Landgericht München I Endurteil, 03. Aug. 2018 - 17 O 20308/16

bei uns veröffentlicht am03.08.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin weitere 869,11 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 720,16 Euro seit dem 20.09.2016 und aus 148,95 Euro seit dem 23.11.2016 zu zahlen.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kfz-Sachverständigenbüro Stefan B., ..., gemäß Rechnung Nr. H...48 vom 12.07.2016 in Höhe von noch 76,40 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 83% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 17 °%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 °% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.446,22 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über weitere Schadensersatzansprüche aus einem Unfall vom 03.07.2016 in Ismaning auf der Reisingerstraße/Camerloherstraße.

Unfallbeteiligt waren die Klägerin mit dem Fahrzeug Nissan X-Trail, amtliches Kennzeichen REG-..., und die Beklagte 1) mit dem bei der Beklagten 3) haftpflichtversicherten Fahrzeug Mercedes E 280 CDI, amtliches Kennzeichen M-..., des Beklagten 2).

Die Klägerin fuhr aus der Reisingerstraße kommend in den Kreuzungsbereich zur Camerloherstraße, während die Beklagte 1) aus der Camerloherstraße in die Kreuzung einfuhr. An der Einmündung der Camerloherstraße zur Reisingerstraße ist die Vorfahrt nicht durch Verkehrszeichen besonders geregelt; es gilt daher „rechts vor links“. Zu zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Umständen kam es im Kreuzungsbereich zur Kollision der Parteifahrzeuge Die Klägerin behauptet:

Sie habe zunächst circa 100 m vor der Kreuzung am rechten Straßenrand angehalten und sei sodann in den Kreuzungsbereich eingefahren. Die Beklagte 1) habe beim Einfahren in die Reisingerstraße die von rechts herannahende Klägerin übersehen.

Infolge des Unfalls sei ihr ein Gesamtschaden in Höhe von 16.420,89 Euro entstanden. Hierauf hat die Beklagtenseite unter Berücksichtigung einer 25%-igen Mithaftung der Klägerin einen Betrag von insgesamt 10.974,67 Euro gezahlt.

Schadensposition

Betrag

bereits bezahlt

mit der Klage noch beantragt

Reparaturkosten (netto)

9.936,90 Euro

6.736,27 Euro

3.200,63 Euro

Umsatzsteuer

1.888,01 Euro

1.267,06 Euro

620,95 Euro

Wertminderung

1.300,00 Euro

975,00 Euro

325,00 Euro

Sachverständigenkosten

1.212,13 Euro

832,70 Euro

379,43 Euro

Kosten-Hebebühne

59,50 Euro

44,63 Euro

14,87 Euro

Standgebühren

128,52 Euro

96,39 Euro

32,13 Euro

Mietwagenkosten

1.870,83 Euro

1.007,62 Euro

863,21 Euro

Unkostenpauschale

25,00 Euro

15,00 Euro

10,00 Euro

16.420,89 Euro

10.974,67 Euro

5.446,22 Euro

Die Klägerin hat zunächst Zahlung der Sachverständigenkosten an sich selbst begehrt, im weiteren Verlauf (Schriftsatz vom 24.02.2017) insoweit jedoch Freistellung von ihrer diesbezüglichen Zahlungsverpflichtung beantragt.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt:

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 4.840,15 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 22.08.2016 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kfz-Sachverständigenbüro Stefan B., ..., gemäß Rechnung Nr. HB...48 vom 12.07.2016 in Höhe von noch 606,06 Euro freizustellen.

III. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an die Rechtsanwälte ..., in Höhe von noch 142,32 Euro freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten:

Die Beklagte 1) habe vor der Kreuzung abgebremst und nach rechts geblickt. Sie habe kein Fahrzeug sehen können und sei deshalb mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren. Als das Beklagtenfahrzeug mit Schrittgeschwindigkeit mitten in der Kreuzung gewesen sei, sei das Klägerfahrzeug ungebremst mit diesem kollidiert. Das Klägerfahrzeug habe zuvor direkt hinter einem unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich geparkten Taxi angehalten und sei sodann mittig bis linksorientiert in den Kreuzungsbereich eingefahren.

Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert.

Die Beklagten bestreiten ferner die Höhe des klägerseits geltend gemachten Reparaturaufwands. Die erforderlichen Reparaturkosten würden sich nur auf 8.981,70 Euro belaufen. Es könne zudem nicht die für die Ersatzbeschaffung angefallenen 3.346,97 Euro Umsatzsteuer verlangt werden, sondern lediglich die sich im Falle einer Reparatur ergebende Umsatzsteuer in Höhe von 1.888,01 Euro.

Die Beklagten bestreiten außerdem die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten. Sie bestreiten auch, dass die Klagepartei die Sachverständigenkosten bezahlt habe. Die geltend gemachten Beträge seien zudem unangemessen überhöht und nicht ortsüblich.

Desweiteren seien auch die beanspruchten Mietwagenkosten überhöht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch informatorische Anhörung der Klägerin und der Beklagten 1). Es hat überdies die Zeugen S., H. und P. uneidlich vernommen. Ferner hat es ein Sachverständigengutachten zum Unfallhergang erholt, welches am 15.03.2018 schriftlich ergänzt wurde.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Verhandlungsprotokoll der Sitzung vom 16.01.2018 verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Der Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von weiteren 945,51 Euro zuzüglich Nebenforderung.

1. Die gemäß §§ 7, 17 und 18 StVG durchgeführte Überprüfung der Verursachungsbeiträge, die zu dem Verkehrsunfall geführt haben, ergibt eine Haftungsverteilung von 75 °% zu 25 °% zulasten der Beklagtenpartei.

Das Gericht konnte sich nach der durchgeführten Beweisaufnahme somit nicht von einer vollen Haftung der Beklagtenseite dem Grunde nach überzeugen. Es geht vielmehr auch von einer Mithaftung der Klageseite aus.

a) Die Klägerin gab an, sie habe etwa 100 m oder 150 m vor der Kreuzung angehalten, weil ihr eine Flasche hinunter gefallen sei. Sodann sei sie mit 15 oder 20 km/h zur Kreuzung gefahren und dort nochmal stehen geblieben, wobei sie in beide Richtungen geschaut und nichts gesehen habe; aus diesem Grund sei sie losgefahren. Dann habe es auch schon geknallt.

b) Demgegenüber gab die Beklagte 1) an, sie sei auf die Kreuzung zugerollt, da sich dort ein Fahrzeug befunden habe, das ihr die Sicht versperrt habe. Als sie in die Kreuzung gefahren sei, habe sie das klägerische Fahrzeug erstmalig gesehen. Sie habe nicht beobachtet, dass dieses etwa vom Rand angefahren sei.

c) Der Zeuge S. berichtete, dass er mit seinem Fahrzeug bereits längere Zeit in der Reisingerstraße vor dem Kreuzungsbereich gestanden sei. Er habe gesehen, dass die Klägerin in ihr Fahrzeug gestiegen sei, welches zwei oder drei Fahrzeuge hinter seinem eigenen gestanden sei. Sie sei sodann langsam auf die Kreuzung zugefahren. Ihr Kopf sei noch hin- und hergegangen, dann habe es auch schon „Peng“ gemacht. Das Beklagtenfahrzeug sei seiner Meinung nach schneller als 30 km/h gefahren.

d) Der Zeuge H3. schilderte, dass er zum Unfallzeitpunkt auf dem Balkon seiner Großmutter gestanden sei und eine Zigarette geraucht habe. Er habe von dort komplette Sicht auf die Kreuzung gehabt. Die Beklagte 1) habe seiner Meinung nach nicht an der Kreuzung gebremst; er denke, dass sie schneller als 30 km/h gefahren sei. Sie sei auf keinen Fall gerollt. Über das klägerische Fahrzeug könne er nicht viel sagen, da er dieses erst in den letzten Sekunden vor der Kollision wahrgenommen habe. Ob die Klägerin vor der Kreuzung noch angehalten habe, wisse er nicht.

e) Der Zeuge P. gab an, die Beklagte 1), seine Ehefrau, sei langsam in die Kreuzung eingefahren. Auf jeden Fall sei sie weniger als 30 km/h gefahren. Sie habe auch nach links und rechts geschaut. Das klägerische Fahrzeug habe er erst mit der Kollision wahrgenommen.

f) Der Sachverständige Dipl.-Ing. M. führte aus, dass das Beklagtenfahrzeug zum Kollisionszeitpunkt bereits 5,6 m in der Kreuzung zurückgelegt habe. Hingegen sei das klägerische Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt 1,4 m weit in den Kreuzungsbereich eingefahren gewesen. Für das klägerische Fahrzeug lasse sich eine Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich von 23 bis 27 km/h und für das Beklagtenfahrzeug eine solche von 8 bis 12 km/h feststellen.

Zum Zeitpunkt des Einfahrens des Beklagtenfahrzeuges in die Kreuzung sei das klägerische Fahrzeug noch 10,7 m bis 19,5 m vom Kollisionsort entfernt gewesen. Für die Beklagte 1) wäre das klägerische Fahrzeug in diesem Moment bereits vollständig zu sehen oder aber zumindest teilweise noch von dem Opel Zafira verdeckt gewesen.

Für die Klägerin wäre die drohende Vorfahrtsverletzung des Beklagtenfahrzeuges spätestens dann zu erkennen gewesen, als dieses mit der Front einen Meter in den Kreuzungsbereich eingefahren gewesen sei. Der Anhalteweg aus 8 km/h - im Falle eines Starts aus dem Stillstand - betrage nur 2,3 m und aus 27 km/h 10,3 m. In beiden Fällen wäre der Unfall für die Klägerin durch Beobachtung der Kreuzung immer zu vermeiden gewesen, wenn sie unmittelbar nach Erkennen des Einfahrens des Beklagtenfahrzeuges in die Kreuzung eine Vollbremsung eingeleitet hätte. Um den in die Kreuzung einfahrenden Beklagten-Pkw zu erkennen, hätte die Klägerin gerade nach vorne schauen müssen. Von rechts kommender Verkehr sei in einer Entfernung von 9,3 m zur Kreuzung festzustellen gewesen, sodass es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich gewesen sei, nach rechts zu schauen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme führte der Sachverständige aus, dass, da die Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges 23 bis 27 km/h betragen habe und dieses vom Einfahren in den Kreuzungsbereich bis zum Kollisionsort eine Wegstrecke von 1,4 m zurückgelegt habe, eine Beschleunigung in Höhe von 14,5 bis 20,0 m/s2 erforderlich gewesen sei. Die maximal mit dem Kläger-Pkw mögliche Anfahrbeschleunigung betrage jedoch allenfalls 4,0 m/s2.

g) Der Sachverständige M2. ist dem Gericht aus zahlreichen Verfahren als äußerst sorgfältiger und fachkundiger Gutachter bekannt. Er hat sämtliche ihm zur Verfügung stehende Anknüpfungstatsachen umfassend ausgewertet und das Gutachten nachvollziehbar und plausibel erstattet. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen daher vollumfänglich an und macht sich diese zu Eigen.

Aufgrund der Angaben des Sachverständigen ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht - wie behauptet - in Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren ist. Auch die Angabe, sie habe vor dem Kreuzungsbereich angehalten, hält das Gericht aufgrund der sachverständigen Ausführungen nicht für glaubhaft. Ebenso schenkt das Gericht der Angabe der Klägerin, sie habe, als sie vor der Kreuzung angehalten habe - was wie dargestellt technisch auszuschließen ist nach rechts und links geschaut, hierbei jedoch nichts gesehen, keinen Glauben. Denn zu diesem Zeitpunkt wäre das Beklagtenfahrzeug nach den Ausführungen des Sachverständigen auf jeden Fall zu erkennen gewesen.

Demgegenüber ist aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen von einer im Vergleich zum klägerischen Fahrzeug wesentlich geringeren Kollisionsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges auszugehen. Den anderslautenden Schilderungen der Zeugen S. und H. folgt das Gericht insoweit nicht.

h) Zwar darf ein Vorfahrtberechtigter grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Ist die Vorfahrt an einer Kreuzung - wie vorliegend - nicht besonders geregelt, so stellt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, der sich dieser Kreuzung nähert, die Verkehrslage so dar, dass er zwar gegenüber dem von links kommenden vorfahrtberechtigt, gegenüber Verkehrsteilnehmern von rechts aber wartepflichtig ist. Um deren Vorfahrt beachten zu können, muss er, wie es § 8 Abs. 2 Satz 1 StVO vorschreibt, mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren und sich darauf einstellen, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann.

Vorliegend sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Entgegen des Vortrags der Klägerin hat diese vor dem Kreuzungsbereich gerade nicht angehalten und sich insbesondere auch nicht nach links vergewissert. Zwar war der Kreuzungsbereich nach rechts bereits frühzeitig - 9,3 m vor der Kreuzung - gut einsehbar, sodass die Klägerin von rechts nahenden vorfahrtsberechtigten Verkehr ausschließen konnte. Es besteht auch selbstverständlich bei Kreuzungen mit Rechtsvorlinks-Regelung keine Verpflichtung der Kraftfahrer anzuhalten, um auch auf denkbare Vorfahrtsverletzungen von nicht bevorrechtigten Kraftfahrzeugen achten zu können. Dies verkennt das Gericht nicht.

Im vorliegenden Fall ist aber zu sehen, dass die Klägerin, obgleich sie bereits erkennen konnte, dass von rechts kein Verkehr kommen würde und sie mithin nicht mehr gezwungen war, wegen der Regelung „rechts vor links“ nach rechts zu schauen, weiterhin nur nach rechts blickte und beim Herannahen an den Kreuzungsbereich nicht einmal geradeaus sah. Denn andernfalls hätte sie das Beklagtenfahrzeug ohne Weiteres sehen und die Kollision vermeiden können. Dies begründet aus Sicht des Gerichts einen Verstoß gegen § 1 StVO.

Der somit dem Grunde nach zu bejahende Ersatzanspruch der Klägerin reduziert sich daher im Rahmen der nach §§ 17, 18 StVG durchzuführenden Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles um 25%. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles hält es das Gericht auch nicht für angemessen und gerechtfertigt, die vom Fahrzeug des Klägerin ausgehende Betriebsgefahr als so gering zu bewerten, dass sie gegenüber dem von den Beklagten vertretenden Verursachungs- und Verschuldensanteil völlig zurücktritt.

2. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihre Eigentümerstellung an dem klägerischen Fahrzeug wurde zur Überzeugung des Gerichts durch Vorlage der Bestätigung über die „Verbindliche Fahrzeugbestellung“ (Anlage K 11) nachgewiesen.

a) In Bezug auf die der Höhe nach unstreitigen Schadenspositionen Wertminderung, Kosten für die Hebebühne und Standgebühren hat die Klägerin, nachdem die Beklagten hierauf bereits 75%% geleistet haben, keinen weiteren Anspruch mehr.

b) Hinsichtlich der geltend gemachten Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro - dieser Betrag entspricht der Rechtsprechung der Münchner Verkehrsgerichte - stehen der Klägerin weitere 3,75 Euro zu.

c) Die Klägerin kann ferner 75% der geltend gemachten Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 9.936,90 Euro, somit in Höhe von 7.452,68 Euro, und nach Abzug der geleisteten 6.736,27 Euro von weiteren 716,41 Euro verlangen.

Die Beklagtenseite kann sich insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, dass sich die erforderlichen Reparaturkosten auf lediglich 8.981,70 Euro belaufen würden. Verbringungskosten und UPE-Aufschläge sind nach überwiegender Auffassung grundsätzlich auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung ersatzfähig, sofern diese im Falle einer Reparatur in der Region typischerweise erhoben werden (siehe nur OLG München, Az.: 10 U 3878/13). Der Sachverständige M2., dessen Ausführungen sich das Gericht auch insoweit zu Eigen macht, führte aus, dass alle drei Nissan-Händler in der Region der Klägerin Verbringungskosten sowie Ersatzteilkostenaufschläge berechnen würden. Auch die Materialkosten für die Hohlraumversiegelung in Höhe von 25,00 Euro seien nicht zu beanstanden.

d) Daneben kann die Klägerin auch 75% der begehrten Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.888,01 Euro, also in Höhe von noch 148,95 Euro (1.416,01 Euro abzgl. der bereits geleisteten 1.267,06 Euro) verlangen. Der Einwand der Beklagtenseite, die Klägerin könne nicht die für die Ersatzbeschaffung angefallenen 3.346,97 Euro Umsatzsteuer beanspruchen, geht ins Leere, da dieser Betrag überhaupt nicht begehrt wurde.

e) In Bezug auf die beantragten Sachverständigenkosten kann die Klägerin Freistellung in Höhe von noch 76,40 Euro (75%% von 1.212,13 Euro abzgl. geleisteter 832,70 Euro) verlangen. Die Beklagtenpartei kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, die geltend gemachten Beträge seien unangemessen erhöht und nicht ortsüblich. Ein evidentes oder auffälliges Missverhältnis liegt nicht vor (vgl. nur OLG München, Az.: 10 U 579/15, sowie den in diesem Verfahren erteilten Hinweis vom 07.04.2017).

Soweit die Klagepartei Freistellung in Höhe von 606,06 Euro verlangte, war die Klage - über den zugesprochenen Betrag hinaus - abzuweisen. Die Beklagten haben, wie dargestellt, auf die zunächst begehrten 1.212,13 Euro bereits einen Betrag in Höhe von 832,70 Euro geleistet. Freistellung kann mithin nur in Höhe des Differenzbetrages verlangt werden.

f) Der Klägerin steht kein weiterer Anspruch auf Ersatz ihrer Mietwagenkosten zu.

Den ersatzfähigen Normaltarif für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs schätzt das Gericht vorliegend auf 1.300,00 Euro. Dabei stützt sich das - bei der Schätzung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Gericht - nicht auf sogenannte Listen oder Tabellen, sondern auf konkrete Angebote (ebenso LG Kempten, Az.: 5 S 1837/07, und LG Passau, Az. 1 S 5/08, jeweils aufrufbar bei beckonline).

Wie in diesem Verfahren bereits darauf hingewiesen, hat das OLG München insoweit Folgendes ausgeführt:

„Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen „Normaltarifes“ ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Der Tatrichter ist grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die „Schwacke-Liste“ noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden „Normaltarif“ - abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen.“

(OLG München Hinweisbeschluss v. 27.6.2016 - 10 U 3766/14, BeckRS 2016, 112010, beckonline)

Die Beklagtenseite hat konkrete Angebote der Firmen Sixt, Avis und Hertz aus dem Internet vorgelegt, woraus sich für die Mietdauer von 22 Tagen Mietpreise von zwischen 756,80 Euro und 964,80 Euro ergeben. Der Ort der Anmietung ist hierbei jeweils München. Auch eigene Internetrecherchen des Gerichts bei in München ansässigen Mietwagenfirmen (www.mietwa-HYPERLINK „http://gen.check24.de„gen.check24.de) ergaben für einen vergleichbaren Mietwagen Mietpreise für 22 Tage für unter 1.000,00 Euro.

Wenngleich die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in Frauenau hat, ist zu sehen, dass diese nach ihrem eigenen Vortrag von Montag bis Freitag in Ismaning nächtigte. Offenbar hielt sich die Klägerin auch gelegentlich schon am Wochenende in München auf, da sich der Unfall an einem Sonntag in München/Ismaning ereignete.

Auch bei Berücksichtigung der individuellen Situation der Klägerin nach dem Eindruck des Gerichts von dieser in der öffentlichen Sitzung ist dem Gericht kein Grund ersichtlich, warum es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, die günstigeren Tarife Münchner Anbieter aus dem Internet zu suchen und in Anspruch zu nehmen.

Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin, die sich in München befand (wo sie sich unter der Woche aufhielt), auf Mietwagenangebote in Langenpreising zurückgreifen musste, zumal sie ja auch ein in München ansässiges Sachverständigenbüro beauftragte. Langenpreising, wo die Klägerin offensichtlich das Fahrzeug anmietete (vgl. Anlage K7) befindet sich nicht, wie im Schriftsatz vom 13.04.2018 angedeutet, im „Raum 4258 Frauenau/Landkreis Regen“. Vielmehr liegt 5465 Langenpreising im oberbayerischen Landkreis Erding und ist laut der Routenplanung bei google maps mindestens 145 km von Frauenau entfernt. Es wirft daher durchaus die Frage auf, weshalb und insbesondere wie die Klägerin, nachdem sie gegen 17:00 Uhr in München verunfallte und ihr Fahrzeug abgeschleppt wurde, in das rund 50 km entfernte Langenpreising gelangte (ein Ersatzfahrzeug stand der Klägerin ja nicht zur Verfügung!?), um sodann dort an einem Sonntag um 20:00 Uhr - wie die nicht unterschriebene Rechnung der W& S Autovermietung vom 02.08.2018 belegen will - ein Fahrzeug anzumieten, obgleich die Klägerin ab Montag wieder in München/Ismaning weilte.

Diese Umstände verwundern das Gericht durchaus ein wenig und werfen auch so manchen Zweifel an einem wahrheitsgemäßen Vortrag auf.

Da die durch die Beklagtenseite vorgelegten Angebote hinsichtlich des Anmietzeitraums nicht dem tatsächlichen Mietzeitraum entsprechen, können sie daher nicht ohne weiteres für eine Abrechnung zu Grunde gelegt werden. Das Gericht legt aus diesem Grund für seine Schätzung gemäß § 287 ZPO zwar das Angebot in Höhe von 964,80 Euro zu Grunde. Wegen preislicher Unwägbarkeiten wird dieses jedoch großzügig auf 1.300,00 Euro aufgerundet.

Nach Anwendung der Haftungsquote ergibt sich ein ersatzfähiger Betrag in Höhe von 900,00 Euro. Nachdem seitens der Beklagtenseite vorgerichtlich bereits ein Betrag in Höhe von 1.007,62 Euro (ausgehend von erforderlichen Mietwagenkosten von insgesamt 1.343,51 Euro) beglichen wurde, steht der Klägerin kein weiterer Anspruch zu.

2. Weitere Rechtsanwaltskosten stehen der Klagepartei nicht zu. Die Beklagtenseite hat vorgerichtlich - ausgehend von einem Gegenstandswert bis 13.000,00 Euro - hierauf bereits 958,19 Euro geleistet.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Hinsichtlich der begehrten restlichen Reparaturkosten (netto) und der Unkostenpauschale ist Verzug seit dem 20.09.2016 und bezüglich der Umsatzsteuer seit dem 23.11.2016 eingetreten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts des Verfahrens ergibt sich aus § 3 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz

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(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

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(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursa

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(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht, 1. wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder2. für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine

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3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht,

1.
wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder
2.
für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.

(1a) Ist an der Einmündung in einen Kreisverkehr Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.

(2) Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

Gründe

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 10 U 579/15

Im Namen des Volkes

Verkündet am 26.02.2016

19 O 10527/14 LG München I

Die Urkundsbeamtin …

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

gegen

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Schadensersatzes

erlässt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … und die Richter am Oberlandesgericht … und … im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 05.02.2016 folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers vom 16.02.2015 wird das Endurteil des LG München I vom 13.11.2014 (Az. 19 O 10527/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 216,97 € nebst vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 729,23 € nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.06.2014 zu bezahlen.

II.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 85%, die Beklagte 15%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 15.04.2014 gegen 17.45 Uhr auf der H.-straße in München geltend. Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 13.11.2014 (Bl. 33/40 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Der Kläger hat nach Zahlungen der Beklagten die Hauptsache in Höhe von 7.547,56 € für erledigt erklärt.

Das LG München I hat die Klage über den noch streitigen Rest abgewiesen.

Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 02.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 16.02.2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und gleichzeitig begründet (Bl. 51/57 d. A.). Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Kürzung der Sachverständigenkosten, eine Teilaberkennung der allgemeinen Unkostenpauschale, die vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Kostenverteilung.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, 216,97 € sowie 729,23 € vorgerichtliche Anwaltskosten jeweils nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.05.2014 an die klägerische Partei zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

I. Die Berufung des Klägers vom 16.02.2015 gegen das Endurteil des LG München I vom 13.11.2014 ist zulässig.

Die neben der Hauptsache (restliche Sachverständigengebühren und restliche Unkostenpauschale) geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten sind bei der Berechnung der Berufungssumme i. S. d. § 511 II Nr. 1 ZPO hinzuzurechnen (vgl. BGH NJW 2013, 2123).

Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken zwar nicht werterhöhend, wenn dieser Hauptanspruch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis besteht, solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH a. a. O. m. w. N.).

Etwas anderes gilt nur dann, wenn und soweit der geltend gemachte Hauptanspruch nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits ist. In diesem Fall sind geltend gemachte vorprozessuale Anwaltskosten als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen (BGH VersR 2009, 806, Rn. 4 ff.). Soweit die Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa, weil eine auf die Hauptforderung oder einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung erklärt worden ist oder weil der Kläger die Hauptforderung aus anderen Gründen nicht weiterverfolgt, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung "emanzipiert" hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (vgl. BGH NJW 2013, 2123 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall wird zwar ein Teil der Hauptsacheforderung (vgl. hierzu auch Tatbestand des Ersturteils S. 2), der durch das Ersturteil abgewiesen wurde, weiterverfolgt. Da aber, wie der Kläger zutreffend vorträgt, wegen des fehlenden Kostensprungs die Frage der Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten von der Berechtigung des jetzt noch geltend gemachten Hauptsachebetrags hier unabhängig ist, liegt das eine Werterhöhung ausschließende Abhängigkeitsverhältnis nicht mehr vor, die vorgerichtlichen Nebenkosten haben sich in diesem Fall von der sie bedingenden Forderung emanzipiert. Die Addition aus der noch offenen Hauptsache und den vorgerichtlichen Anwaltskosten übersteigt die Berufungssumme des § 511 II Nr. 1 ZPO und bestimmt auch den Berufungsstreitwert.

II. Das Ersturteil kann bezüglich der abgewiesenen Sachverständigengebühren, des Rests der Kostenpauschale sowie der vorgerichtlichen Anwaltskosten weitgehend keinen Bestand haben.

1. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 II BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH VersR 1974, 90). Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl. BGH NJW 1995, 446, 447). Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. BGHZ 54, 82, 85 und 61, 346, 349 f.). Diese Voraussetzungen sind zwar der Schadensminderungspflicht aus § 254 II BGB verwandt. Gleichwohl ergeben sie sich bereits aus § 249 BGB, so dass die Darlegungs- und Beweislast hierfür beim Geschädigten liegt (vgl. BGHZ 61, 346, 351).

a) Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise erkennbar über den üblichen (vgl. § 632 II BGB), so sind diese Kosten nicht geeignet, als erforderlich i. S. d. § 249 BGB zu gelten. Der erforderliche Geldbetrag ist vom Tatrichter anhand tragfähiger Anknüpfungstatsachen gemäß § 287 ZPO zu ermitteln (vgl. BGH NJW 2014, 3151). Auch der Senat geht davon aus, dass die Bagatellschadensgrenze bei 750,00 € anzusetzen ist, d. h., dass darunter eine Beauftragung eines eigenen Sachverständigen durch den Geschädigten nicht erforderlich ist und er deshalb keine Erstattung der Kosten durch den Schädiger/dessen Versicherung erhält. Aufgrund der hier vorliegenden Schadenshöhe durfte der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Feststellung seines Schadens beauftragen, die hierfür aufgewendeten Kosten sind ersatzfähig, soweit sie erforderlich waren. Grundsätzlich ist weiter darauf hinzuweisen, dass es sachgerecht ist, die Höhe des Grundhonorars von der Höhe des Schadensbetrags abhängig zu machen (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 356).

b) Wegen der für den Geschädigten bestehenden Schwierigkeit der Ermittlung der üblichen Sachverständigenhonorare erscheint es dem Senat im Übrigen ab dem 01.01.2016 für sachgerecht, dass in den Fällen, in denen auch nur teilweise eine Erstattung der Kosten für ein Schadensgutachten durch einen Unfallgegner oder dessen Haftpflichtversicherung in Betracht kommt, der Sachverständige im Rahmen seiner aus dieser Dreiecksbeziehung resultierenden Aufklärungspflicht gegenüber dem Auftraggeber (als Nebenpflicht des Gutachtensauftrags) verpflichtet ist, spätestens in der Sachverständigenkostenrechnung schriftlich darauf hinzuweisen, wenn er über den üblichen Sätzen gemäß §§ 249, 633 II BGB liegt und deshalb für den Auftraggeber die Gefahr besteht, dass die gegnerische Versicherung den überschießenden Betrag nicht bezahlt. Werden Honorarverhandlungen vor dem Abschluss des Gutachtensauftrags geführt, hat der Hinweis zu diesem Zeitpunkt schriftlich (etwa im Rahmen eines Kostenvoranschlags) zu erfolgen und muss im Streitfall nachgewiesen werden. Hierauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 14.12.2015 (Bl. 103/109 d. A.) hingewiesen.

Vorstehende Ausführungen haben im Einzelnen dann folgende Konsequenzen:

aa) Hat der Sachverständige ordnungsgemäß aufgeklärt, kann sich der Geschädigte selbst in Fällen subjektiver Schadensbetrachtung (vgl. hierzu Hinweis des Senats vom 12.03.2015 Ziff. II 2, SP 2015, 200) nicht mehr darauf berufen, er habe nicht erkennen können, dass unübliche Sätze verlangt werden. In diesem Fall kann der Geschädigte deshalb vom Schädiger/dessen Versicherung maximal nur die üblichen Sätze (§ 632 II BGB) verlangen.

bb) Falls der Geschädigte vom Sachverständigen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde (bzw. der Sachverständige dies im Streitfall nicht nachzuweisen vermag), bekommt der Geschädigte (nicht aber der klagende Sachverständige, § 242 BGB) in Fällen subjektiver Schadensbetrachtung die volle Kostenrechnung des Sachverständigen (bis zur Grenze der Evidenz überhöhter Kosten, vgl. Hinweis vom 12.03.2015, Ziff. II 6, a. a. O.) erstattet, ist aber verpflichtet, seine Rückforderungsansprüche gegenüber dem Sachverständigen an die Versicherung/den Schädiger abzutreten (vgl. hierzu Hinweis vom 12.03.2015, a. a. O., Ziff. II 8).

cc) Handelt es sich um keinen Fall der subjektiven Schadensbetrachtung (vgl. hierzu Hinweis vom 12.03.2015, Ziff. II 3, a. a. O.), erhält der Geschädigte oder der Sachverständige nur die üblichen Sätze.

c) Bei einem Standardgutachten zur Feststellung eines Kraftfahrzeugschadens kann nach Auffassung des Senats gemäß § 287 I ZPO die Honorarbefragung des BVSK 2015 (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V.; http://www.bvsk.de/fileadmin/download/HONORARBEFRAGUNG-2015-Gesamt.pdf) als übliche Vergütung herangezogen werden (siehe hierzu auch LG Fulda, Urt. vom 24.04.2015, Az. 1 S 177/14 [juris], noch zu BVSK 2013). Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Gutachten außerhalb des Gerichtsbezirks des OLG München beauftragt und/oder erstellt wurde, da die Honorarbefragung bundesweit erfolgte. Entsprechend der Honorarbefragung können bei Spezialgutachten Stundenverrechnungssätze von 150,00 € bis 200,00 € (plus Nebenkosten) akzeptiert werden.

d) Soweit Tatrichter ab dem 01.01.2016 folgende Sätze zugrunde legen, ist eine dementsprechende Schätzung nicht zu beanstanden:

aa) Das angemessene Grundhonorar (ohne Mehrwertsteuer) bestimmt sich nach dem BVSK 2015 HB V Korridor, wobei grundsätzlich der untere Betrag des Korridors anzuwenden ist, dazu kommen 50% Aufschlag des oberen Betrags minus des unteren Betrags des Korridors, wenn der Sachverständige öffentlich bestellt und allgemein vereidigt ist, und/oder 50% Aufschlag des oberen Betrags minus des unteren Betrags des Korridors, wenn der Sachverständige seinen Sitz in München oder im Landkreis München hat (diese örtliche Differenzierung kann auch in weiteren Städten und/oder Regionen veranlasst sein). Dies rechtfertigt sich darin, dass in diesem Korridor die Mehrheit der BVSK-Mitglieder (50 bis 60%) je nach Schadenhöhe abrechnen und es sich daher um die übliche Vergütung eines Sachverständigen für ein Standardschadensgutachten handelt. Bei dieser Honorarbefragung handelt es sich - soweit ersichtlich - um die einzige überhaupt vorhandene Liste über die Abrechnungspraxis von Schadensgutachtern auf breiterer Tatsachengrundlage. Die Entscheidung des BGH vom 22.07.2014 (Az. VI ZR 357/13) hat die BVSK-Umfrage 2013 lediglich hinsichtlich der Nebenkostenumfrage für nicht tragfähig erachtet. Die BVSK-Umfrage 2015 hat dem ausdrücklich im Hinblick auf die Entscheidung des BGH Rechnung getragen, so dass eine Verwertbarkeit der Honorarbefragung 2015 des BVSK jedenfalls im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des BGH nicht ausgeschlossen ist. Da weder Sachverständige noch die Versicherungswirtschaft belastbare anderslautende Erhebungen vorgelegt haben und die Abrechnungstableaus einzelner Versicherungen naturgemäß keine verlässlichen Zahlenwerke beinhalten, da sie ausschließlich von der Interessenlage der jeweiligen Versicherung geprägt sind, ist eine alternative tragfähige Schätzgrundlage nicht ersichtlich.

bb) Dementsprechend und auch inhaltlich vertretbar sind Nebenkosten (ohne Mehrwertsteuer) entsprechend der BVSK 2015-Vorgabe als angemessen anzusehen, erstattungsfähig sind die für die Erstellung eines ordnungsgemäßen Gutachtens erforderlichen Nebenkosten deshalb nur bis zu:

- Fahrtkosten: 0,70 €/km

- Fotokosten mit 2,00 €/Lichtbild und 0,50 € je Lichtbild des zweiten Fotosatzes

- Porto/Telefon pauschal 15,00 €

- Schreibkosten mit 1,80 €/Seite und 0,50 €/Kopie.

Weitere Nebenkosten sind nicht erstattungsfähig, da sie entsprechend der Umfrage nicht üblich sind, letztlich als Teil des Grundhonorars und nicht als gesondert zu vergüten anzusehen sind. Beispielsweise können hierzu genannt werden Stundenlöhne für die Fahrtzeit, Kosten für Datenbanken (z. B. AUDATEX etc.) oder Kosten für den Ausdruck des Originalgutachtens.

cc) Angemessen sind weiter die zur Schadensfeststellung erforderlichen Zusatzleistungen gegen Nachweis: beispielsweise das Auslesen eines Fehlerspeichers, eine Achsvermessung, etc., bei Achsvermessung und Karosserievermessung aber nur bis maximal des Zusatzleistungen-Korridors HB V der Honorarbefragung BVSK 2015.

dd) Worauf der Senat bereits im Beschluss vom 12.03.2015 (dort Ziff. II 7, a. a. O.) hingewiesen hat, kommt eine Beanstandung einer Rechnung eines Sachverständigen entgegen der noch im Hinweis vom 14.12.2015 mitgeteilten Rechtsauffassung trotz überzogener Nebenkosten, eigentlich unzulässiger Nebenkostenarten oder zu hoher Zusatzleistungen nur dann in Betracht, wenn der Gesamtbetrag der Honorarrechnung über der Summe des oben genannten erstattungsfähigen Grundhonorars sowie der erstattungsfähigen Nebenkosten liegt. Es kann nicht der Sachverständige benachteiligt werden, der ein niedrigeres Grundhonorar, dafür aber höhere Nebenkosten verlangt (oder umgekehrt), wenn das Gesamthonorar andere Gesamthonorare von Sachverständigen in vergleichbaren Fällen nicht übersteigt.

ee) Am Rande wird darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Sachverständige sich ab 01.01.2016 zu seinem Gutachten auf Anfrage der Versicherung inhaltlich zu rechtfertigen hat (etwa weil die Versicherung das Gutachten durch eigene Gutachter überprüfen ließ und Einwände erhebt) und sich ergibt, dass das Gutachten nicht oder nur geringfügig (bis 5% Abweichung gegenüber der im Gutachten ausgewiesenen Gesamtbeträge für Reparaturkosten, Wertminderung, Wiederbeschaffungswert oder Restwert, etc.) zu beanstanden ist, kann der Sachverständige für die Rechtfertigung des Gutachtens einen Betrag von 50,00 € ohne Nebenkosten verlangen, in allen anderen Fällen erhält er hierfür keine Vergütung. Für die Rechtfertigung seiner Kostenrechnung alleine kann der Sachverständige keine Entschädigung verlangen. Bewegt er sich im Rahmen der oben gekennzeichneten üblichen Vergütung, kann er deshalb pauschal auf die Rechtsprechung des Senats Bezug nehmen, überschreitet er den Rahmen, ist er kostenfrei zur Erläuterung der Kostenrechnung verpflichtet.

ff) Die Heranziehung der oben genannten Schätzgrundlage der BVSK Honorarbefragung 2015 muss nur dann unterbleiben, wenn derjenige, der diese als unangemessen angreift, konkret darlegt und beweist, dass die Honorarbefragung die Abrechnungspraxis im Bezirk des eingeschalteten Sachverständigen nicht zutreffend wiedergibt (vgl. hierzu auch LG Fulda, a. a. O.).

Eine ausreichende Erschütterung der Honorarbefragung des BVSK verlangt mehr als die bloße Behauptung, die üblichen Sätze seien im jeweiligen Bezirk höher oder niedriger unter Beifügung eines Sachverständigenbeweisangebots. Ein substantiierter Vortrag erfordert nach Auffassung des Senats die konkrete Darstellung anhand von Bezugsfällen der Abrechnungspraxis von mindestens 10% der Schadensgutachter des relevanten Bezirks über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten vor Rechnungsstellung des streitigen Gutachtens (vgl. für einen vergleichbaren Fall von Substantiierungslast bei Einwendungen gegen die „Schwacke-Liste“ BGH VersR 2006, 986 [987], st. Rspr., zuletzt VersR 2010, 1054 [1055]; 2011, 643 f. und NJW 2011, 1947; Senat, Urt. v. 28.07.2006 - 10 U 2237/06 = DAR 2006, 692; OLG Stuttgart DAR 2009, 650 und NZV 2011, 556 ff.; OLG Köln NZV 2009, 447; SVR 2009, 384).

e) Für die noch anhängigen Altfälle vor dem 01.01.2016 wie dem Vorliegenden ist von Folgendem auszugehen:

aa) In den Fällen, in denen dem Geschädigten die Vorteile der subjektiven Schadensbetrachtung zuzubilligen sind, hat der Schädiger die Kosten des Sachverständigen (falls er diesen wegen der Höhe des Schadens beauftragen durfte) voll zu übernehmen (außer der Sachverständige macht auch für den Laien ersichtlich überhöhte Kosten geltend, siehe hierzu Beschluss des Senats vom 12.03.2015, Ziff. II 8, a. a. O.).

bb) In allen anderen Fällen erhält der Geschädigte/der Sachverständige die vollen Kosten nur dann, wenn der Gesamtbetrag die obigen Sätze einschließlich eines Schätzbonuses von 15% des Gesamtbetrags einhält (§ 287 ZPO), in allen anderen Fällen ist auf diesen zu kürzen. Eine Verwendung der obigen Sätze ist jedenfalls für den Zeitraum 2014 bis 2015 sachgerecht, da die Honorarumfrage in dieser Zeit durchgeführt wurde.

cc) Im vorliegenden Fall führt dies bezüglich der Sachverständigenkostenrechnung des Sachverständigen Unfug vom 17.04.2014 zu folgenden Konsequenzen:

Der Gesamtbetrag der Abrechnung des Sachverständigen (779,00 € netto, 927,01 € brutto) liegt unter dem Gesamtbetrag des potentiell Berechtigten nach BVSK 2015 plus eines Schätzbonuses von 15% (jeweils netto: Grundhonorar 665,- € [der Sachverständige ist öffentlich bestellt und hat seinen Sitz in München], Fahrtkosten 28 x 0,70 € = 19,60 € [der Geschädigte ist nicht verpflichtet, nur den ortsnächsten Sachverständigen auszusuchen], Lichtbilder 18 x 2,- € = 36,- € und Kopien 66 x 0,50 €, ergibt insgesamt 866,64 € netto, 1.031,30 € brutto). Das Landgericht hat zwar grundsätzlich zutreffend, weil es sich insoweit um unübliche Nebenkostenarten handelt, (jeweils netto) Kosten für die AUDATEX-Datenbank in Höhe von 14,50 €, Kosten für den Ausdruck des Gutachtens in Höhe von 61,60 € und 37,50 € bezüglich der Fahrtzeitkosten als unbegründet angesehen. Wie oben ausgeführt wurde, scheidet eine Kürzung der Sachverständigenkosten jedoch aus, wenn sich der Sachverständige insgesamt mit seiner Abrechnung noch in einem üblichen Rahmen bewegt. Dies ist hier der Fall, so dass der Kläger über die von der Beklagten bezahlten 715,04 € hinaus einen begründeten Anspruch von 211,97 € hat.

2. Bezüglich der Unkostenpauschale hat der Kläger vorgetragen, dass bezüglich einer angeblichen Zahlung der Beklagten von 40,- € ein Eingabefehler in der Klagebegründungsschrift vorlag, tatsächlich nur 20,- € bezahlt wurden. Da dies von der Beklagten (auch nach Hinweis vom 14.12.2015) nicht bestritten wurde, ist die Berufung in Höhe weiterer 5,- €, wie gefordert, begründet, entspricht die Zubilligung einer allgemeinen Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € der langjährigen Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu Berufungserwiderung vom 17.04.2015, S. 2 m. w. N.).

3. Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 729,23 € (vgl. zur im Ergebnis zutreffenden Berechnung auf Seite 3 der Berufungsbegründung). Die Höhe des Anspruchs wurde von der Beklagten in der Berufung nicht bestritten.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten im Schadensersatzprozess neben der Hauptsache geltend gemacht werden (BGH VersR 2007, 265; Senat AnwBl. 2006, 768 f., st. Rspr., vgl. etwa Urt. v. 21.6.2013 - 10 U 1206/13 [juris Rz. 9]). Nach § 249 I, II 1 BGB sind diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten in Form vorprozessualer Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (Senat a. a. O.). Als erforderlich sind die nach dem Urteil begründeten Forderungen anzusehen (BGH MDR 2008, 351 [352]; Senat a. a. O.). Auch bei sog. einfachen Regulierungssachen handelt es sich um eine durchschnittliche Angelegenheit, bei der die Berechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG angemessen ist (BGH AnwBl. 2007, 154 ff.; Senat a. a. O.).

Nach Bezahlung kann der Geschädigte Zahlung, vor Bezahlung Freistellung (§ 257 BGB) verlangen. Aus prozessualer Sicht gilt jedoch, dass bei unbezahlter Rechnung dann, wenn sich der Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung wie hier ernsthaft weigert, Schadensersatz zu leisten (BGH NJW 2004, 1868; NJW-RR 2011, 910 jew. m. w. N.), was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten (z. B. einem Klageabweisungsantrag) liegen kann (BGH NJW-RR 2011, 910), der Geschädigte sich nicht auf einen Freistellungsanspruch nach § 257 BGB verweisen lassen muss (BGH NJW 1970, 1122 [wo ein Zahlungsanspruch ohne weiteres angenommen wird]; Senat AnwBl 2006, 768 f., st. Rspr., zuletzt DAR 2014, 673 f.; LG Hamburg SP 2013, 32; AG München, Urt. vom 03.04.2009 - 343 C 15534/08 [juris, dort Rz. 28]; AG Karlsruhe NZV 2005, 326 = SP 2005, 144 = zfs 2005, 309 = AGS 2005, 253 = JurBüro 2005, 194; AG Kaiserslautern DV 2014, 238 ff.), weil sich dieser gem. § 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch verwandelt hat (BGH a. a. O.; LG Hamburg a. a. O.). Der Kläger kann dementsprechend hier unabhängig von der Frage, ob er seinen Anwalt bereits bezahlt hat, Leistung an sich verlangen.

4. Der Kläger kann lediglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz geltend machen. Einen höheren Schaden (5%) hat er weder dargelegt, noch ist dieser ersichtlich. Verzug ist auch erst mit dem 22.06.2014 (vgl. hierzu bereits das Ersturteil S. 8) eingetreten.

Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass mit dem Schreiben des Klägers vom 23.04.2014 ein spezifiziertes Anspruchsschreiben vorlag (vgl. Ersturteil S. 7). Der Kläger hat in der Berufung auch vorgetragen und durch Vorlage der Anlage KB 1 dargelegt, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt alle damals vorhandenen Unterlagen als E-Mail-Anhang an die Beklagte übersandt hat. Dies hat die Beklagte in der Berufungserwiderung unstreitig gestellt. Dennoch befand sich die Beklagte aber noch nicht ab 30.05.2014, wie vom Kläger beantragt, in Verzug. Denn der Kläger hat mit Schreiben vom 19.05.2014 eine abgeänderte und erweiterte Schadensberechnung an die Beklagte übermittelt. Der Beklagten war daher ab dem Zugang dieses Schreibens eine (teilweise erneute, verlängerte) Prüffrist von jedenfalls 4 Wochen zuzubilligen, so dass Verzug erst mit dem 22.06.2014 eingetreten ist (so bereits zutreffend das Erstgericht).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 I, 92 I ZPO.

Entgegen seiner Rechtsauffassung hat der Kläger hinsichtlich des in erster Instanz zurückgenommenen Teils (7.547,56 €, vgl. S. 2 des Ersturteils) die Kostenlast zu tragen. Der zusätzlich zugesprochene Betrag bezüglich der Sachverständigenkosten und der Unkostenpauschale rechtfertigt eine Abänderung der vom Landgericht vorgenommenen Kostenverteilung nicht.

Die am 30.05.2014 eingereichte Klage wurde am 04.07.2014 an die Beklagte zugestellt, die relevanten weiteren Zahlungen der Beklagten erfolgten am 04.06. und 03.07.2014 (vgl. klägerischer Schriftsatz vom 20.08.2014, Bl. 22/23 d. A.). Es handelte sich damit um Zahlungen zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit. Für diesen Fall sollte die Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 20.08.2014 als Klagerücknahme anzusehen sein. Gemäß § 269 III 3 ZPO bestimmt sich die Kostentragungspflicht in einem derartigen Fall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Für die Kostentragungspflicht bei § 269 III 3 ZPO ist der Rechtsgedanke des § 93 ZPO heranzuziehen, also ob die Beklagte Anlass zur Klagerhebung gegeben hat (vgl. OLG Koblenz SVR 2015, 309). Nach den oben unter der Ziff. II 4 getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass bei Klageerhebung am 30.05.2014 die Beklagte noch nicht in Verzug war. Vor Ablauf der im Einzelfall festzustellenden Prüfungsfrist (vgl. OLG Koblenz, a. a. O.) gibt die beklagte Haftpflichtversicherung noch keinen Anlass zur Klageerhebung. Dies gilt vor allem auch dann, wenn bereits eine Teilleistung erfolgte und der vorprozessuale Schriftverkehr keinen Anlass für eine Befürchtung des Geschädigten gibt, die Versicherung werde die klägerischen Ansprüche, jedenfalls hinsichtlich der wesentlichen Schadenspositionen dem Grunde und der Höhe nach, bestreiten.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen regionalen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Bundesgerichtshof hatte bereits mehrfach die Gelegenheit, zur Frage der Höhe der Sachverständigenkosten und vergleichbarer Schadenspositionen Stellung zu nehmen. Dort wurde dem Tatrichter, gerade auch in regionaler Hinsicht, im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ein Beurteilungsspielraum zugebilligt, der eine (bundes-)einheitliche Regelung nicht erfordert.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten vom 29.09.2014 gegen das Endurteil des LG München Il vom 21.08.2014 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 II 1 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.

Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 II 1 Nr. 1-3 ZPO); eine solche ist auch nicht aus sonstigen Gründen geboten {§ 522 II 1 Nr. 4 ZPO).

2. Es wird hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben (§ 522 II 2 ZPO).

Der Hinweis nach § 522 II 2 ZPO dient nicht der Verlängerung der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist (OLG Koblenz NJOZ 2007, 698); neuer Sachvortrag ist nur in den Grenzen der §§ 530, 531 II 1 ZPO zulässig (BGHZ 163, 124), wobei die Voraussetzungen des § 531 II 1 ZPO glaubhaft zu machen sind (§ 531 II 2 ZPO).

3. Nach derzeitiger Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen dieser Frist zu prüfen (im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gem. Nr. 1222 Satz 2 KV-GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0).

4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 4.238,99 € festzusetzen.

Gründe

I. Eine mündliche Verhandlung ist nicht gem. § 522 II 1 Nr. 4 ZPO geboten.

Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits für die Berufungsführerin aufgrund der Natur des Rechtsstreits ist vorliegend nicht gegeben: Der Rechtsstreit betrifft Schadensersatzansprüche wegen Sach- und Vermögensschäden im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall.

Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits ist auch nicht wegen der Höhe des in Streit befindlichen Betrages gegeben. Die absolute Höhe des Betrages ist grundsätzlich nicht entscheidend (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.2.2012 - 10 U 817/11 [juris Rz. 28]; r+s 2013, 450 [451 für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von knapp 400 €]; OLG Hamm, Beschl, v. 18.9.2013 - 3 U 106/13 [juris Rz. 1] in einer Arzthaftungssache; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 25.11.2013 - 18 U 1/13 [Juris Rz. 22)). Eine Gefährdung der wirtschaftliche Existenz des Berufungsführers (vgl. zu dieser Fallgestaltung OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.8.2012 - 21 U 34/11 (juris Rz. 4; Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschl. des BGH v. 20.2.2014 - VI! ZR 265/12 zurückgewiesen]; Stackmann JuS 2011, 1087 [1088 unter II 4]) ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.

Sie scheidet im Übrigen deshalb aus, da der Berufungsstreitwert unter dem Betrag liegt, für welchen eine Anfechtbarkeit nach § 522 III ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO gegeben ist, woraus zu folgern ist, dass der Rechtsstreit keine die Existenz der Berufungsführerin berührende Bedeutung hat (vgl. zum Zusammenhang von „existentieller Bedeutung“ des Rechtsstreits für die beschwerte Partei und Wert des Beschwerdegegenstands vgl. Holch, Die Rechtsmittelpraxis aus der Sicht der Landesjustizverwaltung, in: Gilles/Röhl/Schuster/Strempel [Hrsg.], Rechtsmittel im Zivilprozess, 1985, S. 93 ff.).

II. Die Berufung ist auch offensichtlich unbegründet (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO).

1. Eine offensichtliche Unbegründetheit ist gegeben, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe (solche sind nur eine Rechtsverletzung [§ 513 I Var. 1 i. Verb. m. § 546 ZPO], eine unrichtige Tatsachenfeststellung [§513 1 Var. 2 i. Verb. m. § 529 i Nr. 1 ZPO] oder das Vorbringen neuer berücksichtigungsfähiger Angriffs- und Verteidigungsmittel [§ 513 I Var. 2 i. Verb. m. §§ 529 I Nr. 2, 531 II ZPO]) das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können (vgl. BVerfG NJW 2002, 814 [815]). Offensichtlichkeit setzt aber nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit gewissermaßen auf der Hand liegt, also nur dann bejaht werden dürfte, wenn die Unbegründetheit der Berufung anhand von paratem Wissen festgestellt werden kann (BVerfG EuGRZ 1984, 442 f.); sie kann vielmehr auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein (vgl. BVerfGE 82. 316 [3191]).

2. Dem Senat ist es nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Stuttgart VRS 122 [2012] 340; OLG Düsseldorf v. 10.4.2012 - 2 U 3/10 [juris]; OLG Köln v 20.4.2012 - 5 U 139/11 [juris]; KG RdE 2013, 95; OLG Koblenz VersR 2013, 708; OLG Hamm VersR 2013, 604).

3. Dies zugrunde gelegt, nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hervorragend begründete Entscheidung des LG München II Bezug, in der zu allen relevanten Punkten zutreffend Stellung genommen worden ist.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu bemerken:

a) Angesichts der als Anlage K 1 vorgelegten Mietwagenrechnung ist der Einwand der Beklagten, der Klägerin seien Mietwagenkosten nicht in Rechnung gestellt worden, nicht nachzuvollziehen. Da die Beklagte auf diese Rechnung bereits einen Teilbetrag bezahlt hat (deklaratorisches Schuldanerkenntnis), ist der jetzige Einwand, die Anmietung eines Kraftfahrzeugs sei nicht erforderlich gewesen, verwirkt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass angesichts der unstreitigen Kilometerleistung ein Bezweifeln der Erforderlichkeit unverständlich ist. Dem Senat ist ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung unbekannt, wonach der Geschädigte verpflichtet wäre, von der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs abzusehen, wenn er durchschnittlich pro Tag „nur“ ca. 69 km fahren will. Im Hinblick auf die Angaben der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass bei gefahrenen 1.448 Kilometern an 21 Tagen eine Erforderlichkeit nicht abgesprochen werden kann. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, dem Schädiger für jeden einzelnen Kilometer darzulegen, wohin er mit dem Ersatzfahrzeug gefahren ist (vgl. auch KG OLGZ 1976, 193).

b) Das Landgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich der Anspruch auf Freistellung der mit Anlage K 1 vorgelegten Mietwagenrechnung mit der Weigerung der Erfüllung der Verpflichtung seitens der Beklagten in einen Zahlungsanspruch wandelt (§ 250 S. 2 BGB). Im Übrigen fehlt jeder Nachweis, dass es sich bei der Klägerin um die Geschäftsführerin der ... Autovermietung ... handelt Wenn sich die Beklagte dem Impressum der Homepage und nicht der Teamseite zugewandt hätte, hätte sie feststellen können, dass die geschäftsführenden Gesellschafter die Herren ... sind (vgl. ...). Eine Berechtigung der Klägerin, .einfach ein anderes Fahrzeug aus dem Fuhrpark der Mietwagenfirma ... Autovermietung“ zu nehmen (vgl. S. 4 der Berufungsbegründung), ist nicht ersichtlich. Die Klägerin war nicht verpflichtet, sich zur Entlastung der Beklagten bzw. deren Haftpflichtversicherung fremde Fahrzeuge „anzueignen“. Die weiteren Unterstellungen der Beklagten, die Klägerin könne sich nach freiem Belieben und vor allem ohne Kostenerstattung im Fuhrpark ihrer Arbeitgeberin bedienen, sind ersichtlich ohne jegliche Tatsachengrundlage und „ins Blaue hinein“ vorgetragen worden und daher unbeachtlich.

c) Wenn der Verkehrsunfallgeschädigte wie hier nicht dartun kann, dass er mit der konkreten Anmietung eines Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt, und auch keine Umstände ersichtlich sind, die es bei einer subjektbezogenen Schadensbetrachtung als geboten erscheinen lassen, u.U. auch nicht erforderliche Mietwagenkosten zu ersetzen (zu Ziff. 5 und 6 der Berufungsbegründung}, dann muss zur Schadensermittlung auf die objektive Marktlage rekurriert werden; denn dann kommt es im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung entscheidend darauf an, zu welchen Bedingungen der Geschädigte einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte.

Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen „Normaltarifes“ ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Der Tatrichter ist grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die „Schwacke-Liste“ noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden „Normaltarif“ - abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen {OLG Düsseldorf, MDR 2015, 454; BGH, NJW 2013, 1539; BGH NJW2011, 1947).

Im vorliegenden Fall Ist ein Rechtsfehler des Erstgerichts nicht ersichtlich, soweit es den von der ... Autovermietung geforderten Mietwagennormaltarif (so ausdrücklich die Anlage K 1) an der Schwacke-Liste bemessen hat und dann im Rahmen des Schätzungsermessen des § 287 ZPO den geforderten Betrag als angemessen ansah.

Da die Beklagte nicht aufgezeigt hat, dass es von anderen Anbietern für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung deutlich günstigere Angebote gab, jedenfalls ergeben sich diese nicht aus den vorgelegten Anlagen (B 3 - 5: die Vergleichsangebote beziehen sich weder auf vergleichbare Bedingungen [tägliche Verfügbarkeit), auf den Ort noch auf die Zeit der Anmietung), konnte das Landgericht nach der Rechtsprechung des BGH (s.o.) rechtsfehlerfrei die Schwacke-Liste entsprechend seiner durchgreifenden Begründung, zu der die Berufungsklägerin nicht Substantielles äußert, heranziehen. Es bedurfte auch nicht der Erholung eines Sachverständigengutachtens. Insoweit fehlt es an der zunächst erforderlichen substantiierten Darlegung des Schuldners im oben genannten Sinn. Auch im Schadensersatzprozess ist es im Bereich des § 287 ZPO nicht notwendig, letztlich von Amts wegen ohne Vortrag mittels eines Gutachtens zu ermitteln, ob für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung deutlich günstigere Angebote vorgelegen haben könnten. Ein Zwang, die Schätzung nach der Fraunhofer Liste zu bemessen, besteht nach der klaren Rechtsprechung des BGH gerade nicht (vgl. BGH NJW 2011, 1947).

d) Das Landgericht durfte auch Zusatzkosten bezüglich Navigationssystem und Autotelefon zusprechen. Ausweislich der vorgelegten Anlage K 6 (nach dem unstreitigen Tatbestand - S. 3 des Ersturteils - wurden die Reparaturkosten von der Haftpflichtversicherung der Beklagten voll beglichen), dort S. 5, verfügte das verunfallte Fahrzeug über die (Sonder-)Ausstattung „Navigationssystem Professional“. Im Navigationssystem Professional kann eine integrierte Handyvorbereitung Bluetooth enthalten sein (vgl. http://www.bmwarchiv.de/pdf/254.pdf.). Da die Klägerin im Schriftsatz vom 31.05.2012 unwidersprochen vorgetragen hat, dass das verunfallte Fahrzeug über eine Freisprecheinrichtung verfügte, war im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens ein Zusprechen dieser Kosten auch ohne Durchführung einer Beweisaufnahme rechtlich unbedenklich.

e) Da die vorgelegten Alternativangebote nicht vergleichbar sind, worauf im Einzelnen das Erstgericht und ausführlich zutreffend die Berufungsbeklagte in ihren berufungserwidernden Schriftsätzen hingewiesen hat, und, da das Erstgericht nicht verpflichtet war, die Fraunhofer Liste zu verwenden (s.o.), liegt der Hinweis der Berufungsklägerin auf eine Nichtersatzfähigkeit der Haftungsbefreiung neben der Sache.

III. Da, wie aus dem Vorstehenden erhellt, auch die Voraussetzungen des § 522 II 1 Nr. 2 und 3 ZPO vorliegen, beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 II 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.