. Dieses Urteil wurde dem Verteidiger des Betroffenen am 29.09.2017 zugestellt.

Laut Vermerk des Richters am Amtsgericht habe ihm der das Attest ausstellende Arzt in einem Telefonat am 14.09.2017 mitgeteilt, er habe den Betroffenen am 13.09.2017 gegen 6.20 Uhr untersucht. Dieser habe eine Erkältung gehabt, Bettruhe sei ihm lediglich empfohlen und von ihm behauptet worden. Reise- und Verhandlungsfähigkeit sei gegeben gewesen. Der Arzt habe geäußert, er selbst hätte in diesem Zustand einen Gerichtstermin von ca. 15 Minuten wahrgenommen.

Mit Schriftsätzen vom 02.10.2017, eingegangen beim Amtsgericht Erlangen am selben Tag, legte der Verteidiger des Betroffenen Rechtsbeschwerde ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Betroffenen im Hinblick auf dessen Fernbleiben von der Hauptverhandlung. Zur Begründung führte der Verteidiger aus, der Betroffene habe den Hauptverhandlungstermin unverschuldet versäumt. Der Antrag auf Terminsaufhebung wegen Erkrankung des Betroffenen nebst ärztlichem Attest sei dem Gericht am Terminstag um 07.37 Uhr zugefaxt worden.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beantragte am 10.10.2017, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verwerfen, da der Betroffene laut Auskunft seines Arztes reise- und verhandlungsfähig gewesen sei.

Mit Beschluss vom 17.10.2017 wies das Amtsgericht Erlangen den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rücksprache des Richters am Amtsgericht mit dem behandelnden Arzt habe ergeben, dass der Betroffene reise- und verhandlungsfähig gewesen sei.

Gegen diesen, dem Verteidiger des Betroffenen am 26.10.2017 zugestellten Beschluss legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 27.10.2017, eingegangen beim Amtsgericht Erlangen am selben Tag, sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, der Betroffene sei entschuldigt gewesen. Aus der vom Verteidiger vorgelegten AU-Bescheinigung ergebe sich, dass der Betroffene akut erkrankt und bettlägerig gewesen sei. Das Attest sei ausreichend konkret hinsichtlich der Schwere der Erkrankung gewesen, sodass in seiner Vorlage auch keine Schweigepflichtentbindungserklärung gesehen werden könne. Im Weiteren wird auf den Schriftsatz vom 27.10.2017 Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 03.11.2017 legte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die Akten dem Beschwerdegericht mit dem Antrag vor, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Erlangen vom 17.10.2017 sowie zur Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Hauptverhandlungstermins am 13.09.2017.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 74 Abs. 4, 52 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG, §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO).

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 02.10.2017 gegen die Versäumung des Hauptverhandlungstermins am 13.09.2017 ist zulässig und begründet. Daher war Wiedereinsetzung zu gewähren.

a) Der Wiedereinsetzungsantrag vom 02.10.2017 Ist gemäß § 74 Abs. 4 S. 1 OWiG statthaft, weil die Hauptverhandlung am 13.09.2017 ohne den Betroffenen stattgefunden hat. Auch wurde die Wiedereinsetzung rechtzeitig beantragt und begründet (§§ 74 Abs. 4 S. 1, 52 Abs. 1 OWiG, §§ 44 ff. StPO).

b) Es liegt auch ein Wiedereinsetzungsgrund vor, da das Nichterscheinen des Betroffenen zum Termin am 13.09.2017 unverschuldet war.

Eine Wiedereinsetzung ist bei der Versäumung eines Hauptverhandlungstermins gemäß §§ 74 Abs. 4, 52 Abs. 1 OWiG, § 44 StPO zu gewähren, wenn der Betroffene ohne sein Verschulden verhindert war, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Dies muss der Betroffene gemäß § 52 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 45 StPO vortragen und auch glaubhaft machen, ohne dass das Gericht eine Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts trifft.

Entschuldigt ist der Betroffene nicht nur, wenn ihm wegen einer Erkrankung die Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht zugemutet werden kann, sondern auch dann, wenn der Betroffene auf die entschuldigende Wirkung eines Attest vertraut (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO. 60. Auflage 2017, § 329 Rnr. 26 a.E.; OLG München StraFo 2013,208).

Dies ist vorliegend der Fall. Der Betroffene hat ein ärztliches Attest vorgelegt, aufgrund dessen Inhalts er davon ausgehen durfte, genügend entschuldigt zu sein. Der Verteidiger des Betroffenen hatte am Terminstag um 7.30 Uhr ein ärztliches Attest des Dr. med. xxx vom 13.09.2017 an das Amtsgericht Erlangen gefaxt. In diesem wurde dem Betroffenen aufgrund Vorsprache des Betroffenen beim Arzt vom selben Tag ein grippaler Infekt attestiert/aufgrund dessen der Betroffene vom 11.09.2017 bis 14.09.2017 bettlägerig gewesen sei. Bei attestierter mehrtägiger Bettlägerigkeit durfte der Betroffene davon ausgehen, ausreichend entschuldigt zu sein.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Ergebnis der Nachfrage des Richters am Amtsgericht bei dem das Attest ausstellenden Arzt. Insbesondere hat die Nachfrage nicht ergeben, dass das Attest falsch ist. Vielmehr bestätigte der Arzt, dass der Betroffene erkrankt war und er diesem Bettruhe empfohlen hat. Auch die Tatsache, dass der Arzt sich selbst in der Lage gesehen hätte, in diesem Zustand einen 15 minütigen Termin wahrzunehmen, führt nicht dazu, dass es sich um ein falsches ärztliches Attest handelte.

Somit durfte der Betroffene, der ärztlich festgestellt erkrankt und dem Bettruhe empfohlen worden war, aufgrund des Inhalts des ihm ausgestellten Attests davon ausgehen, ausreichend entschuldigt zu sein. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ihm eine Anreise aus und die Teilnahme an der Hauptverhandlung aus gesundheitlichen Gründen am 13.09.2017 tatsächlich zumutbar gewesen wäre oder nicht.

Dem Betroffenen war daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung des Hauptverhandlungstermins vom 13.09.2017 zu gewähren.

3. Die Kostenentscheidung bezüglich der Wiedereinsetzung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 7 StPO.

III.

Die Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO analog.

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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Annotations

(1) Die Hauptverhandlung wird in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt, wenn er nicht erschienen ist und von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war. Frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine protokollierten und sonstigen Erklärungen sind durch Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen. Es genügt, wenn die nach § 265 Abs. 1 und 2 der Strafprozeßordnung erforderlichen Hinweise dem Verteidiger gegeben werden.

(2) Bleibt der Betroffene ohne genügende Entschuldigung aus, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen.

(3) Der Betroffene ist in der Ladung über die Absätze 1 und 2 und die §§ 73 und 77b Abs. 1 Satz 1 und 3 zu belehren.

(4) Hat die Hauptverhandlung nach Absatz 1 oder Absatz 2 ohne den Betroffenen stattgefunden, so kann er gegen das Urteil binnen einer Woche nach Zustellung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie gegen die Versäumung einer Frist nachsuchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.

(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

(2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für die Entscheidungen des Richters im Vorverfahren und des beauftragten oder ersuchten Richters.

(1) Die Hauptverhandlung wird in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt, wenn er nicht erschienen ist und von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war. Frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine protokollierten und sonstigen Erklärungen sind durch Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen. Es genügt, wenn die nach § 265 Abs. 1 und 2 der Strafprozeßordnung erforderlichen Hinweise dem Verteidiger gegeben werden.

(2) Bleibt der Betroffene ohne genügende Entschuldigung aus, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen.

(3) Der Betroffene ist in der Ladung über die Absätze 1 und 2 und die §§ 73 und 77b Abs. 1 Satz 1 und 3 zu belehren.

(4) Hat die Hauptverhandlung nach Absatz 1 oder Absatz 2 ohne den Betroffenen stattgefunden, so kann er gegen das Urteil binnen einer Woche nach Zustellung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie gegen die Versäumung einer Frist nachsuchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Für den befristeten Rechtsbehelf gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde gelten die §§ 44, 45, 46 Abs. 2 und 3 und § 47 der Strafprozeßordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend, soweit Absatz 2 nichts anderes bestimmt.

(2) Über die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Aufschub der Vollstreckung entscheidet die Verwaltungsbehörde. Ist das Gericht, das bei rechtzeitigem Rechtsbehelf zur Entscheidung in der Sache selbst zuständig gewesen wäre, mit dem Rechtsbehelf befaßt, so entscheidet es auch über die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Aufschub der Vollstreckung. Verwirft die Verwaltungsbehörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so ist gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 zulässig.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.