Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 14.06.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm – Abteilung für Insolvenzsachen – vom 17.05.2016 (Az.: IK 130/10) wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen.

II. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 23.03.2010 (Bl. 57/58 d.A.) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der weitere Beteiligte Rechtsanwalt ... zum Treuhänder bestellt. Mit Schriftsatz vom 16.12.2010 (Bl. 86 d.A.) teilte der Treuhänder dem Insolvenzgericht mit, dass hinsichtlich einer Motoryacht ein Sachverhalt ermittelt worden sei der nach den anfechtungsrechtlichen Bestimmungen der Insolvenzordnung von Relevanz sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 01.02.2011 (Bl. 89/95 d.A.) teilte der Insolvenzverwalter unter Ziffer 5, insbesondere Ziffer 5.1 und 5.2, mit, dass anfechtbare Vermögensübertragungen in Bezug auf eine Motoryacht und Kraftfahrzeuge vorlägen. Mit Beschluss der Gläubigerversammlung vom 02.02.2011 (Bl. 96 d.A.) wurde der Treuhänder mit der Anfechtung bezüglich des Sachverhalts „Motoryacht“ beauftragt. Unter dem 03.09.2012 (Bl. 113/114 d.A.) teilte der Treuhänder mit, dass der Anfechtungsgegner bezüglich des Sachverhalts „Motoryacht“ zur Zahlung von 19.000,00 Euro zugunsten der Insolvenzmasse verurteilt worden sei.

Mit Beschluss der Gläubigerversammlung vom 18.09.2013 (Bl. 125 d.A.) wurde der Treuhänder mit sämtlichen anfechtungsrelevanten Sachverhalten beauftragt. Unter dem 18.06.2014 (Bl. 133/147 d.A.) teilte der Treuhänder mit, dass er bezüglich zweier Fahrzeuge, nämlich eines Chrysler Grand Cherokee, amtl. Kennz. ..., und eines Mercedes Benz CLK 230, amtl. Kennz. ..., Rückzahlungsansprüche gerichtlich geltend gemacht habe.

Unter dem 03.03.2015 (Bl. 151/162 d.A.) erstattete der Treuhänder den Schlussbericht und führte dort unter Ziffer 3.3., insbesondere 3.3.1 Motoryacht und 3.3.2 Kraftfahrzeuge, aus, dass die Anfechtung hinsichtlich der Motoryacht zu der oben dargelegten Verurteilung zur Zahlung geführt habe und dass auch hinsichtlich des Pkw Mercedes Benz CLK amtl. Kennz. ..., ein Vergleich dahingehend geschlossen wurde, dass die Anfechtungsgegnerin 7.500,00 Euro bezahle.

Mit Terminsbestimmung vom 31.03.2015 (Bl. 224/229 d.A.) setzte das Amtsgericht Neu-Ulm Schlusstermin gemäß § 197 InsO und Termin zur Anhörung der Insolvenzgläubiger und des Treuhänders zum Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung u.a. auf 10.06.2015 fest. Diese Terminsbestimmung wurde dem Schuldner mit einem Anschreiben übersandt mit dem Hinweis, dass ein mögliches Bestreiten nur in diesem Termin erfolgen könne, sofern in diesem Termin ein Versagungsantrag gestellt werden sollte. Anderenfalls sei bereits wegen des Nichtbestreitens in diesem Termin mit der Versagung der Restschuldbefreiung zu rechnen. Im Schlusstermin vom 10.06.2015 (Niederschrift Bl. 244/245 d.A.) beantragte der antragstellende Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten und wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben zu Vermögensverhältnissen. Zur Glaubhaftmachung übergab der Vertreter des antragstellenden Gläubigers einen schriftlichen Antrag vom selben Tage nebst Anlagen (Bl. 235/243 d.A.). Der anwesende anwaltliche Vertreter des nicht persönlich erschienenen Schuldners „bestritt vorläufig die erhobenen Vorwürfe und deren Glaubhaftmachung“, beantragte die Abweisung des Versagungsantrages und kündigte genaue Erklärungen nach Akteneinsicht und Rücksprache mit dem Schuldner an. Mit Verfügung vom 23.06.2015 (Bl. 246 d.A.) wurden der schriftliche Versagungsantrag des antragstellenden Gläubigers nebst Anlagen und die Niederschrift über den Schlusstermin an den Schuldner zugestellt mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen. Mit Schriftsatz vom 23.06.2015 (Bl. 247 d.A.) beantragte der anwaltliche Vertreter des Schuldners Akteneinsicht und Fristverlängerung zur Stellungnahme zum Versagungsantrag bis mindestens 31.07.2015. Dies wurde mit Verfügung vom 25.06.2015 (Bl. 247 d.A.) genehmigt. Mit Schriftsatz vom 21.07.2015 (Bl. 248/249 d.A.) beantragte der anwaltliche Vertreter des Schuldners erneut Akteneinsicht und Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zum Versagungsantrag auf vier Wochen nach Gewährung der Akteneinsicht. Der Treuhänder nahm unter dem 30.07.2015 (Bl. 283/284 d.A.) zu dem Versagungsantrag Stellung. Diese Stellungnahme wurde dem anwaltlichen Vertreter des Schuldners mit Verfügung vom 13.08.2015 (Bl. 285 d.A.) mit dem Hinweis zugeleitet, dass Akteneinsicht vor Ort zu nehmen sei. Daraufhin beantragte der anwaltliche Vertreter des Schuldners unter dem 19.08.2015 (Bl. 286/287 d.A.) die Übersendung der Akte in seine Kanzlei. Dies wurde mit Verfügung vom 24.08.2015 (Bl. 286 d.A.) genehmigt. Mit Schriftsatz vom 22.09.2015 (Bl. 290/294 d.A.) nahm der anwaltliche Vertreter des Schuldners zu dem Versagungsantrag Stellung und beantragte, diesen zurückzuweisen.

Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 17.05.2016 (Bl. 311/315 d.A.), die Erteilung der Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung führte das Amtsgericht Neu-Ulm aus, dass der Schuldner zumindest bedingt vorsätzlich im Vermögensverzeichnis Umstände hinsichtlich der Übertragung einer Motoryacht und eines Pkw Mercedes Benz CLK verschwiegen habe. Gegen diesen Beschluss, der dem anwaltlichen Vertreter des Schuldners ausweislich des bei der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 31.05.2016 zugestellt worden war, legte der anwaltliche Vertreter des Schuldners mit Schriftsatz vom 14.06.2016, beim Amtsgericht Neu-Ulm per Telefax eingegangen am selben Tage (Bl. 317/324 d.A.), Beschwerde ein und verwies darauf, dass die behaupteten Versagungsgründe nicht ausreichend glaubhaft gemacht seien, weshalb auch die Amtsermittlungspflicht nicht zum tragen komme.

Das Amtsgericht Neu-Ulm entschied mit Beschluss vom 14.06.2016 (Bl. 326 d.A.), der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und legte die Akten dem Landgericht Memmingen zur Entscheidung vor.

Das Beschwerdegericht ließ den Beteiligten mit Verfügung vom 28.06.2016 (Bl. 329 d.A.) nach, zu dem Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm Stellung zu nehmen. Die Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers äußerten sich mit Schriftsatz vom 23.06.2016, beim Landgericht Memmingen nach Weiterleitung durch das Amtsgericht Neu-Ulm eingegangen am 29.06.2016 (Bl. 330 d.A.), zu dem Nichtabhilfebeschluss. Mit Verfügung vom 27.07.2016 (Bl. 332 d.A.) wies das Beschwerdegericht darauf hin, dass der Schuldner entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift auf die Notwendigkeit des Bestreitens nach etwaigem Versagungsantrag im Termin hingewiesen worden sein dürfte. Die Schuldnervertreter nahmen hierzu unter dem 11.08.2016 (Bl. 333/335 d.A.) dahingehend Stellung, dass die Behauptung einer mangelhaften Belehrung nicht aufrechterhalten werde; an der Beschwerde werde gleichwohl festgehalten. Das Beschwerdegericht bat den Treuhänder mit Verfügung vom 19.08.2016 (Bl. 333 d.A.) um Stellungnahme binnen zwei Wochen; eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.

Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 09.09.2016 der Beschwerdekammer zur Entscheidung übertragen.

II.

Die statthafte (§§ 6 Abs. 1, 290 Abs. 3 S. 1 InsO) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zur Begründung wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst Bezug genommen auf die zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Erwägungen des Amtsgerichts Neu-Ulm aus dem angegriffenen Beschluss vom 17.05.2016 sowie aus der zugehörigen Nichtabhilfeentscheidung vom 14.06.2016, welche sich das Beschwerdegericht vollumfänglich zu Eigen macht.

Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:

Das Amtsgericht legt dem Schuldner in der angegriffenen Entscheidung im Wesentlichen zur Last, über seine Vermögensverhältnisse zumindest bedingt vorsätzlich unvollständige Angaben gemacht zu haben, da er anfechtungsrelevante Umstände im Zusammenhang mit der Übertragung einer Motoryacht sowie eines Pkw Mercedes Benz CLK verschwiegen hat. Das Ausgangsgericht führt aus, dass die Übertragungen in zeitlicher Nähe zur Insolvenzantragstellung und hinsichtlich des Pkw Mercedes Benz zusätzlich an eine nahe Angehörige Umstände sind, die offensichtlich Anfechtungen begründen können. Weiterhin verweist das Amtsgericht in dem angegriffenen Beschluss darauf, dass die Anfechtungen der Übertragungen der vorgenannten Gegenstände erfolgreich waren. Diese Umstände wurden durch den antragstellenden Gläubiger in dem Termin durch Bezugnahme auf den Schlussbericht, dort Ziffer 3.3, glaubhaft gemacht. Soweit sich die Schuldnervertreter darauf berufen, dass diese Bezugnahme zu unkonkret gewesen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gläubiger nimmt durch die Benennung von Ziffer 3.3 Bezug auf vier Seiten des Berichts. Zwar ist dem Schuldner darin zuzustimmen, dass dort von mehreren Vermögensgegenständen, nämlich einer Motoryacht und vier Fahrzeugen die Rede ist, aber der Gläubiger stellt seinen Antrag bezüglich der Motoryacht und zweier durch Kfz-Kennzeichen konkret bezeichneter Fahrzeuge. Weiter nimmt der Gläubiger auf Ziffer 3 des Schlussberichts Bezug. Dort ist ausgeführt, dass der Schuldner diese Vermögensgegenstände weder in dem Vermögensverzeichnis zu dem Insolvenzantrag, noch in einer persönlichen Besprechung am 01.04.2010 angegeben hat, obwohl der Schuldner in der Besprechung auf etwaige, bislang nicht genannte Vermögensgegenstände angesprochen wurde. Diese Kenntnisse habe der Insolvenzverwalter erst im Laufe des Verfahrens von dritter Seite erlangt. Die Passage unter Ziffer 3 des Schlussberichts umfasst lediglich elf Zeilen, sodass auch diese Bezugnahme konkret ist.

Durch die Wiedergabe der und die Bezugnahme auf die letztgenannte Passage ist auch die subjektive Seite des Versagungstatbestandes vorgetragen und glaubhaft gemacht. Der Schuldner hat trotz konkreter Nachfrage keine Auskunft erteilt, obwohl die Übertragungen der Vermögensgegenstände in gewissem zeitlichem Zusammenhang zur Insolvenzantragstellung erfolgt waren. Damit wurde in rechtlicher Hinsicht mit anderen Worten vorgetragen, dass der Schuldner die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt hat, indem offenkundig zumindest ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte (vgl. Stephan, in: Münchener Kommentar InsO, 3. Aufl. 2014, § 290 Rn. 76). Somit wurde vorgetragen, dass der Schuldner grob fahrlässig gehandelt hat und eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt (a.a.O.). Somit hat der Gläubiger einen ordnungsgemäßen Versagungsantrag gestellt.

In der Konsequenz gehen die Ausführungen der Schuldnervertreter zu dem Nichteinsetzen der Amtsermittlungspflicht ins Leere.

Schließlich hat das Amtsgericht Neu-Ulm zutreffend und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Schuldner den Tatsachenvortrag der Gläubigerin in dem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nicht rechtzeitig substantiiert bestritten hatte. Der Schuldner war über die Obliegenheit des Bestreitens in dem Schlusstermin ordnungsgemäß belehrt worden, was mittlerweile auch von Schuldnerseite eingeräumt wird. Soweit der Schuldner darauf hinweist, dass er sich zu dem Terminszeitpunkt in Haft befunden hat, hätte es ihm oblegen, seine Vorführung zur Teilnahme an dem Termin zu beantragen. Wenn der Schuldner stattdessen lediglich einen Vertreter zu dem Termin entsendet, der lediglich zu pauschalem Bestreiten in der Lage ist, geht dies zu seinen Lasten. Soweit sich der Schuldner darauf beruft, den im Termin eingereichten schriftlichen Antrag und die darin in Bezug genommenen Aktenbestandteile, insbesondere die Berichte des Treuhänders, erst nach dem Schlusstermin erhalten zu haben, mag dies inhaltlich zutreffend sein. Angesichts der Obliegenheit des Bestreitens im Termin, über die ordnungsgemäß belehrt worden war, hätte es allerdings dem Schuldner bzw. dem Vertreter oblegen, den Antrag noch im Termin und die übrige Akte ggf. vorher im Wege der Akteneinsicht einzusehen. Nach alledem hat das Amtsgericht den Sachvortrag des antragstellenden Gläubigers zu Recht als unbestritten angesehen und im Rahmen der Amtsermittlung anhand der Treuhänderberichte verifiziert.

An diesem Ergebnis kann sich nichts dadurch ändern, dass dem Schuldner durch das Amtsgericht eine Frist zur Stellungnahme zu dem Versagungsantrag gewährt und verlängert wurde. Dies führt nicht dazu, dass ein Bestreiten des Tatsachenvortrags nachträglich möglich geworden wäre. Vielmehr hatte der Schuldner so die Gelegenheit, beispielsweise auf die Unzulässigkeit des Antrags hinzuweisen, wie es hinsichtlich des weiteren auf § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützten Antrages der Fall war.

Der sofortigen Beschwerde war nach alledem der Erfolg zu versagen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 4 InsO, 574 ZPO) liegen vor. Die Frage, ob die Gewährung einer Stellungnahmefrist zu einem Versagungsantrag dazu führen würde, dass ein substantiiertes Bestreiten des Tatsachenvortrags auch noch nach Ende des Schlusstermins erfolgen könnte, ist – soweit ersichtlich – bislang nicht höchstrichterlich geklärt und kann für eine unbestimmte Vielzahl von Verfahren Bedeutung erlangen.

Die Festsetzung des Streitwerts war auf einen Regelstreitwert vorzunehmen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.02.2002, 2 W 5/02).

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Amtsgericht Neu-Ulm Beschluss, 17. Mai 2016 - IK 130/10

bei uns veröffentlicht am 17.05.2016

Tenor Die Erteilung der Restschuldbefreiung wird versagt. Gründe Über das Vermögen des Schuldners ist auf seinen Antrag vom 17.03.2010, eingegangen am 18.03.2010, hin mit Beschluss des AG Neu-Ulm vom 23.03.2010

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Tenor

Die Erteilung der Restschuldbefreiung wird versagt.

Gründe

Über das Vermögen des Schuldners ist auf seinen Antrag vom 17.03.2010, eingegangen am 18.03.2010, hin mit Beschluss des AG Neu-Ulm vom 23.03.2010 (Bl. 57/59 d.A.) das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zur Anwendung gelangt das Recht in der Fassung vor dem 01.07.2014.

Der Schuldner hat unter dem 07.02.2010 (Bl. 5 d.A.) die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt.

Im Schlusstermin vom 10.06.2015 hat die öffentliche Hand, vertreten durch das Finanzamt …, die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt (Bl. 235/245 d.A.).

Sie beruft sich dabei im Wesentlichen zum einen auf den Versagungsgrund des § 290 I Nrn. 5 und 6 InsO. Denn der Schuldner habe eine Motoryacht und zwei Fahrzeuge mit den amtl. Kz. … und …, als ihm zustehende Vermögensgegenstände zumindest grob fahrlässig weder im Vermögensverzeichnis noch anlässlich einer Besprechung am 01.04.2010 angegeben. Zur Glaubhaftmachung wird auf Ziff. 3.3 des Schlussberichts [vom 03.03.2015, Bl. 149/164 (155/158) d.A.] verwiesen. Auch wird auf Ziff. 5 des Treuhänderberichts vom 01.02.2011 [Bl. 89/95 (91/95) d.A.] verwiesen.

Zum anderen habe der Schuldner vorsätzlich zur Leistungsvermeidung schriftlich falsche Angaben gemacht, indem er auf eine Erinnerung der „Lohnsteuer Arbeitgeber Stelle“ ein Antwortschreiben (Bl. 237 d.A.) des Inhalts dem Finanzamt … am 12.02.2007 zukommen gelassen habe, dass „2006 keine Lohnsteuer (,) kein Personal mehr und keinerlei Löhne (zu verbuchen seien).“ In Wahrheit habe der Schuldner sein Trockenbauunternehmen auch in dem Zeitraum ab 2006 schwarz weiter betrieben, was anlässlich einer Außenprüfung im Jahr 2008 entdeckt worden sei. Dieser Sachverhält ergebe sich aus den dem Versagungsantrag beigefügten Unterlagen der Steuerfahndung (Bl. 238/243 d.A.). Demnach sei auch der Versagungsgrund des § 290 I Nr. 2 InsO gegeben.

Der Schuldner war im Schlusstermin am 10.06.2015 nicht anwesend. Der statt seiner aufgetretene Prozessbevollmächtigte bestritt „vorläufig die erhobenen Vorwürfe und deren Glaubhaftmachung“ (Bl. 245 d.A.), beantragte die Zurückweisung des Antrags und gab an, dass genauere Erklärungen erst nach Rücksprache mit dem Schuldner und nach Akteneinsicht getätigt werden könnten.

In der Folge wurden der Schuldner und der Treuhänder gehört. Auf die Anhörungsschreiben vom 22.09.2015 (Bl. 290/295 d.A.) und vom 30.07.2015 (Bl. 283/284 d.A.) sei zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Ebenfalls verwiesen sei auf die relevanten Berichte des Treuhänders - Ziff. 3.3 des Schlussberichts [vom 03.03.2015, Bl. 149/164 (155/158) d.A.] und Ziff. 5 des Treuhänderberichts vom 01.02.2011 [Bl. 89/95 (91/95) d.A.].

Die gerichtlichen Ermittlungen haben ergeben, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung gem. § 290 I Nr. 5 InsO zu versagen ist, da dieser es zumindest bedingt vorsätzlich unterlassen hat, sowohl in seinem Vermögensverzeichnis (Anlagen 5A oder 5C oder 5K) als auch anlässlich der Besprechung mit dem Insolvenzverwalter am 01.04.2010 offensichtlich anfechtungsrelevante Umstände aus der Übertragung einer Motoryacht im Wert von mindestens 19.000,- € und aus der Übertragung eines PKW Mercedes Benz CLK, amtl. Kz. …, im Wert von mindestens 7.500,- €, geschehen je kurz vor Insolvenzantragstellung, anzugeben.

Dabei ist ein Versagungsantrag zunächst von Amts wegen auf seine Zulässigkeit hin zu prüfen. Er muss schlüssig, form- und fristgerecht gestellt sein und der behauptete Versagungsgrund muss glaubhaft gemacht sein. Hiernach ist in einem gleichsam kontradiktorischen Verfahren die Begründetheit zu prüfen. Zu beachten gilt dabei, dass es dem Schuldner, der es - wie hier - versäumt hat, im Schlusstermin anwesend zu sein, und seinem anwesenden Prozessbevollmächtigten gleichermaßen prozessual versagt ist, nach Beendigung des Schlusstermins schlüssig dargelegte Versagungsgründe zu bestreiten oder ergänzend vorzutragen. Grund hierfür ist, dass der Gläubiger seinerseits gehindert ist, nach dem Ende des hier mündlich durchgeführten Schlusstermins die Versagungsgründe des § 290 InsO geltend oder glaubhaft zu machen, der Schuldner also nicht nachträglich Behauptungen aufstellen kann, die den Gläubiger zu einer prozessual unzulässigen -weitergehenden - Glaubhaftmachung zwingen würden.

Zu Recht greift der Schuldner daher im Wesentlichen mit Schriftsatz vom 22.09.2015 (Bl. 290/294 d.A.) die Zulässigkeit der Versagungsanträge an. Denn materiell ist sein unqualifiziertes Bestreiten der - soweit qualifiziert vorgetragenen - Versagungsgründe unbeachtlich. Aus diesem Grund gilt das durch die Gläubigerin glaubhaft Gemachte als zugestanden. Dem Schuldner ist es zuzumuten, gerade auch bei hier anklingenden Verdunkelungshandlungen größeren Ausmaßes, sofort und unverzüglich qualifiziert Stellung zu nehmen. Gläubiger sollen - so die gesetzliche Wertung - vor juristischer Haarspalterei, die Einlassungsfristen gelegentlich mit sich zu bringen neigen, gerade verschont bleiben.

Mit seinem Vorbringen hat der Schuldner teilweise Erfolg. Der auf § 290 I Nr. 2 InsO gestützte Versagungsantrag ist unschlüssig, da das Vorbringen nicht den Tatbestand erfüllt. Voraussetzung ist demnach, dass der Schuldner innerhalb vor drei Jahren vor Antragstellung die sanktionierte Handlung vornimmt. Als offensichtliche Tatsache zu berücksichtigen, ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst am 23.03.2010 eingegangen. Nach dem Vortrag der Gläubigerin fand die verwerfliche Handlung jedoch bereits am 12.02.2007 mithin eine kurze Zeitspanne vor dem Sanktionszeitraum statt.

Anders das Vorbringen betreffend die Motoryacht und den PKW mit dem amtl. Kz. … . Hier beruft sich die Gläubigerin zutreffend darauf, dass der Schuldner diese Vermögensgegenstände weder in seinem Verzeichnis noch in der Erstbesprechung angegeben habe. Irrelevant ist dabei die Frage, ob der Schuldner nun das Eigentum, ein etwaiges Nutzungsrecht oder die offensichtlich anfechtungsrelevante Tatsache der Vermögensverschiebung vor Antragstellung (hierfür ist Anlage 5K der durch den Schuldner eingereichten Anlagen vorgesehen), nach Vortrag und nach Sachlage jedenfalls bedingt vorsätzlich verschwiegen hat. Denn alle drei Möglichkeiten erfüllen die Voraussetzungen des § 290 I Nr. 5 InsO.

Nach allgemeiner Ansicht (statt aller BGH, Beschluss v. 08.03.2012, IX ZB 70/10) muss der Schuldner alle „Umstände von sich aus offenbaren, die offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage treten.“ Dies sind gerade auch solche, die Insolvenzanfechtungen nach den §§ 129 ff InsO begründen können (MüKo/Stephan, 3. Auflage 2014 - die Rechtslage ist unverändert - und dort § 290 Rdnr 59). Hier übertrug der Schuldner zumindest in zeitlicher Nähe zur Insolvenzantragstellung eine hochpreisige Motoryacht und einen PKW Mercedes Benz, Letzteren an eine nahe Angehörige. Dies sind mindestens Umstände, die offensichtlich Anfechtungen begründen können.

Die Gläubigerin hat die Verschleierung dieser beiden Vermögensgegenstände auch durch Verweis auf die Treuhänderberichte vom 01.02.2011 (Bl. 89/95, auf Ziff 5 wurde explizit Bezug genommen) und vom 03.03.2015 (149/164, auf Ziff. 3.3 wurde explizit Bezug genommen) hinreichend glaubhaft gemacht. Der Verweis auf bestimmte Teile von Berichten der Insolvenzverwalter oder Treuhänder ist ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (BGH, Beschluss vom 17.01.2008, IX ZB 183/07). Ohne Erfolg beruft sich der Schuldner darauf, dass die Bezugnahme zu unbestimmt sei. Die Gläubigerin selber, der Treuhänder und das Gericht können nicht aufklären, ob der Schuldner das Eigentum nach Antragstellung im Stillen übertragen, das Eigentum vor Antragstellung übertragen und diese Tatsache verschwiegen hat oder etwa Surrogate erhalten und deren Erhalt verschwiegen hat. Genauso bestimmt oder unbestimmt ist auch die Bezugnahme auf die konkreten Passagen. In jedem Einzelfall würde es sich um offensichtlich überragend relevante Umstände handeln, die der Schuldner zu offenbaren gehabt hätte und zu keinem Zeitpunkt offenbart hat. Diese Unsicherheiten gehen zulasten des Schuldners, dessen oberste Pflicht (§ 1 Satz2 InsO) die redliche Mitwirkung am Verfahren ist, um in die Wohltat der Restschuldbefreiung zu gelangen.

Aus dem Bericht vom 03.03.2015 ergibt sich eindeutig (Ziff 3.3.1 und 3.3.2 am Ende), dass die Anfechtungen der Übertragungen der Yacht und des PKW Mercedes-Benz erfolgreich waren. Im Übrigen ist nicht erforderlich, dass die verschwiegenen Sachverhalte tatsächlich zur erfolgreichen Anfechtungen führen. Ausreichend ist, dass sie dazu führen können (MüKo Stephan aaO).

Lediglich zugunsten des Schuldners wurde davon Abstand genommen, auch die Verschleierungen betreffend den PKW Jeep, amtl. Kz. …, der Versagungsentscheidung zugrunde zu legen.

Auch so ergibt sich das Bild eines unredlichen Schuldners, der wiederholt Vermögenwerte, sei es den Sachwert oder den Anfechtungswert, erheblichen Ausmaßes dem Gläubigerzugriff entziehen wollte, die erst mit erheblichen Mühen der Masse zugeführt werden konnten.

Auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtpunkten ergibt sich daher kein anderes.

(1) Bei der Zustimmung zur Schlußverteilung bestimmt das Insolvenzgericht den Termin für eine abschließende Gläubigerversammlung. Dieser Termin dient

1.
zur Erörterung der Schlußrechnung des Insolvenzverwalters,
2.
zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und
3.
zur Entscheidung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse.

(2) Zwischen der öffentlichen Bekanntmachung des Termins und dem Termin soll eine Frist von mindestens einem Monat und höchstens zwei Monaten liegen.

(3) Für die Entscheidung des Gerichts über Einwendungen eines Gläubigers gilt § 194 Abs. 2 und 3 entsprechend.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.