Landgericht München I Endurteil, 17. Juni 2015 - 15 O 860/14

bei uns veröffentlicht am17.06.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 43.624,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen unionsrechtlicher Staatshaftung geltend.

Mit Zwischenurteil vom 19.11.2014 hatte das Landgericht München I wie folgt gesondert über die Zulässigkeit der Klage entschieden:

  • 1.Die Klage ist zulässig.

  • 2.Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Zu den Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Zwischenurteils vom 19.11.2014 Bezug genommen (Bl. 89 ff. d.Akten). Das Zwischenurteil wurde beiden Parteivertretern am 25.11.2014 zugestellt. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt.

Der Kläger trägt ergänzend zu dem ihm entstandenen Schaden vor, dass ihm auch dann ein quantitativ vergleichbarer Vermögensschaden entstanden wäre, wenn er sich alternativ dem deutschen Sozialversicherungssystem angeschlossen hätte.

Bei Anwendung der Versorgungsordnung des EPA führe der Bedienstete 9,7 % des Grundgehaltes zur Altersvorsorge ab und die EPA führe noch 19,4 % des Grundgehaltes hinzu. Für die Krankenversicherung führe der Bedienstete 2,4 % des Grundgehaltes ab und für die Pflegeversicherung ein Drittel von 0,4 % des Grundgehaltes.

Bei der alternativen Option „Deutsche Sozialversicherung“ dagegen hätte der Kläger 9,95 % in seine Altersvorsorge einbezahlen müssen und die EPA hätte ebenfalls 9,95 % bezahlt. Der Kläger wäre dadurch mit 0,25 % mehr belastet gewesen, was einem Betrag von ca. 500,00 € monatlich entspreche. In die Krankenversicherung hätte er des weiteren 8,2 % einzahlen müssen, so dass ihm eine Mehrbelastung von 5,8 % entstanden wäre. Auch für die Pflegeversicherung wäre der Beitragssatz mit 1,025 % und damit um 0,89 % höher gewesen. Schließlich hätte der Kläger auch noch 1,5 % seines Grundgehaltes in die Arbeitslosenversicherung einzahlen müssen. Zuletzt sei zu berücksichtigen, dass die EPA-Krankenversicherung in allen Bereichen eine Behandlung als Privatpatient vorsehe, so dass er bei der Wahl des deutschen Systems die einfachere Absicherung über eine gesetzliche Krankenkasse durch eine zusätzliche private Versicherung hätte ergänzen müssen, um einen vergleichbaren Versicherungsstand zu haben. Dafür hätte er monatlich als Verheirateter 470 € und mit Familie noch etwas mehr aufwenden müssen.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.624,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 43.624,12 € seit dem 01.11.2013 sowie die vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.224,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, die Einzelheiten der Berechnung, und damit der behaupteten Vorteile der Versorgung aufgrund der Versorgungsordnung des EPA gegenüber dem deutschen Sozialversicherungssystem seien nicht nachvollziehbar. Eine Differenzierung dahingehend, dass eine Mindestzugehörigkeit für die Begründung von Pensionsansprüchen erforderlich sei, sei zulässig. Es handele sich gerade nicht um ein Privileg „permanent Bediensteter“.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22.10.2014 Bezug genommen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

A.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch wegen unionsrechtlicher Staatshaftung zu.

I.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (z.B. EuGH NJW 1992, 165 „Francovich“, NJW 1996, 1267 „Brasserie du Pècheur“, vgl. auch Palandt, 74. Auflage, § 839 BGB, Rdnr. 6; Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, § 839 BGB, Rn. 530; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S 605 ff) müssten folgende Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Mitgliedstaat der EU wegen Verletzung von Gemeinschaftsrecht gegeben sein:

1. Verletzung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, deren Inhalt hinreichend genau und unbedingt bestimmt ist.

2. Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die Vorschrift, welcher voraussetzt, dass das Organ die Grenzen, die das Gemeinschaftsrecht seinem Ermessen setzt, offenkundig und erheblich überschritten hat.

3. Schaden und unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden.

Die konkrete Anwendung der Voraussetzungen für die Haftung der Mitgliedstaaten für Schäden, die Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstanden sind, obliegt entsprechend den vom Gerichtshof hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten (vgl. EuGH vom 19.06.2014 „Specht“, Az: C-501/12).

II.

Der Kläger stützt seinen Anspruch darauf, dass die Beklagte der Durchsetzung der EG-Arbeitsverträge-Befristungs-Richtlinie 1999/1970/EG des Rates vom 28.06.1999 im Bereich der EPO keine Geltung verschafft hat.

1. Paragraph 4 der Richtlinie bestimmt unter der Überschrift „Grundsatz der Nichtdiskriminierung“:

1. „Befristet beschäftigte Arbeitnehmer dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.

3. Die Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmung werden von den Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner und/oder von den Sozialpartner unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt.

4. In Bezug auf bestimmte Beschäftigungsbedingungen gelten für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Betriebszugehörigkeitszeiten wie für Dauerbeschäftigte, es sei denn, unterschiedliche Betriebszugehörigkeitszeiten sind aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.“

In seiner Entscheidung vom 13.09.2007 in der Sache „Del Cerro Alonso“ (C-307/05) hat der EuGH bereits ausgeführt, dass die genannte Richtlinie auf alle Arbeitnehmer anwendbar ist, die entgeltliche Arbeitsleistungen im Rahmen eines mit ihrem Arbeitgeber bestehenden befristeten Arbeitsverhältnisses erbringen. Der Kläger war vom 01.02.2009 bis zum 31.12.2012 Bediensteter des Europäischen Patentamtes (EPA) und fällt damit in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie.

Aus der Entscheidung des EuGH ergibt sich desweiteren, dass die Richtlinie 1999/1970/EG und die dieser zugrunde liegende Rahmenvereinbarung den Zweck verfolgt, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf befristet beschäftigte Arbeitnehmer anzuwenden, um zu verhindern, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis von einem Arbeitgeber benutzt wird, um diesen Arbeitnehmern Rechte vorzuenthalten, die Dauerbeschäftigten zuerkannt werden.

In seinem Urteil vom 22.12.2010 in der Sache ... (C-444/09) hat der EuGH entschieden, dass Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge unbedingt und hinreichend genau bestimmt ist, um von Beamten auf Zeit vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat mit dem Ziel geltend gemacht werden zu können, dass ihnen Dienstalterszulagen für die Zeit vom Ablauf der den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie gesetzten Frist bis zum Inkrafttreten des nationalen Gesetzes zur Umsetzung dieser Richtlinie in das interne Recht des betroffenen Mitgliedstaats zuerkannt werden.

Aus beiden Entscheidungen ergibt sich damit, dass sich Arbeitnehmer, die in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, gegenüber dem jeweiligen Mitgliedstaat auch unmittelbar auf die Einhaltung der Richtlinie berufen können.

2. Insoweit kommt es vorliegend nicht auf die Auffassung der Beklagten an, die Richtlinie 1999/1970/EG bezwecke nicht den Schutz von Mitarbeitern zwischenstaatlicher Organisationen. Zwar ist insoweit zutreffend, dass zwischenstaatliche Einrichtungen regelmäßig nicht dem Unionsrecht unterliegen, da die Zusammenarbeit von Staaten im Rahmen solcher Organisationen nicht Teil des von der Union geschaffenen Rechts ist (EuGH, Urteil vom 30.09.2010, C-132/09; BSG, Urteil vom 20.05.2014, Az. B 10 EG 9/13 R, zitiert nach juris). Deshalb wendet das ILOAT auch im Rahmen des von ihm gewährten Rechtsschutzes Vorschriften des primären oder sekundären Unionsrecht nicht an. Der Vorwurf des Klägers geht aber dahin, dass die Beklagte dem sekundären Gemeinschaftsrecht bei der Einrichtung bzw. Verwaltung der supranationalen Einrichtung EPO nicht durch Einwirkung auf die übrigen Mitglieder Geltung verschafft hat.

III.

Die Kammer sieht jedoch durch die „Nichtdurchsetzung“ der Richtlinie 1999/1970/EG einen hinreichend qualifzierten Verstoß gegen Unionsrecht nicht als gegeben an. Denn die Versorgungsordnung der EPO würde – die Anwendbarkeit der Richtlinie auf diese Fallgestalltung unterstellt – im hier streitgegenständlichen Bereich nicht gegen § 4 der Richtlinie verstoßen.

1. Teil 2c des EPO-Kodex über „Beschäftsbedingungen für Vertragsbedienstete des Europäischen Patentamtes“ findet gemäß Art. 1 und 2 auf Bedienstete des Europäischen Patentamtes Anwendung, welche entweder auf der Grundlage von nicht verlängerbaren Arbeitsverträgen mit einer Maximallaufzeit von 36 Monaten oder zur Deckung eines sonstigen vorübergehenden Bedarfs mit einer maximalen Vertragsdauer von 5 Jahren (und einer ausnahmsweisen Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre) eingestellt wurden. Artikel 10 Absatz 1 dieses Teiles des EPO-Kodex verweist für die Besoldung, soziale Sicherheit und Versorgung der durch einen solchen Vertrag befristet Beschäftigten auf die Bestimmungen des Titel V des Beamtenstatus über die Besoldung und soziale Sicherheit. Artikel 10 Absatz 2 bestimmt, dass die (befristet) Bediensteten nach Maßgabe der Versorgungsordnungen dem für sie geltenden Versorgungssystem des Europäischen Patentamts angehören, soweit sie nicht von ihrem Wahlrecht in das nationale Versorgungssystem gemäß Art. 10 Absatz 3 Gebrauch gemacht haben. Damit wird in Teil 2c des EPO-Kodex im Hinblick auf das Versorgungssystem nicht zwischen befristet Beschäftigten und unbefristet Beschäftigten unterschieden, sondern vollumfänglich auf das damit für alle Beschäftigten geltende Versorgungssystem verwiesen.

Auch die Versorgungsordnung des Europäischen Patentamtes unterscheidet in Kapitel II „Ruhegehalt und Abgangsgeld“, Abschnitt 1 „Ruhegehalt“ nicht zwischen befristet Beschäftigten und unbefristet Beschäftigten. Damit ist eine Ungleichbehandlung der beiden Beschäftigungsgruppen weder nach Teil 2c des EPO-Kodex noch nach der Versorgungsordnung vorgesehen.

2. Die einzige Voraussetzung, die Artikel 7 der Versorgungsordnung in Abschnitt 1 für einen Anspruch auf Ruhegehaltszahlung enthält, ist die Ableistung von mindestens zehn anrechnungsfähigen Dienstjahren. Diese Voraussetzung ist bei den nach Teil 2c des EPO-Kodex befristet Beschäftigten im Regelfall nicht erfüllt, ebensowenig aber bei dauerhaft Beschäftigten, welche vor Ablauf der 10 Jahre durch Kündigung oder aus sonstigen Gründen aus dem Europäischen Patentamt ausscheiden.

a) Ob sich aus dieser Betriebszugehörigkeitsvoraussetzung für einen Ruhegehaltsanspruch tatsächlich eine Ungleichbehandlung zwischen befristet und unbefristet Beschäftigten ableiten lässt, hängt zum einen davon ab, wie viele dauerhaft Beschäftigte ebenfalls von der Regelung betroffen sind, und zum anderen, ob durch die Zahlung des Abgangsgeldes gemäß Art. 11 der Versorgungsordnung ein angemessener Ausgleich geschaffen wurde.

Für die erste Frage wäre die Kenntnis der genauen Beschäftigungsstruktur bei der EPA erforderlich. Die zweite Frage beantwortet Art. 11 der Versorgungsordnung, der ausdrücklich eine Ausgleichsregelung für diejenigen Beschäftigten und nur für diese enthält, die nicht ruhegehaltsberechtigt sind, mithin gemäß Art. 7 der Versorgungsordnung vor Ablauf von 10 Jahren aus der EPA ausgeschieden sind, und bei welchen keine Übertragung der Ruhegehaltsansprüche nach Art. 12 der Versorgungsordnung möglich ist. Nur für diese Personengruppe, unter welche auch der Kläger fällt, enthält Art. 11 erstens einen Anspruch auf Auszahlung der von ihrem Gehalt einbehaltenen Versorgungsbeiträge zuzüglich Zinseszinsen in Höhe von 4 % p.a., zweitens einen Anspruch auf Zahlung eines Abgangsgeldes in Höhe des letzten Gehalts für eineinhalb Monate, multipliziert mit der Anzahl der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre, und drittens eines Drittels der gemäß Art. 12 Absatz 1 an das Amt abgeführten Beträge. Damit sieht die Versorgungsordnung der EPA selbst einen Ausgleich für diejenigen Bediensteten – gleichgültig ob befristet oder unbefristet beschäftigt – vor, welche vor Ablauf von 10 Jahren ausscheiden und damit keinen Anspruch auf Ruhegehalt erworben haben. Bei der Höhe des Abgangsgeldes wird auch die Anzahl der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre durch Multiplikation mit dem letzten Gehalt berücksichtigt, so dass entsprechend der Höhe des Ruhegehaltes eine Staffelung nach der Anzahl der Dienstjahre erfolgt. Nachdem das Abgangsgeld nach Art. 11 Ziffer ii) nur an Beschäftigte bezahlt wird, die bei ihrem Ausscheiden keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt haben, stellt es nicht lediglich ein „Überbrückungsgeld“ dar, sondern dient tatsächlich einem Ausgleich für den fehlenden Ruhegehaltsanspruch. Es entspricht auch der Höhe nach (Abgangsgeld in Höhe von 20.196,60 €) annähernd den eingeklagten Arbeitgeberbeiträgen zum EPO-Pensionssystem in Höhe von 20.867,58 €.

b) Grundsätzlich stehen dem Dienstherrn bei der Gewährung von Ruhegehalt mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So könnte ein Ruhegehalt bereits ab dem ersten Tag der Dienstgehörigkeit gewährt werden, allerdings dann nur pro rata. Oder der Dienstherr entschließt sich, dem Bediensteten eine Mindestversorgung zu gewähren. Diese Fallgestaltung liegt dem hiesigen Rechtsstreit zugrunde. Die Gewährung einer Mindestversorgung hat der Dienstherr an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit geknüpft.

Für die Regelung einer Betriebszugehörigkeitsdauer als Voraussetzung für den Erwerb von Ruhegehaltsansprüchen besteht vorliegend ein sachlicher Grund gemäß Paragraph 4 Nr. 1 der Richtlinie 1999/70/EG.

Voraussetzung für das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nach der Rechtsprechung des EuGH (z.B. vom 01.03.2012, ... Az: C-393/10), dass die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entspricht und die Regelung zur Erreichung des Zieles geeignet und erforderlich ist. Dabei reichen weder reine Haushaltserwägungen noch die Befristung des Arbeitsverhältnisses als solches (vgl. EuGH vom 22.12.2010, ...: C-444/09).

aa) Eine bestimmte Betriebszugehörigkeitsdauer als Voraussetzung für den Erwerb von Ruhegehaltsansprüchen ist nicht nur bei einer Anstellung bei der EPA vorgesehen, sondern in verschiedenen europäischen Ländern. Entsprechende Regelungen lagen auch bereits Entscheidungen des EuGH zugrunde (z.B. EuGH vom 19.12.2012, ... C-363/11, vom 12.01.2010 ... C-229/08, vom 10.06.2010, ..., C-35/08 oder vom 04.02.2015, ... C-647/13), wobei die Frage der Betriebszugehörigkeitsdauer als Voraussetzung für den Ruhegehaltsanspruch als solches weder von den Parteien, noch vom EuGH jemals in Frage gestellt wurde. Bei den Entscheidungen ging es jeweils um Fragen der Berechnung der Betriebszugehörigkeit oder der Anrechnung von Zeiten der Beschäftigung in anderen europäischen Staaten. In der Entscheidung vom 19.06.2014, ... Az: C-501/12, weist der EuGH jedoch darauf hin, dass das Ziel der Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik darstellt. Ähnlich verhält es sich bei dem Anspruch auf ein Ruhegehalt, welcher erst mit dem Erreichen einer bestimmten Betriebszugehörigkeit entsteht und den Beschäftigten damit für die in dem Betrieb geleistete und dem Betrieb zugute gekommene Arbeit belohnen und für die Zeit seiner Pensionierung absichern soll. Dies zeigt sich auch daran, dass Artikel 10 Absatz 3 der Versorgungsordnung für die Höhe des Ruhegehaltes die Zahlung eines Mindestruhegehaltes vorsieht, um eine ausreichende Versorgung des ehemals Beschäftigten zu sichern. Eine solche Absicherung ist jedoch bei den nur kurzzeitig Beschäftigten nicht erforderlich, da diesen noch ausreichende Zeiten anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten verbleiben, um einen angemessenen Ruhegehaltsanspruch zu erwerben. Im Vergleich zu den über mehr als 10 Jahre Beschäftigten wäre diese Absicherung auch nicht sachgerecht, da sich dann bei mehrfach befristet Beschäftigten in unterschiedlichen Unternehmen eine Anhäufung von Ruhegehaltsansprüchen jeweils mit einem Mindestruhegehaltsbetrag ergäbe.

bb) Auch für den nationalen Bereich setzt die Bewilligung von Ruhegehalt den Ablauf einer Wartefrist voraus. Bereits das Reichsbeamtengesetz vom 31.03.1873 sah eine Wartefrist von 10 Jahren vor. In den Beratungen zu diesem Gesetz war die Frage der Wartefrist nicht problematisiert worden (vgl. die Sitzungsprotokolle des Reichstags zu den Beratungen am 18., 24. und 27.03.1873 unter .... Auch in den folgenden Beamtengesetzen, z.B. dem Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) als auch dem Bundesbeamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) ist in Art. 11 bzw. § 4 einen Anspruch auf Ruhegehalt ebenfalls erst ab einer Mindestdienstzeit (von 5 Jahren) vorgesehen. Die Regelung ist – soweit sie die Wartefrist betrifft – verfassungsgemäß (vgl. insoweit BVerfGE 3, 58 ff zu G 131, Rn. 229, zitiert nach juris).

cc) Schließlich differenziert auch die Europäische Union selbst nach Mindestzugehörigkeitsdauer. Grundlage sind das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (vgl. .... Nach Art. 77 Abs. 1 des Statuts hat der Beamte nach Ableistung von mindestens zehn Dienstjahren Anspruch auf ein Ruhegehalt. Bedienstete auf Zeit gemäß Art. 2 lit. b) der Beschäftigungsbedingungen können – bei einmaliger Verlängerung gemäß Art. 9 Abs. 1 der Beschäftigungsbedingungen – maximal 6 Jahre beschäftigt werden. Auch hier gilt über Art. 39 der Beschäftigungsbedingungen die Regelung für die Beamten entsprechend. Daraus folgt ebenfalls, dass auch Bedienstete auf Zeit im Rahmen der Beschäftigung bei der Europäischen Union jedenfalls aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnisses keinen Anspruch auf Ruhegehalt, sondern ebenfalls nur auf Zahlung eines Abgangsgeldes haben. Dass diese Regelung einen Verstoß gegen das primäre oder sekundäre Gemeinschaftsrecht darstellt, ist bislang offensichtlich in der Rechtsprechung nicht problematisiert worden.

c) Bei der Festsetzung einer Betriebszugehörigkeitsdauer als Voraussetzung für einen Ruhegehaltsanspruch handelt es sich auch deshalb gerade bei einer europäischen Organisation um eine sachgerechte Pauschalierung, da ansonsten für jeden nur kurzfristig Beschäftigten ein Ruhegehalt berechnet und bis zum Eintritt in das Rentenalter vorgemerkt werden müsste. Dies würde zu einem unüberschaubaren Verwaltungsaufwand führen, der es rechtfertigt für die weniger als 10 Jahre Beschäftigten eine Abgeltungsregelung (wie nach Art. 11 der Versorgungsordnung in der Form des Abgangsgeldes) anstelle eines Ruhegehaltsanspruches zu treffen.

d) Zusammenfassend gilt daher, dass die Kammer einen Verstoß gegen primäres oder sekundäres Unionsrecht nicht erkennen kann. Verstößt die Regelung der Versorgungsordnung nicht gegen Unionsrecht, kann auch die Unterlassung der Anwendung der Richtlinie durch das EPA keine Haftung der Beklagten begründen, da selbst bei Geltung dieser Maßstäbe kein Verstoß erkennbar ist.

IV.

Dahinstehen kann nach Auffassung der Kammer, ob der Anspruch des Klägers nicht auch deshalb ausgeschlossen wäre, weil er keinen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT) gesucht hat.

Gleichwohl gilt Folgendes:

Auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gilt der Vorrang des Primärrechtsschutzes: Es ist zu prüfen, ob der Geschädigte rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat (EuGH, C-46/93 – ... BGHZ 156, 294), soweit sie zumutbar sind (BGHZ 181, 199). Auf die Vorlage des BGH (NVwZ 2007, 362) hat der EuGH ausgeführt, dass das Gemeinschaftsrecht der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Einzelner keinen Ersatz für einen Schaden verlangen kann, bei dem er es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, ihn durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, vorausgesetzt, dass der Gebrauch dieses Rechtsmittels dem Geschädigten zumutbar ist; es ist Sache des nationalen Gerichts, dies anhand aller Umstände zu prüfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das nationale Gericht nach Art. 234 EG (jetzt Art. 267 AEUV) ein Vorabentscheidungsersuchen stellt oder eine beim EuGH anhängige Vertragsverletzungsklage (Art. 258 AEUV), lassen für sich genommen nicht den Schluss zu, dass der Gebrauch des Rechtsmittels unzumutbar ist (EuGH C-445/06 – ... vgl. insgesamt zu dieser Frage Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, § 839 BGB, Rn. 542; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 729 f).

Für die Frage, ob der Rechtsschutz vor dem ILOAT dem Kläger zuzumuten gewesen wäre und inwieweit dieser Erfolg gehabt hätte, kommt es vorliegened nicht darauf an, ob das ILOAT unionsrechtliche Vorschriften anwendet. Das ILOAT überprüft etwaige Verstöße nur anhand des autonomen Rechts der EPO.

Entscheidend ist vielmehr, ob das ILOAT dem Kläger einen – dem unionsrechtlichen Grundrechtsschutz (hier: Diskriminierungsverbot) gleichwertigen – Rechtsschutz gewährt.

Hierzu hat bereits das BVerfG (BVerfGK 8, 325) ausgeführt:

Das Rechtsschutzsystem des EPÜ entspricht im Wesentlichen dem Standard des Grundgesetzes und damit dem des Art. 24 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG NJW 2001, 2705; Beschluss vom 28. November 2005, Az. 2 BvR 1751/03, zitiert nach juris; vgl. auch EGMR, NJW 1999, 1173 zum internen Rechtsschutz bei der Europäischen Weltraumorganisation [ESA]). Zwar steht hier nicht das in den bisherigen Entscheidungen relevante System der Beschwerdekammern gemäß Art. 21 ff. EPÜ, sondern der von den internen Beschwerdeausschüssen gewährte Rechtsschutz der Bediensteten des Patentamtes nach Art. 106 ff. des Beamtenstatuts zur Diskussion. Gemäß Art. 13 Abs. 1 EPÜ haben Bedienstete und ehemalige Bedienstete des Patentamtes jedoch das Recht, in Streitsachen zwischen ihnen und der EPO nach Erschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens das ILOAT anzurufen.

Das Verfahren vor dem ILOAT ist vom internen Beschwerdeverfahren unabhängig. Das Gericht entscheidet aufgrund rechtlich festgelegter Kompetenzen und im Rahmen eines rechtlich geordneten Verfahrens ausschließlich nach Maßgabe von Rechtsnormen und -grundsätzen die ihm unterbreiteten Verfahrensgegenstände. Seine Richter sind gemäß Art. III des ILOAT-Statuts zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Status und Verfahrensgrundsätze des ILOAT sowohl dem internationalen Mindeststandard elementarer Verfahrensgerechtigkeit als auch den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen des Grundgesetzes genügen (vgl. BVerfGE 59, 63).

Davon ausgehend ist nicht erkennbar, dass ein Vorwurf der Diskriminierung von befristet beschäftigten Bediensteten nicht auch vor dem ILOAT hätte geltend gemacht werden können.

V.

Insoweit kann ebenfalls offenbleiben, ob ein etwaiger qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen die Richtlinie 1999/1970/EG überhaupt kausal für den vom Kläger behaupteten Schaden geworden sein kann. Denn die Beklagte ist nur einer von 38 Mitgliedstaaten der EPO und kann entsprechende Änderungen der rechtlichen Grundlage der EPO nicht ohne die anderen Mitgliedstaaten durchsetzen (vgl. dazu LG Berlin, Urteile vom 08.12.2014, Az. 28 O 25/14, insoweit in juris, und 28 O 34/14).

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

C.

Für die Bemessung des Streitwertes war die klägerische Hauptforderung maßgebend.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Mai 2014 - B 10 EG 9/13 R

bei uns veröffentlicht am 20.05.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngelds nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2

Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Freising und ist seit 2004 Bedienstete des Europäischen Patentamts in München, seit 2006 Beamtin auf Lebenszeit. Als solche ist sie von der Zahlung der deutschen Einkommensteuer sowie von Pflichtbeiträgen zur deutschen Sozialversicherung befreit. Stattdessen entrichtet sie eine interne Steuer an das Europäische Patentamt und leistet Beiträge zu dessen eigenem System der Altersversorgung sowie dessen Kranken-, Todesfall-, Invaliditäts- und Pflegeversicherung.

3

Am 15.9.2008 wurde ihre Tochter Lara geboren. Der beklagte Freistaat lehnte es ab, der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat ihres Kindes Elterngeld zu gewähren. Bedienstete des Europäischen Patentamts hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf Elterngeld, da sie einem eigenständigen Sozialsystem angehörten. Sie seien deshalb von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit und damit auch über das Elterngeld ausgenommen (Bescheid vom 2.2.2009; Widerspruchsbescheid vom 13.3.2009).

4

Auf ihre dagegen erhobene Klage hat das SG München den Beklagten antragsgemäß unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin auf der Grundlage ihrer Bezüge als Beamtin des Europäischen Patentamts Elterngeld für den sechsten Lebensmonat in Höhe von 1671,43 Euro und für den siebten bis zwölften Lebensmonat in Höhe von je 1800 Euro monatlich zu gewähren (Urteil vom 21.4.2010). Art 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation (PPI - vom 5.10.1973, BGB II 1976, 649, 985) schließe einen Anspruch auf Elterngeld für Bedienstete des Patentamts nicht aus, sondern nur durch Pflichtbeiträge finanzierte Leistungen. Für die Berechnung des Elterngeldanspruchs seien nach § 2 Abs 1 BEEG auch die Bezüge der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts zugrunde zu legen. Diese seien nicht als steuerfrei anzusehen, weil sie zwar nicht dem deutschen Einkommensteuergesetz (EStG) unterlägen, aber vom Europäischen Patentamt intern besteuert würden.

5

Das Bayerische LSG hat den Beklagten unter Abänderung des SG-Urteils verpflichtet, der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich zu gewähren und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 10.4.2013). Der Klägerin stehe Elterngeld zu, allerdings nur in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrags von 300 Euro. Ihre Bezüge als Beamtin des Europäischen Patentamts seien bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen, weil es sich nicht um in Deutschland steuerpflichtiges Einkommen iS von § 2 Abs 1 BEEG handele. Wie die zum 1.1.2011 in Kraft getretene Einfügung der Wörter "im Inland zu versteuernden" in § 2 Abs 1 S 2 BEEG bestätige, müssten nach dem Willen des Gesetzgebers steuerfreie Einnahmen bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus nicht selbstständiger Tätigkeit unberücksichtigt zu bleiben.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 2 Abs 1 S 2 BEEG, der sich in seiner ursprünglichen, für ihren Fall geltenden Fassung keine die Steuerpflicht umfassende Anknüpfung an das EStG entnehmen lasse. Erst spätere Änderungen des BEEG hätten eine entsprechende Bestimmung eingefügt, die das Urteil unzulässig rückwirkend anwende. Zudem beruhe die Steuerbefreiung der Dienstbezüge nicht auf Regelungen des deutschen Einkommensteuerrechts, sondern auf dem PPI als völkerrechtlichen Vertrag. Diese steuerrechtliche Befreiung diene der Gewährleistung einer effektiver Erfüllung der Aufgaben der internationalen Organisationen. Die Grundsätze der Völkerrechtsfreundlichkeit sowie von Treu und Glauben schlössen es aus, an den Verzicht auf die nationale Besteuerung von Bezügen der Bediensteten des Europäischen Patentamts Rechtsnachteile bei der Inanspruchnahme des BEEG zu knüpfen.

7

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. April 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Zur Begründung beruft er sich auf das angefochtene Urteil des LSG, das er für zutreffend hält.

Entscheidungsgründe

10

Die vom LSG zugelassene und von der Klägerin frist- und formgemäß eingelegte Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das in vollem Umfang stattgebende Urteil des SG teilweise abgeändert und der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat Elterngeld nur noch in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrags von 300 Euro zugesprochen. Die Klägerin hat dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld (1.) allerdings trotz ihres im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens nur in Höhe des Mindestelterngelds von 300 Euro (2.). Dies widerspricht weder Regelungen des Völkerrechts, des Europarechts noch dem GG (3.).

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1. Nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllte die Klägerin im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 BEEG, weil sie ihren Wohnsitz in Deutschland hatte, mit ihrer Tochter in einem Haushalt lebte, diese selbst betreute und erzog und keine volle Erwerbstätigkeit ausübte.

12

Der Status der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts steht einem Elterngeldanspruch nach deutschem Recht dem Grunde nach ebenfalls nicht entgegen. Wie die Instanzgerichte zutreffend geurteilt haben, ergibt sich dies aus der Kollisionsnorm des § 1 BEEG. Sie definiert den persönlichen Anwendungsbereich des BEEG im Verhältnis zur autonomen Rechtsordnung des Europäischen Patentamts, ohne eine Elterngeldzahlung an Bedienstete des Europäischen Patentamts grundsätzlich auszuschließen. An dieser für § 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) entwickelten Rechtsansicht(BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 5) hält der Senat für das Elterngeldrecht fest. Eine dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt des § 30 Abs 2 SGB I genügende Spezialregelung des internationalen Rechts, die eine Anwendung des BEEG auf die Klägerin verhindern würde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt Art 18 PPI keine solche Regelung dar. Die Vorschrift schließt Bedienstete des Europäischen Patentamts nur hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung nationalen Rechts aus, die durch Pflichtbeiträge finanziert werden. Dazu gehört das Elterngeld ebenso wenig wie vor ihm das Erziehungsgeld (vgl BSG aaO).

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2. Der Beklagte hat den Bemessungszeitraum gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG in Gestalt der zwölf Monate vor dem Monat der Geburt der Tochter der Klägerin zutreffend bestimmt und das Elterngeld zu Recht auf dem Mindestelterngeldbetrag von 300 Euro nach § 2 Abs 5 S 1 BEEG festgesetzt. Obwohl die Klägerin im Bemessungszeitraum auch Einkommen aus ihrer Tätigkeit als Beamtin des Europäischen Patentamts erzielt hat, zählen diese steuerfreien Einkünfte nicht zur Bemessungsgrundlage des Elterngelds. Dies folgt aus Wortlaut und Systematik (a) sowie der Entstehungsgeschichte des BEEG in Zusammenschau mit derjenigen des BErzGG (b).

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(a) Wie das LSG zutreffend angenommen hat, handelt es sich bei den Bezügen der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG(in der hier anwendbaren Fassung vom 5.12.2006), weil diese Bezüge nach Art 16 Abs 1 S 2 PPI von der deutschen Einkommensteuer befreit sind, in die Elterngeldberechnung aber nur Einkünfte einfließen, die dieser Steuer unterliegen (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 und Nr 16 stRspr).

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Nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. Nach Satz 2 der Vorschrift ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe von § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen. Die in § 2 Abs 1 S 2 BEEG verwendete Formulierung "Einkünfte … im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes" verweist nicht ausschließlich auf die dort genannten Einkunftsarten, sondern umfassend auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte(vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 15 mwN; vgl BT-Drucks 16/2785, S 37). Für diese Ermittlung definiert § 2 EStG als Zentralvorschrift des Einkommensteuerrechts das Objekt der Einkommensteuer(vgl Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 9 RdNr 40 mwN). Die von der Vorschrift genannte "Summe der Einkünfte" bildet dabei den rechnerischen Ausgangswert, um nach Abzug der erwerbs- und der existenzsichernden Aufwendungen die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nach § 2 Abs 5 EStG festzulegen(vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 21 mwN). Mit Einkünften meint § 2 Abs 1 EStG daher von vornherein nur solche Einnahmen, die überhaupt der Einkommensteuer unterliegen, wie § 2 Abs 1 S 1 EStG ausdrücklich bestimmt(so schon LSG NRW Urteil vom 26.9.2008 - L 13 EG 27/08). Gemeint ist damit die deutsche Einkommensteuer, die allein das EStG regelt. Nicht der (deutschen) Einkommensteuer unterliegende Einnahmen bleiben damit auch für die Elterngeldbemessung generell außer Betracht (vgl Oyda, NZS 2010, S 194 ff). Aus diesem Grund umfasst der Begriff der Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 EStG nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von vornherein keine nach § 3 EStG steuerfreien Beträge wie Beiträge zu einer Pensionskasse(BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3), Streik- (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 7), Insolvenz- (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 19) oder Krankengeld (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8) oder nach § 3b EStG steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit(BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 16). Dies entspricht im Übrigen der Rechtslage im BErzGG (vgl BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 12 für steuerfreie Kindergeldzahlungen).

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Für die Bezüge der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts kann wegen der steuerrechtlichen Systematik, auf die das BEEG umfassend verweist, nichts anderes als für die aufgezählten, nach den Regelungen des EStG steuerfreien Einkünfte gelten. Denn mit diesen Bezügen wird die Klägerin ebenfalls nicht zur Zahlung der deutschen Einkommensteuer herangezogen (aa); sie sind wie die nach § 3 EStG steuerfreien Einkünfte von vornherein nicht Objekt der Besteuerung durch den deutschen Fiskus, gehören deshalb nicht zu den Einkünften nach § 2 Abs 1 EStG und damit auch nicht zur auf Basis dieser Einkünfte gebildeten Bemessungsgrundlage des Elterngelds (bb).

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(aa) Nach Art 16 Abs 1 S 1 iVm S 2 PPI sind die vom Europäischen Patentamt an seine Beamten wie die Klägerin gezahlten Gehälter und Bezüge von der Einkommensteuer des Aufenthaltsstaats befreit, um unter allen Umständen die ungehinderte Tätigkeit des Europäischen Patentamts zu gewährleisten (vgl Art 19 Abs 1 S 2 PPI). Anders als das SG gemeint hat, macht diese Besteuerung durch einen anderen Hoheitsträger als den deutschen Fiskus die Bezüge der Klägerin aber nicht zu steuerpflichtigen Einkünften iS von § 2 Abs 1 EStG, die allein in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds einfließen. Denn die Vorschrift des § 2 EStG und die von ihr vorausgesetzte inländische Einkommensteuerpflicht wird von Art 16 PPI als vorrangiger Norm des Völkerrechts vollständig verdrängt. Nach § 2 Abs 1 Abgabenordnung (AO) gehen Verträge mit anderen Staaten iS des Art 59 Abs 2 S 1 GG über die Besteuerung, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den deutschen Steuergesetzen vor. Darunter fällt auch das PPI. Das Protokoll bildet nach Art 8 und Art 164 Abs 1 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 5.10.1973 (BGBl II 1976, 649, 826) einen Bestandteil des Übereinkommens. Es ist daher durch Art I Nr 3 des Gesetzes vom 21.6.1976 (BGBl II 1976, 649) unmittelbar innerstaatliches Recht geworden und am 7.10.1977 in Kraft getreten (vgl die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Europäischen Patentübereinkommens vom 9.9.1977, BGBl II 1977, 792 und Beschluss des BVerfG vom 10.3.1971 - 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272 = BStBl II 1973, 431). Das PPI löst damit die Kollision zwischen der Steuerhoheit des deutschen Staates und derjenigen des Europäischen Patentamts als zwischenstaatlicher Organisation (vgl allgemein Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 2 RdNr 40 ff) in der Art eines Doppelbesteuerungsabkommens (vgl BFH Urteil vom 27.9.1990 - I R 104/89 -, BFH/NV 1991, 729) zu Gunsten des Europäischen Patentamts auf. Es stellt zu diesem Zweck die Bezüge seiner Beamten von der staatlichen Besteuerung frei und beschränkt dadurch die Geltung des § 2 Abs 1 EStG, dem es als speziellere Norm vorgeht(vgl § 2 AO sowie Lang in Tipke/Lang aaO).

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(bb) Anders als die Klägerin meint, ist die bisherige Rechtsprechung des Senats nicht so zu verstehen, dass lediglich solche steuerfreien Einkünfte bei der Bemessung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben, die eine materielle Ausnahmevorschrift des EStG von der Besteuerung ausnimmt. Zum einen ist die Steuerbefreiung in Art 18 PPI funktionell den Regelungen von § 3 EStG vergleichbar(vgl BFHE 186, 410). Darüber hinaus spielt es nach Wortlaut und Systematik von § 2 Abs 1 EStG ohnehin keine Rolle, aufgrund welcher Vorschrift bestimmte oder alle Einkünfte eines Steuerpflichtigen nicht zur Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer zählen. Entscheidend ist, dass solche Einkünfte aufgrund gesetzlicher Anordnung, die sich im Fall der Klägerin aus dem in deutsches Recht transformierten PPI ergibt, von vornherein nicht bei den steuerpflichtigen Einkünften iS von § 2 Abs 1 EStG angesetzt werden(vgl allgemein BFHE 104, 345; speziell zum PPI BFHE 162, 284). Als Konsequenz können die steuerfreien Einkünfte der Klägerin dann auch nicht in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds fallen, die auf der Basis der Summe der dem EStG unterliegenden Einkünfte nach § 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 EStG zu ermitteln sind(vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 und 16).

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Obwohl demnach das gesamte vorgeburtliche Einkommen der Klägerin bei der Ermittlung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben und sie sich mit dem Mindestelterngeld nach § 2 Abs 5 S 1 BEEG von 300 Euro begnügen muss, lässt sich dieses Ergebnis der Auslegung nach Wortlaut und Systematik nicht im Wege einer teleologischen Reduktion korrigieren (vgl zu den Voraussetzungen einer solchen Korrektur des Gesetzeswortlauts allgemein BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 2 RdNr 30 ff mwN). Für eine solche berichtigende Auslegung fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine dem beschriebenen Wortlaut und der dargelegten Systematik entgegenstehende Regelungsabsicht des Gesetzgebers.

20

(b) Wie die Gesetzgebungsmaterialien zeigen, war sich der Gesetzgeber von Anfang an darüber im Klaren, mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff steuerfreie Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen (vgl BT-Drucks 16/2785, S 37 sowie im Einzelnen BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3). Mag er dabei zunächst vor allem steuerfreie Einmalzahlungen wie das Weihnachts- oder das Urlaubsgeld im Auge gehabt haben, so hat der Gesetzgeber den Ausschluss steuerfreier Einkünfte gleichwohl umfassend geregelt, unabhängig von den Gründen und der normativen Grundlage der Steuerfreiheit.

21

Für die Absicht des Gesetzgebers, auch solche Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds fallen zu lassen, die wegen der Besteuerung durch einen anderen Hoheitsträger nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, spricht zudem maßgeblich die Entstehungsgeschichte des BEEG in der Zusammenschau mit seiner Vorläuferregelung, dem BErzGG. Aus dieser Vorläuferregelung hat der Gesetzgeber den Einkommensbegriff im Kern, hinsichtlich der hier ausschlaggebenden Bestimmung der maßgeblichen Einkünfte, übernommen. Nach § 6 Abs 1 S 1 BErzGG(in der ursprünglichen Fassung vom 6.12.1985) bildete im Erziehungsgeldrecht den Ausgangspunkt für die Ermittlung des relevanten Einkommens ebenfalls die (nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde) Summe der positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 EStG(vgl Rausch in Hambüchen, BErzGG, 8. Ergänzungslieferung 1993, § 6 RdNr 12). § 6 BErzGG wiederum war an die Regelung des § 11 Bundeskindergeldgesetz aF angelehnt, der zur Bestimmung des Jahreseinkommens gleichfalls auf die positiven Einkünfte iS von § 2 Abs 1 und 2 EStG abstellte. Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung von § 6 BErzGG davon aus, die für die Zahlung des Erziehungsgelds zuständige Behörde würde bereits vorher für die Berechnung des Kindergeldes entsprechende Einkommensprüfungen vorzunehmen haben, die zur Verwaltungsvereinfachung übernommen werden könnten(Wiegand, BErzGG, 9. Aufl 2002, § 6 RdNr 2 unter Hinweis auf BT-Drucks 10/3792, S 17). Nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers sollten die Erziehungsgeldstellen daher die bei der Besteuerung festgestellten Sachverhalte in wesentlichen Teilen insbesondere aus den Steuerbescheiden der Antragsteller übernehmen können (vgl heute § 2c Abs 2 BEEG). Dies schloss die Berücksichtigung solcher Einkünfte aus, die nicht nach dem EStG, sondern nach ausländischem Recht besteuert wurden oder - wie die Bezüge von mit der Klägerin vergleichbaren EG-Beamten (vgl Finanzgericht München EFG 2013, 446) - von der staatlichen Besteuerung ganz ausgenommen waren und daher in den Steuerbescheiden der Antragsteller nicht aufgeführt waren. Solche steuerfreien Einkünfte blieben daher für die Bestimmung des maßgeblichen Einkommens im Erziehungsgeldrecht zunächst ganz außer Betracht, obwohl sie die objektive Leistungsfähigkeit, anhand derer der Gesetzgeber den Erziehungsgeldanspruch begrenzen wollte, genauso mitprägten wie in Deutschland besteuerte Einkünfte (vgl Rausch in Hambüchen, BErzGG, 8. Ergänzungslieferung 1993, § 6 RdNr 58; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, BErzGG 92, § 6 RdNr 3; BT-Drucks 12/1495, S 14). Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 6.12.1991 (BGBl I 2142) hat der Gesetzgeber deshalb den Begriff des Einkommens im Erziehungsgeldrecht über die Summe der positiven Einkünfte iS von § 2 EStG hinaus erweitert. Damit wollte er bei der Bestimmung des maßgeblichen anspruchsbegrenzenden Einkommens gerade auch solche Einkünfte erfassen, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterlagen (vgl Rausch aaO RdNr 59; BT-Drucks 12/1495, S 14). § 6 Abs 5 BErzGG ordnete daher zuletzt(idF vom 27.12.2004) an, bei Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit, die allein nach ausländischem Steuerrecht zu versteuern waren oder keiner staatlichen Besteuerung unterlagen, von dem um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a S 1 Nr 1 EStG verminderten Bruttobetrag auszugehen.

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Obwohl sich diese Problematik der Berücksichtigung ausländischer Einkünfte wegen des, wie gezeigt, im wesentlichen Kern identischen Begriffs der Summe der positiven Einkünfte im BEEG in gleicher Weise stellt, hat der Gesetzgeber im BEEG darauf verzichtet, den Einkommensbegriff über die der Besteuerung nach dem EStG unterliegenden Einkünfte hinaus zu erweitern. Damit hat er steuerfreie Einkünfte wie die Bezüge der Klägerin von Anfang an - anders als zuletzt im Erziehungsgeldrecht - von der Elterngeldbemessung ausgenommen. Grund dafür dürfte die Absicht gewesen sein, das Leistungsvolumen des Elterngelds zu begrenzen. Im Erziehungsgeldrecht begrenzte der Einkommensbegriff Leistungsansprüche, weil es sich um eine bedürftigkeitsabhängige Sozialleistung handelte. Sie entfielen, wenn der Anspruchsteller eine gewisse, durch sein Einkommen beschriebene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erreichte und daher mangels Bedürftigkeit nicht mehr auf staatliche Transferleistungen angewiesen war. Demgegenüber hat der Einkommensbegriff im BEEG umgekehrt gerade die Funktion, Leistungsansprüche zu begründen. Denn das Elterngeld gleicht das Absinken des individuellen vorgeburtlichen Einkommens jedenfalls - bis zu gewissen Höchstbeträgen - in Höhe der gesetzlich festgelegten Ersatzquote aus, unabhängig von der persönlichen Bedürftigkeit. Die beschriebene Erweiterung des Einkommensbegriffs im Erziehungsgeldrecht auf steuerfreie Einkünfte diente der Anspruchsbeschränkung. Ihre Übernahme in das BEEG hätte dagegen das Anspruchsvolumen wegen der anspruchsbegründenden Funktion des Einkommensbegriffs im Elterngeldrecht im Gegensatz zum Erziehungsgeldrecht umgekehrt gerade ausgeweitet. Der Senat geht davon aus, dass dem Gesetzgeber dieser Zusammenhang nicht entgangen ist. Er dürfte daher bewusst alle steuerfreien Einkünfte vom Einkommensbegriff ausgenommen haben, um den Leistungsumfang des Elterngelds zu beschränken.

23

Im Übrigen bestätigt die weitere Gesetzesentwicklung die beschriebene Regelungsabsicht. Mit Gesetz vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2011 in § 2 Abs 1 S 2 BEEG nach dem Wort "positiven" die Wörter "im Inland zu versteuernden" (Einkünfte) eingefügt(vgl Art 14 Nr 2, BGBl aaO, 1895). Damit nimmt der Gesetzgeber es ausdrücklich in Kauf, dass sämtliche Einkünfte eines Elterngeldberechtigten vor der Geburt bei der Bemessung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben, weil es sich dabei um im Inland nicht zu versteuernde Einkünfte handelt. Diese Einfügung hat das BEEG dabei nach Ansicht des Senats nicht substantiell geändert, sondern lediglich die dargelegten Folgen der von Anfang an im Gesetz geregelten Elterngeldbemessung nach steuerrechtlichen Grundsätzen klargestellt und bestätigt. Denn wie die Gesetzesbegründung zutreffend ausführt, stellen nicht nach deutschem Recht zu versteuernde oder überhaupt keiner staatlichen Besteuerung unterliegenden Einnahmen keine Einkünfte nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG dar(BR-Drucks 532/10, S 62 zu Art 13, zu Nr 1, zu Buchst a). Diese Rechtsfolge ergibt sich, wie ausgeführt, bereits ohne die neu in das Gesetz eingefügte Wendung zwingend aus der vom BEEG in Bezug genommenen steuerrechtlichen Begrifflichkeit.

24

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die vom Senat gefundene Auslegung von § 2 BEEG weder gegen den Grundsatz völkerrechtsfreundlicher Auslegung (a), noch gegen Europarecht (b) oder das GG (c).

25

(a) Auf eine bestimmte, ihr günstige Auslegung des Art 16 PPI kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil nach Art 19 PPI die darin vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten nicht dazu bestimmt sind, den Bediensteten des Europäischen Patentamts persönliche Vorteile zu verschaffen. Vielmehr zielen steuerliche Privilegien der Bediensteten internationaler Organisationen zum einen darauf ab zu vermeiden, dass dem steuerberechtigten Staat durch die Besteuerung ein Druckmittel gegen die betroffenen Personen und damit auch gegen die Organisation in die Hand gegeben werden könnte. Zum anderen soll die Steuerbefreiung eine unterschiedliche Besteuerung der Gehälter je nach steuerberechtigtem Staat und damit unterschiedliche Nettolöhne der Bediensteten vermeiden (BFHE 186, 410 mwN). Mit diesen Zielen steht die Frage, in welcher Höhe die Klägerin vom deutschen Staat Elterngeld beanspruchen kann, ersichtlich in keinem Zusammenhang.

26

(b) Aus europäischem Recht, insbesondere aus Art 5 der Verordnung EG 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie aus dem Grundrecht der Arbeitnehmerfreizügigkeit, kann die Klägerin für sich ebenfalls nichts Anderes herleiten. Das Europäische Patentamt fällt als internationale Organisation nicht in den Anwendungsbereich dieser und vergleichbarer Koordinierungsvorschriften für die Europäische Gemeinschaft. Ebenso wenig liegt in Bezug auf die Klägerin ein Sachverhalt vor, der mehr als einen Mitgliedstaat der Gemeinschaft und damit die Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts berührt (vgl EuGH Urteil vom 4.7.2013 - C-233/12, EzAR-NF 16 Nr 28).

27

(c) Die Beschränkung des Elterngeldanspruchs der Klägerin auf das Mindestelterngeld von 300 Euro verstößt zur Überzeugung des Senats auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in seiner hier maßgeblichen Ausprägung als Willkürverbot.

28

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70).

29

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat vielmehr gerade im Bereich des Sozialrechts, zu dem die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12, S 25; BVerfGE 67, 70, 85 ff; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Gesetzgeber dabei den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55).

30

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ist die Nichtberücksichtigung der steuerfreien Einnahmen der Klägerin aus der Eigenart des geregelten Sachverhalts, und zwar wegen ihres Status als Beamtin des Europäischen Patentamts und der daran geknüpften Rechtsstellung, durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt und daher insgesamt nicht willkürlich. Das BEEG behandelt die von einem fremden Hoheitsträger besteuerten Bezüge durch den Verweis auf § 2 Abs 1 EStG anders als solche, die der Besteuerung durch den deutschen Fiskus unterliegen. Der Ausschluss steuerfreier Einkünfte von Angehörigen einer internationalen Organisation von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds wirkt dabei in der Sache wie eine § 1 Abs 1 BEEG ergänzende Kollisionsnorm in der Art einer negativen Äquivalenzregel(vgl Eichenhofer, Internationales Sozialrecht, VSSR 1994, S 1, 24 f). Sie verhindert die Gleichbehandlung der bei der internationalen Organisation erzielten, in Deutschland steuerfreien Bezüge mit deutscher Besteuerung unterliegenden Einkünften.

31

Rechtfertigender sachlicher Anknüpfungspunkt für diese unterschiedliche Behandlung von Einkünften, die der Steuerhoheit verschiedener Hoheitsträger unterliegen, bildet bei Elterngeldbeziehern wie der Klägerin das mit der Besteuerung durch den anderen Hoheitsträger untrennbar verbundene, von ihm errichtete eigenständige und umfassende System der sozialen Sicherung (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 30.11.1990 - L 9 Eg 7/89, Juris), das autonom neben der deutschen Sozialrechtsordnung steht. Die dadurch unabhängig vom deutschen Sozialsystem gewährte umfassende soziale Absicherung insbesondere auch gegen die finanziellen Belastungen der Elternschaft unterscheidet die Gruppe der Eltern wie die Klägerin maßgeblich von Eltern, die allein dem deutschen Sozialsystem unterliegen. Die Klägerin ist als Beamtin des Europäischen Patentamts in ein von dieser internationalen Organisation geschaffenes, dem EG-Beamtenstatus nachempfundenes, eigenes System sozialer Absicherung eingegliedert. Unter anderem ist sie deshalb von Pflichtbeiträgen zur deutschen Sozialversicherung vollständig befreit und kann im Gegenzug die mit Pflichtbeiträgen finanzierten Leistungen der Sozialversicherung nicht beanspruchen. Stattdessen gewährt ihr das Europäische Patentamt als zwischenstaatliche Einrichtung iS des Art 24 Abs 1 GG (vgl BVerfG DVBl 2001,1130) eine umfassende soziale Absicherung eigener Art. Das Europäische Patentamt verfügt als Organ der Europäischen Patentorganisation, einer im Völkerrecht verselbstständigten juristische Person(vgl BVerfG aaO) über eine neben der deutschen Staatlichkeit autonome Hoheitsgewalt gegenüber den eigenen Bediensteten (vgl Tomuschat in BK, Stand März 2014, Art 24 RdNr 13). Hinsichtlich der zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingestellten Bediensteten kommt der Europäischen Patentorganisation eigenständige Organisationsgewalt und Personalhoheit zu (BVerwGE 102, 320, 324 f). Der Verwaltungsrat als Organ der Europäischen Patentorganisation ist daher befugt, die Dienstverhältnisse der Beamten und sonstigen Beschäftigten des Europäischen Patentamts in einem Statut zu regeln (vgl Art 33 Abs 2b Europäisches Patentübereinkommen - EPÜ) und eine Versorgungsordnung zu erlassen (vgl Art 33 Abs 2c EPÜ).

32

In diesem Rahmen hat das Europäische Patentamt umfassende soziale Rechte für seine Bediensteten gerade im Zusammenhang mit der Elternschaft geschaffen. Zum einen gleicht das Statut allgemeine und spezifische finanzielle Belastungen durch Kindererziehung teilweise oder vollständig durch eine Unterhaltsberechtigten-, Kindererziehungs-, Kinderbetreuungs- sowie ggf Miet- und Auslandszulage aus, vgl Art 70 ff Statut der Beamten des Europäischen Patentamts (im Folgenden: Statut). Darüber hinaus bietet es im Vergleich zum deutschen Recht sogar einen flexibleren Anspruch auf bezahlte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Kindererziehung. Nach einem im Vergleich zum bezahlten Mutterschutz nach deutschem Recht von regelmäßig nur 14 Wochen - vgl § 3 Abs 2 und § 6 Abs 1 S 1 und § 13 Abs 1 S 1 Mutterschutzgesetz sowie die entsprechenden Regelungen der Beamtengesetze - längeren bezahlten Mutterschaftsurlaub von mindestens fünf Monaten (20 Wochen), Art 61 Statut, erhalten die Beamten nach Art 45a Abs 1 Statut bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes einen flexiblen Anspruch auf weitere 120 Arbeitstage - rund sechs Monate - (geringer) bezahlten Elternurlaub. Für Alleinerziehende verdoppelt sich der Anspruch. Anders als die Elterngeldmonate nach dem BEEG, vgl § 4 BEEG, braucht dieser bezahlte Erziehungsurlaub nicht in der unmittelbar nach der Geburt beginnenden Rahmenfrist von zwölf bzw (bei der Inanspruchnahme von Partnermonaten) vierzehn Monaten in Anspruch genommen zu werden. Wegen der Erziehung eines Kindes bis zum sechzehnten Lebensjahr besteht für Beamte des Europäischen Patentamts darüber hinaus regelmäßig die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung. Damit schafft diese internationale Organisation jedenfalls teilweise sogar einen variableren Ausgleich für familiäre Belastungen mit größerer Wahlfreiheit der betroffenen Eltern als das deutsche Elterngeldrecht. Dazu kommen weitere umfassende soziale Absicherungen für die Bediensteten des Europäischen Patentamts wie etwa eine kollektiv abgeschlossene private Kranken- und Pflegeversicherung zu einem niedrigen, risikounabhängigen Pauschalbeitrag je Familie, die nicht erwerbstätige Ehegatten mit umfasst. Dieser Schutz gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit wird vervollständigt durch ein eigenes, zum Teil kapitalgedecktes Versorgungssystem des Europäischen Patentamts mit einer ebenfalls nur niedrigen Beitragsbelastung (vgl Reinhard, ZESAR 2014, S 3, 4 f).

33

In der Zusammenschau verwirklicht dieses autonome System sozialer Rechte des Europäischen Patentamts die vom Elterngeld verfolgten Hauptziele einer finanziellen Absicherung während einer Erwerbsunterbrechung zur Kindererziehung, der Entlastung von Betreuungs- bzw von Opportunitätskosten der Kindererziehung sowie der Gewährung möglichst großer Wahlfreiheit bei der Herstellung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8; BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 ff) zwar auf andere Weise, aber zumindest ebenso wirksam wie das Elterngeld und die weiteren nach der deutschen Sozialrechtsordnung an die Elternschaft geknüpften sozialen Rechte. Die Klägerin ist nach alldem als Beamtin des Europäischen Patentamts in ein eigenständiges System sozialer Rechte eingegliedert, das zudem noch ein dem BEEG und den ergänzenden Normen des deutschen Sozialrechts zumindest gleichwertiges Schutzniveau bietet. Darüber hinaus erhält sie aufgrund ihres Wohnsitzes in Deutschland als Anerkennung ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistung das Mindestelterngeld von 300 Euro monatlich. Daher kann sie insgesamt von Verfassung wegen nicht beanspruchen, zusätzlich zum Mindestelterngeld von 300 Euro noch einkommensabhängiges Elterngeld nach deutschem Recht auf der Grundlage ihrer in Deutschland steuerfreien Beamtenbezüge zu erhalten und auf diese Weise den Schutz der beiden voneinander weitgehend unabhängigen Sozialrechtsordnungen vollständig zu kumulieren. Der Ausschluss ihrer vom Europäischen Patentamt gezahlten, in Deutschland steuerfreien Einkünfte von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds erweist sich deshalb insgesamt nicht als willkürlich.

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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.

(1a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen übertragen.

(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.

(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.