Landgericht Münster Urteil, 11. Aug. 2014 - 115 O 237/13
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, die mitversicherte Tochter H, X 8, N, von den Rechtsverfolgungskosten in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
Verwaltungsgericht Dresden (AZ: NC 15 L 596/13),
Verwaltungsgericht Göttingen (AZ: 8 C 748/13),
Niedersächsisches OVG (AZ: noch nicht bekannt),
Verwaltungsgericht Halle (AZ: 3 B 281/13 HAL),
Verwaltungsgericht Gera (AZ: 2 NC 893/13 Ge),
Verwaltungsgericht Mainz (AZ: 15 L 1081/13.MZ),
Verwaltungsgericht Gießen (AZ: 1 L 2111/13.MM.W3),
Verwaltungsgericht Schwerin (AZ: 3 B 570/13),
Verwaltungsgericht Saarland (AZ: 1 L 1373/13.NC),
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2953/13)
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Klage, AZ noch nicht bekannt)
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2960/13),
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Klage, AZ: NC 6 K 3875/13)
freizustellen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, die mitversicherte Tochter H, X 8, N, ohne Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung von 150,00 € im Rahmen der Hochschulkapazitätsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG 30 L 125.14), Verwaltungsgericht Ansbach (AN 2 E 14.10040), Verwaltungsgericht Mainz (15 L 284/14.MZ), Verwaltungsgericht Tübingen (NC 6 K 791/14) und Verwaltungsgericht Würzburg (W 7 E 14.20037) den zugesagten Deckungsschutz zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger mit 7/18, die Beklagte mit 11/18.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Arzt und unterhält seit 1990 bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung „S Rechtsschutz nach § 28 Abs. 2 ARB Ärzte“. In dem Nachtrag vom 03. Juli 2013 heißt es: ....
3Vertragsänderung 0 Uhr 25.06.2013, Vertragsablauf 0 Uhr 03.12.2013....
4Der Vertrag verlängert sich stillschweigend von Jahr zu Jahr, wenn er nicht vorher frist- und formgerecht gekündigt wird.
5„Im Praxisvertragsrechtschutz beträgt die Selbstbeteiligung € 150,00 je Rechtsschutzfall, es sei denn eine höhere Selbstbeteiligung ist vereinbart.
6Im Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz sind die selbstgenutzten Wohneinheiten und Praxisräume versichert. Versicherungsschutz besteht darüber hinaus für eine vermietete Einliegerwohnung im selbst genutzten Einfamilienhaus. Im Spezialstrafrechtsschutz beträgt die Versicherungssumme 300.000,00 € je Rechtsschutzfall, maximal € 150.000,00 je Person.
70 bis 3 Mitarbeiter Arzt EUR 1070,42
8Die Selbstbeteiligung beträgt € 150,00“.
9Im Übrigen liegen dem Vertrag die Bedingungen lt. Rechtsschutzinformation (Bl. 14 – 28 d.A.) zugrunde.
10Mitversichert ist die Tochter des Klägers, die sich mit der Absicht trägt, Humanmedizin zu studieren. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 (Bl. 56 d.A.) beantragte die Tochter des Klägers bei den Universitäten Halle, Jena, Rostock, Saarbrücken, Mainz, Tübingen und Ulm die Zulassung zum Studium im ersten Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität und zur Beteiligung am Losverfahren über frei gebliebene Studienplätze. Mit Schreiben vom 19.08.2013 beantragte sie darüber hinaus die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität an der Universität Marburg (Bl. 62 d.A.), mit weiterem Schreiben vom 25.09.2013 bei den Universitäten Dresden, Göttingen, Hamburg, Hannover, Kiel. Mit Schreiben vom 05.11.2013 zeigte die Prozessbevollmächtigte der Tochter des Klägers der Beklagten den Eintritt des Versicherungsfalles unter Beifügung der Anträge an. Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom 07.11.2013 die Vorlage der jeweiligen Ablehnungsbescheide und teilte weiter mit: „Sollten bislang keine Ablehnungsbescheide vorliegen, gehen wir davon aus, dass auch keine Rechtsschutzfälle eingetreten sind, die sich jeweils in der Person des Versicherten konkretisieren müssten. Dabei weisen wir schon jetzt darauf hin, dass wir im Falle unserer Eintrittspflicht entsprechend der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Celle vom 19.04.2007 (8 U 179/06) maximal für 10 Kapazitätsklagen Kostenschutz zur Verfügung stellen werden. Für insgesamt 13 Verfahren werden wir keinen Kostenschutz erteilen. Ihre Mandantin mag die 10 Verfahren benennen. Für jeden eingetretenen Rechtsschutzfall fällt gesondert eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € an“. Mit E-Mail vom 15.11.2013 setzte die Prozessbevollmächtigte der Tochter des Klägers der Beklagten eine Frist zur Erteilung des Deckungsschutzes von 3 Tagen.
11Während des Rechtsstreits stellte die Tochter des Klägers unter dem 19.03.2014 weiter Antrag auf Zulassung zum Medizinstudium im Sommersemester 2014 außerhalb der festgesetzten Kapazität bei den Universitäten Erlangen, Charité Berlin, Würzburg sowie unter dem 06.01.2014 bei den Universitäten Mainz und Tübingen. Mit Schreiben vom 10. April 2014 begehrte der Kläger für diese Anträge Deckungsschutz bei der Beklagten. Mit Schreiben vom 07. Mai 2014 teilte die Beklagte mit, angesichts des laufenden Streitverfahrens könne sie für das Sommersemester noch keine weitere Entscheidung treffen. Unter dem 15. bzw. 16. Mai 2014 erteilte die Beklagte für die zum Sommersemester 2014 angeschriebenen Universitäten Deckungszusage jeweils mit dem Zusatz: „Mit der beabsichtigten Maßnahme sind wir einverstanden (Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung). Es ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € vereinbart.
12Der Kläger ist der Ansicht, der Rechtsschutzfall sei bereits mit dem Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazitäten eingetreten, weil hiermit bereits ein Rechtsverstoß der jeweiligen Universität gerügt werde. Eine Begrenzung der Kapazitätsklagen auf 10 Verfahren sei den Versicherungsbedingungen nicht zu entnehmen. Die Überlegungen in der Rechtsprechung zum PKH-Verfahren seien vorliegend nicht ohne Weiteres zu übernehmen. Jedenfalls liege keine Mutwilligkeit des Klägers bzw. der Versicherten vor. Eine Selbstbeteiligung von 150,00 € pro Versicherungsfall sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden; entsprechend den Angaben im Nachtrag sei ausschließlich eine Selbstbeteiligung für den Praxisvertragsrechtsschutz vereinbart.
13Der Kläger beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, die mitversicherte Tochter H, X 8, N, von den Rechtsverfolgungskosten in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden (AZ: NC 15 L 596/13), Verwaltungsgericht Göttingen (AZ: 8 C 748/13), Niedersächsisches OVG (AZ: noch nicht bekannt), Verwaltungsgericht Halle (AZ: 3 B 281/13 HAL), Verwaltungsgericht Hamburg (AZ: 11 ZE 2472/13), Hamburgisches OVG (AZ: noch nicht bekannt), Verwaltungsgericht Hannover (AZ: 8 C 6762/13), Verwaltungsgericht Gera (AZ: 2 NC 893/13 GE), Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (AZ: 9 C 208/13), Verwaltungsgericht Mainz (AZ: 15 L 1081/13.MZ), Verwaltungsgericht Gießen (AZ: 1 L 2111/13.MM.W3), Verwaltungsgericht Schwerin (AZ: 3 B 570/13), Verwaltungsgericht Saarland (AZ: 1 L 1373/13.NC), Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2953/13), Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Klage, AZ: noch nicht bekannt), Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2960/13), Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Klage, AZ: NC 6 K 3875/13) freizustellen und die Tochter H in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG 30 L 125.14), Verwaltungsgericht Ansbach (AN 2 E 14/10040), Verwaltungsgericht Mainz (15 L 284/14.MZ), Verwaltungsgericht Tübingen (NC 6 K 791/14) und Verwaltungsgericht Würzburg (W 7 E 14.20037) freizustellen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, zwischen den Parteien sei generell je Versicherungsfall eine Selbstbeteiligung von 150,00 € vereinbart, wie sich dies aus § 5 Abs. 3 c der Bedingungen sowie aus den allgemeinen Tarifbestimmungen unter dem Stichwort „Selbstbeteiligung“ auf Seite 24 ergebe. Jedem Versicherungsnehmer sei klar, dass er sich mit der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung preisgünstigere Prämien erkauft, weil der Versicherer bei jedem Rechtsschutzfall 150,00 € abziehen könne. Im Übrigen seien maximal 10 Kapazitätsklagen zu einem Termin zu übernehmen. Die Beklagte könne nicht selbst auswählen, welche Universitäten hierin zu berücksichtigen seien. Die Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch sei insoweit nicht fällig. Im Übrigen bestreitet die Beklagte die vom Kläger angegebenen Gegenstandswerte der einzelnen Verfahren.
18Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
21Der Kläger hat in dem zuerkannten Umfang Anspruch auf Freistellung seiner gemäß § 28 II Abs. 2 und 3 mitversicherten Tochter H von den Kosten für die Wahrnehmung privater rechtlicher Interessen vor deutschen Verwaltungsgerichten aus dem Schul-, Hochschul- und Erwachsenenbildungsrecht. Gemäß § 1 trägt der Versicherer die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten. Bestand, Umfang und Wirksamkeit des Vertrages einschließlich der Mitversicherung der Tochter ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Inzwischen besteht zwischen den Parteien weiterhin kein Streit mehr darüber, dass der Versicherungsfall jeweils eingetreten ist.
22Gemäß § 4 c der Bedingungen besteht Anspruch auf Rechtsschutz von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Der Begriff des Rechtsverstoßes ist hierbei weit zu verstehen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2013, 20 U 165/12). Ausreichend dafür ist ein Verhalten, das objektiv nicht mit Rechtsvorschriften oder Rechtspflichten im Einklang steht und bereits den Keim des Rechtskonfliktes in sich trägt. Insoweit kommt es gerade nicht entscheidend darauf an, ob und wann eine Entscheidung der Universitäten über die Anträge vorlag. Bereits dadurch, dass die versicherte Person bei der „normalen“ Zuteilung der Studienplätze keine Berücksichtigung gefunden hat, und zwar –nach der maßgeblichen Behauptung des Klägers- unter Verstoß gegen ihren Anspruch auf Zulassung zum Studium, ist ein objektiv rechtswidriger Zustand geschaffen worden. Diesen Zustand zu beenden hat die Tochter des Versicherungsnehmers dann mit ihren Anträgen die Verwaltungsgerichte begehrt. So ist auch nicht erst der Verzug eines Schuldners die Rechtsverletzung im Sinne der Bedingungen der Rechtsschutzversicherung, sondern bereits dessen Nichtleistung.
23Für die zunächst gestellten Anträge hinsichtlich der Verfahren auf Zulassung zum Wintersemester 2013/2014 ist der Anspruch des Klägers auf Freistellung von den Kosten der verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch auf 10 Universitäten begrenzt.
24Zwar hat die Beklagte in ihren Bedingungen den Rechtsschutz für Klagen zum Hochschulstudium nicht hinsichtlich der Anzahl begrenzt und kann sich daher nicht ohne Weiteres auf eine übermäßige Inanspruchnahme berufen, da sie die Bedingungen in ihren Tarifbestimmungen und den Versicherungsbedingungen festgelegt hat. Zweck einer Rechtsschutzversicherung ist es, dass ein Versicherungsnehmer, der sich die Abwälzung von Rechtskostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne die Kostenüberlegungen wahrnehmen kann, die ein nicht Rechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. Lediglich die Finanzierung sinnloser oder wirtschaftlich in hohem Maße unvernünftiger rechtlicher Maßnahmen Einzelner muss mit Rücksicht auf die Gefahrengemeinschaft der Versicherten ausgeschlossen sein. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo sich das Verhalten des Versicherungsnehmers mit dem einer vernünftigen unversicherten Partei, bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen, nicht mehr in Einklang bringen lässt. Zweifel müssen sich dabei zugunsten des Versicherungsnehmers auswirken (OLG Hamm, Urteil vom 12. März 1999, 20 U 217/98 m.w.N.). Bei der Abwägung ist das Interesse des Klägers wesentlich zu berücksichtigen. Die rechtzeitige Zulassung zum gewünschten Studiengang hat erhebliche Auswirkungen auf die beruflichen Möglichkeiten und die weitere Lebensentwicklung. Zum anderen spielt die Eigenart der Kapazitätsklageverfahren eine besondere Rolle. Diese Verfahren sind durch zwei bestimmende Faktoren gekennzeichnet, nämlich zum einen eine hohe Anzahl von Bewerbern, die außerhalb des ZVS-Verfahrens einen Studienplatz erhalten wollen, und zum anderen eine auch beim Erfolg der Verfahren gegen die Universitäten nur beschränkt zur Verfügung stehenden Anfall von Studienplätzen. Selbst wenn also die Universitäten durch Vergleich oder gerichtliche Entscheidung weitere Studienplätze zur Verfügung stellen müssen, liegt deren Anzahl immer deutlich unter der der Bewerber. Ferner lässt sich bei Beginn der verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren für den Antragsteller nicht hinreichend sicher prognostizieren, wie viele Plätze im Ergebnis herauskommen werden. Infolgedessen ist es nicht sinnvoll, nur eine Universität zu verklagen, da hier das Risiko, dass sich entweder keine freien Kapazitäten ergeben oder der Bewerber bei der Verlosung nicht zum Zuge kommt, groß ist. Es ist deshalb sachgerecht, eine größere Anzahl von Universitäten in Anspruch zu nehmen, um so die Chance auf einen Studienplatz zu erhöhen. Da diese Entscheidungen im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren getroffen werden, ist es auch nicht möglich, zunächst nur eine Universität zu verklagen und erst bei einem Misserfolg eine jeweils Weitere in Anspruch zu nehmen. Dann sind die dort zu vergebenden Studienplätze nämlich bereits vergeben. Infolgedessen nehmen auch die Verwaltungsgerichte bei der Bewilligung von PKH Mutwilligkeit nach § 114 ZPO nicht an, nur weil ein Antragsteller Verfahren gegen mehrere Universitäten führt (OLG Celle, Urteil vom 19.04.2007, 8 U 179/06, m.w.N.).
25Andererseits würde das Kostenrisiko einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Versicherungsnehmer davon abhalten, sämtliche Universitäten zu verklagen, bei denen der jeweilige Studiengang angeboten wird. Das OLG Celle nennt für das Wintersemester 2005/2006 immerhin 39 Hochschulen. Insoweit im Einklang mit der Einschätzung der Verwaltungsgerichte hat das OLG Celle (aaO) ebenso wie das OLG Frankfurt (VersR 10,381) die zu ziehende Grenze zur Mutwilligkeit bei 10 Verfahren in einem Semester nicht als überschritten angesehen.
26Auch wenn für die Frage der Mutwilligkeit eine Abwägung im Einzelfall erforderlich ist, bilden sich gleichartige Konstellationen heraus. Besonderheiten, die im Falle des Klägers eine wesentliche Erhöhung der Chancen einer Zuteilung oder eine ungewöhnliche Dringlichkeit begründen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Hinblick hierauf verbleibt es bei der mit 10 Verfahren pro Semester anerkannten Grenze. In Anlehnung an den Prioritätsgrundsatz war der Klage daher hinsichtlich der Anträge vom 11.07.2013, vom 19.08.2013 sowie den in der Aufstellung Blatt 7 ff der Klage zunächst genannten Universitäten Dresden und Göttingen stattzugeben. Bezüglich der Verfahren gegen die Universitäten Hamburg, Hannover und Kiel ist die Klage insoweit abzuweisen.
27Der Kläger hat hinsichtlich der stattgegebenen Anträge Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Kosten. Hiervon ist eine Selbstbeteiligung von 150,00 € je Rechtsschutzfall nicht abzusetzen. Für den Fall der Kapazitätenklage vor den Verwaltungsgerichten ist ein derartiger Selbstbehalt nicht vereinbart. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang weder auf § 5 Abs. 3 c der Bedingungen, noch auf die Allgemeinen Tarifbestimmungen unter dem Stichwort „Selbstbeteiligung“ (Bl. 24), noch etwa auf ihre Produktinformation unter Ziffer 2. Abs. 3 Satz 1 beziehen. In allen diesen Fällen wird zwar Bezug genommen auf eine „vereinbarte Selbstbeteiligung“; diese Stellen enthalten aber nicht die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung. Eine vereinbarte Selbstbeteiligung ergibt sich auch nicht aus dem Text des Nachtrages vom 03. Juli 2013. Hier ist die Selbstbeteiligung von 150,00 € je Rechtsschutzfall ausdrücklich nur für den Praxisvertragsrechtsschutz erwähnt. Dies wäre unverständlich, wenn generell für alle Rechtsschutzfälle eine Selbstbeteiligung von 150,00 € vereinbart worden wäre. Nach den von Klägerseite vorgelegten Versicherungsscheinen vom 07.04.1992 und vom 28.04.1992 war ebenfalls lediglich für Ziffer 16 (Familien- und Verkehrsrechtsschutz) eine Selbstbeteiligung von 200,00 DM vereinbart; auch nach diesen Versicherungsscheinen ist nicht von einer generellen Selbstbeteiligung auszugehen.
28Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die den Versicherungsnehmern deutlich machen würden, dass in allen Rechtsschutzfällen eine Selbstbeteiligung von 150,00 € vereinbart sein sollte. Insoweit trifft die Darlegungs- und Beweislast die Beklagte. Wenn es lediglich um die Frage geht, ob im konkreten Fall eine Selbstbeteiligung vereinbart wurde, führt der Hinweis, jedem Versicherungsnehmer sei klar, dass er sich mit der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung preisgünstigere Prämien erkauft, nicht weiter.
29Hinsichtlich der für das Sommersemester 2014 gestellten Anträge hat die Beklagte zwischenzeitlich eine Deckungszusage erteilt, allerdings jeweils mit dem Zusatz: „Es ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € vereinbart“. Auch insoweit lässt sich den Unterlagen und dem Vortrag der Beklagten eine vertragliche Vereinbarung nicht entnehmen. Eine einseitige Festlegung auf eine neu vereinbarte Selbstbeteiligung ist mit der Deckungszusage ist nicht möglich. Hinsichtlich dieser Klarstellung war der Klage stattzugeben.
30Soweit im Übrigen Deckungsschutz für die Anträge zum Sommersemester 2014 beantragt ist, ist die Klage abzuweisen, da die Beklagte bereits erfüllt hat. Ein weitergehender Anspruch besteht insoweit nicht mehr.
31Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 93, 709
32Unterschrift
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Münster Urteil, 11. Aug. 2014 - 115 O 237/13
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.