Landgericht München I Endurteil, 29. Okt. 2014 - 11 O 13173/14

published on 29/10/2014 00:00
Landgericht München I Endurteil, 29. Okt. 2014 - 11 O 13173/14
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Gericht

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Tenor

I.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 15.264,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 4.1.2014 zu bezahlen.

Im Übrigen, nämlich so weit höhere und frühere Zinsen eingeklagt waren, wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% desjenigen Betrages, dessen Vollstreckung unternommen werden soll.

IV.

(Beschluss)

Der Streitwert wird auf 15.264,85 € festgesetzt.

Tatbestand

I.)

Unstreitiges

Der Beklagte betrieb in der ... Straße in M. ein Bauvorhaben. Dabei nahm er Beratung durch den Geschäftsführer der Klägerin als Sachverständiger in Anspruch; diese Beratung ist aber nicht Gegenstand des hiesigen Prozesses. Vorliegend geht es nämlich nur um Bauleistungen.

Der Beklagte erhielt von der Klägerin die drei Rechnungen K1, K2 und K3 über die darinnen im einzelnen beschriebenen Bauleistungen. Aus den Endbeträgen setzt sich die klagegegenständliche Hauptsache-Forderung zusammen. Diese Rechnungen sind auf Stundenbasis erstellt.

Die erste (K1) weist Abdichtungsarbeiten im Bereich der Kelleraußenwände der Tiefgarage und des Wohnhauses an der Ost- und Westseite des Bauvorhabens aus, die die Rechnungsstellerin vom 07.04.2010 bis zum 10.04.2010 erbracht haben will.

Die zweite Rechnung (K2) weist Dämmarbeiten, Betonschneidearbeiten, Stemmarbeiten per Hand und mit einem Gerät im Bereich der Attika des Flachdachs an der Südseite für die drei Ausläufe aus.

Die dritte Rechnung (K3) behauptet, Abdichtungsarbeiten im Bereich der Kelleraußenwände der Tiefgarage und des Wohnhauses an der Ost- und Westseite, ferner Herstellen eines Revisionsschachtes mit weiterem Aushub, Einbau von Pentaflex-Dichtungsband, Schalung der vier Seiten, Baustahl in die Ecken eingelegt und betoniert, Wassereintritt im Bereich der TG-Decke Ostseite im Bereich der Fuge behandelt, in dem das Leck geortet und abgedichtet worden sei.

Streitig ist in diesem Prozess, ob es die Klägerin (Rechnungsstellerin von K1 bis K3) überhaupt gibt, ferner ist der Vertragsschluss, die Vergütungsvereinbarung, die Abnahme(-fähigkeit) in Abrede gestellt; die Ausführungen des Beklagten hierzu sind zwar relativ unstrukturiert, aber jedenfalls sind diese Punkte soweit angegriffen, dass sie nicht im unstreitigen Tatbestand zu referieren sind.

II.

Die Klägerin bringt vor:

Sie existiere - wie durch einen Grundbuchauszug belegbar sei.

Sie und nicht ihr Geschäftsführer persönlich habe die streitgegenständlichen Arbeiten vom Beklagten beauftragt erhalten.

Vereinbart sei Stundenlohn (Blatt 11, Blatt 24 d. A., Zeuge ...).

Die Klägerin habe die Arbeiten von März bis April 2010 mangelfrei und unbeanstandet ausgeführt (Blatt 11 d. A., Zeugenbeweisantritt im Termin). Diese seien am 14.11.2010 vom Beklagten abgenommen worden (Blatt 12 d. A.).

Die Abrechnung der Klägerin in den Rechnungen K1 bis K3 entspreche den vertraglichen Vereinbarungen. Die abgerechneten Stundensätze seien zudem ortsüblich und angemessen (Blatt 12 d. A., Sachverständiger). Der Zeitaufwand sei fach- und sachgerecht gewesen (Blatt 12 d. A., Sachverständiger).

Zu Unrecht behaupte der Beklagte in einem Parallelverfahren „im Jahr vier nach der Abnahme“ erstmals unsubstantiiert Mängel der Abdichtungsarbeiten (Blatt 13 d. A.).

Die Rechnungen seien vorprozessual zugegangen.

III.

Anträge:

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 15.264,85 nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 4.084,87 seit 17.05.2010, aus € 5.670,35 seit 16.05.2010 und aus € 5.509,63 seit 10.05.2010 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

IV.

Der Beklagte bringt vor:

Die Klageforderung sei „weitgehend unsubstantiiert“ und die Klageforderung verjährt (Blatt 16 d. A.).

In der Klageerwiderung vom 13.10.2014, die verspätet ist (Blatt 19 d. A.), weil der Beklagtenvertreter die Klageerwiderungsfrist übersehen und die Fristsetzung irrtümlich einem Parallelverfahren zugeordnet hatte, bestreitet der Beklagte entweder,

- dass überhaupt ein Vortrag über die streitgegenständlichen Arbeiten existiere (Blatt 20 oben),

- oder aber dass der Beklagte alleiniger Vertragspartner eines solchen Vertrages wäre (Blatt 20 unten),

- oder dass gerade die Klägerin Partnerin eines solchen Vertrages sei (Blatt 21 oben).

Jedenfalls sei Stundenlohn nicht vereinbart (Blatt 20 Mitte).

Die Arbeiten seien nicht abgeschlossen und nicht abgenommen, oder aber: Der Beklagte erkläre sich mit Nichtwissen zur der Frage, ob die abgerechneten Arbeiten erbracht seien und inwieweit.

Der Beklagte wisse nur, dass der Geschäftsführer der Klägerin mit zwei Leuten Bauarbeiten an der Ostaußenwand der Tiefgarage und an den Kellerwänden des Wohnhauses verrichtet hat (Blatt 21 Mitte d. A.).

Dabei hätten sie aber Undichtigkeiten verursacht, die indes schon durch einen Dritten beseitigt seien (Blatt 21 d. A.).

Auch sei der Kläger-Geschäftsführer mit seinen Mitarbeitern auf der Attika des Flachdaches des Hauses des Beklagten tätig gewesen und habe Löcher angebracht, die aber nicht ausreichend und ordnungsgemäß seien, sondern die Ausschnitte seien zu hoch, weshalb sich Regenwasser innerhalb des Attikarings auf dem Flachdach staue. Dort stehe drückendes Wasser an, das eines Tages die Bitumenfolie des Flachdaches durchdringen könnte. Dieser Leistungsteil sei daher mangelhaft ausgeführt (Blatt 22 d. A.).

Mit Nichtwissen bestreite man den Zeitaufwand aus den Rechnungen K1 bis K3 und dessen Angemessenheit (Blatt 22 d. A.).

Die Klageforderung sei verjährt, weil die nicht nachvollziehbaren Rechnungen K1 bis K3 dem Beklagten erstmals am 23.12.2013 zugestellt gewesen seien, somit dreieinhalb Jahre nach Rechnungsdatum.

Zuvor habe der Beklagte die Rechnungen nicht bekommen. Schon gar nicht könne die Klagepartei gegenüber dem Beklagten als Verbraucher 8% Zinsen verlangen (Blatt 23 d. A.). § 286 Abs. 3 BGB sei gegenüber einem Verbraucher nur unter den besonderen Voraussetzungen anwendbar, die hier nicht vorlägen.

V.

Prozessuales

Die Kammer hat den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen (Blatt 28 d. A.). Im Termin wurde die Sach- und Rechtslage nach allen Richtungen erörtert, wobei das Gericht allerdings schon zur Vorbereitung des Termins Hinweise gegeben hatte (Blatt 25/26 d. A.), verbunden mit einem Vergleichsvorschlag (Blatt 27 d. A., dem die Beklagtenseite indes nicht nähertreten mochte). Der auf den 13.11.2014 bestimmte Verkündungstermin (Blatt 30) konnte wegen Entscheidungsreife vorverlegt werden (Blatt 34).

Gründe

A) Die Klage ist zulässig.

Insbesondere hat die Klägerin ihre Existenz nachgewiesen durch einen Auszug aus dem Handelsregister (K4) und ist sonach zur Überzeugung des Gerichts prozess- und parteifähig.

B) Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

Die Klägerin kann aus § 631 BGB in ausgeurteilter Höhe Werklohn fordern. Zinsen kann sie lediglich in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes von 5 Prozent fordern, da der Beklagte als privater Bauherr aufgetreten und daher als Verbraucher einzustufen ist im Sinne von § 13 BGB. Die antragsgegenständlichen Zinseinsatzpunkte kann die Klägerin nicht erfolgreich geltend machen, da sie die Voraussetzungen des Verzuges nicht bewiesen hat. Zu verzinsen ist der Anspruch aber ab Rechtshängigkeit (§ 291 BGB), die hier auf den Zeitpunkt zurück zu fingieren ist (§ 696 Abs. 3 ZPO) in dem der Mahnbescheid zugestellt wurde: Das war der 3.1.2014. Zinseinsatzpunkt ist also der 4.1.2014, der auf den Erlass des Mahnbescheides folgte.

I.

Dem Beklagten war nicht darin zu folgen (Blatt 16 d. A.), dass der Klagevortrag „weitgehend unsubstantiiert“ sei (so der Beklagte in der Verteidigungsanzeige). Der Klagevortrag war vor Eingang der Klageerwiderung unbestritten und enthielt alle Elemente, die erforderlich sind, damit das Gericht unter die bezweckte Rechtsfolge subsumieren kann. Insbesondere waren die Angaben zu den ausgeführten Arbeiten ausreichend, nämlich im Wege zulässiger Bezugnahme auf die Beschreibungen in den Rechnungen K1 bis K3. Das Gericht hat hierauf bereits vor dem Termin hingewiesen.

II.

Das Gericht hat seiner Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Klägerin existiert (K4). Diese doppelt relevante Tatsache wirkt sich nicht bloß auf die Zulässigkeit aus (siehe oben), sondern auch auf die Begründetheit: Sie verbietet es dem Gericht, Ansprüche der Klägerin deswegen materiell-rechtlich zu versagen, weil es sie gar nicht gebe.

III.

Die sonach existente Klägerin hat den von ihr behaupteten Vertrag mit dem Beklagten geschlossen. Das ist hinsichtlich der zu erbringenden Arbeiten nicht wirksam bestritten. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass das Bestreiten des Beklagten unklar ist und warum (Blatt 26, Ziffer 2.a) d. A.). Sähe man das Bestreiten hingegen als hinreichend transparent an, so wäre es wegen Verspätung zurückzuweisen, dazu später ausführlich unter Ziffer VIII. Letzteres gilt auch für den Einwand des Beklagten, die hier geübte Regieabrechnung sei nicht vereinbart.

IV.

Das Gericht hat seiner Entscheidung ferner zugrunde zu legen, dass die Klägerin die Arbeiten im abgerechneten Umfang vollständig erbracht hat und die Vergütung dafür fällig ist, da die Arbeiten entweder abgenommen sind oder aber abnahmefähig, weil mangelfrei. Soweit in diesem Zusammenhang Undichtigkeiten der Tiefgarage angesprochen sind (Blatt 21 d. A.), sind diese schon nach dem Vortrag des Beklagten bereits beseitigt, so dass ein entsprechender Mangel der Klägerin nicht mehr entgegengehalten werden kann. Das Gericht hat darauf hingewiesen (Blatt 26, Ziffer 4.d) d. A.).

Auch im Übrigen ist das Gericht gezwungen, von vollständiger Leistungserbringung und Mangelfreiheit, somit Abnahmefähigkeit, auszugehen, dass entsprechende Einwendungen des Beklagten verspätet sind, dazu später ausführlich unter Ziffer VII.

V.

Der Klageforderung fehlt es auch nicht an Fälligkeit unter dem Gesichtspunkt, dass die klagegegenständlichen Rechnungen nicht prüfbar wären. Auch außerhalb des VOB/B-Vertrages ist anerkannt, dass sich ein Auftraggeber auf die fehlende Prüfbarkeit nicht berufen kann, wenn er die fehlende Prüfbarkeit nicht in der Frist, die § 16 VOB/B vorsieht, rügt und genau mitteilt, was er an der Rechnung nicht versteht (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 VOB/B). Denn hierin liegt ein allgemeiner Ausdruck des Prinzips von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wonach die Prüfbarkeit der Rechnung kein Selbstzweck ist, sondern die Parteien gehalten sind, über deren Inhalt zügig zu kommunizieren. Unstreitig ließ der Beklagte die Rechnungen unbeanstandet bis zur verspäteten Klageerwiderung, Davon abgesehen sind die Prüfbarkeitsanforderungen bei einem BGB-Vertrag (wie hier) in geringerm Umfang zu stellen als beim VOB-Vertrag. Es genügt also, dass die Arbeiten und Stunden angegeben werden wie das K1 bis K3 tun. Selbst im VOB-Vertrag wären keine Aufmaßzeichnungen und dergleichen erforderlich, wenn im Stundenlohn abgerechnet wird.

VI.

Dem sonach begründeten und fälligen Hauptsache-Anspruch hat der Beklagte keine Gegenrechte entgegengesetzt. Er hat wegen der behaupteten Ersatzvornahme keine Aufrechnung erklärt (diese wäre auch nicht schlüssig, da es an den formellen Voraussetzungen eines auf Geldzahlung gerichteten Anspruchs fehlen würde, worauf das Gericht hingewiesen hat). Er hat wegen behaupteter mangelhafter Löcher bei der Attika gleichfalls kein Gegenrecht mitgeteilt (was er auch nicht kann, da er einen Vertragsschluss - wenn auch verschwommen - bestreitet).

VII.

Soweit sich der Beklagte auf Verjährung beruft, greift das nicht durch, denn auch im Bereich des BGB-Vertrages ist allgemein anerkannt, dass Werklohn erst fällig wird, wenn eine prüfbare Schlussrechnung vorliegt.

1. Das ist, folgt man dem Vorbringen des Beklagten, bis heute nicht der Fall, so dass der Verjährungseinwand nicht schlüssig ist. Nach der Logik des Beklagten kann die Verjährung noch nicht einmal angelaufen sein.

2. Sähe man hierüber hinweg und berücksichtigt, dass die streitgegenständlichen Rechnungen als prüfbar anzusehen sind, dann könnte ihre Übersendung (am 23.12.2013, wie der Beklagte behauptet) frühestmöglich die Fälligkeit ausgelöst haben, die Verjährung wäre sonach erst hiermit angelaufen und bis heute nicht abgelaufen. Das Gericht hat darauf hingewiesen (Blatt 26, Ziffer 4.e).

VIII.

Soweit das Gericht in den vorstehenden Punkten mit Verspätung argumentiert hat, ist für alle diese Punkte näher auszuführen:

1. Für die Klageerwiderung hat das Gericht eine Frist im Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO gesetzt, nämlich nach Eingang der Anspruchsbegründung mit Verfügung vom 05.08.2014 (Blatt 14/15 d. A.), die dem Beklagten schließlich am 19.08.2014 auch zugestellt wurde. Der Beklagte hat zwar unter dem 20.08.2014 Verteidigungsabsicht angezeigt und dabei auch das hiesige Aktenzeichen richtig angegeben, hernach aber seinen eigenen Angaben zufolge übersehen, dass er in diesem Prozess auf die Klage auch materiell erwidern muss. Er hat da irgendetwas verwechselt mit dem parallelen Rechtsstreit (Blatt 19 d. A.).

2. Dieses Versehen ist keine Entschuldigung dafür, dass die Klageerwiderung nicht innerhalb der gesetzten Frist einging. Das Gericht war gehalten, als es das Fehlen der Klageerwiderung bemerkte, zügig zu terminieren (Blatt 17/18 d. A.) und darauf hinzuweisen, dass die Klageerwiderung noch fehlte. Sie ging am 14. Oktober 2014 per Fax ein, somit außerhalb der Frist, fast einen Monat zu spät.

3. Ließe man das Klageerwiderungsvorbringen in den obigen. Punkten zu, dann würde das zu einer Verlängerung des Rechtsstreits führen.

Es müssten die klägerseits angebotenen Zeugen vernommen werden, das Gericht müsste ferner auf eine Aufklärung der erläuterungsbedürftigen Punkte des Klageerwiderungsvorbringens hinwirken. Dass das Gericht hierzu unter dem 16.10.2014 bereits angesetzt hat (Blatt 25/26 d. A.), spielt für diese Wertung keine Rolle, da das Gericht damit bis zum Termin keine durchgreifenden Erfolge erzielen konnte.

Anschließend wäre abermals der Klagepartei Gelegenheit zu einer ergänzenden Stellungnahme zu geben. Und schon auf die Klageerwiderung selbst hatte die Klagepartei eine Schriftsatzfrist beantragt, die ihr bei Fortsetzung des Rechtsstreits auch zu gewähren gewesen wäre. Danach hätte sich bei Fortsetzung des Rechtsstreits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Beweisaufnahme angeschlossen, die einen oder mehrere weitere Termine erfordert hätte.

Demgegenüber ist der Rechtsstreit bei Anwendung von. Verspätungsrecht entscheidungsreif bereits vor dem Zeitpunkt, den sich die Klagepartei als Frist für eine umfassende Stellungnahme auf die Klageerwiderung vorgestellt hatte.

4. Durch die Anwendung der Verspätungsregeln kommt es auch nicht zu einer sogenannten Überbeschleunigung des Verfahrens, erst recht nicht zu einer „greifbaren“ Überbeschleunigung. Auch hierüber wurde im Termin diskutiert.

Der Gedanke, dass eine greifbare Überbeschleunigung verhindert werden soll, ist als Korrektiv zur Anwendung des absoluten Verzögerungsbegriffs gedacht. Man möchte damit erreichen, dass nicht auf einmal ein Rechtsstreit ersichtlich kürzer dauert, als er normalerweise gedauert hätte. Genauer: Es darf nicht „greifbar“ sein, dass der Rechtsstreit wesentlich schneller durch Verspätung zu Ende geht, als in der Dauer, auf die er zuvor angelegt gewesen ist. Auf welche Dauer ein Rechtsstreit angelegt ist, kann indes regelmäßig erst beurteilt werden, wenn eine Klageerwiderung vorliegt. Frühestens dann ist eine erste Abschätzung möglich, ob es sich hier um ein kompliziertes und/oder voraussichtlich langwieriges Verfahren handelt, oder eine Sache, die voraussichtlich im ersten Termin erledigt werden kann.

Da es hier aber gerade um die nicht fristgerechte Klageerwiderung geht, konnte im vorliegenden Prozess vor Eingang der Klageerwiderung niemals davon die Rede sein, der Prozess sei „auf eine längere Dauer angelegt“ als auf die, die er durch die vorliegende Entscheidung in erster Instanz erhält. Insbesondere akzeptiert die 11. Zivilkammer keinen Erfahrungssatz dahin, dass Bausachen „doch immer länger dauern und typischerweise nicht im ersten Termin erledigt“ würden. In der Praxis der Gerichte erster und zweiter Instanz ist das Gegenteil der Fall: Nicht wenige Verfahren erledigen sich schon vor dem ersten Termin, immer wieder erledigen sich auch Verfahren im ersten Termin oder durch Entscheidung kurz nach dem ersten Termin. Dass daneben auch Verfahren, namentlich über große streitige Summen und komplexe Bauvorhaben, Jahre dauern können, sei zugegeben, begründet aber keinen Erfahrungssatz, der sich auf Bausachen allgemein beziehen ließe, geschweige denn auf Bausachen des hier gegebenen Umfangs und der hier gegebenen Streitsumme.

5. Im Übrigen wäre das Klageerwiderungsvorbringen sogar dann wegen Verspätung zurückzuweisen gewesen, wenn man - entgegen der herrschenden Ansicht - den weitaus strengeren „relativen“ Verzögerungsbegriff anwenden wollte. Denn bei rechtzeitigem Eingang der Klageerwiderung (= bis zum 16.9.2014) hätte das Gericht der Klägerin sofort aufgeben können, ihre Existenz nachzuweisen. Das Gericht hätte ferner den Zeugen Gassner (Blatt 11 und 24) sofort zum Termin (23.10.2014) laden und im Termin vernehmen können, ferner diejenigen Zeugen, die die Klagepartei erst im Termin benannte, denn diese zu benennen hätte die Klagepartei bei rechtzeitigem Eingang der Klageerwiderung sofort Anlass sehen können, und dann wäre noch rund ein Monat Zeit gewesen, die Zeugen zu laden. Die relevanten Zeugen hätten also bei rechtzeitiger Klageerwiderung bereits zum ersten Termin geladen und dort vernommen werden können. Dazu hatte das Gericht nur deshalb keine Chance mehr, weil die Klageerwiderung erst am 15.10.2014 einging und eine Ladung von Zeugen innerhalb von rund einer Woche keinen Erfolg versprochen hätte.

6. Darauf kommt es indes nicht durchgreifend an, da das Vorbringen des Beklagten nach dem herrschenden „absoluten“ Verzögerungsbegriff nicht mehr zuzulassen ist, zumal auch die Kontrollüberlegung „greifbare Überbeschleunigung“ der Anwendung von Verspätungsrecht nicht entgegensteht. Darum hatte das Gericht zwingend die Rechtsfolge des § 296 Abs. 1 ZPO anzuwenden: Neues Vorbringen darf es nicht zulassen. Diese Rechtsfolge erweist sich auch als nötig, da die Gerichte die Beschleunigung und Verfahrensleitung, die ihnen die ZPO abverlangt, nicht leisten könnten, wenn das Gesetz zugleich den Parteien signalisieren wollte, sie könnten gesetzte Fristen folgenlos ignorieren.

C) Entscheidungen von Amts wegen

I.)

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

II.)

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 ZPO.

D) Der Streitwert war nach § 63 Abs. 2 GKG endgültig festzusetzen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Landgericht München I, Prielmayerstraße 7, 80335 München einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Annotations

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.

(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.

(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.

(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.