Landgericht München I Endurteil, 06. Okt. 2015 - 12 O 6450/12

bei uns veröffentlicht am06.10.2015

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf € 264.586,41 festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger fordert von der Beklagten Versicherungsleistungen.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten zwei Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen: eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsscheinnummer: ...) sowie eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsscheinnummer: ...).

Hinsichtlich der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist der Kläger bei der Beklagten seit 01.08.2002 versichert. Der im Vertrag vereinbarte Versicherungsablauf und das Ende der Leistungsdauer ist der 01.08.2036. Als Leistungen vereinbart sind eine Beitragsbefreiung von € 624,60 p.a. (€ 52,05 monatlich) sowie eine Berufsunfähigkeitsrente von € 19.800,00 p.a. (€ 1.650,00 monatlich) mit monatlicher Zahlungsweise. Eine Dynamik ist nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist der Kläger bei der Beklagten seit dem 01.12.2000 versichert. Versicherungsablauf und das Ende der Leistungsdauer ist der 01.12.2039. Für den Fall der Berufsunfähigkeit sind vertragliche Leistungen in Gestalt einer Beitragsbefreiung von € 300,00 p.a. (€ 25,00 monatlich) sowie eine Berufsunfähigkeitsrente von € 1.587,36 p.a. (€ 132,88 monatlich) bei monatlicher Zahlweise vereinbart. Eine Dynamik ist nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die beiden Versicherungsscheine, vorgelegt als Anlagen K 1, Bezug genommen.

Beiden Vertragswerken liegen die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einem Verzicht auf die abstrakte Verweisbarkeit (BZV) zugrunde.

§ 1 BZV bestimmt:

„(1) Wird die versicherte Person während der Dauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 % (Standardregelung) berufsunfähig, so erbringen wir während der Leistungsdauer (...) Versicherungsleistungen (...).“

§ 2 BZV bestimmt:

„(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person in Folge Krankheit, Körperverletzung, Gebrechen oder Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mehr als sechs Monate außerstande sein wird, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.

(2) Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen in Folge Krankheit, Körperverletzung, Gebrechen oder Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.“

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Versicherungsbedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit Verzicht auf die abstrakte Verweisbarkeit (BZV), vorgelegt in Anlagenkonvolut K 2, Bezug genommen.

Der Kläger betrieb zuletzt eine Diskothek in ... in dem Zeitraum von November 2007 bis circa September 2008. Mit Antrag vom 04.02.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit aus der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Versicherungsnummer: ... Hierin gab er an, unter Depressionen und Angstzuständen seit Ende 2005 zu leiden.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Antrag, vorgelegt als Anlage K 3, Bezug genommen.

Die Beklagte forderte dann zunächst weitere Angaben und Unterlagen (Anlage B 1, B 2, B 3) und ordnete sodann eine psychiatrische Begutachtung mit testpsychologischen Gutachten für den Kläger an.

Der von der Beklagten beauftragte psychiatrische Gutachter, ... erstattete daraufhin unter dem Datum des 03.01.2011 ein psychiatrisches Gutachten zu den geltend gemachten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten, vorgelegt als Anlage B 4, Bezug genommen.

Der Sachverständige diagnostizierte hierin zwar den Befund „Angst und depressive Störung, gemischt (F 41.2)“ (Seite 21). Er führte jedoch aus, dass diese Kategorie dann angewendet wird, wenn weder Angst noch Depression so ausgeprägt sind, dass sie eine Einzeldiagnose rechtfertigen würden. Es handele sich definitionsgemäß um eine ausgesprochene leichte seelische Störung.

Im Einzelnen stellte der Sachverständige unter anderem fest:

„Insgesamt kein Nachweis einer tiefergehenden depressiven Verstimmung, einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms von Krankheitswert.“ (Seite 12)

„Eine objektivierbare organische Erkrankung liegt nicht vor, auch nicht auf neurologischem Fachgebiet. Die bestehende seelische Störung ist ausgesprochen leichtgradig und rechtfertigt nicht die Annahme einer relevanten Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit, erst recht nicht eine Berufsunfähigkeit als Student oder als Betreiber einer Diskothek, ebenso wenig als Werbekaufmann.“ (Seite 22)

„Dem Versicherten kann vollschichtige Arbeitszeit ohne Gefährdung oder Schaden für die Gesundheit zugemutet werden. Es bestehen keinerlei Beeinträchtigungen hinsichtlich Beweglichkeit, grobe Kraft, Feinmotorik, Ausdauer, auch Sitzen oder Stehen, wechselnde Körperhaltung, ebenso wenig Beeinträchtigungen hinsichtlich Konzentration, Genauigkeit, Zeitdruck, auch hinsichtlich Menschenumgang und Repräsentation.“ (Seite 25)

„Herr ... ist in der Lage, mit willentlicher Kraftanstrengung die inneren Hemmnisse, die einer Wiederaufnahme einer Tätigkeit entgegenstehen, zu überwinden.“ (Seite 25)

Die Beklagte lehnte daraufhin die Anerkennung einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit und damit die Leistung aus dem Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 16.03.2011 (Anlage K 6) ab.

Nachdem sich im weiteren Verlauf die Prozessbevollmächtigte des Klägers in die vorgerichtliche Korrespondenz einschaltete (Anlage K 8), teilte die Beklagte der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie das genannte Gutachten nochmals von einem Versicherungsmediziner überprüfen ließ und keinen Grund sehe, von der im Schreiben vom 16.03.2011 mitgeteilten Entscheidung abzuweichen (Anlage K 9).

Der Kläger behauptet weiter, dass er seit November 2008 wegen einer rezidivierenden depressiven Erkrankung zu mehr als 50 % in seinem Beruf als Diskothekenbetreiber in ... berufsunfähig sei.

Der Kläger beantragt zuletzt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 106.903,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger € 2.118,44 vorgerichtliche Anwaltskosten zu erstatten.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 21.380,72 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 24.053,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 5.Es wird festgestellt, dass die Beklagte für die Zukunft verpflichtet ist, die sich jeweils aus der Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Nr.: ... bis 01.08.2036 ergebende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit € 1.650,00 und die sich jeweils aus der Rentenversicherung mit der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Nr.: ... ergebende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit € 1.022,59 bis 01.12.2039 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, dass der Kläger nicht berufsunfähig sei und ihm daher keine Versicherungsleistungen zustehen würden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen ... und .... Hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 22.01.2013 Bezug genommen. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung zweier gerichtlicher Gutachten durch den Sachverständigen ... sowie durch den Sachverständigen .... Auf die schriftlichen Sachverständigengutachten vom 09.07.2013 und vom 15.09.2014 sowie auf die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen ... in der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2015 wird Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 22.01.2013 sowie vom 04.08.2015 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht seit November 2008 wegen einer rezidivierenden depressiven Erkrankung zu mehr als 50 % in seinem Beruf als Diskothekenbetreiber in ... berufsunfähig erkrankt ist.

Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen des ... aus dem schriftlichen Gutachten vom 15.09.2014 und der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2015 und nicht den im Ergebnis unterschiedlichen Feststellungen des ... aus dem Gutachten vom 09.07.2013. Während ... annahm, der Kläger habe seit 2008 an einer rezidivierenden kurzen depressiven Störung (F 31.8 nach ICD-10) gelitten, die eine mindestens 50 %-ige „Arbeitsunfähigkeit“ hinsichtlich seiner Tätigkeit als Betreiber einer Diskothek zur Folge hatte und hat, verneinte ... ein entsprechendes Begutachtungsergebnis.

1.) Nach obergerichtlicher Rechtsprechung sind Äußerungen medizinischer Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen und es ist insbesondere auf die Aufklärung von Widersprüchen hinzuwirken, die sich innerhalb der Begutachtung eines Sachverständigen wie auch zwischen den Äußerungen mehrerer (gerichtlicher) Sachverständiger ergeben. Der Rechtsstreit darf in dem Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger nicht dadurch entschieden werden, dass einem von ihnen ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung der Vorzug gegeben wird (vgl. zum Beispiel: BGH, Urteil vom 02.12.2009, Az.: IV ZR 181/07; OLG München, Beschluss vom 17.09.2014, Az.: 25 W 1630/14).

2.) Für das Gericht ist daher zunächst notwendig, dass sich der Sachverständige mit den Auffassungen des weiteren Gutachters auseinandersetzt.

Dies hat der Sachverständige ... hier in seinem 109-seitigen Gutachten detailliert, ausführlich und nachvollziehbar getan.

Der gerichtliche Sachverständige ... führt in seinem Gutachten sowie auch in seiner mündlichen Befragung aus, dass für ihn das Gutachten von ... nicht nachvollziehbar sei. Im Ergebnis bemängelt er übergreifend, dass dieser sich alleine auf die Einlassungen des Probanden verlassen habe, ohne diese zu überprüfen.

Der Sachverständige ... setzt sich auch im Einzelnen ausführlich mit dem Gutachten des ... auseinander:

Dies geschieht zunächst auf Seite 77 f. seines schriftlichen Gutachtens. Hierin bezieht er sich auf die Stellungnahme des Facharztes für Neurologie, Nervenheilkunde und Verkehrsmedizin Straßer – von der Beklagten nach dem Gutachten von ... in Auftrag gegeben – und führt er aus, dass dessen Kritik „mehr als berechtigt“ erscheine.

In dem Gutachten des Herrn ... setzt sich dieser auf Seite 37 ff. ausführlich mit dem psychiatrischen Gutachten des ... vom 09.07.2013 auseinander. Im Ergebnis stellte er fest, dass ... auf eine Konsistenzprüfung vollständig verzichtet hat. ... käme schlicht zu dem Ergebnis, dass die Aussagen des Klägers glaubhaft seien, ohne sich kritisch mit den Aussagen des Versicherungsnehmers, den Ergebnissen der psychologischen Testung und der Aktenlage auseinander zu setzen. Herr ... führt weiter aus, dass nach der Aktenlage und dem Begutachtungsprozess, der zu den Diagnosen des ... und zur Beurteilung einer Berufsunfähigkeit geführt hat, erhebliche Inkonsistenzen und methodische Schwächen erkennbar seiem. ... hätte eine erhebliche Aggravation nicht erkannt und somit die Darstellung des medizinischen Sachverhalts, zumindest was den Schweregrad der depressiven Störung und der Persönlichkeitsstörung betrifft, jedenfalls falsch angesetzt.

... führt des Weiteren in seinem Gutachten, aus, dass die Diagnose einer rezidivierenden kurzen depressiven Störung, wie von ... angenommen, nicht nachvollziehbar sei (Seite 84). ... wiederum kommt beim Kläger zur Diagnose einer gegenwärtig remittierten, und vordiagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung (F 33. nach ICD-10) mit erheblichen reaktiven Anteilen sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (F 61.0 nach ICD-10) (Seite 88). Bestandteil dieses Krankheitsbildes seien auch verschiedene depressive Episoden gewesen, bei denen es sich jedoch meistens um leichte depressive Episoden gehandelt habe (Seite 90).

... führt weiter erläuternd aus, dass es unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger in der Zeit von Mai 2009 bis September 2009 in ... gewesen ist, extrem unwahrscheinlich erscheine, dass der Kläger bis April/Mai 2009 schwer depressiv gewesen sei (Seite 93). Eine solche Reise würde und könnte ein schwer Depressiver nicht machen.

Als für den Sachverständigen – und auch für das Gericht – gewichtigstes Argument gegen die Annahme einer rezidivierenden kurzen depressiven Störung in dem Zeitraum ab November 2008 spricht jedoch, dass eine entsprechende Diagnose während eines 2 ½ monatigen Aufenthalts (29.11.2011 bis 24.02.2012) des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität ... dort nicht gestellt wurde. Eine entsprechende Störung wurde in der Klinik laut der Unterlagen nicht einmal diskutiert. Der Sachverständige ... weist darauf hin, dass es unter stationären Bedingungen hätte auffallen müssen, wenn der Kläger an dieser etwas selteneren, aber fast für einen Leihen auffälligen Störung, erkrankt sein sollte. Hinzu käme das die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ... ihren Forschungsschwerpunkt in affektiven Störungen habe. Er führt nachvollziehbar aus, dass wenn der Kläger die Störung gehabt hätte, die Spezialisten dort diese festgestellt hätten (Seite 84 f.).

Der Sachverständige ... führt aus, dass nach seiner Überzeugung der Kläger bis August/September 2008 seine Diskothek in ... ohne massive Leistungseinbußen betrieben hat. Das Schließen der Diskothek zu dieser Zeit sei nicht durch seine Erkrankung bedingt gewesen, sondern darauf zurückzuführen, dass der Kläger mit dem Vermieter der Diskothekenräume einen Mietvertag bis lediglich Ende August 2008 abgeschlossen hatte und es ihm nicht gelang, diesen Mietvertrag zu verlängern. Nach seinen Gesprächen mit dem Kläger hätte sich ergeben, dass der Verwalter des Hauses, in dem die Diskothek betrieben wurde, sich durch die Geräuschkulisse der Diskothek gestört fühlte, so dass es in ... auch diesbezüglich Gerichtsverhandlungen gab (Seite 104 ff.; mündliche Angaben in der Verhandlung vom 04.08.2015).

Auf Kritik und Erfragung durch die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2015 dahingehend, führte der Sachverständiger ... aus, dass er zur Beurteilung einer Depression auch die Umstände des zeitlichen Kontexts des Auftretens der Depression erfragen und beurteilen muss. Vor diesem Hintergrund stelle es sich für den Sachverständigen so dar, als hätte sich der Kläger nach der Schließung der Diskothek verkrochen und sei dann vorübergehend depressiv gewesen. Er gehe jedoch davon aus, dass der Kläger resigniert war, weil sein Plan mit der Diskothek in ... nicht so funktioniert hatte. Er führt weiter aus, dass es für ihn eine falsche Inbeziehungsetzung sei, davon auszugehen, der Kläger sei bereits während seiner Tätigkeit in der Diskothek depressiv erkrankt. Während der Zeit, in welcher er in der Diskothek gearbeitet hätte, wäre er nicht depressiv gewesen. Der Kläger hätte vielmehr danach resigniert, nachdem die Diskothek geschlossen worden war.

Der Sachverständige ... führt des Weiteren aus, dass der Kläger unter einer Persönlichkeitsstörung leide, die jedoch nicht zu einer Berufsunfähigkeit führe.

Auf Nachfrage der Klägervertreterin erklärt der Sachverständige, dass der sogenannte MM-PI-Test, der im Anhang zu seinem Gutachten aufgeführt ist, zu keiner anderen Diagnose führe.

Im Ergebnis führt der Sachverständige aus, dass der Kläger weder aufgrund einer rezidivierenden depressiven Störung noch in Folge einer Persönlichkeitsstörung berufsunfähig sei. Seines Erachtens stelle hier die Komponente, eine Rente zu bekommen – aus Sicht des Sachverständigen – einen wichtigen Faktor für den Kläger dar. Darüber hinaus fehle es ihm an persönlicher Motivation und Durchhaltevermögen. Berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen sei er jedenfalls nicht.

3.) Das Gericht macht sich die Ausführungen des Sachverständigen ... zu Eigen. Der Sachverständige ging von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus. Seine Ausführungen sind sowohl im schriftlichen Gutachten vom 15.09.2014 als auch hinsichtlich seiner mündlichen Angaben im Termin vom 04.08.2015 verständlich, vollständig, in sich schlüssig und insgesamt gut nachvollziehbar.

Der Sachverständige hat in seiner umfassenden Anhörung sämtliche Fragen, die vom Gericht und von der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung gestellt wurden, ausnahmslos erschöpfend und überzeugend beantwortet.

Er hat sich insbesondere auch detailliert mit dem ersten gerichtlichen Sachverständigengutachten des ... vom 09.07.2013 auseinandergesetzt und Schwachstellen aufgezeigt. Er hat seine Abweichung vom Erstgutachten für das Gericht logisch und nachvollziehbar begründet. Die für das Gericht im Ergebnis wesentlichen Gründe, dem Gutachtensergebnis des ... den Vorzug zu geben, sind Folgende: Der Erstgutachter hat die Konsistenz der Angaben des Klägers im Gutachten kaum hinterfragt, sondern sie als gegeben hingenommen; er hat alleine auf dieser Basis eine offenbar selten auftretenden Krankheit diagnostiziert; schließlich wurde im Rahmen eines 2 1/2 – monatigen stationären Aufenthalts in einer Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie während des streitgegenständlichen Zeitraums keine entsprechende Diagnose – wie vom Erstgutachter angenommen – überhaupt diskutiert und gestellt. Gerade letztes Argument ist für das Gericht ausschlaggebend, die vom Kläger behauptete Krankheit für den streitgegenständlichen Zeitraum auszuschließen.

Dem Antrag der Klägerseite auf Einholung eines weiteren „Obergutachtens“ war nicht nachzukommen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens steht regelmäßig im Ermessen des Gerichts und ist nur ausnahmsweise geboten. So darf und muss das Gericht, wenn es aus dem Gutachten trotz Ergänzung oder Anhörung des Sachverständigen keine sichere Überzeugung gewinnt, eine neue Begutachtung anordnen, z.B. wenn besonders schwierige Fragen zu lösen oder grobe Mängel des vorhandenen Gutachtens wie Unvollständigkeit nicht zu beseitigen sind oder wenn etwa die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist.

Wie bereits dargelegt, ist das Gericht von den Ausführungen des Sachverständigen ... und ist damit davon überzeugt, dass der Kläger nicht berufsunfähig krank war und ist. Ein drittes Gutachten ist aus Sicht des Gerichts zur sicheren Überzeugungsbildung nicht notwendig

Es besteht daher auch kein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus den Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen.

4.) Die Klage war folglich – in Haupt- und Nebenforderungen – abzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Der Streitwert war gemäß §§ 3, 9 ZPO festzusetzen. Er ergibt sich aus der Summe der bezifferten Leistungsanträge (€ 106.903,60 + € 21.380,72 + € 24.053,31) sowie dem Feststellungsantrag (€ 1.650 × 12 × 3,5 + € 1.022,59 × 12 × 3,5 = € 112.248,78)

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2009 - IV ZR 181/07

bei uns veröffentlicht am 02.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 181/07 Verkündetam: 2.Dezember2009 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AVB Unf

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 181/07 Verkündetam:
2.Dezember2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Unfallversicherung (hier AUB 88, § 11 IV)
Aus dem allein vom Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung nach § 11 IV
AUB 88 fristgemäß vorbehaltenem Recht, die Neubemessung der Invalidität zu verlangen
, erwächst für den Versicherungsnehmer nicht die Pflicht, eine solche Neubemessung
tatsächlich herbeizuführen. Die Weigerung des Versicherungsnehmers,
zum Zweck der Neubemessung einen vom Versicherer benannten Arzt aufzusuchen,
steht insoweit einem - zulässigen - Verzicht auf die Neubemessung gleich und verletzt
nicht die Obliegenheit aus § 9 IV AUB 88.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 181/07 - OLG München
LG Augsburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember
2009

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten - das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 21. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Zahlung von 65.445,38 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 23. August 2002 in Höhe von 57.428,33 € nebst darauf entfallende Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der am 1. Februar 2000 aus 3,5 Metern Höhe von einer Leiter gestürzte Kläger fordert weitere Invaliditätsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Unfallversicherung, der die AUB 88 zugrunde liegen.
Die Parteien streiten unter anderem um den Grad der Invalidität, den der Kläger durch die bei dem Sturz erlittenen Verletzungen davongetragen hat. Vorgerichtlich hat die Beklagte auf der Grundlage eines von Ärzten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. in ihrem Auftrag am 12. Juli 2001 erstatteten Gutachtens, welches zur Feststellung eines Invaliditätsgrades von 30% gelangt war, eine Versicherungsleistung von 24.051,18 € erbracht.
2
Der Kläger meint, er sei bis zu 80% invalide und fordert daher eine zusätzliche Versicherungsleistung in Höhe von 65.445,38 €. Er hat mit Schreiben an die Beklagte vom 11. August 2001 Widerspruch gegen die von der Beklagten in deren Schreiben vom 7. August 2001 vorgenommene Erstfestsetzung seines Invaliditätsgrades erhoben und zugleich dessen Neufestsetzung nach 15 Monaten gefordert. Mit Schreiben vom 15. August 2001 erklärte sich die Beklagte lediglich dazu bereit, das Neufestsetzungsverfahren gemäß § 11 IV AUB 88 ein Jahr nach der Erstbegutachtung mittels einer weiteren Begutachtung des Klägers durchzuführen. Dementsprechend wurde der Kläger Ende Mai/Anfang Juni 2002 von der Beklagten und der von ihr erneut beauftragten Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. aufgefordert, sich am 8. Juli 2002 nochmals zur Untersuchung und Begutachtung einzufinden. Der Kläger erhob daraufhin in einem Schreiben an die Beklagte vom 2. Juli 2002 den Vorwurf, die Ärzte der Unfallklinik hätten ihn schon 2001 unzureichend , insbesondere unter Außerachtlassung zahlreicher Befunde und unter Manipulation von Röntgenbildern "inkompetent" untersucht. Er halte deshalb eine erneute Untersuchung in derselben Klinik für sinnlos. Mit Schreiben an die Unfallklinik vom selben Tage sagte der Kläger den anberaumten Untersuchungstermin ab.
3
Die Beklagte wies den Kläger unter dem 11. Juli 2002 schriftlich auf § 9 IV AUB 88 und die darin geregelte Obliegenheit hin, sich von Ärzten untersuchen zu lassen, die der Versicherer beauftrage. Für den Fall erneuter Weigerung wurde der Kläger zugleich auf drohende Leistungsfreiheit des Versicherers hingewiesen (§ 10 AUB 88). Dennoch beharrte der Kläger sowohl telefonisch als auch schriftlich auf seiner Weigerung , sich der Untersuchung durch Ärzte der Unfallklinik M. zu stellen.
4
23. August Am 2002 teilte ihm die Beklagte unter Berufung auf §§ 9 IV und 10 AUB 88 schriftlich mit, sie sei nunmehr leistungsfrei und sehe die Bearbeitung seiner Unfallangelegenheit damit als "endgültig beendet" an.
5
Hiergegen wendet sich die Klage, mit der der Kläger unter Berufung auf den nach seiner Behauptung höheren Invaliditätsgrad weitere 65.445,38 € fordert.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem Kläger nach erneuter Begutachtung seines Gesundheitszustandes auf der Grundlage eines dabei festgestellten Invaliditätsgrades von 40% weitere 8.017,05 € nebst Zinsen zugesprochen und seine Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Insoweit verfolgt der Kläger mit der Revision sein ursprüngliches Begehren weiter.
7
ihrer Mit Anschlussrevision wendet sich die Beklagte gegen das Berufungsurteil, soweit sie darin zur Zahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , soweit der Antrag auf Zahlung von weiteren 65.445,38 € nebst Zinsen in Höhe von 57.428,33 € nebst darauf entfallende Zinsen zurückgewiesen worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg.
10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nicht deshalb von der Leistungspflicht frei geworden, weil sich der Kläger geweigert habe, sich nochmals von Ärzten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. begutachten zu lassen. Die Obliegenheit aus § 9 IV AUB 88 sei nicht verletzt. Sie betreffe lediglich den Fall, dass der Versicherer eine ärztliche Untersuchung für erforderlich halte und der Versicherungsnehmer eine solche im Interesse des Versicherers vorgesehene Untersuchung verweigere. Hier sei Anlass der erneuten Untersuchung aber das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 11. August 2001 gewesen , mit welchem er sich vorwiegend gegen die Erstfestsetzung seiner Invalidität gewandt habe. Zwar habe er in dem genannten Schreiben auch verlangt, von der Möglichkeit einer ärztlichen Neubemessung seiner Invalidität binnen 15 Monaten Gebrauch zu machen, seine Einwendungen hätten sich aber in erster Linie gegen die Erstbemessung der Invalidität gerichtet. Die Beklagte habe sich mit der weiteren Begutachtung des Klägers einverstanden erklärt. Damit sei die erneute Begutachtung nicht im Interesse der Beklagten, sondern allein im Interesse des Klägers vorgesehen worden. Das könne nicht dazu führen, dass aus dem Wunsch des Klägers eine Obliegenheit gegenüber der Beklagten werde. Dass er die von ihm selbst geforderte Begutachtung letztlich nicht ermöglicht habe, habe keine Interessen der Beklagten verletzt.
11
Die Höhe der Versicherungsleistung hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung eines dem Kläger von der Beklagten zugesagten Treuebonus auf der Grundlage des seiner Auffassung nach überzeugenden Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. M. bestimmt, der den Invaliditätsgrad des Klägers bezogen auf den 1. Februar 2003 auf 40% bemessen hat. Infolge der Ausführungen dieses Sachverständigen sei die Einholung weiterer Gutachten nicht mehr geboten gewesen.
12
Das II. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Berufungsgericht bei der Feststellung des Invaliditätsgrades des Klägers dessen Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es von ihm vorgelegte ärztliche Stellungnahmen zu seinem Gesundheitszustand übergangen hat.
13
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Tatrichter Äußerungen medizinischer Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit prüfen und insbesondere auf die Aufklärung von Widersprüchen hinwirken, die sich innerhalb der Begutachtung eines Sachverständigen wie auch zwischen den Äußerungen mehrerer Sachverständiger ergeben (Senatsurteil vom 25. Februar 2009 - IV ZR 27/08 - VersR 2009, 817 Tz. 9; BGH, Urteil vom 4. März 1997 - VI ZR 354/95 - NJW 1997, 1638 unter II 1 b, jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere bei der Beurteilung besonders schwieriger wissen- schaftlicher Fragen (Senatsurteil vom 25. Februar 2009 aaO; vgl. dazu schon BGH, Urteil vom 12. Januar 1962 - V ZR 179/60 - NJW 1962, 676 unter 1). Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter zudem besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senatsurteile vom 25. Februar 2009 aaO; vom 24. September 2008 - IV ZR 250/06 - VersR 2008, 1676 unter Tz. 11 und vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03 - VersR 2005, 676 unter II 2 b, jeweils m.w.N.).
14
2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
15
a) Unstreitig hat sich der Kläger bei dem Sturz von der Leiter eine Deckplattenimpressionsfraktur des achten Brustwirbels und der vorderen Oberkante des dritten Lendenwirbels, ferner Kompressionsfrakturen des zwölften Brust- und des zweiten Lendenwirbels zugezogen. Daraus resultiert eine posttraumatische Fehlstatik der Wirbelsäule mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und Funktionsbehinderung jedenfalls der Lendenwirbelsäule. Die so verursachten dauerhaften Gesundheitsschäden hat der gerichtlich bestellte Sachverständige vorwiegend auf orthopädischem Gebiet gesehen und mit einem Invaliditätsgrad von 40% bewertet.
16
b) Demgegenüber hat der Kläger weitergehende Beschwerden behauptet : Es habe sich infolge des Sturzes ein Rippenbuckel gebildet, außerdem seien beidseitige Schultergürtelstörungen mit Bewegungsein- schränkungen beider Schultergelenke und ein Schulterhochstand rechts eingetreten. Infolge der Brustkorbverletzungen komme es bei ihm nicht nur zu Lungenfunktionsstörungen und Beeinträchtigungen der Atmung, sondern es habe auch eine mit den Verletzungen einhergehende Lockerung der Brustkorbaufhängung mit nachfolgender Brustkorbverschiebung zu Herzfunktionsstörungen geführt. Die Lendenwirbelverletzungen hätten zudem eine neurogene Blasenentleerungsstörung zur Folge. Schließlich habe der Sturz auch Morbus Bechterew und Rheumatismus ausgelöst.
17
c) Diesen Vortrag, der sich unter anderem auch auf vom Kläger vorgelegte ärztliche Äußerungen stützt, hat das Berufungsgericht nicht ausreichend beachtet.
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aa) Seine Überzeugung, beim Kläger habe sich kein Rippenbuckel gebildet, stützt es auf den in der Berufungsverhandlung genommenen Augenschein und die begleitende Erklärung des gerichtlich bestellten Sachverständigen, die beobachtete leichte Verformung beruhe nicht auf einer knöchernen Deformierung, sondern auf einer lokalen Muskelverhärtung. Das übersieht, dass der Sachverständige selbst in seinem schriftlichen Gutachten eine posttraumatische Fehlstatik der Wirbelsäule in horizontaler und sagittaler Richtung mit einer diskreten Rippenbuckelbildung links festgestellt hat. Das Berufungsurteil löst den darin liegenden Widerspruch zu den mündlichen Angaben des Sachverständigen nicht auf. Es nimmt weiter nicht dazu Stellung, dass auch die Orthopäden Dr. T. (Fachärztlicher Bericht vom 28. August 2001) und Dr. L. (Arztbrief vom 20. August 2001) ausweislich der vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen die Ausbildung eines leichten Rippenbuckels bescheinigt haben. Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit das Berufungsgericht aus eigener Sachkunde in der Lage war, zu entscheiden, ob die von ihm bei gebückter Körperhaltung des Klägers beobachtete diskrete Verformung des Rückens auf einer knöchernen oder einer lediglich muskulären Ursache beruht.
19
Auch bb) sonstige, auf einer unfallbedingten Deformation des Brustkorbes beruhende Beschwerden, wie Atem- oder Herzstörungen, hat das Berufungsgericht im Anschluss an die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ausgeschlossen. Dieser hat es zwar für möglich erachtet, dass der Kläger beim Sturz eine Herzprellung erlitten habe, eine solche heile indes folgenlos aus. Das Berufungsgericht hat dabei nicht erörtert, dass das vom Kläger vorgelegte Gutachten des Kardiologen Dr. N. zu dem Ergebnis gelangt war, der Kläger leide an einer globalen Herzinsuffizienz, die als Unfallfolge interpretiert werden könne. Warum das Berufungsgericht demgegenüber der gutachtlichen Einschätzung des von ihm beauftragten Neurochirurgen den Vorzug gibt, lässt das Berufungsurteil nicht erkennen.
20
Auch dazu, dass die Internistin W. dem Kläger in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 30. Juli 2003 eine geringgradige restriktive Ventilationsstörung mit einer Einschränkung der Totalkapazität auf 80% und der Vitalkapazität auf 73% des Normwertes attestiert und einen Zusammenhang mit dem Sturz von der Leiter insoweit für möglich erachtet hat, verhält sich das Berufungsurteil nicht. Ebenso wenig befassen sich das Berufungsgericht und der von ihm bestellte Sachverständige mit der ärztlichen Stellungnahme des Lungenfacharztes Dr. Sch. vom 21. Juni 2004, in welcher neben der Feststellung einer leicht eingeschränkten Lungenfunktion der Verdacht einer Asthmaerkrankung und eines Schlafapnoesyndroms ausgesprochen werden. Es ist insoweit nicht ersichtlich, ob und mit welchen Erwägungen das Berufungsgericht ange- nommen hat, ein Zusammenhang dieser Beschwerden mit dem Sturz des Klägers sei nicht erwiesen.
21
cc) Mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachte Blasenentleerungsstörung hat der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, eine Unfallbedingtheit sei praktisch im Rahmen einer spinalen Kontusion kaum vorstellbar, solange nicht gleichzeitig eine relevante Einengung des Spinalkanals im Frakturbereich und neurologisch bedingte Ausfälle der unteren Extremitäten vorlägen. In seiner mündlichen Anhörung hat er ergänzt, neurogene Blasenentleerungsstörungen träten nur in Fällen auf, in denen eine höhergradige Verlegung des Spinalkanals und des Rückenmarkkanals, etwa durch Bruchstücke des Wirbelkörpers, vorliege. In einem solchen Fall seien begleitende neurologische Auswirkungen, etwa ein Cauda-Syndrom (sog. Reithosenanästhesie), zu erwarten. Das Berufungsgericht folgert daraus, der Sachverständige habe eine unfallbedingte neurogene Blasenentleerungsstörung überzeugend ausgeschlossen. Das Berufungsurteil verhält sich aber nicht dazu, dass der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten eine neurologische Ausfallerscheinung, nämlich eine "sensibel inkonstant streifige" Verminderung der Empfindlichkeit für Berührungsreize (Hypästhesie) im Bereich der ventralen Oberschenkel sowie beider lateralen Unterschenkel festgestellt hatte. Ebenso wenig nimmt das Berufungsgericht dazu Stellung, dass anlässlich der Kernspintomographie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. am 9. Februar 2001 eine leichte Einengung des Spinalkanals im Bereich der Lendenwirbelkörper zwei und drei diagnostiziert worden war, wie sich aus einem vom Kläger vorgelegten Bericht der Unfallklinik ergibt. Der Urologe Dr. S. hat in mehreren vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen angenommen, es liege beim Kläger eine ausgeprägte neuroge- ne Blasenentleerungsstörung vor. Im urodynamischen Gutachten vom 24. Juli 2003 hat er ausgeführt, Ursache sei mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kompressionsfraktur der beiden Lendenwirbelkörper. Das Berufungsurteil befasst sich damit nicht. Weshalb das Berufungsgericht stattdessen die Ausführungen des gerichtlich bestellten Gutachters für überzeugender hält und aufgrund welcher besonderen Sachkunde das Berufungsgericht dies beurteilen konnte, kann dem Berufungsurteil nicht entnommen werden.
22
III. Die Anschlussrevision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte ist nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers nach §§ 9 IV, 10 AUB 88, § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei geworden, nachdem dieser sich geweigert hat, sich auf Verlangen der Beklagten im Jahre 2002 erneut von Ärzten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. untersuchen zu lassen.
23
Dafür sind folgende Erwägungen maßgeblich:
24
1. Nach der Systematik des § 11 AUB 88 ist, was die Bemessung der unfallbedingten Invalidität anlangt, zu unterscheiden: Zunächst hat sich der Versicherer gemäß § 11 I AUB 88 nach Erhalt der in der Klausel näher bezeichneten Unterlagen binnen bestimmter Frist - beim Invaliditätsanspruch binnen drei Monaten - zu erklären, ob und in welcher Höhe er den Anspruch anerkennt. Bei dieser Erstbemessung bleibt es - unbeschadet der Möglichkeit des Versicherungsnehmers, in einem Rechtsstreit eine ihm günstigere Erstbemessung zu erstreiten - grundsätzlich, soweit keine der Vertragsparteien von ihrem Recht Gebrauch macht, den Grad der Invalidität - längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall - ärzt- lich neu bemessen zu lassen (§ 11 IV AUB 88). In diese zweite Stufe der Invaliditätsbemessung gelangen die Vertragsparteien indessen nur dann, wenn entweder der Versicherungsnehmer, der Versicherer oder beide das Recht auf Neubemessung - fristgebunden - ausüben, d.h. gegenüber dem jeweils anderen eine entsprechende Erklärung abgeben. Unterbleibt eine solche Erklärung oder erfolgt sie nicht fristgemäß, hat die jeweilige Vertragspartei das Recht auf Neubemessung verloren.
25
Beide Stufen der Invaliditätsbemessung sind zwar dadurch verknüpft , dass die Erstbemessung unter dem Vorbehalt einer Änderung steht, soweit sich eine oder beide Vertragsparteien die Neubemessung der Invalidität vorbehalten haben und es tatsächlich zu einer Neubemessung gemäß § 11 IV AUB 88 kommt. Unbeschadet dessen sind die Stufen der Invaliditätsbemessung jeweils rechtlich eigenständig zu betrachten.
26
2. Im vorliegenden Falle hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 11. August 2001 zum einen eine Abänderung der Erstbemessung bezogen auf den für diese maßgeblichen Zeitpunkt begehrt, denn er hat geltend gemacht, bereits zu dieser Zeit an weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten zu haben, die bei der Bemessung durch die Beklagte unberücksichtigt geblieben seien. Er hat schließlich, darauf gestützt , nach Ablauf der Frist des § 11 IV AUB 88 Klage erhoben und auch mit dieser eine ihm günstigere Erstbemessung begehrt.
27
Daneben hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 11. August 2001 sein Recht auf Neubemessung des Invaliditätsgrades (§ 11 IV AUB 88) ausgeübt, während die Beklagte davon abgesehen hat. Daraus ergibt sich zunächst: Der Streit der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit be- trifft allein die Erstbemessung der Invalidität gemäß § 11 I AUB 88. Das Recht des Klägers, im Klagewege eine seiner Ansicht nach zutreffende höhere Erstbemessung der Invalidität durchzusetzen, lässt sein - ausgeübtes - Recht, eine Neubemessung der Invalidität zu verlangen, unberührt und besteht unabhängig davon fort. Die Beklagte dagegen hat ihr Recht auf Neubemessung der Invalidität verloren, weil sie es nicht i.S. von § 11 IV AUB 88 ausgeübt hat.
28
3. Mit Blick auf die Erstbemessung der Invalidität besteht danach eine Obliegenheit des Klägers, sich auf Verlangen der Beklagten ärztlich untersuchen zu lassen (§ 9 IV AUB 88), nicht mehr. Die Beklagte hat ihre Entscheidung über die Erstbemessung mit ihrem Schreiben vom 7. August 2001 getroffen (§ 11 I AUB 88). Daraus folgt zugleich, dass ein weiterer Aufklärungsbedarf insoweit nicht bestand. Es fehlt damit an einem berechtigten Interesse der Beklagten, den Versicherungsnehmer - zumal mit der Sanktion der Leistungsfreiheit - weiterhin an die Obliegenheit zu binden. Aus Sicht des Versicherers bestand keine Veranlassung mehr zu weiteren Untersuchungen durch von ihm beauftragte Ärzte (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - IV ZR 310/02 - VersR 2003, 1165 unter B I 1 a).
29
Auf den Streit um die Erstbemessung konnte die Beklagte ihr Untersuchungsverlangen mithin nicht stützen. Der Kläger hat insoweit keine Obliegenheit verletzt.
30
Zu diesem Ergebnis führt es auch, wenn man die bloße Verweisung des Klägers auf die begehrte Neubemessung im Schreiben der Beklagten vom 15. August 2001 als Ablehnung weiterer Überprüfungen der Erstbemessung versteht. Denn auch unter diesem Blickwinkel träfen den Kläger Aufklärungs- oder Mitwirkungsobliegenheiten hinsichtlich der Erstbemessung nicht mehr (vgl. dazu BGHZ 107, 368, 371 f.).
31
4. Aber auch mit Blick auf eine Neubemessung der Invalidität (§ 11 IV AUB 88) hat der Kläger die Obliegenheit aus § 9 IV AUB 88 nicht verletzt. Aus dem vom Kläger vorbehaltenen Recht, die Invalidität längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall ärztlich neu bemessen zu lassen, folgt keine Pflicht des Klägers, eine Neubemessung tatsächlich herbeizuführen. Die Regelung in § 9 IV AUB 88 gibt dafür keinen Anhalt. Erst recht kann die Beklagte eine Untersuchung zum Zwecke der Neubemessung nicht verlangen, denn sie hat ihr Recht darauf - weil sie es mit der Erstbemessung nicht ausgeübt hat - verloren. Der Kläger kann mithin auf eine ärztliche Neubemessung verzichten, ohne dass ihn die Beklagte - noch dazu mit der Androhung von Leistungsfreiheit - dazu zwingen könnte. Die Weigerung des Klägers, sich von den von der Beklagten benannten Ärzten untersuchen zu lassen, bleibt damit sanktionslos. Sie steht einem Verzicht auf die Neubemessung gleich.
32
Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2003 (aaO) angedeutet hat, dass auch im Rahmen der Neubemessung von Invalidität eine Bindung des Versicherungsnehmers an die Obliegenheit in § 9 IV AUB 88 eintreten könnte, stand das unter der Voraussetzung, dass der Versicherungsnehmer das Recht auf ärztliche Neubemessung ausübt, insbesondere eine solche auch herbeiführt und darauf gestützt eine höhere Entschädigung verlangt. Der Senat kann weiterhin offen lassen, ob der Versicherungsnehmer unter dieser Voraussetzung der Untersuchungsobliegenheit zu genügen hat. Dafür spricht allerdings, dass nach einer vom Versicherungsnehmer herbeigeführten Neubemessung auch für den Versicherer neuerlicher Prüfungsbedarf entsteht, eine Untersu- chung durch von ihm beauftragte Ärzte mithin seinem berechtigten Interesse an weiterer Aufklärung entsprechen könnte. Offen bleiben kann insoweit auch, ob - eine Obliegenheitsbindung unterstellt - deren Verletzung zu vollständiger Leistungsfreiheit des Versicherers führen könnte oder ob sich diese auf das Verlangen des Versicherungsnehmers nach gegenüber der Erstbemessung höherer Invaliditätsleistung zu beschränken hätte.
33
Das Berufungsgericht wird deshalb die gebotene Aufklärung hinsichtlich des Grades der unfallbedingten Invalidität vorzunehmen und dabei zu prüfen haben, inwieweit es angesichts der unterschiedlichen, vom Kläger geltend gemachten Beschwerden geboten ist, dazu Gutachten von Medizinern verschiedener Fachrichtungen einzuholen. Da der Streit die Erstbemessung betrifft, ist insoweit maßgeblich der Gesundheitszustand , wie er sich zu diesem Zeitpunkt - und nicht nach Ablauf der Dreijahresfrist - dargestellt hat.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 12.08.2003 - 2 O 1153/03 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 21.06.2006 - 14 U 691/03 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.